Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 2925/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 784/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.02.2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der 1956 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Bei ihm stellte das Versorgungsamt K. mit Bescheid vom 12.05.2004 (Widerspruchsbescheid vom 21.07.2004) wegen einer Depression und seelischen Störung (GdB 30), Bluthochdruck (GdB 10) sowie einer Funktionsbehinderung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (GdB 10) den Gesamt-GdB mit 30 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit dem 23.03.2004 fest. Ein Änderungsantrag auf Erhöhung des GdB vom 01.12.2009 wurde vom nunmehr zuständigen Landratsamt C. (LRA) entsprechend einer gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 01.05.2010, in der wegen einer Depression, seelischen Störung und psychovegetativen Störungen (GdB 30), Bluthochdruck (GdB 10), einer Funktionsbehinderung und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (GdB 10), einer Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase (GdB 10), einer Divertikulose (GdB 10), einem Schlafapnoe-Syndrom (GdB 10) und Krampfadern sowie einer arteriellen Verschlusskrankheit des Beines (GdB 10) der GdB weiterhin mit 30 bewertet wurde, mit Bescheid vom 27.05.2010 abgelehnt. Rechtsmittel des Klägers (Widerspruch, Klage und Berufung) blieben ohne Erfolg.
Am 12.01.2016 stellte der Kläger beim LRA einen weiteren Änderungsantrag. Das LRA nahm medizinische Unterlagen zu den Akten (insbesondere Berichte PD Dr. L. vom 26.01.2015, Dr. W. vom 05.08.2015, 05.10.2015, 26.11.2015 und 22.01.2016, Tonaudiogramm Dr. B. vom 21.12.2015 und der Physiotherapeutin K. vom 26.11.2015 und 02.02.2016). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 22.03.2016 schlug Dr. Z. wegen einer Depression, seelischen Störung und psychovegetativen Störungen (GdB 30), einer Schwerhörigkeit beidseits (GdB 30), Bluthochdruck (GdB 10), einer Funktionsbehinderung und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (GdB 10), einer Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase (GdB 10), einer Divertikulose (GdB 10), einem Schlafapnoe-Syndrom (GdB 10), Krampfadern sowie einer arteriellen Verschlusskrankheit des rechten Beines (GdB 10) sowie einer Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes (GdB 20) den Gesamt-GdB mit 40 vor. Ein Karpaltunnelsyndrom, eine Fettstoffwechselstörung, ein Kopfschmerzsyndrom, ein Sicca-Syndrom, eine Hyperurikämie und eine chronische Magenschleimhautentzündung bedingten jeweils keinen GdB von mindestens 10.
Mit Bescheid vom 05.04.2016 entsprach das LRA dem Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB nicht. Hiergegen legte der Kläger am 14.04.2016 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass bei dem Vorliegen der vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB ein Gesamt-GdB von 50 erreicht sein müsste. In der gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes erachtete Dr. F. - unter Übernahme der Bewertungsansätze des Dr. Z. - den Gesamt-GdB von 40 für angemessen. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15.06.2016 gelangte Dr. W. zu der Bewertung, ob ein Gesamt-GdB von 50 zuerkannt werden könne, könne erst nach weiterer Sachaufklärung entschieden werden. Das LRA holte daraufhin von Dr. B. den Befundbericht vom 30.06.2016 ein, der unter Vorlage eines weiteren Tonschwellenaudiogramms vom 21.12.2015 insbesondere mitteilte, eine gegenüber dem Befund von vor 18 Jahren extreme Hörverschlechterung beidseits führe der Kläger auf eine Lärmeinwirkung zurück, was, da ein Hochtonabfall nicht vorhanden sei, unwahrscheinlich sei; "ob eine Aggravation/Simulation vorliege?".
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 02.08.2016 stellte das LRA beim Kläger den GdB mit 40 seit 12.01.2016 fest. Im Übrigen wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2016 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 29.08.2016 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Der Kläger legte das Attest des Dr. W. vom 17.03.2016 vor, in dem attestiert wird, dass der Kläger Januar 2015 einen Arbeitsunfall mit Ruptur der Rotatorenmanschette rechts erlitten habe, weswegen weiterhin gesundheitliche Einschränkungen bestünden. Er führte zur Begründung aus, es lasse sich nicht nachvollziehen, weshalb der Beklagte bei den angenommenen Teil-GdB den Gesamt-GdB nur mit 40 gebildet habe. Aussagekräftige aktuelle Befunde zu den einzelnen Behinderungen/Erkrankungen, ließen sich der Verwaltungsakte nicht entnehmen. Auf Nachfrage des SG teilte der Kläger weiter mit, er besitze kein Hörgerät.
Auf Veranlassung des SG teilte Dr. B. am 13.12.2016 mit, er habe dem Kläger keine Hörgeräte verordnet.
Der Beklagte trat der Klage - auf die Anregung des SG im Hinweisschreiben vom 03.01.2017, den Kläger klaglos zu stellen - unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 26.01.2017 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.02.2017 verurteilte das SG den Beklagten, den GdB seit 12.01.2016 mit 50 festzustellen. Seit Erlass des Bescheides vom 12.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2004 sei eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten, die ab dem 12.01.2016 die Zuerkennung eines Gesamt-GdB von 50 rechtfertige. Neu hinzugetreten sei eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes nach Rotatorenmanschettenruptur, die vom Beklagten mit einem GdB von 20 angemessen bewertet sei. Weiter leide der Kläger an einer Innenohrschwerhörigkeit die unter Berücksichtigung des Tinnitusleidens vom Beklagten mit einem GdB von 30 ebenfalls angemessen bewertet sei. Eine Verschlechterung der berücksichtigten Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem, internistischem und neurologischem Fachgebiet sowie des Wirbelsäulenleidens habe der Kläger nicht geltend gemacht. Hierfür ergebe sich aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens auch kein Anhaltspunkt. Ausgehend von den Teil-GdB-Werten werden von 2 x 30, 20 und 6 x 10 sei der Gesamt-GdB mit 50 ab dem 12.01.2016 zu bewerten.
