L 6 U 234/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 234/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts K. vom 13. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung einer Verletztenrente als vorläufiger Entschädigung bzw. begehrt die Gewährung einer Verletztenrente auf unbestimmte Zeit.

Der Kläger ist im Jahre 1962 geboren und wohnt im Inland. Er ist geschieden und wohnt allein. Er ist gelernter Maurer, diesen Beruf musste er wegen einer Lupus-Erkrankung aufgeben. Er war dann als Lkw-Fahrer erwerbstätig, bis er die Fahrerlaubnis verlor. Nach kürzeren Zeiten der Arbeitsuche war er ab dem 4. Juni 2012 als Produktionshelfer bei einem Unternehmen für Personalvermittlung und Zeitarbeit (Arbeitgeberin) beschäftigt und in dieser Eigenschaft bei der beklagten V.-B (Beklagte) gesetzlich unfallversichert (vgl. Bericht des Reha-Zentrums K. vom 30. Januar 2013).

Am 20. Juni 2012 gegen 15.30 Uhr stand der Kläger in einer Lagerhalle auf dem Betriebsgrundstück des Unternehmens, in das ihn seine Arbeitgeberin entsandt hatte. Ein Kollege fuhr mit einem Gabelstapler rückwärts. Dabei fuhr er den mit dem Rücken zu ihm stehenden Kläger an, sodass dieser stürzte. Der Gabelstapler fuhr über die Füße des am Boden liegenden Klägers.

Bei der Erstvorstellung am selben Tag um 16.00 Uhr diagnostizierte Durchgangsarzt Dr. B. Frakturen des "MFK III und IV" (dritter und vierter Mittelfußknochen) sowie des Os cuboideum (Würfelbein) am linken Fuß sowie des Os naviculare (Kahnbein) und des Os cuboideum am rechten Fuß. Der Kläger wurde über Nacht in der P.-Klinik in K. behandelt. Bei der Entlassung am 21. Juni 2012 wurden zusätzlich schwere Weichteilkontusionen (2. Grades) beider Füße und des linken Unterschenkels beschrieben (Berichte vom 21. Juni 2012). Der Kläger wurde ab dem 21. Juni 2012 im Städtischen Klinikum K. behandelt. Es wurde ein Kompartmentsyndrom (Erhöhung des Gewebeinnendrucks im muskulären Bereich) festgestellt. Noch am Aufnahmetag wurde deswegen eine Kompartmentspaltung des linken Unterschenkels durchgeführt mit einer Maßnahme zur beschleunigten Wundheilung (VAC) und einem sekundären Wundverschluss. Die Frakturen wurden konservativ behandelt. Mit Zwischenbericht vom 5. Juli 2012 teilte Dr. K. mit, die Akuttherapie sei beendet, aber eine Entlassung des Klägers nach Hause sei "wegen der notwendigen Entlastung und der räumlichen und sozialen Verhältnisse" nicht möglich. Die Beklagte erteilte daraufhin am 6. Juli 2012 Kostenzusage für eine unmittelbar anschließende FSW (frühstationäre Weiterbehandlung).

Der Kläger absolvierte daraufhin ab dem 9. Juli 2012 bis letztlich dem 17. Dezember 2012 eine FSW in der Klinik N./W. mit mehreren Verlaufskontrollen in der BG-Klinik L ... In dieser Zeit, am 13. September 2012, wurde er in L. erneut operiert. Dem lagen Pseudarthrosen (Falschgelenkbildungen bei über sechs Monate verzögertem Zusammenwachsen eines Knochens) an der MFK-3- und MFK-4-Basis links und ein Zustand nach multiplen Mittelfußfrakturen links zu Grunde. Bei der Operation wurden eine Resektion der Pseudarthrose am MFK 3 links und eine Osteosynthese am MFK 3 durchgeführt. Dr. v. R. (Bericht vom 20. September 2012) führte aus, es werde voraussichtlich eine MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) in rentenberechtigendem Ausmaß verbleiben. Die Fachklinik N./W. verordnete dem Kläger am 30. November 2012 eine KSR (komplexe stationäre Rehabilitation), weil eine bloße BGSW (berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung) nicht ausreichend erscheine. Sie entließ den Kläger am 7. Dezember 2012 als weiterhin arbeitsunfähig nach Hause.

Die Arbeitgeberin hatte bereits am 22. Juni 2012 betriebliche Unfallanzeige erstattet und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Wochen bescheinigt. Die Beklagte hatte dem Kläger ab dem 13. August 2012 Verletztengeld auszahlen lassen.

Der Kläger absolvierte die KSR in der BG-Klinik L. vom 18. Dezember 2012 bis zum 29. Januar 2013. In dem Entlassungsbericht (Dr. K.) vom 6. Februar 2012 wurde mitgeteilt, am linken Fuß hätten noch Bewegungs- und Belastungsdefizite (Plantarflexion/Dorsalex¬ten¬sion aktiv 20/0/10°) sowie Schmerzen bestanden. Das Abrollen des linken Fußes sei schmerzbedingt eingeschränkt. Das Gangbild sei linkshinkend. Insgesamt seien erhebliche Verbesserungen eingetreten, es sei mit einer Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit im alten Beruf zu rechnen, es könne aber eine rentenberechtigende MdE verbleiben. Im Anschluss führte der Kläger im Reha-Zentrum K. eine EAP (erweiterte ambulante Physiotherapie) durch. In dem dortigen Abschlussbericht vom 20. Februar 2012 (Dr. H.) ist ausgeführt, es beständen noch eine leichte Innenrotationseinschränkung der linken Hüfte, eine verbesserte Beweglichkeit der oberen Sprunggelenke mit einer Hebung/Senkung rechts 20/0/50° und links 20/0/45° sowie einer Pro-/Supination von 5/0/15° rechts und 5/0/10° links. Das Gangbild sei annähernd flüssig bei leichten Schmerzen im Großzehengrundgelenk rechts. Der Kläger stellte sich in der Folgezeit mehrfach in der BG-Klinik L. vor. Von dort aus wurde eine Arbeits- und Belastungserprobung verordnet, die ab dem 13. März 2013 bei der bisherigen Arbeitgeberin durchgeführt wurde. Ab dem 10. April 2013 war der Kläger wieder arbeitsfähig.

Nachdem Dr. H. dem Kläger - zunächst zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung - am 25. April 2013 wegen starker Schmerzen im Fuß nach fünf Stunden Arbeit wieder Arbeitsunfähigkeit attestiert hatte, ergab eine Nachschau in der BG-Klinik L. am 17. Mai 2013 ein weitgehend flüssiges Gangbild, reizfreie Narben und Weichteile ohne Schwellungen, eine seitengleiche nahezu freie Beweglichkeit beider oberer Sprunggelenke und ein freies Ausführen aller Standvaria. Der Kläger benutze keine orthopädischen Hilfsmittel, es würden Einlagen verschrieben. Die Krankschreibung sei nach ihrem jetzigen Lauf (2. Juni 2013) zu beenden.

Im Auftrag der Beklagten erstattete der Orthopäde und Unfallchirurg Prof. Dr. M. das Erste Rentengutachten vom 27. Juni 2013. Als Folgen der durch den Unfall verursachten komplexen Mittelfußfrakturen beidseits seien ein leicht linkshinkendes Gangbild, ein mangelndes Abrollen über den linken Fuß, ziehende Schmerzen in allen Zehen mit Ausstrahlung bis zum Fußgelenk, zunehmende Schmerzen bei längerer Belastung, Narbenbildungen im Bereich des linken oberen Sprunggelenks und des linken Fußrückens sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit beider oberer Sprunggelenke (Hebung/Senkung 20/0/40° rechts und 20/0/35° links) und des unteren Sprunggelenks links (2/3 gegenüber rechts) zu beschreiben. Hinweise auf Aggravation gebe es nicht. Die MdE sei ab dem 10. April 2013 bis aktuell und auch weiterhin bis zum Ablauf dreier Jahre nach dem Unfall auf 20 v. H. zu schätzen. Aktuell bestehe keine Arbeitsunfähigkeit.

Der Kläger war ab dem 25. Juni 2013 wiederum arbeitsunfähig erkrankt und bezog Verletztengeld letztlich bis zum 18. November 2013. Ab dem 19. November 2013 gewährte ihm die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit.

Mit Bescheid vom 27. November 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v. H. ab dem 19. November 2013 bis auf Weiteres. Der Monatsbetrag betrug EUR 210,53. Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden anerkannt am linken Fuß eine endgradige Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk bei der Senkung, eine Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk, belastungsabhängige Beschwerden am Fuß und am Sprunggelenk nach operativ versorgten Brüchen des K.-, Würfel- und Kahnbeins sowie des 3. und 4. Mittelfußknochens und Brüchen der 1. und 2. Zehe mit Gelenksbeteiligung sowie des Grundglieds der 5. Zehe und am rechten Fuß belastungsabhängige Beschwerden nach konservativ behandelten Brüchen des Kahn- und Würfelbeins. Nicht als Unfallfolgen festgestellt wurden Knorpelschäden im rechten Kniegelenk.

Der Kläger erhob über seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch, der nicht begründet wurde. Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2014, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war. Klage wurde nicht erhoben.

Der Kläger blieb in der Folgezeit arbeitslos. Die Bundesagentur für Arbeit bemühte sich, zum Teil in Kontakt mit der Beklagten, um eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt und ggfs. um eine berufliche Rehabilitation. Eine Anfrage der Bundesagentur, ob die Beklagte die Finanzierung einer Maßnahme nach dem Programm "Reha-Step" übernehme, lehnte die Beklagte ab, da keine unfallbedingte Notwendigkeit zu erkennen sei. In einem Schreiben an die Beklagte vom 4. April 2014 führte die Bundesagentur aus, es könne den Anschein haben, dass es motivatorische Probleme gebe, der Kläger habe sich bei dem dortigen Reha-Berater nicht wieder gemeldet. Dr. H. teilte der Beklagten mit, es habe sich eine aktivierte Sprunggelenksarthrose links entwickelt, die unter anderem starke Schmerzen verursache. Der Kläger bezog bis zum 5. Januar 2015 Arbeitslosengeld. Seitdem bezieht er Arbeitslosengeld II vom Jobcenter Stadt K ...

