L 11 R 4682/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3267/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4682/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Schließt der Inhaber eines Einzelunternehmens einen (mündlichen) Vertrag mit einer Person, die für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Inhabers den Betrieb weiterführt, ist die Tätigkeit dieser Person als abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
zu werten, wenn die Bezahlung dieser Tätigkeit nach einem Stundenlohn erfolgt und der Beschäftigte daher kein Unternehmerrisiko trägt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.10.2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 34.528,48 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 34.528,48 EUR, betreffend eine Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) im Zeitraum vom 23.03.2010 bis 10.11.2011.

Der Kläger ist Zimmerer- und Dachdeckermeister und Inhaber der 1991 gegründeten Zimmerei-Dachdeckerei S. in B ... Er ist daneben Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Firma S. GmbH, B., HRB 7 ... Handelsregister B Amtsgericht S ... Die Zimmerei-Dachdeckerei S. beschäftigte in den letzten Jahren im Schnitt zwischen 20 und 30 Mitarbeiter.

Der Beigeladene zu 1) ist Zimmermeister und Inhaber der Einzelfirma Zimmerei F., ... R ... Er war bereits seit ca. Mitte 2009 regelmäßig als Subunternehmer für den Kläger tätig.

Im Jahr 2009 erlitt der Kläger einen Motorradunfall. In der Folge erkrankte er auch an einer Depression (vgl Bl 391 der beigezogenen Akten des Amtsgerichts B., Strafsache 24 Js .../13).

Ab März 2010 war der Beigeladene zu 1) im Unternehmen des Klägers tätig. Schriftliche Verträge wurden nicht geschlossen. Der Beigeladene zu 1) erhielt einen mit dem Kläger vereinbarten Stundenlohn in Höhe von 32 EUR, die er als "Meister/Vorarbeiterstunden" über die Zimmerei F. bei der Zimmerei-Dachdeckerei S. abrechnete (Bl 52 ff Verwaltungsakte). Der Beigeladene zu 1) wurde nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Sozialversicherungsbeiträge wurden nicht abgeführt.

Im November 2011 wurde der Beigeladene zu 1) im Rahmen einer Kontrolle des Hauptzollamtes U. vernommen (Bl 23 Verwaltungsakte). Er gab an, seit März 2010 für den Kläger tätig zu sein. In den Jahren 2010 und 2011 habe er Aufträge für den eigenen Betrieb abgesagt. Nach seinem Motorradunfall habe ihn der Kläger gefragt, ob er einspringen könne, da er seine Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben könne. Er sei für den Kläger als Vorarbeiter tätig. Seine Aufgaben umfassten die Materialbestellung, Absprache mit Bauherren, in Absprache mit dem Kläger die Einteilung der Bauvorhaben. Er arbeite auf den Baustellen ganz normal mit und habe seine Stundenaufschriebe in Form von Wochenlisten, die als Grundlage für seine Abrechnungen dienten. Er nutze sein eigenes Werkzeug und fahre mit dem eigenen PKW auf die Baustelle. Bei Bedarf nutze er den 7,5-Tonner des Klägers. Das Baumaterial stelle der Kläger. Bei seiner Tätigkeit für den Kläger handele es sich um einen Freundschaftsdienst. Die Tätigkeit werde beendet, sobald der Kläger wieder gesund sei.

Unmittelbar nach der Untersuchung durch das Hauptzollamt U. beendete der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit für den Kläger noch im November 2011.

Die Beklagte führte sodann eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) beim Kläger durch.

Mit Anhörungsschreiben vom 17.06.2013 (Bl 160 Verwaltungsakte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 34.528,48 EUR zu erheben. Der Kläger habe von März 2010 bis November 2011 den Beigeladenen zu 1) sozialversicherungspflichtig beschäftigt, ohne diesen anzumelden und entsprechende Beiträge abzuführen.