Hiergegen richtet sich die vom Beklagten am 28.02.2017 eingelegte Berufung. Der Beklagte hat zur Begründung - unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 17.02.2017 - ausgeführt, der Auffassung des SG könne nicht beigetreten werden. Es bestehe aus medizinischer Sicht die Möglichkeit, dass die Anfertigung eines Sprachaudiogramms ergeben würde, dass hinsichtlich der Schwerhörigkeit nicht einmal ein GdB von 20 bestehe. Aus versorgungsärztlicher Sicht könne nicht ausgeschlossen werden, dass der bisherige GdB von 30 für die Schwerhörigkeit falsch gewesen sei. Hierfür spreche auch, dass bislang eine Hörgeräteverordnung nicht erfolgt sei, obwohl dies bei einem derartigen Hörverlust sicherlich indiziert sei. Das SG hätte sich gedrängt fühlen müssen, weitere Beweiserhebung in Form der Einholung eines HNO-Gutachtens einschließlich eines Sprachaudiogramms durchzuführen. Die bekannten objektiven Befunde rechtfertigten nicht die Feststellung eines Gesamt-GdB von 50. Abgesehen davon stelle sich die Frage, wie sich der zweite Teil-GdB-Wert von 30 für die Depression, seelische Störung und die psychovegetativen Störungen zusammenstelle. Nach dem Befundbericht von Dr. W. vom 22.01.2016 bestehe keine engmaschige Betreuung. Eine Therapie werde nicht durchgeführt. Eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit sei nicht erkennbar.
Der Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.02.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, das SG führe zutreffend aus, dass der Beklagte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gestützt auf verschiedene gutachtliche Stellungnahmen von Einzel-GdB-Werten ausgegangen sei, aus denen das SG den Gesamt-GdB mit 50 gebildet habe. Dass dies fehlerhaft sei, werde nicht gerügt. Die Rüge, die Bewertung der Schwerhörigkeit mit einem GdB von 30 sei fehlerhaft, sei irrelevant und unbeachtlich. Die Bewertung der Schwerhörigkeit mit einem GdB von 30 sei auf die gutachtlichen Stellungnahmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zurückzuführen. Dass diese fehlerhaft sein sollen, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Völlig unerheblich, da nicht Gegenstand des Verfahrens erster Instanz, seien die Ausführungen bezüglich des anerkannten Einzel-GdB von 30 für die Depression, seelische Störung und psychovegetativen Störungen. Unabhängig davon seien die Ausführungen des Beklagten nicht geeignet, einen Fehler bezüglich der Höhe des anerkannten Einzel-GdB-Wertes darzulegen. Es sei somit festzuhalten, dass der Beklagte im Rahmen der Berufungsbegründung nichts vorgetragen habe, was geeignet wäre, den angefochtenen Gerichtsbescheid als fehlerhaft erscheinen zu lassen. Im Übrigen werde auf das Vorbringen erster Instanz verwiesen.
Der Senat hat von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall den Bescheid vom 27.03.2017 beigezogen, mit dem ein Anspruch des Klägers wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls am 14.01.2015 durch eine Rotatorenmanschettenverletzung rechts ein Anspruch auf Rente abgelehnt wurde, da die Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei.
Außerdem hat der Senat von Amts wegen das Gutachten des Facharztes für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Allergologie und Unfallmedizin Dr. Z. vom 04.08.2017 eingeholt. Dr. Z. gelangte in seinem Gutachten (nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers unter Mithilfe von Dolmetschern - Sohn des Klägers und Mitarbeiterin der Praxis -) zu der Beurteilung, die subjektive Audiometrie war beim Kläger erschwert. Die Anfertigung eines Sprachaudiogrammes sei aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse nicht möglich gewesen. Eine subjektive Hörschwelle sei bei mehreren Messungen nicht reproduzierbar zu erstellen gewesen, zumindest müsse die Exaktheit der Angaben angezweifelt werden. Schwierigkeiten aufgrund von Sprachverständnisproblemen könnten ausgeschlossen werden. Messungen objektiver Hörverfahren hätten unisono gezeigt, dass die objektivierbare Hörschwelle besser liege und nicht, bzw. nur teilweise den subjektiven Angaben des Klägers entspreche. Damit lasse sich gemäß der Tabelle nach Röser 1980 ein prozentualer Hörverlust von 15 % beidseits mit einem GdB von unter 10 objektivieren/ableiten. Der vom Landratsamt vorgeschlagene GdB von 30 werde aufgrund der objektiven Hörmessungen nicht erreicht. Eine zeitliche Staffelung sei nicht möglich. Wie die objektiven Hörmessungen dokumentierten, seien die subjektiven Angaben des Klägers anzuzweifeln.
Der Beklagte hat sich unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 17.08.2017 zum Gutachten des Dr. Z. dahin geäußert, dass ein Gesamt-GdB von 50 nicht erreicht werde.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, und begründet. Der streitgegenständliche Teil-Abhilfebescheid des Beklagten vom 02.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat beim Kläger den GdB zutreffend mit 40 seit dem 12.01.2016 festgestellt. Der abweichenden Ansicht des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt; eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein Grad der Behinderung von wenigstens 20 vorliegt ( § 69 Abs. 1 SGB XI). Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX in der ab 15.01.2015 gültigen Fassung). Bis zum 14.01.2015 galten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX (in der Fassung vom 20.06.2011) die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Hiervon hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die VersMedV erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "VG" zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden AHP getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e).
Die Feststellung des GdB erfolgt zum Zeitpunkt der Antragstellung; auf Antrag kann, wenn ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird, festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IX).
Hiervon ausgehend ist beim Kläger im Vergleich zu dem zuletzt den Behinderungszustand des Klägers mit einem GdB von 30 feststellenden Bescheid vom 12.05.2004 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2004) eine Hörstörung beidseits mit Ohrgeräusch (links) neu zu hinzugetreten. Hiervon geht auch der Beklagte aus, der im Verwaltungsverfahren wegen einer Schwerhörigkeit beidseitig einen GdB von 30 angenommen hat (gutachtliche Stellungnahme Dr. F. vom 23.05.2016). Dass beim Kläger eine Schwerhörigkeit vorliegt, die einen Einzel-GdB von 30 rechtfertigt, kann der Senat entgegen der Bewertung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid jedoch nicht feststellen. Nach dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. Z. vom 04.08.2017 war bei der Untersuchung des Klägers die Audiometrie erschwert. Die Anfertigung eine Sprachaudiogramms war aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse des Klägers nicht möglich. Eine subjektive Hörschwelle konnte nach den Beschreibungen von Dr. Z. bei mehreren Messungen nicht reproduzierbar erstellt werden, zumindest muss die Exaktheit der Angaben des Klägers angezweifelt werden. Nach den Beschreibungen im Gutachten fielen bei der Messung zum Teil stark wechselndem Befunde auf. Als Ursache hat Dr. Z. Erklärungsschwierigkeiten aufgrund von Sprachverständnisproblemen ausschließen können, wie der Senat den Ausführungen im Gutachten über den Einsatz von Dolmetschern nachvollziehbar entnehmen kann. Es wurde vielmehr der Eindruck gewonnen, dass der Kläger bei der Untersuchung unkonzentriert war. Die Anwendung objektiver Hörverfahren mittels otoakustischer Immissionen, der Hirnstammaudiometrie und der Stapediusreflexmessung erbrachte jedoch nach den Beschreibungen von Dr. Z. gute und damit valide Messergebnisse. Es gelang Dr. Z. mittels bewährter objektiver Maßnahmen eine repräsentative Hörschwelle zu erstellen, wie er in seinem Gutachten dargelegt hat. Gutachterlich bestätigt Dr. Z. , dass die mit objektiven Messmethoden erhobenen Werte real sind. Die objektiven Messungen zeigten unisono, dass die objektivierbare Hörschwelle besser liegt und nicht bzw. nur teilweise den subjektiven Angaben des Klägers entspricht, wie Dr. Z. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat. Nach den erhobenen objektiven Messwerten konnte Dr. Z. beim Kläger nach seinen nachvollziehbaren Beschreibungen im Gutachten nach der einzig anwendbaren (3-Frequenztabelle) Tabelle Röser 1980 (vgl. VG Teil B 5.2.3) ein Hörverlust von 15 % beidseits ableiten und objektivieren. Dass beim Kläger ein Hörverlust von über 15 % vorliegt, kann danach nicht festgestellt werden. Der Verwertbarkeit des von Dr. B. erstellten Tonaudiogramms vom 21.12.2015 begegnen im Hinblick auf die Ausführungen von Dr. Z. zur Bestimmung der Hörschwelle durch subjektive Audiometrie durchgreifende Zweifel, weshalb sie nicht geeignet sind, einen Hörverlust von über 15 % beidseits zu belegen. Hiervon geht auch Dr. B. im Befundbericht an das LRA vom 30.06.2016 aus, der sich zu einer Bewertung des Hörverlustes bei Fragestellung Aggravation/Simulation nicht in der Lage sah. Für einen Hörverlust von (lediglich) 15 % spricht auch, dass der Kläger ohne Hörgeräte nach Aufruf des Gutachters mit lautstärkemäßig leicht erhobener Stimme ohne direkten Sichtkontakt auf eine Entfernung von maximal 4 Meter aus dem Warteraum prompt erschienen ist, wie Dr. Z. in seinem Gutachten beschrieben hat, was dafür spricht, dass der Kläger in der Lage ist, Umgangssprache in normaler Lautstärke zu verstehen, was auch für den Senat in der mündlichen Verhandlung am 24.11.2017 deutlich geworden ist. Weiter spricht gegen einen höhergradigen Hörverlust, dass der Kläger nach seinen im Gutachten beschriebenen Angaben als Hobby die türkische Gitarre (Baðlama) spielt. Nach den plausiblen Ausführungen von Dr. Z. ist es, sollte beim Kläger eine mittelgradige Schwerhörigkeit vorliegen, schwer vorstellbar, dass es beim Spielen des Instrumentes zu einer vollen Wahrnehmung der Töne kommt, was sich bei einem Hörverlust von 15 % anders darstellt. Damit ist beim Kläger allenfalls ein Hörverlust von 15 % beidseits festzustellen, was nach den VG Teil B 5.2.4 (Tabelle D) noch einer Normalhörigkeit entspricht und keinen GdB rechtfertigt. Hiervon geht auch Dr. Z. in seinem Gutachten aus. Wegen der Hörstörung wird damit nur unter Berücksichtigung der Ohrgeräusche links - allenfalls - ein Einzel-GdB von 10 erreicht. Hiervon geht Dr. B. in seinem Befundbericht an das LRA vom 30.06.2016 aus. Dass beim Kläger Ohrgeräusche (Tinnitus) mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen vorliegen, die nach den VG Teil B 5.3 einen Teil-GdB von 20 rechtfertigen, kann nach Aktenlage nicht festgestellt werden und solche werden im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Insbesondere hat der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. Z. nach der Beschwerdebeschreibung im Gutachten psychovegetative Begleiterscheinungen des Ohrgeräusches links nicht genannt, sondern lediglich angegeben, dadurch im Schlaf beeinträchtigt zu werden. Auch Dr. B. hat in seinem Befundbericht vom 30.06.2016 an das LRA nennenswerte psychische Begleiterscheinungen durch den Tinnitus beim Kläger verneint.
Weiter ist im Vergleich zum Bescheid vom 12.05.2004 eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes (Rotatorenmanschettenruptur) neu zu berücksichtigen. Nach dem Bericht der Physiotherapeutin K. vom 26.11.2015 bestand beim Kläger eine schmerzhaft eingeschränkte aktive Beweglichkeit des rechten Schultergelenkes (Abduktion/Flexion 80°/90°; passive Beweglichkeit 90°/90°) mit Einschränkung der Innen- und Außenrotation. Im Bericht vom 02.02.2016 beschreibt die Physiotherapeutin K. eine verbesserte Mobilität der rechten Schulter des Klägers (Abduktion/Flexion 80°/150° bei schmerzhafter Außenrotation 60 bis 80° und Kraftminderung). Nach diesen Befundbeschreibungen rechtfertigt die Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes des Klägers nach den VG Teil B 18.13 einen Einzel-GdB von maximal 20, wovon auch der Beklagte ausgeht (gutachtliche Stellungnahme Dr. F. vom 23.05.2016). Eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes des Klägers, die nach den VG einen Einzel-GdB von über 20 rechtfertigt, lässt sich nach Aktenlage nicht feststellen. Hiergegen spricht auch, dass die Berufsgenossenschaft Holz und Metall nach dem vom Senat beigezogenen Bescheid vom 27.03.2017 wegen der Folgen der erlittenen Rotatorenmanschettenruptur einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 14.01.2015 verneint hat, weil die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei.
Die außerdem im Vergleich zum Bescheid vom 12.05.2004 neu zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen einer Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase, einer Divertikulose, einem Schlafapnoe-Syndrom, Krampfadern sowie einer arteriellen Verschlusskrankheit des rechten Beines sind vom Beklagten mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 ausreichend und angemessen berücksichtigt worden. Das Vorliegen einer Divertikulose mit wesentlichen Beschwerden und Auswirkungen, die nach den VG Teil B 10.2.2 erst einen GdB von über 10 rechtfertigt, ist beim Kläger nicht belegt. Dauerhafte wesentliche Beschwerden und Auswirkungen durch die Divertikulose lassen sich insbesondere dem Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses N. vom 31.03.2008 nicht entnehmen. Nach dem Bericht des Urologen S. vom 20.04.2009 besteht beim Kläger weiter eine mäßiggradig ausgeprägte Prostatitis mit Miktionsbeschwerden ohne Restharn nach Miktion, für die eine antibiotische Behandlung empfohlen wurde. Andauernden Miktionsstörungen und Schmerzen, die nach den VG Teil B 13.5 einen GdB von über 10 rechtfertigen sind danach nicht festzustellen. Weiter ist nach dem Bericht des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie Dr. Sa. vom 13.07.2005 beim Kläger ein leichtgradiges Schlafapnoe-Syndrom ohne die Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung festgestellt worden, das medikamentös behandelt wird. Nach den VG Teil B 8.7 wird dadurch ein Einzel-GdB von 20 nicht erreicht. Entsprechendes gilt für die nach dem Bericht der chirurgischen Gemeinschaftspraxis Dr. S./Dr. P. vom 27.12.2004 diagnostizierte AVK I. Eine Einschränkung der Restdurchblutung haben Dr. S./Dr. P. nach den Beschreibungen im Befundbericht nicht festgestellt, weshalb nach den VG Teil B 9.2.1 wegen einer arteriellen Verschlusskrankheit des rechten Beines ein Einzel-GdB von 20 nicht erreicht wird. Gegen die Bewertung der zuvor genannten neu hinzugetretene Gesundheitsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 hat sich der Kläger im Übrigen auch nicht gewandt.
Dass hinsichtlich der im Bescheid vom 14.05.2004 mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigten Depression, seelische Störung, dem mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigten Bluthochdruck und den mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigten Funktionsbehinderung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten ist, lässt sich nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht feststellen und wird im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Vielmehr hat der Kläger im Berufungsverfahren den für die Depression, seelische Störung und psychovegetative Störungen angenommenen Einzel-GdB von 30 als nicht fehlerhaft verteidigt.
Sonstige mit einem Einzel-GdB von wenigstens 10 zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen sind nicht festzustellen und werden im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Hiervon ausgehend wird beim Kläger ein Gesamt-GdB von 50 nicht erreicht. Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft - gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 - oder ein anderer Wert - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht allein die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB. Vielmehr ist der Gesamt-GdB durch einen wertenden Vergleich dadurch zu bilden, dass die in dem zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen in Beziehung zu setzen sind - z.B. ist bei Feststellung der Schwerbehinderung der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 - L 8 SB 5215/13 - juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist - wie dargestellt - anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Hiervon ausgehend ist bei der Bildung des GdB die Depression, seelische Störung und psychovegetativen Störungen mit einem Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen. Dieser wird durch die Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes mit einem Einzel-GdB von (maximal) 20 auf (maximal) 40 erhöht. Die mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewertenden weiteren Gesundheitsstörungen des Klägers erhöhen den Gesamt-GdB nicht.
Das Vorbringen des Klägers im Verlauf des Rechtsstreites rechtfertigt keine andere Bewertung des Gesamt-GdB. Ob seiner Ansicht zu folgen ist, bei den von dem Beklagten im Verwaltungsverfahren angenommenen GdB-Ansätzen (2 x 30, 20 und 6 x 10) sei die Bildung des GdB von 40 nicht nachvollziehbar, wofür allerdings einiges spricht, kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich an. Denn wie oben ausgeführt, kann eine Hörstörung des Klägers (Schwerhörigkeit, Ohrgeräusche), die einen Einzel-GdB von 30 rechtfertigt, nicht festgestellt werden. Entsprechendes gilt, soweit der Beklagte zur Begründung seiner Berufung hinsichtlich der Depression, seelischen Störung und psychovegetativen Störungen entgegen zahlreicher übereinstimmender versorgungsärztlicher Stellungnahmen erstmals die Bewertung des Einzel-GdB mit 30 in Zweifel zieht.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die im Verlauf des Rechtsstreites durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Wegen seines (erstinstanzlichen) nicht näher begründeten Vorbringens, aussagekräftige aktuelle Befunde zu den einzelnen Behinderungen/Erkrankungen ließen sich der Verwaltungsakten nicht entnehmen, drängen sich weitere Ermittlungen nicht auf. Dieses Vorbringen bietet keine Grundlage für eine gezielte Aufklärung des (medizinischen) Sachverhaltes. Nachforschungen "ins Blaue hinein" sind durch die Amtsermittlungspflicht gerade nicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 - B 13 RJ 39/02 R, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; BSG, Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R -,juris). Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.
Nach alledem war wie ausgesprochen zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der 1956 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Bei ihm stellte das Versorgungsamt K. mit Bescheid vom 12.05.2004 (Widerspruchsbescheid vom 21.07.2004) wegen einer Depression und seelischen Störung (GdB 30), Bluthochdruck (GdB 10) sowie einer Funktionsbehinderung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (GdB 10) den Gesamt-GdB mit 30 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz jeweils seit dem 23.03.2004 fest. Ein Änderungsantrag auf Erhöhung des GdB vom 01.12.2009 wurde vom nunmehr zuständigen Landratsamt C. (LRA) entsprechend einer gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 01.05.2010, in der wegen einer Depression, seelischen Störung und psychovegetativen Störungen (GdB 30), Bluthochdruck (GdB 10), einer Funktionsbehinderung und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (GdB 10), einer Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase (GdB 10), einer Divertikulose (GdB 10), einem Schlafapnoe-Syndrom (GdB 10) und Krampfadern sowie einer arteriellen Verschlusskrankheit des Beines (GdB 10) der GdB weiterhin mit 30 bewertet wurde, mit Bescheid vom 27.05.2010 abgelehnt. Rechtsmittel des Klägers (Widerspruch, Klage und Berufung) blieben ohne Erfolg.
Am 12.01.2016 stellte der Kläger beim LRA einen weiteren Änderungsantrag. Das LRA nahm medizinische Unterlagen zu den Akten (insbesondere Berichte PD Dr. L. vom 26.01.2015, Dr. W. vom 05.08.2015, 05.10.2015, 26.11.2015 und 22.01.2016, Tonaudiogramm Dr. B. vom 21.12.2015 und der Physiotherapeutin K. vom 26.11.2015 und 02.02.2016). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 22.03.2016 schlug Dr. Z. wegen einer Depression, seelischen Störung und psychovegetativen Störungen (GdB 30), einer Schwerhörigkeit beidseits (GdB 30), Bluthochdruck (GdB 10), einer Funktionsbehinderung und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (GdB 10), einer Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase (GdB 10), einer Divertikulose (GdB 10), einem Schlafapnoe-Syndrom (GdB 10), Krampfadern sowie einer arteriellen Verschlusskrankheit des rechten Beines (GdB 10) sowie einer Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes (GdB 20) den Gesamt-GdB mit 40 vor. Ein Karpaltunnelsyndrom, eine Fettstoffwechselstörung, ein Kopfschmerzsyndrom, ein Sicca-Syndrom, eine Hyperurikämie und eine chronische Magenschleimhautentzündung bedingten jeweils keinen GdB von mindestens 10.
Mit Bescheid vom 05.04.2016 entsprach das LRA dem Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB nicht. Hiergegen legte der Kläger am 14.04.2016 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass bei dem Vorliegen der vom Beklagten angenommenen Einzel-GdB ein Gesamt-GdB von 50 erreicht sein müsste. In der gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes erachtete Dr. F. - unter Übernahme der Bewertungsansätze des Dr. Z. - den Gesamt-GdB von 40 für angemessen. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 15.06.2016 gelangte Dr. W. zu der Bewertung, ob ein Gesamt-GdB von 50 zuerkannt werden könne, könne erst nach weiterer Sachaufklärung entschieden werden. Das LRA holte daraufhin von Dr. B. den Befundbericht vom 30.06.2016 ein, der unter Vorlage eines weiteren Tonschwellenaudiogramms vom 21.12.2015 insbesondere mitteilte, eine gegenüber dem Befund von vor 18 Jahren extreme Hörverschlechterung beidseits führe der Kläger auf eine Lärmeinwirkung zurück, was, da ein Hochtonabfall nicht vorhanden sei, unwahrscheinlich sei; "ob eine Aggravation/Simulation vorliege?".
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 02.08.2016 stellte das LRA beim Kläger den GdB mit 40 seit 12.01.2016 fest. Im Übrigen wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2016 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 29.08.2016 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Der Kläger legte das Attest des Dr. W. vom 17.03.2016 vor, in dem attestiert wird, dass der Kläger Januar 2015 einen Arbeitsunfall mit Ruptur der Rotatorenmanschette rechts erlitten habe, weswegen weiterhin gesundheitliche Einschränkungen bestünden. Er führte zur Begründung aus, es lasse sich nicht nachvollziehen, weshalb der Beklagte bei den angenommenen Teil-GdB den Gesamt-GdB nur mit 40 gebildet habe. Aussagekräftige aktuelle Befunde zu den einzelnen Behinderungen/Erkrankungen, ließen sich der Verwaltungsakte nicht entnehmen. Auf Nachfrage des SG teilte der Kläger weiter mit, er besitze kein Hörgerät.
Auf Veranlassung des SG teilte Dr. B. am 13.12.2016 mit, er habe dem Kläger keine Hörgeräte verordnet.
Der Beklagte trat der Klage - auf die Anregung des SG im Hinweisschreiben vom 03.01.2017, den Kläger klaglos zu stellen - unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 26.01.2017 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.02.2017 verurteilte das SG den Beklagten, den GdB seit 12.01.2016 mit 50 festzustellen. Seit Erlass des Bescheides vom 12.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2004 sei eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten, die ab dem 12.01.2016 die Zuerkennung eines Gesamt-GdB von 50 rechtfertige. Neu hinzugetreten sei eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes nach Rotatorenmanschettenruptur, die vom Beklagten mit einem GdB von 20 angemessen bewertet sei. Weiter leide der Kläger an einer Innenohrschwerhörigkeit die unter Berücksichtigung des Tinnitusleidens vom Beklagten mit einem GdB von 30 ebenfalls angemessen bewertet sei. Eine Verschlechterung der berücksichtigten Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem, internistischem und neurologischem Fachgebiet sowie des Wirbelsäulenleidens habe der Kläger nicht geltend gemacht. Hierfür ergebe sich aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens auch kein Anhaltspunkt. Ausgehend von den Teil-GdB-Werten werden von 2 x 30, 20 und 6 x 10 sei der Gesamt-GdB mit 50 ab dem 12.01.2016 zu bewerten.
Hiergegen richtet sich die vom Beklagten am 28.02.2017 eingelegte Berufung. Der Beklagte hat zur Begründung - unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 17.02.2017 - ausgeführt, der Auffassung des SG könne nicht beigetreten werden. Es bestehe aus medizinischer Sicht die Möglichkeit, dass die Anfertigung eines Sprachaudiogramms ergeben würde, dass hinsichtlich der Schwerhörigkeit nicht einmal ein GdB von 20 bestehe. Aus versorgungsärztlicher Sicht könne nicht ausgeschlossen werden, dass der bisherige GdB von 30 für die Schwerhörigkeit falsch gewesen sei. Hierfür spreche auch, dass bislang eine Hörgeräteverordnung nicht erfolgt sei, obwohl dies bei einem derartigen Hörverlust sicherlich indiziert sei. Das SG hätte sich gedrängt fühlen müssen, weitere Beweiserhebung in Form der Einholung eines HNO-Gutachtens einschließlich eines Sprachaudiogramms durchzuführen. Die bekannten objektiven Befunde rechtfertigten nicht die Feststellung eines Gesamt-GdB von 50. Abgesehen davon stelle sich die Frage, wie sich der zweite Teil-GdB-Wert von 30 für die Depression, seelische Störung und die psychovegetativen Störungen zusammenstelle. Nach dem Befundbericht von Dr. W. vom 22.01.2016 bestehe keine engmaschige Betreuung. Eine Therapie werde nicht durchgeführt. Eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit sei nicht erkennbar.
Der Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.02.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, das SG führe zutreffend aus, dass der Beklagte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gestützt auf verschiedene gutachtliche Stellungnahmen von Einzel-GdB-Werten ausgegangen sei, aus denen das SG den Gesamt-GdB mit 50 gebildet habe. Dass dies fehlerhaft sei, werde nicht gerügt. Die Rüge, die Bewertung der Schwerhörigkeit mit einem GdB von 30 sei fehlerhaft, sei irrelevant und unbeachtlich. Die Bewertung der Schwerhörigkeit mit einem GdB von 30 sei auf die gutachtlichen Stellungnahmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zurückzuführen. Dass diese fehlerhaft sein sollen, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Völlig unerheblich, da nicht Gegenstand des Verfahrens erster Instanz, seien die Ausführungen bezüglich des anerkannten Einzel-GdB von 30 für die Depression, seelische Störung und psychovegetativen Störungen. Unabhängig davon seien die Ausführungen des Beklagten nicht geeignet, einen Fehler bezüglich der Höhe des anerkannten Einzel-GdB-Wertes darzulegen. Es sei somit festzuhalten, dass der Beklagte im Rahmen der Berufungsbegründung nichts vorgetragen habe, was geeignet wäre, den angefochtenen Gerichtsbescheid als fehlerhaft erscheinen zu lassen. Im Übrigen werde auf das Vorbringen erster Instanz verwiesen.
Der Senat hat von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall den Bescheid vom 27.03.2017 beigezogen, mit dem ein Anspruch des Klägers wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls am 14.01.2015 durch eine Rotatorenmanschettenverletzung rechts ein Anspruch auf Rente abgelehnt wurde, da die Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei.
Außerdem hat der Senat von Amts wegen das Gutachten des Facharztes für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Allergologie und Unfallmedizin Dr. Z. vom 04.08.2017 eingeholt. Dr. Z. gelangte in seinem Gutachten (nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers unter Mithilfe von Dolmetschern - Sohn des Klägers und Mitarbeiterin der Praxis -) zu der Beurteilung, die subjektive Audiometrie war beim Kläger erschwert. Die Anfertigung eines Sprachaudiogrammes sei aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse nicht möglich gewesen. Eine subjektive Hörschwelle sei bei mehreren Messungen nicht reproduzierbar zu erstellen gewesen, zumindest müsse die Exaktheit der Angaben angezweifelt werden. Schwierigkeiten aufgrund von Sprachverständnisproblemen könnten ausgeschlossen werden. Messungen objektiver Hörverfahren hätten unisono gezeigt, dass die objektivierbare Hörschwelle besser liege und nicht, bzw. nur teilweise den subjektiven Angaben des Klägers entspreche. Damit lasse sich gemäß der Tabelle nach Röser 1980 ein prozentualer Hörverlust von 15 % beidseits mit einem GdB von unter 10 objektivieren/ableiten. Der vom Landratsamt vorgeschlagene GdB von 30 werde aufgrund der objektiven Hörmessungen nicht erreicht. Eine zeitliche Staffelung sei nicht möglich. Wie die objektiven Hörmessungen dokumentierten, seien die subjektiven Angaben des Klägers anzuzweifeln.
Der Beklagte hat sich unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 17.08.2017 zum Gutachten des Dr. Z. dahin geäußert, dass ein Gesamt-GdB von 50 nicht erreicht werde.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, und begründet. Der streitgegenständliche Teil-Abhilfebescheid des Beklagten vom 02.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat beim Kläger den GdB zutreffend mit 40 seit dem 12.01.2016 festgestellt. Der abweichenden Ansicht des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt; eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein Grad der Behinderung von wenigstens 20 vorliegt ( § 69 Abs. 1 SGB XI). Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX in der ab 15.01.2015 gültigen Fassung). Bis zum 14.01.2015 galten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX (in der Fassung vom 20.06.2011) die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Hiervon hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die VersMedV erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "VG" zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden AHP getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e).
Die Feststellung des GdB erfolgt zum Zeitpunkt der Antragstellung; auf Antrag kann, wenn ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird, festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IX).
Hiervon ausgehend ist beim Kläger im Vergleich zu dem zuletzt den Behinderungszustand des Klägers mit einem GdB von 30 feststellenden Bescheid vom 12.05.2004 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2004) eine Hörstörung beidseits mit Ohrgeräusch (links) neu zu hinzugetreten. Hiervon geht auch der Beklagte aus, der im Verwaltungsverfahren wegen einer Schwerhörigkeit beidseitig einen GdB von 30 angenommen hat (gutachtliche Stellungnahme Dr. F. vom 23.05.2016). Dass beim Kläger eine Schwerhörigkeit vorliegt, die einen Einzel-GdB von 30 rechtfertigt, kann der Senat entgegen der Bewertung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid jedoch nicht feststellen. Nach dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. Z. vom 04.08.2017 war bei der Untersuchung des Klägers die Audiometrie erschwert. Die Anfertigung eine Sprachaudiogramms war aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse des Klägers nicht möglich. Eine subjektive Hörschwelle konnte nach den Beschreibungen von Dr. Z. bei mehreren Messungen nicht reproduzierbar erstellt werden, zumindest muss die Exaktheit der Angaben des Klägers angezweifelt werden. Nach den Beschreibungen im Gutachten fielen bei der Messung zum Teil stark wechselndem Befunde auf. Als Ursache hat Dr. Z. Erklärungsschwierigkeiten aufgrund von Sprachverständnisproblemen ausschließen können, wie der Senat den Ausführungen im Gutachten über den Einsatz von Dolmetschern nachvollziehbar entnehmen kann. Es wurde vielmehr der Eindruck gewonnen, dass der Kläger bei der Untersuchung unkonzentriert war. Die Anwendung objektiver Hörverfahren mittels otoakustischer Immissionen, der Hirnstammaudiometrie und der Stapediusreflexmessung erbrachte jedoch nach den Beschreibungen von Dr. Z. gute und damit valide Messergebnisse. Es gelang Dr. Z. mittels bewährter objektiver Maßnahmen eine repräsentative Hörschwelle zu erstellen, wie er in seinem Gutachten dargelegt hat. Gutachterlich bestätigt Dr. Z. , dass die mit objektiven Messmethoden erhobenen Werte real sind. Die objektiven Messungen zeigten unisono, dass die objektivierbare Hörschwelle besser liegt und nicht bzw. nur teilweise den subjektiven Angaben des Klägers entspricht, wie Dr. Z. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat. Nach den erhobenen objektiven Messwerten konnte Dr. Z. beim Kläger nach seinen nachvollziehbaren Beschreibungen im Gutachten nach der einzig anwendbaren (3-Frequenztabelle) Tabelle Röser 1980 (vgl. VG Teil B 5.2.3) ein Hörverlust von 15 % beidseits ableiten und objektivieren. Dass beim Kläger ein Hörverlust von über 15 % vorliegt, kann danach nicht festgestellt werden. Der Verwertbarkeit des von Dr. B. erstellten Tonaudiogramms vom 21.12.2015 begegnen im Hinblick auf die Ausführungen von Dr. Z. zur Bestimmung der Hörschwelle durch subjektive Audiometrie durchgreifende Zweifel, weshalb sie nicht geeignet sind, einen Hörverlust von über 15 % beidseits zu belegen. Hiervon geht auch Dr. B. im Befundbericht an das LRA vom 30.06.2016 aus, der sich zu einer Bewertung des Hörverlustes bei Fragestellung Aggravation/Simulation nicht in der Lage sah. Für einen Hörverlust von (lediglich) 15 % spricht auch, dass der Kläger ohne Hörgeräte nach Aufruf des Gutachters mit lautstärkemäßig leicht erhobener Stimme ohne direkten Sichtkontakt auf eine Entfernung von maximal 4 Meter aus dem Warteraum prompt erschienen ist, wie Dr. Z. in seinem Gutachten beschrieben hat, was dafür spricht, dass der Kläger in der Lage ist, Umgangssprache in normaler Lautstärke zu verstehen, was auch für den Senat in der mündlichen Verhandlung am 24.11.2017 deutlich geworden ist. Weiter spricht gegen einen höhergradigen Hörverlust, dass der Kläger nach seinen im Gutachten beschriebenen Angaben als Hobby die türkische Gitarre (Baðlama) spielt. Nach den plausiblen Ausführungen von Dr. Z. ist es, sollte beim Kläger eine mittelgradige Schwerhörigkeit vorliegen, schwer vorstellbar, dass es beim Spielen des Instrumentes zu einer vollen Wahrnehmung der Töne kommt, was sich bei einem Hörverlust von 15 % anders darstellt. Damit ist beim Kläger allenfalls ein Hörverlust von 15 % beidseits festzustellen, was nach den VG Teil B 5.2.4 (Tabelle D) noch einer Normalhörigkeit entspricht und keinen GdB rechtfertigt. Hiervon geht auch Dr. Z. in seinem Gutachten aus. Wegen der Hörstörung wird damit nur unter Berücksichtigung der Ohrgeräusche links - allenfalls - ein Einzel-GdB von 10 erreicht. Hiervon geht Dr. B. in seinem Befundbericht an das LRA vom 30.06.2016 aus. Dass beim Kläger Ohrgeräusche (Tinnitus) mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen vorliegen, die nach den VG Teil B 5.3 einen Teil-GdB von 20 rechtfertigen, kann nach Aktenlage nicht festgestellt werden und solche werden im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Insbesondere hat der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. Z. nach der Beschwerdebeschreibung im Gutachten psychovegetative Begleiterscheinungen des Ohrgeräusches links nicht genannt, sondern lediglich angegeben, dadurch im Schlaf beeinträchtigt zu werden. Auch Dr. B. hat in seinem Befundbericht vom 30.06.2016 an das LRA nennenswerte psychische Begleiterscheinungen durch den Tinnitus beim Kläger verneint.
Weiter ist im Vergleich zum Bescheid vom 12.05.2004 eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes (Rotatorenmanschettenruptur) neu zu berücksichtigen. Nach dem Bericht der Physiotherapeutin K. vom 26.11.2015 bestand beim Kläger eine schmerzhaft eingeschränkte aktive Beweglichkeit des rechten Schultergelenkes (Abduktion/Flexion 80°/90°; passive Beweglichkeit 90°/90°) mit Einschränkung der Innen- und Außenrotation. Im Bericht vom 02.02.2016 beschreibt die Physiotherapeutin K. eine verbesserte Mobilität der rechten Schulter des Klägers (Abduktion/Flexion 80°/150° bei schmerzhafter Außenrotation 60 bis 80° und Kraftminderung). Nach diesen Befundbeschreibungen rechtfertigt die Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes des Klägers nach den VG Teil B 18.13 einen Einzel-GdB von maximal 20, wovon auch der Beklagte ausgeht (gutachtliche Stellungnahme Dr. F. vom 23.05.2016). Eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes des Klägers, die nach den VG einen Einzel-GdB von über 20 rechtfertigt, lässt sich nach Aktenlage nicht feststellen. Hiergegen spricht auch, dass die Berufsgenossenschaft Holz und Metall nach dem vom Senat beigezogenen Bescheid vom 27.03.2017 wegen der Folgen der erlittenen Rotatorenmanschettenruptur einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 14.01.2015 verneint hat, weil die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert sei.
Die außerdem im Vergleich zum Bescheid vom 12.05.2004 neu zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen einer Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase, einer Divertikulose, einem Schlafapnoe-Syndrom, Krampfadern sowie einer arteriellen Verschlusskrankheit des rechten Beines sind vom Beklagten mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 ausreichend und angemessen berücksichtigt worden. Das Vorliegen einer Divertikulose mit wesentlichen Beschwerden und Auswirkungen, die nach den VG Teil B 10.2.2 erst einen GdB von über 10 rechtfertigt, ist beim Kläger nicht belegt. Dauerhafte wesentliche Beschwerden und Auswirkungen durch die Divertikulose lassen sich insbesondere dem Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses N. vom 31.03.2008 nicht entnehmen. Nach dem Bericht des Urologen S. vom 20.04.2009 besteht beim Kläger weiter eine mäßiggradig ausgeprägte Prostatitis mit Miktionsbeschwerden ohne Restharn nach Miktion, für die eine antibiotische Behandlung empfohlen wurde. Andauernden Miktionsstörungen und Schmerzen, die nach den VG Teil B 13.5 einen GdB von über 10 rechtfertigen sind danach nicht festzustellen. Weiter ist nach dem Bericht des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie Dr. Sa. vom 13.07.2005 beim Kläger ein leichtgradiges Schlafapnoe-Syndrom ohne die Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung festgestellt worden, das medikamentös behandelt wird. Nach den VG Teil B 8.7 wird dadurch ein Einzel-GdB von 20 nicht erreicht. Entsprechendes gilt für die nach dem Bericht der chirurgischen Gemeinschaftspraxis Dr. S./Dr. P. vom 27.12.2004 diagnostizierte AVK I. Eine Einschränkung der Restdurchblutung haben Dr. S./Dr. P. nach den Beschreibungen im Befundbericht nicht festgestellt, weshalb nach den VG Teil B 9.2.1 wegen einer arteriellen Verschlusskrankheit des rechten Beines ein Einzel-GdB von 20 nicht erreicht wird. Gegen die Bewertung der zuvor genannten neu hinzugetretene Gesundheitsstörungen mit einem Einzel-GdB von 10 hat sich der Kläger im Übrigen auch nicht gewandt.
Dass hinsichtlich der im Bescheid vom 14.05.2004 mit einem Einzel-GdB von 30 berücksichtigten Depression, seelische Störung, dem mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigten Bluthochdruck und den mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigten Funktionsbehinderung und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten ist, lässt sich nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht feststellen und wird im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Vielmehr hat der Kläger im Berufungsverfahren den für die Depression, seelische Störung und psychovegetative Störungen angenommenen Einzel-GdB von 30 als nicht fehlerhaft verteidigt.
Sonstige mit einem Einzel-GdB von wenigstens 10 zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen sind nicht festzustellen und werden im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Hiervon ausgehend wird beim Kläger ein Gesamt-GdB von 50 nicht erreicht. Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft - gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 - oder ein anderer Wert - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht allein die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB. Vielmehr ist der Gesamt-GdB durch einen wertenden Vergleich dadurch zu bilden, dass die in dem zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen in Beziehung zu setzen sind - z.B. ist bei Feststellung der Schwerbehinderung der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 - L 8 SB 5215/13 - juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist - wie dargestellt - anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Hiervon ausgehend ist bei der Bildung des GdB die Depression, seelische Störung und psychovegetativen Störungen mit einem Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen. Dieser wird durch die Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes mit einem Einzel-GdB von (maximal) 20 auf (maximal) 40 erhöht. Die mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewertenden weiteren Gesundheitsstörungen des Klägers erhöhen den Gesamt-GdB nicht.
Das Vorbringen des Klägers im Verlauf des Rechtsstreites rechtfertigt keine andere Bewertung des Gesamt-GdB. Ob seiner Ansicht zu folgen ist, bei den von dem Beklagten im Verwaltungsverfahren angenommenen GdB-Ansätzen (2 x 30, 20 und 6 x 10) sei die Bildung des GdB von 40 nicht nachvollziehbar, wofür allerdings einiges spricht, kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich an. Denn wie oben ausgeführt, kann eine Hörstörung des Klägers (Schwerhörigkeit, Ohrgeräusche), die einen Einzel-GdB von 30 rechtfertigt, nicht festgestellt werden. Entsprechendes gilt, soweit der Beklagte zur Begründung seiner Berufung hinsichtlich der Depression, seelischen Störung und psychovegetativen Störungen entgegen zahlreicher übereinstimmender versorgungsärztlicher Stellungnahmen erstmals die Bewertung des Einzel-GdB mit 30 in Zweifel zieht.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die im Verlauf des Rechtsstreites durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Wegen seines (erstinstanzlichen) nicht näher begründeten Vorbringens, aussagekräftige aktuelle Befunde zu den einzelnen Behinderungen/Erkrankungen ließen sich der Verwaltungsakten nicht entnehmen, drängen sich weitere Ermittlungen nicht auf. Dieses Vorbringen bietet keine Grundlage für eine gezielte Aufklärung des (medizinischen) Sachverhaltes. Nachforschungen "ins Blaue hinein" sind durch die Amtsermittlungspflicht gerade nicht geboten (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2003 - B 13 RJ 39/02 R, SozR 4-1300 § 31 Nr. 1; BSG, Urteil vom 05.04. 2001, SozR 3-2600 § 43 Nr. 25; BSG, Urteil vom 07.05.1998 - B 11 AL 81/97 R -,juris). Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.
Nach alledem war wie ausgesprochen zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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