Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1531/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 1713/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes.
Der Beklagte erließ für den 1967 geborenen Kläger am 21.03.2016 einen Eingliederungsverwaltungsakt im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) mit einer Geltungsdauer vom 21.03.2016 bis zum 20.09.2016. Hiergegen legte der Kläger am 27.04.2016 Widerspruch ein und teilte mit, der Eingliederungsverwaltungsakt sei zugegangen, als er vom 21.03.2016 bis zum 01.04.2016 im Urlaub gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2016 wurde der Widerspruch als unzulässig verworfen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Eingliederungsverwaltungsakt sei spätestens am 21.03.2016 bei der Post aufgegeben worden, gelte folglich am 24.03.2016 als bekannt gegeben, so dass die Widerspruchsfrist am 25.04.2016 (der 24.04.2016 sei ein Sonntag gewesen) geendet habe, weshalb der Widerspruch verfristet sei.
Hiergegen hat der Kläger am 08.07.2016 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, dass eine Klagebegründung erfolge, sobald Akteneinsicht in die kompletten Akten des Beklagten ab 2005 gewährt werde. Das SG hat hierauf ausgeführt, dass bereits in anderen Verfahren das Angebot zur Akteneinsicht nicht angenommen worden sei und im Übrigen nicht erkennbar sei, inwieweit für eine Stellungnahme zur Verfristung des Widerspruchs Akteneinsicht ab 2005 benötigt werde.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.03.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Der Kläger habe keinen späteren Zugang geltend gemacht, sondern lediglich angegeben, dass der Eingliederungsverwaltungsakt während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit zugegangen sei.
Gegen den ihm am 29.03.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.04.2017 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er hat diese im Wesentlichen damit begründet, dass der Beklagte bis heute seit 2005 alle sechs Monate einen Eingliederungsverwaltungsakt erlassen habe. Er habe bis heute keine Antwort darauf erhalten, weshalb seine Eingliederung in Arbeit seit 2003 gescheitert sei. Der Kläger hat ferner ausgeführt, der Eingliederungsverwaltungsakt sei während seiner urlaubsbedingten Ortsabwesenheit, welche ihm vom Beklagten genehmigt worden sei, zugegangen. In der Rechtsbehelfsbelehrung sei dargelegt worden, ein Widerspruch könne innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe eingelegt werden. Mithin habe er seinen Widerspruch fristgerecht eingelegt.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24. Juli 2017 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 21. März 2016 rechtswidrig gewesen ist,
2. den Beklagten zu verpflichten, die kompletten Akten, darunter auch die Verwaltungsakten, dem Landessozialgericht zu übersenden oder ihm Akteneinsicht in die kompletten Akten, darunter auch die Verwaltungsakten des Beklagten, beim Gericht zu gewähren,
3. den Beklagten zu verurteilen, ihm die Gründe seiner langfristig rechtswidrigen Arbeitslosigkeit seit 2003 bis heute bzw. woran seine Eingliederung in Arbeit seit 2003 bis heute gescheitert sei, mitzuteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat einen Band Verwaltungsakten vorgelegt und bezieht sich zur Begründung seines Antrags auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Er hat ferner auf Anfrage des Senats ausgeführt, dass für den streitgegenständlichen Eingliederungsverwaltungsakt in der Computeranwendung "Verbis" der 21.03.2016 als "Absendenachweis" eingetragen sei.
Am 24.05.2017 hat der Senat eine mündliche Verhandlung durchgeführt, die er vertagt hat, um dem Kläger Akteneinsicht zu gewähren. Nachdem in der Folge die Gerichts- und Verwaltungsakten an das SG übersandt wurden, hat der Kläger dort am 07.06.2017 Akteneinsicht genommen.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG vom 24.03.2017 und die Feststellung, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 21.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2016 rechtswidrig war. Der Kläger begehrt darüber hinaus Akteneinsicht in die Verwaltungsakten des Beklagten sowie Auskunft über die Gründe seiner langjährigen Arbeitslosigkeit.
Soweit die Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG vom 24.03.2017 begehrt wird, ist die Berufung unbegründet, weil das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat, da der Beklagte zutreffend den vom Kläger gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 21.03.2016 eingelegten Widerspruch als verfristet verworfen hat.
Nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Im vorliegenden Fall hat der Kläger den Widerspruch am 27.04.2016 beim Beklagten eingelegt und damit nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dabei ist für die Anwendung der sogenannten Bekanntgabefiktion ausreichend, dass der Tag der Aufgabe zur Post nachweisbar ist, was regelmäßig - wie im vorliegenden Fall - dadurch geschieht, dass die Behördenakten einen Vermerk über die Aufgabe zur Post enthalten, durch den der Zeitpunkt, an dem der Verwaltungsakt zur Post gegeben wurde, dokumentiert wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2008, B 8/9b SO 13/07 R, juris; Engelmann in v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 12a). Der streitgegenständliche Eingliederungsverwaltungsakt ist nach dem vom Beklagten vorgelegten Vermerk am 21.03.2016 zur Post gegeben worden und gilt damit am 24.03.2016 als bekannt. Die Widerspruchsfrist endete folglich am 25.04.2016 (da der 24.04.2016 ein Sonntag war, vgl. § 64 Abs. 3 SGG).
Soweit der Kläger mit dem Schriftsatz vom 28.04.2017 im Berufungsverfahren sinngemäß Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hat, war dem nicht statt zu geben. Grundsätzlich kann das Gericht zwar selbst Wiedereinsetzung gewähren, auch dann, wenn der Antrag erst im gerichtlichen Verfahren gestellt wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 84 Rn. 8a; Binder in Hk-SGG § 84 Rn. 15). Nach § 67 SGG ist, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Der Kläger hat weder Tatsachen glaubhaft gemacht, aufgrund derer er verhindert gewesen sein könnte, den Widerspruch innerhalb der Widerspruchsfrist einzulegen, noch sind solche nach Aktenlage für den Senat erkennbar. Insbesondere ist die Ortsabwesenheit in der Zeit vom 21.03.2016 bis zum 01.04.2016 keine geeignete Tatsache, denn nach Rückkehr aus der Ortsabwesenheit waren noch weitere 24 Tage Zeit bis zum Verstreichen der Widerspruchsfrist. Warum der Kläger diese Zeit nicht für die Widerspruchseinlegung genutzt hat, ist nicht nachvollziehbar.
Der auf die Gewährung von Akteneinsicht gerichtete Antrag des Klägers führt ebenfalls nicht zum Erfolg, da dem Kläger Akteneinsicht bereits gewährt wurde. So wurden dem Kläger im Berufungsverfahren die Verwaltungsakten und Gerichtsakten erster und zweiter Instanz zur Akteneinsicht vorgelegt.
Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 20.06.2017 unvollständige Akten bemängelt, besteht für den Senat kein Anhalt dafür, dass der Beklagte die im Zusammenhang mit dem vorliegend streitigen Eingliederungsverwaltungsakt stehenden Akten nicht vollständig vorgelegt hat. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass § 120 SGG das Verfahren zur Akteneinsicht abschließend regelt. Danach haben die Beteiligten das Recht der Einsicht in die Akten, soweit die übermittelnde Behörde dieses nicht ausschließt (§ 120 Abs. 1 SGG). Eine Überprüfung dahingehend, ob die Behörde die Verwaltungsakten vollständig vorgelegt hat, ist im sozialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen. Im Übrigen ist zwar vollständige Akteneinsicht zu ermöglichen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.07.2008, L 12 AL 4535/07, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2012, L 1 KR 18/10, juris), doch umfasst die Pflicht zur Vorlage von Akten gemäß § 119 SGG nur die Akten, Dokumente und Urkunden, die sich auf die Streitsache beziehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 119 Rn. 6). Für die Feststellung, ob der streitgegenständliche Eingliederungsverwaltungsakt rechtswidrig war und ob der Widerspruch fristgerecht eingelegt wurde, genügten insofern jedenfalls die vom Beklagten zur Verfügung gestellten Akten. Dementsprechend hat der Senat seiner Entscheidung ausschließlich die vom Beklagten vorgelegte und dem Kläger zur Einsicht zur Verfügung gestellte Verwaltungsakte zu Grunde gelegt hat. Nach alledem sieht der Senat das in § 62 SGG geregelte Recht auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
Bezüglich des Antrages, den Beklagten zu verurteilen, die Gründe der "langfristig rechtswidrigen Arbeitslosigkeit seit 2003 bis heute, bzw. woran die Eingliederung in Arbeit seit 2003 bis heute gescheitert ist", mitzuteilen muss der Berufung ebenfalls der Erfolg versagt bleiben. Für das Begehren des Klägers ist bereits keine Rechtsgrundlage erkennbar.
Die Berufung war folglich zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes.
Der Beklagte erließ für den 1967 geborenen Kläger am 21.03.2016 einen Eingliederungsverwaltungsakt im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) mit einer Geltungsdauer vom 21.03.2016 bis zum 20.09.2016. Hiergegen legte der Kläger am 27.04.2016 Widerspruch ein und teilte mit, der Eingliederungsverwaltungsakt sei zugegangen, als er vom 21.03.2016 bis zum 01.04.2016 im Urlaub gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2016 wurde der Widerspruch als unzulässig verworfen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Eingliederungsverwaltungsakt sei spätestens am 21.03.2016 bei der Post aufgegeben worden, gelte folglich am 24.03.2016 als bekannt gegeben, so dass die Widerspruchsfrist am 25.04.2016 (der 24.04.2016 sei ein Sonntag gewesen) geendet habe, weshalb der Widerspruch verfristet sei.
Hiergegen hat der Kläger am 08.07.2016 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, dass eine Klagebegründung erfolge, sobald Akteneinsicht in die kompletten Akten des Beklagten ab 2005 gewährt werde. Das SG hat hierauf ausgeführt, dass bereits in anderen Verfahren das Angebot zur Akteneinsicht nicht angenommen worden sei und im Übrigen nicht erkennbar sei, inwieweit für eine Stellungnahme zur Verfristung des Widerspruchs Akteneinsicht ab 2005 benötigt werde.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.03.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Der Kläger habe keinen späteren Zugang geltend gemacht, sondern lediglich angegeben, dass der Eingliederungsverwaltungsakt während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit zugegangen sei.
Gegen den ihm am 29.03.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.04.2017 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er hat diese im Wesentlichen damit begründet, dass der Beklagte bis heute seit 2005 alle sechs Monate einen Eingliederungsverwaltungsakt erlassen habe. Er habe bis heute keine Antwort darauf erhalten, weshalb seine Eingliederung in Arbeit seit 2003 gescheitert sei. Der Kläger hat ferner ausgeführt, der Eingliederungsverwaltungsakt sei während seiner urlaubsbedingten Ortsabwesenheit, welche ihm vom Beklagten genehmigt worden sei, zugegangen. In der Rechtsbehelfsbelehrung sei dargelegt worden, ein Widerspruch könne innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe eingelegt werden. Mithin habe er seinen Widerspruch fristgerecht eingelegt.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24. Juli 2017 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 21. März 2016 rechtswidrig gewesen ist,
2. den Beklagten zu verpflichten, die kompletten Akten, darunter auch die Verwaltungsakten, dem Landessozialgericht zu übersenden oder ihm Akteneinsicht in die kompletten Akten, darunter auch die Verwaltungsakten des Beklagten, beim Gericht zu gewähren,
3. den Beklagten zu verurteilen, ihm die Gründe seiner langfristig rechtswidrigen Arbeitslosigkeit seit 2003 bis heute bzw. woran seine Eingliederung in Arbeit seit 2003 bis heute gescheitert sei, mitzuteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat einen Band Verwaltungsakten vorgelegt und bezieht sich zur Begründung seines Antrags auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Er hat ferner auf Anfrage des Senats ausgeführt, dass für den streitgegenständlichen Eingliederungsverwaltungsakt in der Computeranwendung "Verbis" der 21.03.2016 als "Absendenachweis" eingetragen sei.
Am 24.05.2017 hat der Senat eine mündliche Verhandlung durchgeführt, die er vertagt hat, um dem Kläger Akteneinsicht zu gewähren. Nachdem in der Folge die Gerichts- und Verwaltungsakten an das SG übersandt wurden, hat der Kläger dort am 07.06.2017 Akteneinsicht genommen.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG vom 24.03.2017 und die Feststellung, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 21.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2016 rechtswidrig war. Der Kläger begehrt darüber hinaus Akteneinsicht in die Verwaltungsakten des Beklagten sowie Auskunft über die Gründe seiner langjährigen Arbeitslosigkeit.
Soweit die Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG vom 24.03.2017 begehrt wird, ist die Berufung unbegründet, weil das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat, da der Beklagte zutreffend den vom Kläger gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 21.03.2016 eingelegten Widerspruch als verfristet verworfen hat.
Nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Im vorliegenden Fall hat der Kläger den Widerspruch am 27.04.2016 beim Beklagten eingelegt und damit nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dabei ist für die Anwendung der sogenannten Bekanntgabefiktion ausreichend, dass der Tag der Aufgabe zur Post nachweisbar ist, was regelmäßig - wie im vorliegenden Fall - dadurch geschieht, dass die Behördenakten einen Vermerk über die Aufgabe zur Post enthalten, durch den der Zeitpunkt, an dem der Verwaltungsakt zur Post gegeben wurde, dokumentiert wird (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2008, B 8/9b SO 13/07 R, juris; Engelmann in v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 12a). Der streitgegenständliche Eingliederungsverwaltungsakt ist nach dem vom Beklagten vorgelegten Vermerk am 21.03.2016 zur Post gegeben worden und gilt damit am 24.03.2016 als bekannt. Die Widerspruchsfrist endete folglich am 25.04.2016 (da der 24.04.2016 ein Sonntag war, vgl. § 64 Abs. 3 SGG).
Soweit der Kläger mit dem Schriftsatz vom 28.04.2017 im Berufungsverfahren sinngemäß Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hat, war dem nicht statt zu geben. Grundsätzlich kann das Gericht zwar selbst Wiedereinsetzung gewähren, auch dann, wenn der Antrag erst im gerichtlichen Verfahren gestellt wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 84 Rn. 8a; Binder in Hk-SGG § 84 Rn. 15). Nach § 67 SGG ist, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Der Kläger hat weder Tatsachen glaubhaft gemacht, aufgrund derer er verhindert gewesen sein könnte, den Widerspruch innerhalb der Widerspruchsfrist einzulegen, noch sind solche nach Aktenlage für den Senat erkennbar. Insbesondere ist die Ortsabwesenheit in der Zeit vom 21.03.2016 bis zum 01.04.2016 keine geeignete Tatsache, denn nach Rückkehr aus der Ortsabwesenheit waren noch weitere 24 Tage Zeit bis zum Verstreichen der Widerspruchsfrist. Warum der Kläger diese Zeit nicht für die Widerspruchseinlegung genutzt hat, ist nicht nachvollziehbar.
Der auf die Gewährung von Akteneinsicht gerichtete Antrag des Klägers führt ebenfalls nicht zum Erfolg, da dem Kläger Akteneinsicht bereits gewährt wurde. So wurden dem Kläger im Berufungsverfahren die Verwaltungsakten und Gerichtsakten erster und zweiter Instanz zur Akteneinsicht vorgelegt.
Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 20.06.2017 unvollständige Akten bemängelt, besteht für den Senat kein Anhalt dafür, dass der Beklagte die im Zusammenhang mit dem vorliegend streitigen Eingliederungsverwaltungsakt stehenden Akten nicht vollständig vorgelegt hat. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass § 120 SGG das Verfahren zur Akteneinsicht abschließend regelt. Danach haben die Beteiligten das Recht der Einsicht in die Akten, soweit die übermittelnde Behörde dieses nicht ausschließt (§ 120 Abs. 1 SGG). Eine Überprüfung dahingehend, ob die Behörde die Verwaltungsakten vollständig vorgelegt hat, ist im sozialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen. Im Übrigen ist zwar vollständige Akteneinsicht zu ermöglichen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.07.2008, L 12 AL 4535/07, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2012, L 1 KR 18/10, juris), doch umfasst die Pflicht zur Vorlage von Akten gemäß § 119 SGG nur die Akten, Dokumente und Urkunden, die sich auf die Streitsache beziehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 119 Rn. 6). Für die Feststellung, ob der streitgegenständliche Eingliederungsverwaltungsakt rechtswidrig war und ob der Widerspruch fristgerecht eingelegt wurde, genügten insofern jedenfalls die vom Beklagten zur Verfügung gestellten Akten. Dementsprechend hat der Senat seiner Entscheidung ausschließlich die vom Beklagten vorgelegte und dem Kläger zur Einsicht zur Verfügung gestellte Verwaltungsakte zu Grunde gelegt hat. Nach alledem sieht der Senat das in § 62 SGG geregelte Recht auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
Bezüglich des Antrages, den Beklagten zu verurteilen, die Gründe der "langfristig rechtswidrigen Arbeitslosigkeit seit 2003 bis heute, bzw. woran die Eingliederung in Arbeit seit 2003 bis heute gescheitert ist", mitzuteilen muss der Berufung ebenfalls der Erfolg versagt bleiben. Für das Begehren des Klägers ist bereits keine Rechtsgrundlage erkennbar.
Die Berufung war folglich zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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