Der Kläger trug hierauf vor, der Beigeladene zu 1) sei selbständig tätig gewesen, da er ausschließlich als Vertreter des Unternehmers tätig gewesen. Er sei eine Art "Interims-Manager" gewesen, ohne irgendwelche Arbeitszeitpflichten oder sonstige Arbeitspflichten in der Firma zu übernehmen. Der Beigeladene zu 1) führe seit vielen Jahren ein eigenes Gewerbe und sei selbständig tätig. Da der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen sei, seinen Betrieb zu führen, habe es einer Vertretung bedurft. Der Beigeladene zu 1) selbst habe die Tätigkeit als Freundschaftsdienst bezeichnet. Er habe sich nicht einem fremden Betrieb eingliedern wollen. Der Kläger sei schon aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, ihm Weisungen zu erteilen. Der Beigeladene zu 1) habe sich die Zeit seiner Tätigkeit selbst einteilen können, er habe die Freiheit gehabt, jedes Projekt zu beenden, er sei nicht an einen bestimmten Arbeitsort gebunden gewesen. Entscheidend sei, dass der Beigeladene zu 1) nicht einen angestellten Mitarbeiter, sondern den Unternehmer selbst ersetzt habe.

Mit Bescheid vom 30.08.2013 (Bl 172 Verwaltungsakte) setzte die Beklagte für den Zeitraum vom 23.03.2010 bis 10.11.2011 wegen abhängiger Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) im Betrieb des Klägers Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 34.528,48 EUR fest. Der Beigeladene zu 1) sei im Rahmen seiner Tätigkeit als Vorarbeiter in die Arbeitsorganisation des Betriebs des Klägers eingegliedert gewesen. Zwar hätten sich wegen der Stellung als Vorarbeiter detaillierte Weisungen für die einzelnen Aufträge erübrigt. Dennoch sei die Arbeitsleistung des Beigeladenen zu 1) fremdbestimmt gewesen, da er dafür Sorge zu tragen gehabt habe, dass die Aufträge des Unternehmens des Klägers ordnungsgemäß durchgeführt würden. In Rechnung gestellt worden sei lediglich die Arbeitszeit des Beigeladenen zu 1), die mit dem festen Stundenverrechnungssatz von 32 EUR multipliziert worden sei. Eigenes Kapital habe er nicht eingesetzt. Alle benötigten Baumaterialien seien dem Beigeladenen zu 1) vom Kläger kostenfrei zur Verfügung gestellt worden. Er habe zwar eigenes Werkzeug genutzt, dies sei aber im Bereich des Zimmererhandwerks durchaus üblich. Trotz der Möglichkeit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden, habe der Beigeladene zu 1) zugunsten des Klägers auf eine Reihe von Aufträgen von anderen Auftraggebern verzichtet. Er habe auch keine Angebote mehr abgegeben und nicht mehr an öffentlichen Ausschreibungen teilgenommen und sei dadurch in eine persönliche Abhängigkeit zum Kläger geraten. Von einem Freundschaftsdienst könne schon aufgrund des finanziellen Umfangs keine Rede sein.

Hiergegen erhob der Kläger am 16.09.2013 Widerspruch. Zunächst sei geplant gewesen, dass der Beigeladene zu 1) den Kläger nur kurzzeitig vertrete. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum sein eigenes Unternehmen aufrechterhalten habe, weshalb jedenfalls von Versicherungsfreiheit einer Kranken- und Pflegeversicherung auszugehen sei (§ 5 Abs 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB V). Der Beigeladene zu 1) habe im streitigen Zeitraum als Unternehmer agiert und jederzeit die Freiheit gehabt, Arbeiten für den Kläger zu verrichten oder auch nicht. Es sei zwar richtig, dass er bei seiner Tätigkeit auf Mitarbeiter des Unternehmens des Klägers zurückgegriffen habe und diesen Weisungen erteilt habe, er habe aber diesbezüglich vom Kläger keine Weisungen erhalten, sondern der Beigeladene zu 1) sei seinerseits selbst unternehmerisch tätig gewesen und habe in diesem Rahmen den anderen fest angestellten Mitarbeitern Weisungen erteilen können.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. In der Gesamtschau überwögen die Kriterien, die für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) sprächen.

Hiergegen hat der Kläger am 15.12.2014 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Es sei von einem Kapitaleinsatz des Beigeladenen zu 1) auszugehen, da dieser während der Tätigkeit für den Kläger auf eigene Aufträge im eigenen Unternehmen verzichtet habe. Er habe die erhaltenen Rechnungsbeträge ordnungsgemäß als Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit versteuert und habe als Selbständiger Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet. Da die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) von vornherein zeitlich begrenzt auf die Dauer der Erkrankung des Klägers gewesen sei, habe er auch keine Pacht für eine Übernahme des Betriebs aufbringen müssen. Der Stundensatz zeige der Höhe nach eindeutig, dass es nicht um eine abhängige Beschäftigung gegangen sei. Außerdem habe die Beklagte keine eigenen Ermittlungen darüber angestellt, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit zu qualifizieren sei. Die Beklagte habe lediglich die Informationen und Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamts übernommen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Sie habe sich auf die Ermittlungsergebnisse des Zolls stützen dürfen und habe jedenfalls mit der Anhörung vom 30.08.2013 ein ordnungsgemäßes Verwaltungsverfahren eingeleitet.

Mit Beschlüssen vom 03.06.2015 und 04.08.2015 hat das SG den Beigeladenen zu 1) sowie die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen.

Mit Urteil vom 24.10.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Im streitgegenständlichen Zeitraum sei der Beigeladene zu 1) im Rahmen einer abhängigen und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung für den Kläger tätig gewesen. Der Beigeladene zu 1) habe nach eigenen Angaben auf den Baustellen des Klägers letztlich dieselben Tätigkeiten wie die übrigen fest angestellten Mitarbeiter des Klägers verrichtet. Er sei in seiner Funktion als Vorarbeiter als ein in die Betriebsabläufe eingegliedertes Glied einer Kette in Erscheinung getreten. Als Vorarbeiter habe er eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt, er sei in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen. Er habe jeweils unter dem Briefkopf des Klägers Angebote ausgefertigt, was der Tätigkeit eines temporär angestellten Geschäftsführers vergleichbar sei. Was die Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen bzw des operativen Geschäftes betreffe, habe der Beigeladene zu 1) keine inhabergleichen Befugnisse gehabt. Nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) und des Klägers sei es auch während der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers ungefähr alle zwei Tage zu Absprachen gekommen, im Rahmen derer der Beigeladene zu 1) den Kläger bezüglich aller wesentlichen Entwicklungen innerhalb des Betriebes auf dem Laufenden gehalten habe. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger selbst bestätigt, dass er regelmäßig auf den Baustellen vorbeigeschaut habe, um sich ein Bild von dem jeweiligen Baufortschritt und dem Zustand der Baustelle zu verschaffen. Der Kläger habe sich im Hinblick auf den tagtäglichen Vollzug seines Betriebes eines befreundeten Fachmannes bedient, jedoch die arbeitgebertypischen Entscheidungen letztlich allein getroffen. Die dem Beigeladenen zu 1) vom Kläger eingeräumten Befugnisse hätten nicht soweit gereicht, dass der Beigeladene zu 1) selbst wesentliche Entscheidungen zur konkreten Ausgestaltung der betriebliche Organisation eigenverantwortlich habe ändern können. Versicherungsfreiheit von den gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung des Beigeladenen zu 1) nach § 5 Abs 5 SGB V bestehe nicht. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für den Kläger habe einer Vollzeittätigkeit entsprochen und habe den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit des Beigeladenen zu 1) gebildet.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 28.11.2016 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 13.12.2016 Berufung beim SG eingelegt, welche dem Landessozialgericht am 16.12.2016 vorgelegt worden ist. Zur Begründung der Berufung hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen voll umfänglich aufrechterhalten. Ergänzend hat er vorgebracht, dass er ab März 2010 aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, seinen Betrieb zu führen und auch nicht in der Lage gewesen sei, den Beigeladenen zu 1) Weisungen bezüglich Art, Zeit und Ort der Tätigkeit zu erteilen oder ihm sonstige Direktiven zu geben. Dies hätten Ärzte im Strafverfahren bestätigt. Der Beigeladene zu 1) habe sein unternehmerisches Knowhow bei voller Entscheidungsfreiheit, was das unternehmerische Handeln anbelangt habe, zur Verfügung gestellt. Er habe nicht einzelne Projekte als Subunternehmer, sondern alle Projekte des Unternehmens des Klägers übernommen. Das SG habe eine Eingliederung in den Betrieb des Klägers ohne jeden Bezug zur Realität konstruiert. Bei der Zimmerei handle es sich um einen Einzelbetrieb. Typisch für diese mittelständischen Betriebe sei es, dass der Betriebsinhaber auf den Baustellen mitarbeite bzw dort anwesend sei. Genau dies habe auch für den Beigeladenen zu 1) gegolten. Der Kläger hätte zwar temporär einen Geschäftsführer einstellen können, dies habe er aber nicht getan, da es nur um die vorübergehende Übertragung der Gesamtverantwortung auf einen befreundeten und qualifizierten Unternehmer gegangen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.10.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 30.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2014 aufzuheben.

Er hat seine Beweisanträge aus dem Schriftsatz vom 10.03.2017 (Bl 78 Senatsakte, Vernehmung von Dr. Z. und Dr. W.) und aus dem Schriftsatz vom 25.03.2015 (Bl 42 SG-Akte, dort Ziff. 4-6) aufrecht erhalten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf ihr bisheriges Vorbringen und die Ausführungen des SG Bezug. Der Beigeladene zu 1) sei auf den Baustellen des Klägers als Vorarbeiter in die dortigen Betriebsabläufe eingegliedert gewesen, habe bei arbeitgebertypischen Entscheidungen mit dem Kläger Rücksprache gehalten und kein eigenes Unternehmerrisiko getragen.

Der Berichterstatter hat am 13.09.2017 mit den Beteiligten den Sachverhalt erörtert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl 41 Senatsakte) Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 18.09.2017 hat der Senat die B.-BKK zum Verfahren beigeladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Beigeladene zu 1) hat seine Tätigkeit für den Kläger im Zeitraum vom 23.03.2010 bis 10.11.2011 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt und unterlag der Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p SGB IV. Nach § 28p Abs 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für die Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt werden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht. Zwar entscheidet grundsätzlich gemäß § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dies gilt aber ausnahmsweise nicht für Entscheidungen im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung.

Betriebsprüfungen durch den Rentenversicherungsträger haben nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur eine Kontrollfunktion. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern, andererseits die Sozialversicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Die Entscheidung stellt sich vor diesem Hintergrund als kombinierte - positive oder negative - Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragsnachentrichtung oder Beanstandung dar. Die Besonderheit eines Bescheids nach § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV liegt insoweit darin, dass über das Bestehen von Versicherungspflicht und die daraus resultierende Beitragsnachforderung gemeinsam zu entscheiden ist. Dies unterscheidet das Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht vom Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV (BSG 14.09.2004, B 12 KR 1/04, SozR 4-2400 § 22 Nr 2). Die hier streitigen Beiträge werden als Gesamtsozialversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber gezahlt (§ 28g Satz 1 und 2, 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV).

Der Rentenversicherungsträger kann sich im Rahmen der Prüfung beim Arbeitgeber nach § 28p SGB IV allein auf die im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung gewonnenen Ermittlungsergebnisse der Zollverwaltung stützen. Das Unterlassen einer eigenen Betriebsprüfung beim Arbeitgeber führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides (LSG Baden-Württemberg 29.06.2017, L 10 R 592/17, DStR 2017, 2444; Sächsisches LSG 22.04.2016, L 1 KR 228/11).

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III), es sei denn Versicherungspflicht scheidet aufgrund gesetzlicher Regelungen aus. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11 AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeits-prozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeiten über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl zum Ganzen etwa BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).

Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des BSG seit mindestens 2008, vgl auch hierzu BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17).

Ausgehend von diesen Maßstäben überwiegen zur Überzeugung des Senats bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte. Der Senat schließt sich der nach sorgfältiger Abwägung des Für und Wider gefundenen Auffassung des SG an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs 2 SGG). Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung nochmals vertieft vorgetragen hat, er sei aus medizinischen Gründen nicht in der Lage gewesen, dem Beigeladenen zu 1) konkrete Weisungen zu erteilen und der Beigeladene zu 1) habe sein unternehmerisches Knowhow bei voller Entscheidungsfreiheit zur Verfügung gestellt und als Interim Manager agiert und das SG habe eine Eingliederung in den Betrieb des Klägers ohne jeden Bezug zur Realität konstruiert, wird ergänzend zu den Entscheidungsgründen des SG Folgendes ausgeführt:

Ausgangspunkt für die Beurteilung ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12 - juris). Dass kein schriftlicher Vertrag über die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) vorliegt, schließt eine Beschäftigung nicht aus, denn eine solche kann sowohl mündlich vereinbart werden als auch durch faktischen Vollzug entstehen.

Zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) ist im Frühjahr 2010 vereinbart worden, dass der Beigeladene zu 1) für eine Übergangszeit einen Großteil der Geschäfte im Betrieb des Klägers führen sollte. Der Beigeladene zu 1) hat seine Rolle selbst als "Vorarbeiter" bezeichnet (Bl 34 SG-Akte). Seine Aufgaben haben nach eigenen Angaben die Materialbestellung, die Absprache mit den Bauherren, in Absprache mit dem personalverantwortlichen Kollegen Herrn B. die Personaleinteilung und in Absprache mit dem Kläger die Einteilung der Bauvorhaben erfasst. Der Stundenlohn in Höhe von 32 EUR ist in Absprache mit dem Kläger festgelegt worden. Der Beigeladene zu 1) hat dabei nicht die Rolle eines selbständigen "Interim Managers" gehabt (vgl dazu Dilenge, Beschäftigung von Interim Managern, DB 2015, 2271). Ob der Interim Manager unter Aufgabe oder Einschränkung der bisher in der Rechtsprechung maßgebenden Abgrenzungskriterien im Sinne einer neuen Beschäftigungsform als selbständig Tätiger anerkannt werden kann, obwohl eine Einbindung des Interim Managers in die innerbetrieblichen Abläufe für die Implementierung der Lösung erforderlich ist und er kein Unternehmerrisiko trägt, bedarf hier keiner Entscheidung. Vorgeschlagen wird diese Rechtsfigur für hoch qualifizierte Berater, die jenseits der üblichen Aufgaben des Tagesgeschäfts eine projektbezogene Aufgabenstellung haben (Dilenge, aaO). Dies war beim Beigeladenen zu 1) nicht der Fall.

Der Beigeladene zu 1) war in eine übergeordnete Betriebsorganisation, den Betrieb des Klägers, eingegliedert und hatte keine Sonderrolle, sondern hat nach eigenen Angaben auf den Baustellen "ganz normal" mitgearbeitet und den Betrieb auch nicht gepachtet. Die Feststellungen des SG aufgrund der Angaben in der mündlichen Verhandlung am 24.10.2016, die der Beigeladene zu 1) und der Kläger gemacht haben, haben sich im Erörterungstermin am 13.09.2017 bestätigt. Der Beigeladene zu 1) hat – unwidersprochen vom anwesenden Kläger - ausgeführt, er habe dem Kläger immer gesagt, was er gemacht habe, da der Kläger habe wissen wollen, was in seinem Betrieb los sei. Der Beigeladene zu 1) hat im Erörterungstermin am 13.09.2017 den Kläger auch durchgehend als "Chef" bezeichnet. Der Kläger selbst hat im Erörterungstermin am 13.09.2017 mitgeteilt, dass er zwar nicht mehr auf die Dächer habe klettern können, aber eingeräumt, dass er an den Baustellen vorbeigefahren sei, um sich das anzusehen. Auch insofern haben sich die Feststellungen des SG im erstinstanzlichen Urteil bestätigt, wonach der Kläger dort in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, er habe regelmäßig auf den Baustellen vorbei geschaut, um sich ein Bild vom Baufortschritt und vom Zustand der Baustelle zu verschaffen.

Diese Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in den Betrieb des Klägers und die Verpflichtung, ihm die Rechenschaft über die maßgeblichen Vorgänge abzulegen, ist nach Auffassung des Senats vorliegend der maßgebliche Gesichtspunkt, um die vorliegende abhängige Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit eines "Interim Managers" abzugrenzen, der von außen kommend in einer Sondersituation im Regelfall eine Aufgabe gerade außerhalb des Tagesgeschäfts übernimmt und aufgrund besonderer Fachkenntnisse eigenverantwortlich agiert (vgl Dilenge, DB 2015, 2271, 2273). Der Beigeladene zu 1) hat vielmehr im Rahmen des Tagesgeschäfts des Betriebs des Klägers die Rolle des Vorarbeiters bzw leitenden Angestellten ausgeführt, der für den Kläger und in seinem Sinne für eine Übergangszeit die Geschäfte geführt hat.

Ein unternehmerisches Risiko im Sinne eines Einkommensrisikos hat der Beigeladene zu 1) nicht getragen. Er musste keinen Gewinn erwirtschaften, sondern wurde für seine geleistete Arbeitszeit nach Stunden bezahlt. Er musste auch keine Pacht für die Übernahme des Betriebes aufbringen. Der Kläger war auch im hier streitigen Zeitraum durchgehend alleiniger Inhaber des Betriebs und trug somit alleine das unternehmerische Risiko. Eine Risikoverlagerung auf den Beigeladenen zu 1) fand zu keinem Zeitpunkt statt. Diesem Gesichtspunkt misst der Senat im Rahmen der Gesamtabwägung besondere Bedeutung zu.

Bei den dem Beigeladenen zu 1) übertragenen Aufgaben hat es sich nicht um Subunternehmeraufträge gehandelt, da er die Arbeiten nicht mit eigenem Kapital und Material ausgeführt hat, sondern der Kläger die jeweiligen Baumaterialien gestellt hat. Zwar hat der Beigeladene zu 1) eigenes Werkzeug benutzt und ist auch mit dem eigenen PKW auf die Baustellen gefahren, diese Indizien wiegen aber vergleichsweise gering im Vergleich zu den dargelegten sonstigen Umständen. Überdies hat wiederum der Kläger den 7,5-Tonner zur Verfügung gestellt, den der Beigeladene zu 1) regelmäßig benutzt hat, soweit dies erforderlich war.

Um einen "Freundschaftsdienst" hat es sich vorliegend nicht gehandelt, wie sich aus dem wirtschaftlichen Volumen der Tätigkeit ergibt. Von März 2010 bis November 2011 hat der Beigeladene zu 1) insgesamt 3.047 Arbeitsstunden abgerechnet (Bl 52 ff Verwaltungsakte) und hat dem Kläger monatlich Bruttoentgelte zwischen 5.000 EUR und 7.000 EUR in Rechnung gestellt.

Aus der dargelegten Eingliederung in die Betriebsorganisation des Klägers und der Tätigkeit als Vorarbeiter haben sich die Arbeitszeiten des Beigeladenen zu 1), wie das SG zutreffend ausgeführt hat, weitgehend aus der Notwendigkeit der Anwesenheit auf den Baustellen in der Funktion als Vorarbeiter ergeben. Spezielle Einzelweisungen des Klägers waren nicht erforderlich, daher kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger aus medizinischen Gründen nicht mehr auf die Dächer klettern konnte oder überhaupt aus medizinischen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen sein mag, Einzelweisungen/Direktiven zu erteilen.

Auch eine deutlich eingeschränkte Ausübung eines Weisungsrechts bzw eine deutlich eingeschränkte Weisungsbefugnis schließt eine fremdbestimmte Arbeit nicht aus (vgl BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10, BSGE 111, 257, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN). Die weitreichenden Entscheidungsbefugnisse eines leitenden Angestellten, der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen noch nicht zum Selbständigen, selbst wenn andere Mitarbeiter des Betriebs den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 aaO). Da der Beigeladene zu 1) nach eigenen Angaben auf den Baustellen des Klägers dieselben Tätigkeiten, wie die übrigen Mitarbeiter verrichtet hat, ergibt sich schon aus dieser Eingliederung in die Betriebsabläufe eine zeitliche und örtliche Gebundenheit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Dass aus Sicht des Beigeladenen zu 1) der Kläger weiterhin der "Chef" war, und dass es nicht die Baustellen des Beigeladenen zu 1), sondern die Baustellen des Betriebs des Klägers waren, hat der Beigeladene zu 1) im Erörterungstermin am 13.09.2017 deutlich gemacht, ohne dass der Kläger dem widersprochen hätte.

Die im Schriftsatz vom 10.03.2017 und in der mündlichen Verhandlung beantragte Beweiserhebung durch Vernehmung des den Kläger seit Mai 2011 regelmäßig behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Z. (vgl Bl 391 der beigezogenen Strafakte 24 Js .../13/12 Ns 27/15; Diagnose: ausgeprägte Depression seit spätestens 2011, wahrscheinlich schon 2010) sowie des im Strafverfahren vor dem Landgericht H. als Sachverständigen gehörten forensischen Psychiaters Dr. W. (vgl Bl 432 der beigezogenen Strafakte 24 Js .../13/12 Ns .../15; Diagnose: Polyneuropathie seit Ende 2009 und hinzutretende depressive Erkrankung) brauchte der Senat nicht durchführen. Die Diagnosen unterstellt der Senat als wahr und zutreffend. Dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf Dächer steigen konnte und dass, wie Dr. Z. in seiner fachärztlichen Stellungnahme vom 03.02.2015 ausgeführt hat, er ab Mai 2011 arbeitsunfähig gewesen ist und den Betrieb nicht mehr verantwortungsvoll hat führen können sowie wahrscheinlich schon 2010 es krankheitsbedingt eventuell zu Fehlhandlungen und Fehleinschätzungen im Zusammenhang mit seinem Unternehmen gekommen ist (so Dr. Z., vgl Bl 391 der beigezogenen Strafakte 24 Js .../13/12 Ns .../15) bzw der Kläger dem Beigeladenen zu 1) krankheitsbedingt keine Einzelweisungen/Direktiven erteilen hat können, unterstellt der Senat ebenfalls als wahr. Nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) und des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem SG und im Erörterungstermin am 13.09.2017 steht für den Senat aber fest, dass der Beigeladene zu 1) den Betrieb des Klägers stets nach der ursprünglichen Vereinbarung vom März 2010 im Sinne des Klägers, der auch weiterhin Alleininhaber des Betriebs geblieben ist, geführt und ihm gegenüber Rechenschaft abgelegt hat. So hat der Beigeladene zu 1) im Erörterungstermin am 13.09.2017 glaubhaft ausgeführt, er habe dem Kläger immer gesagt, was er gemacht habe. Der Kläger habe wissen wollen, was auf seinen Baustellen los gewesen sei.

Auch den Beweisanträgen aus dem Schriftsatz vom 25.03.2015 (Bl 42 ff SG-Akte) Ziff.4-6 brauchte der Senat nicht nachkommen, da es als wahr unterstellt werden kann, dass die benannten Zeugen S., H. und W.-H., jeweils Kunden des Klägers, davon ausgegangen sind, der Beigeladene zu 1) sei als selbständiger Unternehmer tätig. Der Senat verkennt nicht, dass das Auftreten als Selbständiger am Markt ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit sein kann. Eigene Rechnungen hat der Beigeladene zu 1) den Kunden des Klägers aber nicht gestellt. Er war ausschließlich für den Kläger tätig.

Angesichts der gesamten Durchführung der Tätigkeiten für den Kläger kommt dem Willen der Vertragspartner, keine abhängige Beschäftigung zu begründen, keine maßgebende Relevanz für die Qualifizierung der Tätigkeit zu, unabhängig davon, dass die rechtliche Qualifikation, ob Sozialversicherungspflicht besteht, nicht der Vereinbarung zwischen dem Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) obliegt. Maßgebend für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sind nicht die subjektiven Vorstellungen und Wünsche der Beteiligten, sondern entscheidend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung, so wie es sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten ergibt und im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Das sich daraus ergebende Gesamtbild steht in Widerspruch zu dem Willen des Klägers und dem Beigeladenen zu 1) zu einer selbstständigen Tätigkeit; dieser hat insoweit keinen entscheidenden Ausdruck in der Tätigkeit gefunden. Die Gesamtumstände, wie die Tätigkeit erfolgt ist, sprechen gegen eine selbständige Tätigkeit.

Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) nach § 5 Abs 5 SGB V für die gesetzliche Krankenversicherung hat nicht vorgelegen. Nach dieser Vorschrift sind hauptberuflich selbständig Erwerbstätige generell vom Schutz der GKV ausgeschlossen. Sie sollen neben einer solchen Erwerbstätigkeit auch dann nicht versicherungspflichtig werden, wenn sie aufgrund einer gleichzeitig ausgeübten abhängigen Beschäftigung nach Abs 1 Nr 1 oder nach Abs 1 Nr 5 bis 12 versicherungspflichtig wären (Baier in Krauskopf, Kommentar zur Sozialen Kranken- und Pflegeversicherung, § 5 SGB V RdNr 79). Hauptberuflich ist eine selbständige Erwerbstätigkeit dann, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und sie den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt (so die Begründung BT-Drs 11/2237, S 160).

Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Regelung ist das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit, die auf eine Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Die Abgrenzung zu dem Begriff der abhängigen Beschäftigung erfolgt nach allgemeinen Grundsätzen. Die Hauptberuflichkeit ist nicht absolut, sondern relativ zu bestimmen. Hauptberuflich ist eine selbständige Tätigkeit, wenn wie von der wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bildet. Maßgeblich hierfür sind stets die Umstände des Einzelfalles, wobei die zeitliche Verteilung der jeweiligen Beschäftigungen und das erzielte Entgelt als Kriterium heranzuziehen sind. Damit ist eine Hauptberuflichkeit dann gegeben, wenn die selbständige Tätigkeit von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bildet (BSG 23.07.2014, B 12 KR 16/12 R, SozR 4-5420 § 3 Nr 3).

Ausgehend von diesen Maßstäben war der Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hauptberuflich selbständig, da die Tätigkeit für den Kläger von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her deutlich überwogen hat. Dies entnimmt der Senat den eigenen Angaben des Beigeladenen zu 1) im zollamtlichen Ermittlungsverfahren. Der Beigeladene zu 1) hat dort vorgebracht, er sei ab März 2010 überwiegend für den Kläger tätig gewesen, er habe im eigenen Betrieb Aufträge in einem Volumen von ca 200.000 EUR abgesagt und habe mit dem eigenen Betrieb an keinen öffentlichen Ausschreibungen mehr teil genommen, keine Aufträge mehr angenommen und keine Angebote abgegeben. Diese Schilderung des Beigeladenen zu 1) wird bestätigt durch die im streitgegenständlichen Zeitraum von knapp 20 Monaten in Rechnung gestellten 3.047 "Meister-/Vorarbeiterstunden" (Bl 52 ff Verwaltungsakte), die erkennen lassen, dass daneben – setzt man je 20 Arbeitstage in den rund 20 Monaten an, ergibt dies umgerechnet ohne Urlaubs-, Krankheits- oder sonstige Fehlzeiten 7,62h/Arbeitstag - kein Raum für eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit war. Zudem wurde der letzte versicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer im Betrieb des Beigeladenen zu 1) zum 31.12.2009 abgemeldet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen tragen gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 162 Abs 3 VwGO ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Kosten aus Billigkeit dem unterliegenden Beteiligten aufzuerlegen, weil die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl 2017, § 197a RdNr 29 mwN).

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3, 53 Abs 2 Nr 4 Gerichtskostengesetz und entspricht der streitigen Nachforderung.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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