Die Beklagte erließ wegen des Unfalls des Klägers gegen die Arbeitgeberin einen Bescheid über die Erhebung eines Beitragszuschlags. Hiergegen erhob die Arbeitgeberin Widerspruch, weil der Unfall durch höhere Gewalt oder durch Fremdverschulden verursacht worden sei. Im Rahmen des danach folgenden Schriftwechsels stellte sich heraus, dass der Kläger ein zivilgerichtliches Schadensersatzverfahren gegen den Fahrer bzw. den Halter des Gabelstaplers führte. Die Beklagte teilte den Beteiligten, auch dem Entleiherunternehmen, daraufhin mit, dass sie etwaige Ersatzansprüche geltend mache, während der Kläger mit Ausnahme der Ansprüche auf Schmerzensgeld und Ersatz für Sachschäden nicht anspruchsberechtigt sei. Die Beklagte bezifferte ihre Aufwendungen für die Heilbehandlung, das Verletztengeld und die bis zum 30. April 2015 gewährte Verletztenrente mit EUR 86.014,21 und forderte den Haftpflichtversicherer des Unternehmens, bei dem der Unfallverursacher angestellt war, zur Erstattung der Hälfte auf.

Die Beklagte beauftragte Prof. Dr. G., BG-Klinik L., mit der Erstattung des Zweiten Rentengutachtens. Dieser lehnte den Auftrag jedoch mit Schreiben vom 12. Februar 2015 ab, weil der Kläger wegen der Behandlung im Jahre 2013 Vorwürfe einer Falschbehandlung gegen die Klinik erhoben habe.

Sodann erstattete Dr. F., Klinikum B., das Zweite Rentengutachten vom 6. Mai 2015. Er bezeichnete die Unfallfolgen wie folgt: Knöchern nicht durchbaute Arthrodese zwischen Os cuneiforme mediale und Os metatarsale III mittels Osteosyntheseplatte, degenerative Veränderungen der rechten Fußwurzel mit partieller Gelenkspaltverschmälerung und Ausbildung ostophytärer Randreaktionen, Arthrose im Bereich der Tarsometatarsalgelenke, 11 cm lange Narbe über dem linken Fußrücken, 4 x 2 cm großes abgeblasstes Areal am medialen linken AcH.essehnenansatz, teilweise brennender Narbenschmerz, schmerzhafte Abrollbewegung im rechten Fuß, eingeschränkte Beweglichkeit des rechten unteren Sprunggelenks, zunehmende Schmerzen in beiden Füßen nach längerer Belastung. Dr. F. gab die Beweglichkeit beider unterer Sprunggelenke mit 1/4 des Normalwerts an, an den oberen Sprunggelenken maß er eine Hebung/Senkung von 20/0/30° rechts und 20/0/40° links. Die MdE sei weiterhin auf 20 v. H. zu schätzen.

Die Beklagte stellte bei einer Durchsicht des Gutachtens fest, dass Dr. F. in der Anamnese ein flüssiges, symmetrisches Gangbild mit regelrechtem Abrollen beider Füße und ein intaktes rechtes oberes Sprunggelenk beschrieben hatte und die von ihm gemessenen Bewegungseinschränkungen nicht zu einer MdE führten. Auf einen Hinweis der Beklagten auf diese Widersprüchlichkeit reagierte der Gutachter zunächst nicht.

Nach vorangegangener Anhörung erließ die Beklagte den angegriffenen Bescheid vom 10. Juni 2015. Damit entzog sie die bislang gewährte Rente als vorläufige Entschädigung mit Ablauf des 30. Juni 2015 und lehnte die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ab. Es sei keine rentenberechtigende MdE verblieben. Die Unfallfolgen beschrieb sie wie das Gutachten von Dr. F ... Der Bescheid wurde dem Kläger am 11. Juni 2015 zugestellt.

Im Vorverfahren nahm Dr. F. unter dem 19. Juni 2015 ergänzend Stellung zu den möglichen Widersprüchen seines Gutachtens. Er führte aus, das symmetrische Gangbild sei im Zusammenhang mit dem Tragen orthopädischer Schuhe zu sehen, wodurch auch die Abrollbewegung ermöglicht werde. Der Hinweis auf das intakte obere Sprunggelenk sei aus der klinischen Untersuchung entstanden, die Bewegungseinschränkung habe sich bei einer weiteren Untersuchung gezeigt. Insgesamt sei an der Einschätzung festzuhalten.

Auf den Vorschlag des Beratungsarztes Dr. T., der dem Gutachten Dr. F. weiterhin Unvollständigkeiten und fehlerhafte Einschätzungen vorwarf, erhob die Beklagte das weitere "Zweite Rentengutachten" von Prof. Dr. M. vom 20. Oktober 2015. Dieser beschrieb als Unfallfolgen eine knöcherne Konsolidierung bei Zustand nach komplexen Mittelfußfrakturen links, eine in regelrechter Stellung konsolidierte Arthrodese Tarsometatarsale III links, eine in Fehl¬stellung verheilte Fraktur des Os naviculare rechts, eine knöchern konsolidierte Fraktur des Os cuboideum rechts, degenerative Veränderungen der Chopart-Gelenkreihe links, eine mäßige Bewegungseinschränkung der Zehen links und eine Narbe über dem Fußrücken links mit intermittierend auftretendem Narbenschmerz. Die Hebung/Senkung beider oberer Sprunggelenke betrug nach Prof. Dr. M.s Messung 10/0/50°, die unteren Sprunggelenke waren uneingeschränkt beweglich (3/3 beidseits), an den Zehengelenken zeigte sich rechts eine uneingeschränkte (3/3) und links eine leicht eingeschränkte (2/3) Beweglichkeit. Die Innenrotation der rechten Hüfte war mit 45° gegenüber links 50° leicht eingeschränkt, dies sei nicht unfallbedingt. Die unfallbedingte MdE bewertete der Gutachter mit 10 v.H.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Juni 2015 mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2015 zurück. Sie erkannte nunmehr die von Prof. Dr. M. genannten Unfallfolgen an. Diese führten aber nicht mehr zu einer MdE von wenigstens 20 v. H.

Hiergegen hat der Kläger am 7. Dezember 2015 Klage beim Sozialgericht K. (SG) erheben lassen. Den Ausführungen Prof. Dr. M.s könne nicht gefolgt werden, da dieser befangen gewesen sei. Er hat vorgetragen, zwischenzeitlich liege ein Schadensgutachten von Dr. H. vom Diakonissenkrankenhaus K. vor, das auf Veranlassung der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners erstellt worden sei und das eine "Dauerschädigung von 30 %" mit der Möglichkeit bzw. Wahrscheinlichkeit einer weiteren Verschlimmerung ergeben habe. Dieses Gutachten könne leider aus urheberrechtlichen Gründen nicht vorgelegt werden.

Das SG hat Dr. H. um Auskünfte bzw. die Vorlage des Gutachtens gebeten. Er hat hierzu mitgeteilt, er habe den Kläger nicht selbst untersucht, sodass er keine Auskünfte als Zeuge geben könne. Das Gutachten dürfe er nicht hinausgeben.

Der behandelnde Orthopäde Dr. H. hat, als sachverständiger Zeuge vernommen, am 25. April 2016 bekundet, es bestehe weiterhin eine Pseudarthrose, es sei zu posttraumatischen Deformierungen beider Füße gekommen, links ausgeprägter als rechts. Unfallunabhängig seien Schmerzen am linken Kniegelenk hinzugekommen, es handle sich um eine drittgradige Knorpelschädigung. Die MdE sei auf 30 bis 40 zu schätzen.

Die Beklagte hat gegen diese Zeugenaussage eingewandt, Dr. H. habe ihr in dem Nachschaubericht vom 29. Januar 2016 selbst mitgeteilt, die MdE betrage 0, und diesen Bericht vorgelegt. Ferner liege entgegen Dr. H.s Einschätzung keine Pseudarthrose vor, die Frakturen seien vielmehr knöchern konsolidiert verheilt.

Nachdem eine weitere Zeugenvernehmung des Orthopäden Dr. B., der dem Kläger in Vertretung einige Male Medikamente verschrieben hatte, erfolglos geblieben war, hat das SG von Amts wegen das Gutachten vom 24. August 2016 bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. J. erhoben. Der Sachverständige hat mitgeteilt, bei dem Kläger beständen als Folgen des Unfalls noch Narben am innenseitigen stammfernen Unterschenkel links und am linken Fußrücken, ein Kribbeln über dem linken Fußrücken und an den fußrückenseitigen Zehen des linken Fußes und minimale Bewegungseinschränkungen der Fußhebung im rechten oberen Sprunggelenk gegenüber links. Daneben lägen Veränderungen in der Bildgebung beider Füße vor. Bei der Untersuchung habe sich ein unauffälliges Gangbild bei regelrechtem Zehenspitzen- und Hackenstand gezeigt. Der Kläger habe vollständig in die Hocke gehen können. Es fänden sich keine Verformungen der Füße, keinerlei Entzündungszeichen, keine Schwellungen, eine seitengleiche Fußsoh-lenbeschwielung und weitestgehend freie Gelenksbeweglichkeiten. Eine Pseudarthrose habe weder klinisch noch bildgebend festgestellt werden können. Die Hebung/Senkung der oberen Sprunggelenke hat Dr. J. mit 10/0/30° links und 15/0/30° rechts angegeben. Die unteren Sprunggelenke seien seitengleich frei beweglich (jeweils 1/1). Die Hüftrotation betrage rechts 40/0/10° und links 50/0/5°. Die MdE sei vom Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit bis zum 6. April 2015 auf 20 v.H. zu schätzen, seitdem betrage sie 10 v. H. bis auf Weiteres.

Mit Urteil vom 13. Dezember 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Folgen des Unfalls bedingten spätestens seit Juli 2015 keine MdE von 20 v. H. mehr. Da die Beklagte vor Ablauf von drei Jahren nach dem Unfall über die Rente auf unbestimmte Zeit entschieden habe, sei nicht der Nachweis einer wesentlichen Veränderung notwendig. Das SG hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Feststellungen und Schlussfolgerungen von Dr. F. und vor allem Prof. Dr. M. und Dr. J. gestützt. Das im Auftrag der Haftpflichtversicherung von Dr. H. erstellte Gutachten habe nicht beigezogen werden können, dies sei aber auch nicht notwendig, da die zivilrechtliche Bewertung von Erwerbseinschränkungen anderen Grundsätzen folge als die unfallversicherungsrechtliche.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 19. Januar 2017 Berufung beim Landessozialgericht B. (LSG) erhoben. Er beantragt, die "behandelnden Ärzte Dr. B. und Dr. F.", die zu anderen Feststellungen gekommen seien als Dr. J., als Zeugen zu vernehmen. Hilfsweise sei ein "Obergutachten nach § 109 SGG von Amts wegen" einzuholen. Der Gerichtssachverständige Dr. J. sei regelmäßig in unfallversicherungsrechtlichen Verfahren tätig, er könne daher nicht objektiv sein, was ein Verwertungsverbot begründe bzw. einen Ablehnungsantrag rechtfertige.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts K. vom 13. Dezember 2016 und den Bescheid vom 10. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm durchgehend auch ab Juli 2015 eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen. Sie trägt vor, die Berufung sei bereits unschlüssig, weil wohl die Namen der behandelnden Ärzte verwechselt würden. Die nunmehr gestellten Beweisanträge habe der Kläger bereits in erster Instanz gestellt bzw. stellen können, sie aber in der mündlichen Verhandlung nicht aufrecht erhalten.

Der Senat hat mit Beschluss vom 2. Juni 2017 das Gesuch des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz abgelehnt. Er hat darin auch darauf hingewiesen, dass die benannten Ärzte den Kläger nicht behandelt hätten bzw. bereits ausgesagt hätten und dass die Fristen für eine eventuelle Ablehnung von Dr. J. lange abgelaufen seien.

Der Senat hat dem Kläger ferner Frist bis Ende August 2017 zur Konkretisierung seiner Beweisanträge und vor allem zur Benennung eines Arztes im Rahmen einer Wahlbegutachtung gesetzt. Eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.

Zuletzt hat der Senat den Beteiligten mitgeteilt, dass er ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zu entscheiden beabsichtige, und auch hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (sechs Bände) und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und daher ohne die ehrenamtlichen Richter (§§ 33 Abs. 1 Satz 2, 12 Abs. 1 Satz 2 SGG) durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Eine Entscheidung in der Sache ist möglich.

Es ist keine weitere Beweiserhebung von Amts wegen erforderlich (§ 103 SGG), weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist. Die Beiziehung des vom Kläger erwähnten Gutachtens von Dr. H. nach § 106 Abs. 3 Nr. 1 SGG), das im Auftrag der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners erstattet worden sein soll, ist gescheitert. Dar¬auf hatte schon das SG hingewiesen, auch in dem angefochtenen Urteil. Wenn dem, wie der Kläger und Dr. H. ausgeführt haben, urheberrechtliche Gründe entgegengestanden haben, dann handelt es sich um ein unerreichbares Beweismittel. Außerdem ist in Übereinstimmung mit dem SG davon auszugehen, dass das Gutachten ein ungeeignetes Beweismittel darstellt, weil im zivilen Schadensersatz- und Versicherungsrecht Erwerbsminderungen nach anderen Kriterien bemessen werden als nach dem SGB VII. Im Übrigen hätte es, nachdem bereits das SG auf diese Punkte hingewiesen hat, dem Kläger oblegen, das Gutachten in der Berufungsinstanz vorzulegen (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 106 Rz. 11).

Es sind auch keine Beweisanträge offen, denen der Senat nachkommen müsste. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung vom 24. März 2017 - danach hat er sich nicht mehr geäußert - beantragt hat, Dr. F. und Dr. B. als behandelnde Ärzte "zum Beweis für die Richtigkeit der von ihnen getroffenen Feststellungen" zu vernehmen, handelt es sich bereits nicht um ordnungsgemäße Beweisanträge, weil das Beweisthema nicht einmal ansatzweise konkret beschrieben worden ist. Hinzu kommt, dass Dr. F. kein behandelnder Arzt des Klägers ist, sondern ein Gutachter der Beklagten, sodass seine Benennung als Zeuge ungeeignet ist, während eine - weitere - Vernehmung von Dr. B. überflüssig ist, nachdem ihn bereits das SG vernommen und er in seiner Aussage vom 7. Juli 2016 ausgeführt hat, er könne zu den Beweisfragen nichts sagen, da er den Kläger bezüglich des Unfalls vom 20. Juni 2012 nicht untersucht habe. Soweit der Kläger die Erhebung eines Wahlgutachtens nach § 109 Abs. 1 SGG beantragt hat, ist dieser Antrag zum einen widersprüchlich, da der Kläger eine Wahlgutachten "von Amts wegen" beantragt hat, und zum anderen unvollständig, da - trotz Hinweisen des Senats und Fristsetzung - kein konkreter Arzt benannt worden ist.

Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), insbesondere war sie wegen § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie der Kläger form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.

Allerdings ist die Klage als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) mit beiden Anträgen zulässig. Auch der Leistungsantrag stützt sich auf ein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis. Die Beklagte hat in dem angegriffenen Bescheid nicht nur die Rente als vorläufige Entschädigung entzogen, wogegen nur eine isolierte Anfechtungsklage erhoben werden kann. Sie hat auch die Bewilligung einer Rente auf unbestimmte Zeit abgelehnt. Insoweit kann kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben werden (Urteil des Senats vom 9. März 2017 - L 6 U 1971/16 -, juris, Rz. 28). Dies gilt zumindest dann, wenn sich eine ursprünglich bewilligte Rente als vorläufige Entschädigung noch nicht wegen Ablaufs dreier Jahre nach dem Versicherungsfall nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in eine Dauerrente umgewandelt hat. Vor diesem Zeitpunkt bestehen noch um zwei unterschiedliche Rentenansprüche. Erst wenn die Rente als vorläufige Entschädigung nach Ablauf der drei Jahre bereits kraft Gesetzes eine Dauerrente ist und der Unfallversicherungsträger dann durch Bescheid die Bewilligung einer Dauerrente ablehnt, handelt es sich in der Sache um einen reinen Aufhebungsbescheid, gegen den nur die isolierte Anfechtungsklage statthaft ist (vgl. SG K., Urteil vom 26. April 2016 – S 1 U 90/14 –, juris, Rz. 20).

Die Klage ist aber nicht begründet. Zu Recht hat die Beklagte die Rente als vorläufige Entschädigung zum 30. Juni 2015 entzogen und die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig. Der geltend gemachte Anspruch besteht nicht.

Bei der Entziehung der Rente als vorläufiger Entschädigung und der Versagung einer Rente auf unbestimmte Zeit musste die Beklagte nicht die besonderen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) beachten. Es war keine wesentliche Veränderung der Sach- oder Rechtslage notwendig. Auch wenn die Beklagte dem Kläger zuvor eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. bewilligt hatte, konnte sie jetzt frei über die MdE befinden und musste keine entsprechende Verbesserung im Gesundheitszustand feststellen. Dies folgt aus § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII, wonach bei der erstmaligen Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit nach der vorläufigen Entschädigung die MdE abweichend von der bisherigen Festlegung festgestellt werden kann, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Eine solche freie Entscheidung ist zwar dann nicht mehr möglich, wenn sich eine laufende Rente als vorläufige Entschädigung nach Ablauf dreier Jahre ab dem Versicherungsfall nach § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII bereits in eine Dauerrente verwandelt hat (vgl. SG K., a.a.O., Rz. 25). Aber die Beklagte hat ihre Entscheidung rechtzeitig getroffen. Der Drei-Jahres-Zeitraum lief hier am 20. Juni 2015 ab. Der angegriffene Bescheid vom 10. Juni 2015 ist dem Kläger am 11. Juni 2015 bekanntgegeben worden. Dies reichte aus, auch wenn die Rente als vorläufige Entschädigung erst mit Ablauf des 30. Juni 2015 entzogen worden ist. Für die Wahrung der Dreijahresfrist des § 62 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VII genügt es, dass Verfügung über die Aufhebung der vorläufigen Entschädigung in diesem Zeitraum gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X durch Bekanntgabe wirksam wird, auch wenn ihre materiell-rechtlichen Wirkungen nach diesem Zeitraum eintreten (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2013 – B 2 U 1/13 R –, juris, Rz. 15).

Es liegt kein Verfahrensfehler der Beklagten darin, dass sie - wohl wegen des drohenden Ablaufs der Frist des § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII - die angeforderte ergänzende Stellungnahme des Gutachters Dr. F. nicht abgewartet und auch ohne beratungsärztliche Stellungnahme entschieden hat. Insoweit liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Amtsermittlung (§§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) vor. Die Beklagte hat ermittelt und auch ein Sachverständigengutachten (vgl. zu den verfahrensrechtlichen Anforderungen in diesem Falle auch § 200 Abs. 2 SGB VII) erhoben. Die Würdigung der Ergebnisse eines solchen Gutachtens, insbesondere die Entscheidung, ob eine rentenberechtigende MdE vorliegt, ist keine tatsächliche Frage, sondern Rechtsanwendung. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass ein solcher Verfahrensfehler nach § 42 Satz 1 SGB X unbeachtlich gewesen wäre.

Auch in der Sache hat die Beklagte die Rente als vorläufige Entschädigung zu Recht entzogen und eine Rente auf unbestimmte Zeit versagt. Der Kläger hat kein Recht auf die (weitere) Gewährung einer Rente über den 30. Juni 2015 hinaus.

Rechtsgrundlage für die begehrte Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier eines Arbeitsunfalls, vgl. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 SGB VII - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).

Vor diesem Hintergrund müssen zunächst die behaupteten Gesundheitsschäden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Dagegen ist für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich vgl. hierzu und zum Folgenden Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris, Rz. 17). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, sodass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen.

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung, dass die Tatsachen, welche das Tatbestandsmerkmal des Gesundheitsschadens der haftungsausfüllenden Kausalität, also der Folge einer anerkannten Berufskrankheit, erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den der Theorie der wesentlichen Bedingung zugrunde liegenden naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhang indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 25/10 R -, juris, Rz. 14 m. w. N.).

Die MdE aus den so festgestellten unfallbedingten Gesundheitsschäden richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um eine MdE und ihr Ausmaß beurteilen zu können, ist zunächst festzustellen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 123). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.) und hierbei die vorhandenen Beweismittel würdigt (BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R -, juris). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (Urteil des Senats vom 9. März 2017 – L 6 U 152/15 –, juris, Rz. 27).

Nach diesen Maßstäben berechtigen die Folgen des beim Kläger anerkannten Arbeitsunfalls vom 20. Juni 2012 jedenfalls ab dem 1. Juli 2015 keine MdE von 20 v.H. Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat maßgeblich auf die Feststellungen und Schlussfolgerungen des Gerichtssachverständigen Dr. J ... Sein Gutachten ist nachvollziehbar und schlüssig. Insbesondere ist kein Grund ersichtlich, warum es nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 412 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) unverwertbar sein sollte. Und soweit der Kläger in seiner Berufungsbegründung ohne konkrete Begründung ausgeführt hat, Dr. J. sei befangen gewesen, so trifft dies zum einen nicht zu, zum anderen ist ein Gutachten aus diesem Grunde nach § 412 Abs. 2 ZPO erst nach einer erfolgreichen Ablehnung unverwertbar; der Kläger hat jedoch weder ein Ablehnungsgesuch gestellt noch wäre ein solches Gesuch jetzt noch zulässig, nachdem die Ablehnungsfristen in § 406 Abs. 2 ZPO lange abgelaufen sind.

Bei dem Kläger lagen als Folgen des Unfalls ab Juli 2015 nur noch Narben und eine leichte Sensibilitätsstörung auf dem linken Fußrücken sowie vor allem eine minimale Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks vor.

Die weitere funktionelle Einbuße, die mehrere Ärzte und Gutachter festgestellt hatten, darunter auch Dr. J., die leichte Einschränkung der Rotation - vor allem der Innenrotation - der Hüftgelenke, ist nicht unfallbedingt. Dass kein Unfallzusammenhang bestehen kann, ergibt sich schon daraus, dass die Hüftgelenke des Klägers bei dem Unfall nicht betroffen waren und keiner der behandelnden Ärzte bei den zeitnahen Untersuchungen aus Anlass des Unfalls auf Beeinträchtigungen der Hüften eingegangen ist. Das Gleiche gilt für die zeitweilig - allerdings nicht durchgängig - beschriebenen Knorpelschäden an den Knien. Bereits die Beklagte hatte die Anerkennung der Knorpelschäden am rechten Knie als Unfallfolgen ausdrücklich abgelehnt. Und die Knorpelschäden am linken Knie, die nach der Zeugenaussage von Dr. H. neu aufgetreten sind, hat bereits dieser Arzt als unfallunabhängig eingestuft.

Die weiteren Gesundheitsschäden, die der Unfall verursacht hatte, sind abgeklungen. Insbesondere waren die Frakturen an den Mittelfußknochen, dem Würfelbein und den Zehen links sowie am Würfel- und Kahnbein rechts bis zur Entziehung der Rente knöchern konsolidiert ausgeheilt, auch wenn sich diese Ausheilung lange hingezogen hat, weswegen ja auch die Rente als vorläufige Entschädigung bis zum Ablauf des dritten Jahres nach dem Unfall gewährt worden war. Der Gerichtssachverständige Dr. J. hat das bildgebende Material umfassend ausgewertet und zu Recht darauf hingewiesen, dass bereits in dem Gutachten von Prof. Dr. M. vom 20. Oktober 2015, also zeitnah zu dem hier relevanten Stichtag 1. Juli 2015, eine knöcherne Konsolidierung festgestellt worden war und daher ab diesem Zeitpunkt keine Pseudarthrose mehr vorlag. Vor diesem Hintergrund kann den Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. H. vom 25. April 2016 nicht gefolgt werden, es liege weiterhin eine Pseudarthrose vor und es sei zu "posttraumatischen Deformierungen" beider Füße gekommen. Diese Aussage widerspricht nicht nur dem bildgebenden Material, worauf Dr. J. zu Recht hingewiesen hat. Ebenso widerspricht sie Dr. H.s eigenen Angaben, und zwar nicht nur jenen in dem D-Arzt-Bericht an die Beklagte vom 29. Januar 2016, sondern auch den eigenen praxisinternen Aufzeichnungen. Dort hatte Dr. H. eine aktive Pseudarthrose zuletzt für die Behandlung am 29. Juni 2015 verzeichnet, während er in der Folgezeit, erstmals am 3. August 2015, von einem "Zustand nach" Pseudarthrose sprach, insoweit in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Gutachters Prof. Dr. M. zu jener Zeit.

Die verbliebenen Funktionseinbußen bedingen keine MdE von 20 v. H. mehr.

Für die Bewertung der Funktionseinbußen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nach § 56 Abs. 1 SGB VII sind ganz wesentlich die Bewegungseinschränkungen relevant, weitere funktionelle Einbußen können in Gelenkinstabilitäten sowie - dies allerdings in erster Linie nur in Bezug auf die Hände und Füße - in einer Kraftminderung oder erheblichen sensorischen oder motorischen Defiziten liegen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 125 ff.). Für den häufigsten Fall der Bewegungseinschränkung eines Gelenks liegen umfangreich medizinische Erfahrungswerte vor. Danach führt eine Einschränkung der Hebung/Senkung eines oberen Sprunggelenks auf 0/0/30° zu einer MdE von 10 v. H. Die Versteifung eines oberen Sprunggelenks in günstiger Stellung bedingt eine MdE von 15 v. H. Eine rentenberechtigende MdE von 20 v. H. ist erst bei der Versteifung eines oberen Sprunggelenks in ungünstiger Stellung erreicht (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 712 f.). Bloße Bewegungseinschränkungen des unteren Sprunggelenks bedingen für sich keine MdE, erst bei einer Versteifung dieses Teilgelenks kommen MdE-Werte in Betracht, die bei 10 v. H. (Versteifung in günstiger Stellung) bis zu 30 v. H. (schmerzhaft wackelsteife Versteifung) reichen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 713). Bloße Sensibilitätsstörungen begründen, wenn sie nicht z.B. die Sinneswahrnehmung (Fingerspitzen) betreffen, keine MdE.

Bei dem Kläger bestanden keine Gelenksinstabilitäten, bei dem Unfall war ohnehin von den Gelenken nur das Großzehengrundgelenk rechts betroffen gewesen. Auch sonstige Instabilitäten am Haltungs- und Bewegungsapparat wie die erwähnte Pseudarthrose (Falschgelenk) waren, wie ausgeführt, ausgeheilt. Die restlichen Bewegungseinschränkungen betrafen bei der Untersuchung bei Dr. J. nur noch die beiden oberen Sprunggelenke, während die unteren Sprunggelenke frei waren. Für das rechte obere Sprunggelenk wurde eine Hebung/Senkung von 10/0/30° gemessen, für links - etwas besser - 15/0/30°. Auf keiner Seite war also die Hebung auf 0 limitiert (Normwert bis zu 20°), und auch die Senkung war auf beiden Seiten nur auf 30°, also geringfügig (Normwert bis zu 40°) eingeschränkt. Die daneben bestehenden Sensibilitätsstörungen führen nicht zu einer MdE. Es handelt sich um ein lokal begrenztes Kribbeln auf dem Fußrücken links, das keine Auswirkungen auf das Stehen oder Gehen hat. Dr. J. konnte bei seiner Untersuchung keine Paresen feststellen, die Reflexe ließen sich mittellebhaft auslösen, sodass nicht von einer relevanten Nervenschädigung auszugehen ist (S. 10 Gutachten). Dass der Kläger im Alltag im Gehen nicht eingeschränkt ist, zeigte sich auch bei der klinischen Begutachtung, er ging hinkfrei und rollte beide Füße ab, er konnte vollständig in die Hocke gehen. Bestätigt wird dies ferner durch die Umfangsmaße der Ober- und Unterschenkel, die Dr. J. als nahezu seitengleich und normal beschrieben hat (S. 10 Gutachten), sodass mangels Muskelverschmächtigung nicht von einer Schonung auszugehen ist. Das Gleiche gilt für die Narben am Unterschenkel und am Fuß, die Dr. J. als reizfrei und auf der Unterlage gut verschieblich beschrieben hat (S. 9 Gutachten).

Dieser Zustand lag, wie ausgeführt, spätestens ab dem 1. Juli 2015 vor. Dr. J. hat eine MdE von 20 v. H. sogar nur bis zum 6. April 2015 angenommen (S. 12 Gutachten), wobei es sich allerdings um einen Schreibfehler in seinem Gutachten handelt, denn aus den anamnestischen Ausführungen ist erkennbar, dass er den 6. bzw. den 7. Mai 2015 meint, nämlich den Tag der Untersuchung des Klägers bei Dr. F. in B. (S. 6 Gutachten). In der Tat hatte bereits Dr. F. ein weitgehend unauffälliges Gangbild und eine ungestörte Abrollbewegung des Klägers bemerkt und in etwa dieselben Restbeweglichkeiten festgestellt wie Dr. J. (damals betrug die Hebung/Senkung des oberen Sprunggelenks 20/0/30° rechts und 20/0/40° links, war also sogar etwas besser als später). Daraus konnte bereits damals keine MdE von 20 v. H. abgeleitet werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved