Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 EG 1564/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 2525/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.05.2017 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Elterngeld für seinen 2014 geborenen Sohn R. F. (R).
Der 1980 geborene Kläger ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern (geboren 2010 und 2012). Am 22.08.2014 kam R zur Welt. R wohnt seitdem im Haushalt des Klägers und dessen Ehefrau und wird von diesen betreut und erzogen.
Mit am 03.09.2014 bei der Beklagten eingegangenem Antrag beantragte die Ehefrau des Klägers die Gewährung von Elterngeld für den 1.-12. Lebensmonat des Sohnes, der Kläger gab auf dem Antragsformular an, dass er den Antrag zu einem späteren Zeitpunkt stellen werde. Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 05.09.2014 der Ehefrau des Klägers Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat iHv 375 EUR monatlich.
Am 03.02.2016 ging ein Folgeantrag des Klägers auf Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat von R bei der Beklagten ein. Als Unterschriftsdatum war beim Kläger 28.10.2015 und bei der Ehefrau des Klägers 28.12.2015 angegeben. Die beigefügte Arbeitgeberbescheinigung wurde am 14.01.2016 unterschrieben. In dieser war ausgeführt, dass der Kläger im Zeitraum vom 22.08.2015 bis 21.10.2015 seine Erwerbstätigkeit auf 30 Wochenstunden reduziert habe. Die Wochenstundenzahl außerhalb des Bezugszeitraums betrage 40 Stunden.
Mit Bescheid vom 08.02.2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass Elterngeld rückwirkend höchstens für die letzten drei Monate vor dem Monat des Antragseingangs gezahlt werden könne. Maßgeblich für die Berechnung dieser Frist sei der Zeitpunkt des Antragseingangs bei einer Dienststelle, einem anderen Leistungsträger oder einer Gemeinde. Da die Antragstellung nicht fristgerecht erfolgt sei, könne kein Elterngeld gezahlt werden.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16.02.2016 Widerspruch ein. Er übersandte einen auf den 18.09.2015 datierten formlosen Antrag auf Elterngeld. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt: "Hiermit beantrage ich Elterngeld für meinen Sohn R. [ ] für den Zeitraum 22.08.-21.10.2015. In diesem Zeitraum werde ich 30 Std. pro Woche arbeiten. Meine sonstige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Std. pro Woche. Die noch fehlenden Unterlagen werde ich zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen". Zusätzlich macht der Kläger geltend, dass er den Antrag am 19.09.2015 in den Briefkasten eingeworfen habe. Hilfsweise beantragte er Wiedereinsetzung in die Frist.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Antrag sei bei der Beklagten erst am 03.02.2016 eingegangen. Das Übermittlungsrisiko trage der Kläger. Lasse sich der Eingang nicht nachweisen, so gehe dies zu seinen Lasten. Vor dem 03.02.2016 sei auch kein elektronischer Eintrag in der Akte erzeugt worden. Die vorgetragenen Gründe für die verspätete Antragstellung würden keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. Die Frist müsse ohne Verschulden versäumt worden sein. Bereits das Antragsformular selbst enthalte einen deutlichen Hinweis auf die einzuhaltende Antragsfrist.
Hiergegen hat der Kläger am 16.03.2016 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er macht geltend, dass er aufgrund vorangegangener Elterngeldanträge sehr gut mit den Antragsabläufen und -fristen vertraut gewesen sei. Er habe am 19.09.2015 Elterngeld formlos beantragt. Da der im Beisein seiner Ehefrau am 19.09.2015 in den Briefkasten der Deutschen Post AG eingeworfene Antrag nicht bei der Beklagten aktenkundig sei, sei davon auszugehen, dass dieser entweder auf dem Postweg oder innerhalb der Beklagten verloren gegangen sei. Dieser Verlust liege nicht in seinem Verantwortungsbereich. Er dürfe darauf vertrauen, dass ein Brief, der zur Deutschen Post AG aufgegeben werde, innerhalb eines Werktags den Empfänger erreiche. Es sei deshalb jedenfalls Wiedereinsetzung in die Antragsfrist zu gewähren.
Mit Urteil vom 24.05.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Überzeugung der Kammer ein Antragseingang bei der Beklagten vor dem 03.02.2016 nicht nachgewiesen sei. Da Elterngeld gemäß § 7 Abs 1 S 2 BEEG rückwirkend nur für die letzten drei Monate vor Beginn des Monats geleistet werde, in dem der Antrag auf die jeweilige Leistung eingegangen sei, scheide ein Elterngeldanspruch hier aus. Bezüglich des Zeitpunkts der Abgabe des formlosen Antrags zur Post am 19.09.2015 würden die Angaben des Klägers als wahr unterstellt. Allerdings reiche die Aufgabe zur Post alleine nicht aus, um auch den rechtzeitigen Antragseingang bei der Beklagten zu belegen. Diesbezüglich trage der Kläger das Risiko des Verlustes des Antrages auf dem Postweg. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X komme nicht in Betracht. Eine unverschuldete Versäumung der Antragsfrist sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht glaubhaft gemacht. Ein schuldhaftes Verhalten des Klägers sei vorliegend darin zu sehen, dass er sich, nachdem er das Schreiben vom 18.09.2015 abgesandt habe und eine Eingangsbestätigung bzw wie auch immer geartete Reaktion der Beklagten nicht erfolgt sei, nicht nach dem Sachstand des Antragsverfahrens erkundigt habe. Brauche ein Absender bei rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Aufgabe zur Post grundsätzlich auch nicht nachzufragen, ob eine Sendung eingegangen sei, so könne angesichts der besonderen Umstände doch etwas anderes gelten. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) insbesondere bei Leistungsbeziehern, welche zur Behörde in einem Sozialrechtsverhältnis stünden. Eine Erkundigungspflicht sei im vorliegenden Fall eines Elterngeldantrages anzunehmen. Hierfür spreche bereits der Gesetzeszweck des Elterngeldes, welches als Lohnersatzleistung zum Ersatz des infolge der Elternzeit ausbleibenden Einkommens diene und daher eine zeitnahe Bearbeitung und Bewilligung impliziere. Gerade bei einer durch einfachen Brief erfolgten Antragstellung sei hier eine Erkundigungspflicht anzunehmen, je länger eine Reaktion der zuständigen Behörde ausbleibe. Gerade da es nicht der erste Elterngeldantrag des Klägers gewesen sei, hätte ihm klar sein müssen, dass eine Bewilligung allein auf der Basis des Schreibens vom 18.09.2015 ohne weitere Unterlagen nicht erfolgen habe können und insofern zu erwarten gewesen wäre, dass die Beklagte zeitnah nach Eingang eines formlosen Antrags den Antragsteller zur Vorlage der nötigen Unterlagen aufgefordert hätte. Ob der Kläger die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Nr 4 iVm Abs. 6 BEEG erfülle und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit mit einer maximalen Wochenarbeitszeit von 30 Stunden ausgeübt habe, könne dahingestellt bleiben.
Gegen das dem Kläger am 01.06.2017 zugestellte Urteil hat dieser am 29.06.2017 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm Wiedereinsetzung in die Antragsfrist gewährt werden müsse. Entgegen der Auffassung des SG habe er nicht bei der Beklagten nachfragen müssen, ob sein formloser Antrag eingegangen sei. Das vom SG in Bezug genommene Urteil des BSG behandle einen gänzlich anderen Fall als den hier streitgegenständlichen. Denn dort sei es um einen erheblich höheren Betrag einer Sozialleistung gegangen. Zudem lasse das SG außer Acht, dass der Grund für die fristwahrende Stellung des Elterngeldantrags mittels einfachen Schreibens gerade der gewesen sei, dass er aufgrund privater und beruflicher Belastungen nicht die Zeit gefunden habe, die verschiedenen Antragsunterlagen rechtzeitig zusammenzustellen. Mit dem Antrag habe er gerade die Zeitaufwendungen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben wollen. Als normaler Bürger sei er nicht mit den Bearbeitungszeiten von Elterngeldanträgen von Behörden vertraut. Nicht zuletzt sei die Nachreichung der restlichen Unterlagen des Elterngeldantrags mit Schreiben vom 31.01.2016 als Erkundigung zu werten. Erst durch die Antwort der Beklagten auf diese Nachreichung habe er davon erfahren, dass der Posteingang des Elterngeldantrags vom 18.09.2015 verneint werde. Allein der Umstand, dass er von der Beklagten keine zeitnahe Antwort erhalten habe, könne nicht als eindeutiger Grund gewertet werden, der zu der Annahme verpflichte, dass bei der Übermittlung des Antrags etwas schiefgelaufen sei.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 23.11.2017 eine Probeberechnung bezüglich des vom Kläger geltend gemachten Elterngeldanspruch übersandt. Hiernach entspräche der monatliche Elterngeldanspruch dem Mindestbetrag von 300 EUR im 13. und 14. Lebensmonat, jeweils zuzüglich des Geschwisterbonus iHv 75 EUR.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.05.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 08.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat seines am 22.08.2014 geborenen Sohnes in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Schreiben des Berichterstatters vom 27.11.2017 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung bei einem Beschwerdewert von 750 EUR mangels Zulassung unzulässig sei. Sollte die Berufung nicht zurückgenommen werden, komme eine Verwerfung dieser als unzulässig gemäß § 158 SGG durch Beschluss in Betracht. Eine Frist zur Stellungnahme ist bis 29.12.2017 eingeräumt worden. Die Beklagte hat eine Mehrfertigung des Schreibens erhalten. Beide Beteiligten haben sich nachgehend nicht geäußert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat mit seinem Schreiben vom 28.06.2017 sein Rechtsmittel explizit als Berufung bezeichnet. Nach § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Die Entscheidung kann nach Satz 2 der Bestimmung durch Beschluss ergehen; der Senat hat hiervon nach dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Die Beteiligten sind auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss hingewiesen worden.
Die Berufung des Klägers ist mangels Erreichens der Beschwerdesumme unzulässig. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).
Streitgegenstand des Klageverfahrens war allein die Gewährung von Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat von R (22.08.2015 bis 21.10.2015). Nach der zutreffenden Probeberechnung der Beklagten als Anlage zum Schreiben vom 23.11.2017 beläuft sich der Streitgegenstand auf maximal 750 EUR. Der erforderliche Beschwerdewert ist deshalb nicht erreicht. Streitig sind auch nicht Leistungen für die Dauer von mehr als einem Jahr.
Das SG hat die Berufung in dem angefochtenen Urteil auch nicht zugelassen. Die Zulassung der Berufung muss ausdrücklich erfolgen. Alleine eine falsche Rechtsmittelbelehrung reicht hierfür nicht aus.
Ein gegebenenfalls denkbares Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung ist nicht Gegenstand der anhängigen Berufung, sondern bedürfte eines separaten Verfahrens. Die Umdeutung einer ausdrücklich erhobenen Berufung in eine Beschwerde ist nicht zulässig. Eine inhaltliche Überprüfung des Begehrens des Klägers ist dem Senat damit verwehrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Elterngeld für seinen 2014 geborenen Sohn R. F. (R).
Der 1980 geborene Kläger ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern (geboren 2010 und 2012). Am 22.08.2014 kam R zur Welt. R wohnt seitdem im Haushalt des Klägers und dessen Ehefrau und wird von diesen betreut und erzogen.
Mit am 03.09.2014 bei der Beklagten eingegangenem Antrag beantragte die Ehefrau des Klägers die Gewährung von Elterngeld für den 1.-12. Lebensmonat des Sohnes, der Kläger gab auf dem Antragsformular an, dass er den Antrag zu einem späteren Zeitpunkt stellen werde. Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 05.09.2014 der Ehefrau des Klägers Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat iHv 375 EUR monatlich.
Am 03.02.2016 ging ein Folgeantrag des Klägers auf Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat von R bei der Beklagten ein. Als Unterschriftsdatum war beim Kläger 28.10.2015 und bei der Ehefrau des Klägers 28.12.2015 angegeben. Die beigefügte Arbeitgeberbescheinigung wurde am 14.01.2016 unterschrieben. In dieser war ausgeführt, dass der Kläger im Zeitraum vom 22.08.2015 bis 21.10.2015 seine Erwerbstätigkeit auf 30 Wochenstunden reduziert habe. Die Wochenstundenzahl außerhalb des Bezugszeitraums betrage 40 Stunden.
Mit Bescheid vom 08.02.2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass Elterngeld rückwirkend höchstens für die letzten drei Monate vor dem Monat des Antragseingangs gezahlt werden könne. Maßgeblich für die Berechnung dieser Frist sei der Zeitpunkt des Antragseingangs bei einer Dienststelle, einem anderen Leistungsträger oder einer Gemeinde. Da die Antragstellung nicht fristgerecht erfolgt sei, könne kein Elterngeld gezahlt werden.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16.02.2016 Widerspruch ein. Er übersandte einen auf den 18.09.2015 datierten formlosen Antrag auf Elterngeld. Dieses Schreiben lautet auszugsweise wie folgt: "Hiermit beantrage ich Elterngeld für meinen Sohn R. [ ] für den Zeitraum 22.08.-21.10.2015. In diesem Zeitraum werde ich 30 Std. pro Woche arbeiten. Meine sonstige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Std. pro Woche. Die noch fehlenden Unterlagen werde ich zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen". Zusätzlich macht der Kläger geltend, dass er den Antrag am 19.09.2015 in den Briefkasten eingeworfen habe. Hilfsweise beantragte er Wiedereinsetzung in die Frist.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Antrag sei bei der Beklagten erst am 03.02.2016 eingegangen. Das Übermittlungsrisiko trage der Kläger. Lasse sich der Eingang nicht nachweisen, so gehe dies zu seinen Lasten. Vor dem 03.02.2016 sei auch kein elektronischer Eintrag in der Akte erzeugt worden. Die vorgetragenen Gründe für die verspätete Antragstellung würden keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. Die Frist müsse ohne Verschulden versäumt worden sein. Bereits das Antragsformular selbst enthalte einen deutlichen Hinweis auf die einzuhaltende Antragsfrist.
Hiergegen hat der Kläger am 16.03.2016 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er macht geltend, dass er aufgrund vorangegangener Elterngeldanträge sehr gut mit den Antragsabläufen und -fristen vertraut gewesen sei. Er habe am 19.09.2015 Elterngeld formlos beantragt. Da der im Beisein seiner Ehefrau am 19.09.2015 in den Briefkasten der Deutschen Post AG eingeworfene Antrag nicht bei der Beklagten aktenkundig sei, sei davon auszugehen, dass dieser entweder auf dem Postweg oder innerhalb der Beklagten verloren gegangen sei. Dieser Verlust liege nicht in seinem Verantwortungsbereich. Er dürfe darauf vertrauen, dass ein Brief, der zur Deutschen Post AG aufgegeben werde, innerhalb eines Werktags den Empfänger erreiche. Es sei deshalb jedenfalls Wiedereinsetzung in die Antragsfrist zu gewähren.
Mit Urteil vom 24.05.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Überzeugung der Kammer ein Antragseingang bei der Beklagten vor dem 03.02.2016 nicht nachgewiesen sei. Da Elterngeld gemäß § 7 Abs 1 S 2 BEEG rückwirkend nur für die letzten drei Monate vor Beginn des Monats geleistet werde, in dem der Antrag auf die jeweilige Leistung eingegangen sei, scheide ein Elterngeldanspruch hier aus. Bezüglich des Zeitpunkts der Abgabe des formlosen Antrags zur Post am 19.09.2015 würden die Angaben des Klägers als wahr unterstellt. Allerdings reiche die Aufgabe zur Post alleine nicht aus, um auch den rechtzeitigen Antragseingang bei der Beklagten zu belegen. Diesbezüglich trage der Kläger das Risiko des Verlustes des Antrages auf dem Postweg. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X komme nicht in Betracht. Eine unverschuldete Versäumung der Antragsfrist sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht glaubhaft gemacht. Ein schuldhaftes Verhalten des Klägers sei vorliegend darin zu sehen, dass er sich, nachdem er das Schreiben vom 18.09.2015 abgesandt habe und eine Eingangsbestätigung bzw wie auch immer geartete Reaktion der Beklagten nicht erfolgt sei, nicht nach dem Sachstand des Antragsverfahrens erkundigt habe. Brauche ein Absender bei rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Aufgabe zur Post grundsätzlich auch nicht nachzufragen, ob eine Sendung eingegangen sei, so könne angesichts der besonderen Umstände doch etwas anderes gelten. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) insbesondere bei Leistungsbeziehern, welche zur Behörde in einem Sozialrechtsverhältnis stünden. Eine Erkundigungspflicht sei im vorliegenden Fall eines Elterngeldantrages anzunehmen. Hierfür spreche bereits der Gesetzeszweck des Elterngeldes, welches als Lohnersatzleistung zum Ersatz des infolge der Elternzeit ausbleibenden Einkommens diene und daher eine zeitnahe Bearbeitung und Bewilligung impliziere. Gerade bei einer durch einfachen Brief erfolgten Antragstellung sei hier eine Erkundigungspflicht anzunehmen, je länger eine Reaktion der zuständigen Behörde ausbleibe. Gerade da es nicht der erste Elterngeldantrag des Klägers gewesen sei, hätte ihm klar sein müssen, dass eine Bewilligung allein auf der Basis des Schreibens vom 18.09.2015 ohne weitere Unterlagen nicht erfolgen habe können und insofern zu erwarten gewesen wäre, dass die Beklagte zeitnah nach Eingang eines formlosen Antrags den Antragsteller zur Vorlage der nötigen Unterlagen aufgefordert hätte. Ob der Kläger die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Nr 4 iVm Abs. 6 BEEG erfülle und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit mit einer maximalen Wochenarbeitszeit von 30 Stunden ausgeübt habe, könne dahingestellt bleiben.
Gegen das dem Kläger am 01.06.2017 zugestellte Urteil hat dieser am 29.06.2017 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm Wiedereinsetzung in die Antragsfrist gewährt werden müsse. Entgegen der Auffassung des SG habe er nicht bei der Beklagten nachfragen müssen, ob sein formloser Antrag eingegangen sei. Das vom SG in Bezug genommene Urteil des BSG behandle einen gänzlich anderen Fall als den hier streitgegenständlichen. Denn dort sei es um einen erheblich höheren Betrag einer Sozialleistung gegangen. Zudem lasse das SG außer Acht, dass der Grund für die fristwahrende Stellung des Elterngeldantrags mittels einfachen Schreibens gerade der gewesen sei, dass er aufgrund privater und beruflicher Belastungen nicht die Zeit gefunden habe, die verschiedenen Antragsunterlagen rechtzeitig zusammenzustellen. Mit dem Antrag habe er gerade die Zeitaufwendungen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben wollen. Als normaler Bürger sei er nicht mit den Bearbeitungszeiten von Elterngeldanträgen von Behörden vertraut. Nicht zuletzt sei die Nachreichung der restlichen Unterlagen des Elterngeldantrags mit Schreiben vom 31.01.2016 als Erkundigung zu werten. Erst durch die Antwort der Beklagten auf diese Nachreichung habe er davon erfahren, dass der Posteingang des Elterngeldantrags vom 18.09.2015 verneint werde. Allein der Umstand, dass er von der Beklagten keine zeitnahe Antwort erhalten habe, könne nicht als eindeutiger Grund gewertet werden, der zu der Annahme verpflichte, dass bei der Übermittlung des Antrags etwas schiefgelaufen sei.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 23.11.2017 eine Probeberechnung bezüglich des vom Kläger geltend gemachten Elterngeldanspruch übersandt. Hiernach entspräche der monatliche Elterngeldanspruch dem Mindestbetrag von 300 EUR im 13. und 14. Lebensmonat, jeweils zuzüglich des Geschwisterbonus iHv 75 EUR.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.05.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 08.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat seines am 22.08.2014 geborenen Sohnes in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Schreiben des Berichterstatters vom 27.11.2017 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung bei einem Beschwerdewert von 750 EUR mangels Zulassung unzulässig sei. Sollte die Berufung nicht zurückgenommen werden, komme eine Verwerfung dieser als unzulässig gemäß § 158 SGG durch Beschluss in Betracht. Eine Frist zur Stellungnahme ist bis 29.12.2017 eingeräumt worden. Die Beklagte hat eine Mehrfertigung des Schreibens erhalten. Beide Beteiligten haben sich nachgehend nicht geäußert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat mit seinem Schreiben vom 28.06.2017 sein Rechtsmittel explizit als Berufung bezeichnet. Nach § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Die Entscheidung kann nach Satz 2 der Bestimmung durch Beschluss ergehen; der Senat hat hiervon nach dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Die Beteiligten sind auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss hingewiesen worden.
Die Berufung des Klägers ist mangels Erreichens der Beschwerdesumme unzulässig. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).
Streitgegenstand des Klageverfahrens war allein die Gewährung von Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat von R (22.08.2015 bis 21.10.2015). Nach der zutreffenden Probeberechnung der Beklagten als Anlage zum Schreiben vom 23.11.2017 beläuft sich der Streitgegenstand auf maximal 750 EUR. Der erforderliche Beschwerdewert ist deshalb nicht erreicht. Streitig sind auch nicht Leistungen für die Dauer von mehr als einem Jahr.
Das SG hat die Berufung in dem angefochtenen Urteil auch nicht zugelassen. Die Zulassung der Berufung muss ausdrücklich erfolgen. Alleine eine falsche Rechtsmittelbelehrung reicht hierfür nicht aus.
Ein gegebenenfalls denkbares Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung ist nicht Gegenstand der anhängigen Berufung, sondern bedürfte eines separaten Verfahrens. Die Umdeutung einer ausdrücklich erhobenen Berufung in eine Beschwerde ist nicht zulässig. Eine inhaltliche Überprüfung des Begehrens des Klägers ist dem Senat damit verwehrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved