L 8 R 689/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1965/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 689/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 02.02.2016 aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.

Die 1959 geborene Klägerin ist polnische Staatsangehörige. Sie absolvierte vom 01.09.1974 bis 18.06.1977 in Polen eine Fachschulausbildung zur Floristin, ohne in diesem Beruf tätig gewesen zu sein. In Polen war sie als (angelernte) Praxishelferin berufstätig. Am 04.11.1988 übersiedelte die Klägerin nach Deutschland. Zuletzt war sie ab 01.09.1999 als Raumpflegerin beschäftigt. Ab 12.11.2011 bzw. 05.07.2013 war die Klägerin arbeitsunfähig (Auskunft der m. BKK vom 24.07.2013; Gutachten des MDK vom 14.12.2012, Angaben der Klägerin). Seit 01.02.2013 bezieht die Klägerin Leistungen nach dem SGB II. Bei der Klägerin wurde der Grad der Behinderung mit 60 seit 09.02.2012 bzw. 70 seit 24.08.2015 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches "G" festgestellt.

Im November 2011 wurde bei der Klägerin ein eingeblutetes kavernöses Hämangiom im Bereich des linken Mittelhirns mit konsekutiven Hydrocephalus occlusus diagnostiziert, mit operativer Behandlungen am 12.11.2011 und 21.11.2011 (Bericht des Universitätsklinikums F. vom 30.11.2011). Vom 12.12.2011 bis 09.01.2012 befand sich die Klägerin in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme (Reha-Entlassungsbericht der neurologischen Kliniken Dr. S. vom 12.01.2012, in dem das Leistungsvermögen der Klägerin für ihre Tätigkeit als Arzthelferin sowie für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit jeweils 6 Stunden und mehr eingeschätzt wurde).

Am 24.07.2013 beantragte die Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Unter Auswertung des Reha-Entlassungsberichtes der Neurologischen Kliniken Dr. S. vom 24.04.2013 gelangte Dr. T. in ihrer Stellungnahme vom 02.08.2013 zu der Bewertung, bei der Klägerin bestünde im ausgeübten Beruf als Reinigungskraft ein Leistungsvermögen von unter 3 Stunden sowie für leichte Tätigkeiten ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr seit 12.11.2011.

Mit Bescheid vom 06.08.2013 entsprach die Beklagte dem Antrag der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig und könne keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erhalten.

Gegen den Bescheid vom 06.08.2013 legte die Klägerin am 03.09.2013 Widerspruch ein. Sie machte zur Begründung geltend, wegen Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule mit Schmerzen, Funktionsbehinderungen sowie eines Nervenschadens in der rechten Körperseite betreffend Rumpf, Arm und Bein mit Gefühlsstörungen, Schmerzen, Brennen, Pieksen, Gangunsicherheit und Schwindel, Schwerhörigkeit, Sehstörungen und Depressionen mit Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen erscheine eine Leistungsfähigkeit von mindestens 6 Stunden unrealistisch. Von einer Erwerbsminderung mit Anspruch auf Rente sei auszugehen.

Die Beklagte nahm medizinische Befundunterlagen zu den Akten und holte die Gutachten von Dr. S.-B. und Dr. T. ein. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S.-B. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 10.02.2014 ein komplett reseziertes kavernöses Hämangiom im Bereich des dritten Ventrikels mit Einblutung und passageren Hydrocephalus occlusus (OP 11/2011) sowie eine Somatisierungsstörung und Dysthymie. Dr. S.-B. gelangte zu der Beurteilung, der Zustand nach Kavernom-OP schließe schwere und weitgehend mittelschwere Arbeiten aus. Tätigkeiten mit Anforderungen an das Gleichgewichtsvermögen oder Sturzgefahr sollten nicht verrichtet werden. Aufgrund der Dysthymie schieden Arbeiten im Dreischichtendienst aus. Für alle übrigen körperlich leichten bis punktuell mittelschweren Arbeiten bestünde neurologisch-psychiatrischerseits ein mehr als 6-stündiges Leistungsvermögen. Für die letzte berufliche Tätigkeit als Reinigungskraft bestehe ein Leistungsvermögen von 3 bis unter 6 Stunden seit November 2011. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Sozialmedizin Dr. T. diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 18.02.2014 eine Dysthymie, eine Somatisierungsstörung, eine komplett entfernte Gefäßmissbildung im Bereich des Gehirns mit Einblutung und passagerer Erweiterung der liquorgefüllten Flüssigkeitsräume mit fast vollständige Rückbildung einer vorbestandenen neurologischen Symptomatik, ein Lendenwirbelsäulensyndrom bei beginnenden Verschleißerscheinungen mit leichtem Funktionsdefizit ohne neurologische Reiz- und Ausfallerscheinungen, ein Halswirbelsäulensyndrom mit leichtem Funktionsdefizit ohne neurologische Reiz-und Ausfallerscheinungen, eine vordokumentierten Schwerhörigkeit sowie Tinnitus bei problemlos möglicher Verständigung in Umgangssprache sowie ein Nierenbeckenstein links mit Zertrümmerung am 07.03.2013, aktuell Blutausscheidung und Eiweißausscheidung im Urin bei Laborchemisch normaler Nierenfunktion. Dr. T. gelangte in ihrem Gutachten zu der Beurteilung, die Klägerin könne aufgrund der Erkrankungen leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Vermeidung von Tätigkeiten, die Gang- und Standsicherheit erforderten, mit Absturzgefahr, in Nachtschicht, mit regelmäßigen Wirbelsäulenzwangshaltungen, mit häufigem Bücken, permanenten Überkopfarbeiten in vollem zeitlichen Umfang verrichten. Die Gehstrecke sei nicht eingeschränkt. Hinsichtlich der letzten Tätigkeit als Reinigungskraft sei von einem unter 3-stündigen Leistungsvermögen auszugehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 23.04.2014 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Sie machte zur Begründung geltend, die Vielzahl der festgestellten leistungsmindernden Erkrankungen, die unterschiedliche körperliche Funktionen beeinträchtigten, schlössen bei ihr jegliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus.

Das SG hörte von der Klägerin benannte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B. teilte in ihrer Aussage vom 13.07.2014 den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die Befunde mit. Sie erachtete die Klägerin bei einer sich chronifizierenden Depression mit Anteilen einer Angsterkrankung und sehr unsicherer Persönlichkeitsstruktur für nicht arbeitsfähig. Der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Be. teilte in seiner Aussage vom 15.07.2014 den Behandlungsverlauf und die Befunde mit. Er erachtete nach den zu objektivierenden Befunden eine Tätigkeit auf dem freien Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens 6 Stunden unter qualitativen Einschränkungen für möglich.

Im Hinblick auf eine bevorstehende stationäre Behandlung der Klägerin ordnete das SG auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 18.11.2014 das Ruhen des Verfahrens an.

Am 10.12.2014 beantragte die Klägerin die Fortsetzung des Verfahrens und reichte den Bericht der L.-Klinik Bad D. vom 15.12.2014 über eine stationäre Behandlung vom 21.10.2014 bis 02.12.2014 nach (Diagnosen: Mittelgradige depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Z.n. OP eines Kavernoms bei Einblutung im Bereich des Mittelhirns).

Das SG holte anschließend von Amts wegen das psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. E. vom 07.09.2015 mit neuropsychologischem Zusatzgutachten der Dr. R. vom 11.09.2015 ein. Dr. R. gelangte in ihrem Zusatzgutachten zusammenfassend zu der Beurteilung, vor dem Hintergrund auffälliger Ergebnisse im durchgeführten Beschwerdevalidierungsverfahren könne keine Aussage zum Vorliegen oder Ausmaß möglicher kognitiver Defizite gemacht werden. Prof. Dr. E. gelangte in seinem Gutachten zu der Bewertung, auf psychiatrischem Fachgebiet leide die Klägerin unter einer depressiven Episode bei einem depressiven Syndrom. Differenzialdiagnostisch handele es sich um eine organische depressive Störung. Vom Prägnanztyp bestehe eine pseudohysterische oder -dementielle Ausprägung bei einem ansonsten typischen Bild einer depressiven Episode. Affektivität, Antrieb, Denken und Kognition sowie Vegetativum würden beeinträchtigt. Simulation und Aggravation in Form fehlender Mitarbeit seien testpsychologisch nachweisbar gewesen. Bei der Gesamtwürdigung und vor dem Hintergrund der Symptomatik müsse dies als pseudohysterischer oder -dementieller Prägnanztyp einer depressiven Episode oder hirnorganischen depressiven Störung angesehen werden. Die Erkrankung könne nicht durch eigene Willensanstrengung aus eigener Kraft überwunden werden. Die Klägerin könne noch regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien noch leichte Arbeiten ohne geistige Anforderungen und ohne Schichtarbeit möglich. Tätigkeiten könnten noch weniger als 3 Stunden durchgeführt werden. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht unerlässlich. Bezüglich des Weges zur Arbeitsstelle ergäben sich keine Beeinträchtigungen. Die Einschränkungen bestünden seit der Begutachtung. Es sei noch damit zu rechnen, dass sich der Gesundheitszustand bessere.

Die Beklagte ist dem Gutachten unter Vorlage der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. E. vom 07.10.2015 entgegengetreten (Schriftsatz vom 09.10.2015). Zu den Einwendungen der Beklagten holte das SG die ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. E. vom 29.12.2015 ein, in der er an seinen Beurteilungen festhielt. Hierzu äußerte sich die Beklagte unter Vorlage der weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. E. vom 15.01.2016 (Schriftsatz vom 20.01.2016).

Auf Nachfrage des SG teilte die Beklagte mit, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente bei einem Leistungsfall am 22.07.2015 erfüllt seien (Telefonvermerk des SG vom 01.02.2016).

In der öffentlichen Sitzung des SG am 02.02.2016 legte die Klägerin den Bericht der Kliniken des Landkreises L. vom 12.01.2016 über eine stationäre Behandlung vom 27.12.2015 bis 29.12.2015 vor.

Mit Urteil vom 02.12.2016 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin ausgehend von einem Leistungsfall am 22.07.2015 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.02.2016 bis 31.01.2018 zu gewähren sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu drei Viertel zu tragen. Es führte zur Begründung aus, die Klägerin sei nur noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes körperlich und geistig leichte Tätigkeiten unter 3 Stunden täglich auszuüben. Die aus psychiatrischen Erkrankungen der Klägerin folgenden Funktionseinbußen stünden für die Beurteilung ihres Leistungsvermögens ganz im Vordergrund. Die mit der Klagebegründung vorgebrachten Einschränkungen des Hör- und Sehvermögens spielten nur eine untergeordnete Rolle. Das SG schließe sich dem Gutachten von Prof. Dr. E. an. Der Leistungsfall sei (erst) zum 22.07.2015, dem Tag der ambulanten Untersuchung bei Prof. Dr. E. nachgewiesen. Die Rente sei zu befristen. Gegenwärtig sei nicht unwahrscheinlich, dass sich der Gesundheitszustand noch bessere. Geboten erscheine eine Befristung auf 2 Jahre gerechnet ab Rentenbeginn. Die Rente beginne am 01.02.2016.

Gegen das der Beklagten am 15.02.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.02.2016 eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beklagte hat zur Begründung ausgeführt, das Gutachten von Prof. Dr. E. vom 07.09.2015 mit ergänzender Stellungnahme vom 29.12.2015 sei weder schlüssig, nachvollziehbar noch überzeugend. Eine schlüssige und nachvollziehbare Leistungsbeurteilung erschließe sich aus dem lediglich aus 9 Seiten bestehenden "Kurzgutachten" nicht. Der erhobene psychische Befund sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Aufzählung der Einschränkungen bleibe oberflächlich. Die erhobenen Befunde und die für die Nachvollziehbarkeit des Gutachtens hierzu von der Klägerin eventuell gemachten Angaben seien marginal dargestellt worden, weshalb das Gutachten in dieser für eine psychiatrische Beurteilung äußerst wichtigen Hinsicht unvollständig sei. Auch Diskrepanzen zwischen der nur subjektiv empfundenen Beschwerden seitens der Klägerin und den objektiven Befunden hätten einer eingehenden Darstellung und Diskussion bedurft. Der Sachverständige übernehme dagegen die Angaben der Klägerin und deren Tochter unreflektiert. Es bleibe letztlich offen, in welchem Ausmaß die Klägerin tatsächlich konkret beeinträchtigt sei. Die Nichterweislichkeit des Ausmaßes ihrer Beschwerden gehe zulasten der Klägerin. Simulations- und Aggravationstendenzen verhinderten die hinreichend sichere Überzeugungsbildung hinsichtlich des Vorliegens einer Leistungsminderung. Es sei keineswegs nachgewiesen, dass es der Klägerin krankheitsbedingt unmöglich wäre, eine erwerbsorientierte Lebensgestaltung zu realisieren. Ferner werde die Kostenentscheidung des Urteils bemängelt. Da das SG dem Antrag auf eine unbefristete Rentengewährung nicht gänzlich entsprochen habe, sondern die Rente lediglich befristet zugesprochen habe, hätte die Klage im Übrigen abgewiesen werden müssen, mit der entsprechenden Kostenfolge.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 02.02.2016 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hat zur Begründung vorgetragen, die mit der Berufung vorgebrachten Einwände überzeugten nicht. Diese erschöpften sich weitgehend in dem bereits bekannten Vorbringen der Dr. E. vom 07.10.2015 und 15.01.2016. Hierzu habe der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. E. Stellung genommen. Angesichts der schlüssigen und nachvollziehbaren Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. E. müsse das angefochtene Urteil Bestand haben.

Der Senat hat von Amts wegen das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. Schn. vom 17.03.2017 eingeholt. Dr. Schn. diagnostizierte in seinem Gutachten eine chronische depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymia sowie ein reseziertes kavernöses Hämangiom im Bereich des dritten Ventrikels mit Einblutung und passagerem Hydrozephalus occlusus (Operation 11/2011). Es ergebe sich kein Anhalt für eine Erkrankung des neurologischen Fachgebietes. Der Ausprägungsgrad der seelischen Symptomatik zum Gutachtenszeitpunkt sei als leicht einzustufen. Es seien Einschränkungen im qualitativen Leistungsbild zu treffen. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten verrichten. Nicht leidensgerecht seien wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten, unfallträchtige Arbeiten, Steigen auf Leitern und Gerüsten, Tätigkeiten unter verschärften Akkordbedingungen, Zeitdruck oder in Nachtschicht sowie Tätigkeiten mit vermehrt seelischen Belastungen. Bei Berücksichtigung der Einschränkungen im qualitativen Leistungsbild liege ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie für Tätigkeiten als Reinigungskraft im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche vor. Die Notwendigkeit betriebsunüblicher Arbeitsbedingungen ergebe sich nicht. Das Leistungsvermögen bestehe im Wesentlichen seit dem neurochirurgischen Eingriff im Jahre 2011 und sei im Wesentlichen als dauerhaft einzustufen. Die Klägerin könne viermal täglich eine Gehstrecke von 500 m in unter 20 Minuten zurücklegen. Dr. Schn. hat von der Klägerin im Rahmen der Begutachtung vorgelegte weitere medizinische Befundunterlagen seinem Gutachten beigefügt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und begründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 06.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.04.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall am 22.07.2015 für die Zeit vom 01.02.2016 bis 31.01.2018 nicht zu. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Der abweichenden Entscheidung des SG im angefochtenen Urteil vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und (Nr. 3) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann und er damit nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage an sich nur teilweise erwerbsgemindert ist (sog abstrakte Betrachtungsweise), ihm aber der Teilzeitarbeitsmarkt tatsächlich verschlossen ist (sog konkrete Betrachtungsweise).

Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass bei der Klägerin eine rentenrechtlich relevante qualitative oder eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als 6 Stunden arbeitstäglich vorliegt.

In Ansehung dieser Maßstäbe liegt bei der Klägerin weder volle noch teilweise Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.02.2016 bis 31.01.2018 vor. Zur Überzeugung des Senats steht vielmehr fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Auf nervenärztlichem Gebiet ist das Leistungsvermögen der Klägerin nicht quantitativ auf unter sechs Stunden täglich herabgesetzt.

Das im November 2011 bei der Klägerin diagnostizierte kavernöse Hämangiom im Bereich des linken Mittelhirns mit konsekutiven Hydrocephalus occlusus konnte operativ am 12.11.2011 und 21.11.2011 erfolgreich behandelt werden. Verbliebene neurologische Einschränkungen, die das Leistungsvermögen der Klägerin quantitativ auf unter 6 Stunden täglich herabsetzt, sind nicht festzustellen. Nach dem Gutachten von Dr. Schn. vom 17.03.2017 bestehen bei der Klägerin lediglich leichte Koordinationsstörungen, die gegebenenfalls mit dem chirurgischen Eingriff zusammenhängen. Signifikante neurologische Auffälligkeiten und eine dadurch bedingte bedeutsame Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin bestehen nach dem Gutachten von Dr. Schn. nicht und lassen sich auch den Befundbeschreibungen in den Gutachten von Dr. S.-B. vom 10.02.2014 sowie Dr. T. vom 18.02.2014 wie den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen. Dr. S.-B. bestätigt in seinem Gutachten eine so gut wie vollständige Normalisierung des klinischen neurologischen Status nach der Behandlung der Klägerin im November 2011. Den von Dr. Schn. festgestellten leichten Koordinationsstörungen kann durch qualitative Einschränkungen (keine unfallträchtigen Tätigkeiten, Tätigkeiten zu ebener Erde) Rechnung getragen werden.

Auch durch das psychische Leiden ist das Leistungsvermögen der Klägerin nicht quantitativ auf unter 6 Stunden täglich herabgesetzt. Nach dem von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. S.-B. vom 10.02.2014 beschriebenen psychischen Befund erschien die Klägerin unauffällig, korrekt gekleidet mit gepflegter Frisur pünktlich zur Untersuchung, was gegen eine krankheitsbedingte Vernachlässigung spricht. Ihr Verhalten war situationsadäquat und freundlich. Die Klägerin war wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert. Der Denkablauf war formal geordnet und flüssig. Inhaltliche Denkstörungen, Störungen der Meinhaftigkeit oder Sinnestäuschungen bestanden nicht. Die Klägerin wirkte ruhig, affektiv weitgehend ausgeglichen und schwingungsfähig. Sie schilderte nachvollziehbar, dass sie mit ihrer sozialen Situation nicht zufrieden sei. Ein Hinweis für einen Intelligenzabbau bestand nicht. Die Tagesgestaltung beschreibt Dr. S.-B. zwar als eingeschränkt (keine Hobbys, sie mache den Tag über nichts). Nach dem von Dr. T. im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten vom 18.02.2014 beschriebenen Tagesablauf war die Klägerin jedoch in der Lage, Arbeiten zu verrichten (selbstständige Erledigung des Haushaltes, putzen, aufräumen, kochen, zum Teil Einkäufe selbstständig mit dem PKW erledigen), sowie eigene Interessen zu verfolgen (Fernsehen, spazieren gehen). Eine Herabsetzung des Leistungsvermögens der Klägerin auf täglich unter 6 Stunden lässt sich aus diesen Befundbeschreibungen nicht herleiten. Hiervon gehen auch übereinstimmend Dr. S.-B. und Dr. T. in ihren Gutachten aus. Auch der die Klägerin behandelnde Arzt Dr. Be. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 15.07.2014 auf der Grundlage der objektivierbaren Befunde eine Tätigkeit der Klägerin auf dem freien Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens 6 Stunden unter Vermeidung von Arbeiten unter Zeitdruck, im Schichtsystem, ohne Übernahme von Verantwortung für Personal und Material sowie wechselnde Anforderungen für möglich erachtet.

Dies wird auch durch das Gutachten von Dr. Schn. bestätigt. Nach dem Gutachten von Dr. Schn. vom 17.03.2017 sind die Angaben der Klägerin zu den Einschränkungen im Alltag nicht gänzlich nachvollziehbar. Die Klägerin ist bei zumutbarer Willensanstrengung in der Lage, ihren Tagesablauf angemessen bzw. den Anforderungen entsprechend zu strukturieren. Die Klägerin war in der Gutachtenssituation zwar angespannt. Sie wies aber eine gute geistige Flexibilität auf. Kognitive Defizite relevanten Ausmaßes lagen nicht vor. Für eine hirnorganisch bedingte seelische Symptomatik ergab sich kein Anhalt. Gewisse Somatisierungstendenzen sind bei der Klägerin möglich, jedoch nicht sehr ausgeprägt. In der Grundpersönlichkeit wirkte die Klägerin ängstlich und in der Beziehungsgestaltung abhängig veranlagt. Es bestehen entsprechend selbstunsichere Persönlichkeitszüge, wobei es für eine Persönlichkeitsstörung oder für eine sozialmedizinisch relevante Suchterkrankung keinen Anhalt gibt. Es zeigte sich keine signifikante Antriebsminderung oder psychomotorische Hemmung. Eine soziale Phobie liegt nicht vor. Es besteht keine soziale Desintegration. Das Umstellungs- und Anpassungsvermögen ist nicht eingeschränkt. Die Klägerin besitzt die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, um sich innerhalb von 3 Monaten in eine neue Berufstätigkeit einarbeiten zu können. Einschränkungen der Handlungsfähigkeit liegen nicht vor. Die Urteilskraft und die Kritik- und Einsichtsfähigkeit zur eigenen Person und zum sozialen Umfeld sind nicht eingeschränkt. Eine unüberwindbare psychische Hemmung oder Sucht liegt nicht vor. Die psychische Symptomatik entzieht sich nicht der zumutbaren Willensanstrengung. Kognitive Funktionen, insbesondere die Denkfunktionen, sind nicht leistungsrelevant eingeschränkt. Auch ergeben sich keine Einschränkungen der Psychomotorik. Einschränkungen des Zeitmanagements bestehen nicht. Nachvollziehbare relevante Störungen der sozialen Kompetenz und der Alltagskompetenzen liegen nicht vor. Eine weitergehende, objektivierbare bzw. ausreichend begründbare Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an den Aktivitäten des täglichen Lebens in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit liegen bei der Klägerin nicht vor. Eine organisch bedingte vermehrte Erschöpfbarkeit besteht nicht. Nach der nachvollziehbaren und den Senat überzeugenden Bewertung von Dr. Schn. ist die psychische Symptomatik bei der Klägerin nicht derart ausgeprägt bzw. entzieht sich nicht der Art der zumutbaren Willensanstrengung, als dass sie ein unüberwindbares Hemmnis für die Aufnahme und Ausführung einer Tätigkeit im Umfang von arbeitstäglich mindestens 6 Stunden darstellen würde. Vielmehr kann die bei der Klägerin bestehende Beeinträchtigung ihres seelischen Befindens durch die Vermeidung von Tätigkeiten unter verschärften Akkordbedingungen oder verschärftem Zeitdruck sowie die Vermeidung von Tätigkeiten in Nachtschicht und mit vermehrt seelischen Belastungen hinreichend Rechnung getragen werden, wie Dr. Schn. in seinem Gutachten nachvollziehbar und für den Senat überzeugend dargelegt hat.

Der abweichenden Bewertung von Prof. Dr. E. in seinem Gutachten vom 07.09.2015 mit ergänzender Stellungnahme vom 29.12.2015 vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. Dem steht allerdings nicht entgegen, dass das Gutachten des Prof. Dr. E. lediglich 9 Seiten ("Kurzgutachten") umfasst, wie die Beklagte zur Berufungsbegründung einwendet. Auch das Gutachten des Dr. S.-B. vom 10.02.2014, auf das die Beklagte ihren Widerspruchsbescheid vom 09.04.2014 stützt, ist nicht umfangreicher. Prof. Dr. E. beschreibt in seinem Gutachten als psychischen Befund insbesondere eine verlangsamte Auffassungsgabe, eine reduzierte Konzentrationsfähigkeit im Gespräch sowie subjektive Störungen von Merkfähigkeit und Gedächtnis. Die affektive Schwingungsfähigkeit der Klägerin war aufgehoben mit einem flach deprimierten Affekt. Der Antrieb war vermindert mit Energie- und Lustlosigkeit bei psychomotorischer Hemmung mit Verlangsamung. Dieser von Prof. Dr. E. beschriebene psychische Befund weicht deutlich von dem im Gutachten des Dr. S.-B. vom 10.02.2014 beschriebenen psychischen Befund ab. Auch Dr. Schn. hat in seinem Gutachten einen deutlich besseren psychopathologischen Befund erhoben. Nachvollziehbare Ausführungen dazu, worauf die von Prof. Dr. E. erhobene wesentlich verschlechterte Befundabweichung zurückgeht, lässt sich dem Gutachten von Prof. Dr. E. nicht entnehmen. Vielmehr geht Prof. Dr. E. in seinem Gutachten davon aus, dass bei der Klägerin in der neurophysiologischen Testung Simulation und Aggravation nachzuweisen waren, die als Beweisführungshindernis hinsichtlich der Authentizität der Angaben der Klägerin hätten diskutiert werden müssen, worauf Dr. E. in den von der Beklagten vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 07.10.2015 sowie 15.01.2016 und Dr. Schn. in seinem Gutachten zutreffend hinweisen, womit sich Prof. Dr. E. in seinem Gutachten jedoch nicht auseinandersetzt. Auch Dr. R. geht in ihrem neuropsychologischen Zusatzgutachten vom 11.09.2015 davon aus, dass vor dem Hintergrund der auffälligen Ergebnisse im durchgeführten Beschwerdevalidierungsverfahren keine Aussage zum Vorliegen oder Ausmaß möglicher kognitiver Defizite gemacht werden kann. Soweit Dr. E. hinsichtlich der nachweisbaren Simulation und Aggravation schlussfolgert, dies sei vor dem Hintergrund der Symptomatik als pseudohysterische oder -dementieller Prägnanztyp einer depressiven Episode oder hirnorganische depressiven Störung als Ausdruck der Erkrankung zu sehen, überzeugt diese Bewertung nicht. Eine plausible Begründung für diese Bewertung lässt sich dem Gutachten von Prof. Dr. E. nicht entnehmen. Prof. Dr. E. gelangt in seinem Gutachten nicht zu der gesicherten Diagnose einer hirnorganischen depressiven Störung bzw. genuinen depressiven Episode mit eventuell pseudodementieller oder pseudohysterischer Ausprägung, sondern stellt dies diagnostisch undifferenziert lediglich als möglich dar. Dass bei der Klägerin im Bereich des hypothalamischen und des Ventrikelsystems eine organische Veränderung bestanden hat, ergibt noch nicht den Nachweis einer organischen depressiven Störung, was aber Prof. Dr. E. bei der Annahme einer Antriebsstörung, die die Teilnahme am Arbeitsleben nicht ermögliche, unterstellt. Entsprechendes gilt, soweit Prof. Dr. E. annimmt, die fehlende Anstrengungsbereitschaft und Mitarbeit oder bewusste falsche Darstellung der Symptome passten zu einer organischen psychischen Störung und könnten genauso im Rahmen einer depressiven Episode als pseudohysterische Ausdrucksform oder als pseudodementieller Ausdruck auftreten. Dass bei der Klägerin diese seelischen Störungen tatsächlich vorliegen, legt Prof. Dr. E. in seinem Gutachten nicht nachvollziehbar war. Vielmehr ergibt sich bei der Klägerin nach den überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Dr. Schn. kein Anhalt für eine pseudohysterische oder pseudodementielle Symptomatik oder das Vorliegen einer organischen depressiven Störung. Für den Senat ist die Annahme von Prof. Dr. E. im Gutachten, bei der Klägerin liege eine Antriebsstörung vor, die die Teilnahme am Arbeitsleben nicht ermögliche, worauf er seine abweichende Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin maßgeblich stützt, damit nicht überzeugend. Die psychische Befunderhebung von Prof. Dr. E. wird auch nicht durch die Angaben der Tochter ausreichend validiert, worauf Dr. Schn. in seinem Gutachten zutreffend hinweist. Die ergänzende gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. E. vom 19.12.2015 zeigt keine weiteren Gesichtspunkte auf, die seine Bewertung des Leistungsvermögens der Klägerin nachvollziehbar und überzeugend macht. Dass bei der Klägerin Antriebsstörungen in Form einer depressiven Antriebshemmung tatsächlich vorliegen, wird durch das Gutachten des Dr. Schn. nicht bestätigt.

Auch Dr. B. zeigt in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 13.07.2014 keine Befunde auf, die ihre Bewertung plausibel machen.

Auch die von der Klägerin im Rahmen der Begutachtung durch Dr. Schn. überlassenen medizinischen Befundunterlagen lassen die Feststellung einer Minderung des Leistungsvermögens auf unter 6 Stunden täglich nicht zu. Nach dem Bericht des Kreiskrankenhauses R. vom 23.02.2017 erfolgte die stationäre Behandlung Januar 2017 wegen anhaltend stärkster Schmerzen im rechten Unterschenkel vom Knie bis zum Zeh reichend. Unter Einleitung einer Schmerztherapie zeigte sich eine langsame Besserung der Beschwerden. Nach dem Bericht des Zentrums für Radiologie vom 27.01.2017 erbrachte eine Kernspinntomographie der Lendenwirbelsäule eine allenfalls minimale Diskusprotrusionen rechts in LWK1/2 ohne Bedrängung von Nervenwurzeln bei im Übrigen unauffälliger Darstellung der übrigen LWS. Nach dem Bericht des Dr. W. vom 10.02.2017 bestehen keine die Beschwerden erklärende Befunde. Zeichen einer zentralen oder peripher neurologischen Störung finden sich nicht. Eine dauerhafte rentenrelevante Leistungsminderung der Klägerin lässt diesen Befundbeschreibungen nicht entnehmen. Auch Dr. Schn. geht in seinem Gutachten in Kenntnis dieser medizinischen Befundunterlagen nicht von einer Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin auf unter 6 Stunden täglich aus.

Andere rentenrechtlich relevante Erkrankungen sind bei der Klägerin nicht festzustellen. Eine rentenrechtlich relevante Sehminderung liegt bei der Klägerin nicht vor. Nach dem Gutachten von Dr. T. vom 18.02.2014 ist das Sehvermögen der Klägerin für die Ferne Visus 0,67 beidseits und für die Nähe 0,8 beidseits eingeschränkt bei intaktem Farbsehen. Nach dem von der Beklagten eingeholten Bericht des Dr. Schw. vom 27.02.2014 beträgt die Sehschärfe beidseits 80 % mit Brillenkorrektur ohne krankhaften Gesichtsfeldbefund. Eine rentenrelevante Leistungsminderung der Klägerin wegen ihres Sehvermögens liegt damit nicht vor. Entsprechendes gilt für das Hörvermögen der Klägerin. Nach den Gutachten von Dr. S.-B. vom 13.02.2014, Dr. T. vom 18.02.2014 und Dr. Schn. vom 17.03.2017 ist die Klägerin in der Lage zumindest Umgangssprache in Zimmerlautstärke regelgerecht zu verstehen. Auch auf internistischem Gebiet haben Dr. T. und Dr. Schn. bei der Untersuchung der Klägerin im Rahmen der Begutachtungen rentenrechtlich relevante Einschränkungen nicht feststellen können bzw. beschrieben. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Haltungs- und Bewegungsapparats der Klägerin. Dr. T. beschreibt in ihrem Gutachten vom 18.02.2014 allenfalls leichtgradige Einschränkungen der Beweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten der Klägerin sowie hinsichtlich der Wirbelsäule. Auch Dr. Schn. beschreibt in seinem Gutachten eine aktive Beweglichkeit aller Gelenke der oberen und unteren Extremitäten der Klägerin. Eine bedeutsame Funktionsbehinderung der Wirbelsäule beschreibt Dr. Schn. nicht (Fingerkuppen-Bodenabstand ca. 25 cm). Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin kann nach der Bewertungen von Dr. T. und Dr. Schn. durch vermeiden wirbelsäulenbelastender Tätigkeiten Rechnung getragen werden. Anderes lässt sich auch nicht nach den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen feststellen.

Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht ausnahmsweise daraus, dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts wegen eines nur eine Teilzeit erlaubenden Erwerbsvermögens oder wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung keine Tätigkeit finden kann (vgl. dazu nur BSG (GS), Urt. v. 19.12.1996 - GS 2/95, BSGE 80, S. 24 ff. -; Urt. v. 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R -, Breith. 2005, S. 309 ff; Bay. LSG, Urt. v. 14.05.2009 - L 14 R 377/08 -, juris, alle m. w. N.). Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit dabei insbesondere auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die dem Versicherten dies nicht erlaubt, stellt eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz eines vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG GS 19.12.1996 - GS 2/95 - juris). Eine Erwerbsminderung setzt danach grundsätzlich voraus, dass ein Versicherter nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Entsprechende Einschränkungen sind bei der Klägerin nicht festzustellen. Dies haben übereinstimmend die Gutachter Dr. T. , Prof. Dr. E. und Dr. Schn. in ihren Gutachten nachvollziehbar und überzeugend dargestellt.

Mit dem vom Senat festgestellten quantitativen und qualitativen Leistungsvermögen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und 2 SGB VI), da die medizinischen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.

Die Klägerin hat aber auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Die Klägerin war zuletzt als ungelernte Reinigungskraft tätig und genießt deshalb keinen Berufsschutz. Ihren in Polen erlernten Beruf als Floristin hatte die Klägerin nach ihren eigenen Angaben nicht ausgeübt. Berufsschutz hat die Klägerin im Übrigen im Verlauf des Rechtsstreites auch nicht geltend gemacht.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für Beurteilung des quantitativen und qualitativen Leistungsvermögens.

Das angefochtene Urteil des SG konnte daher keinen Bestand haben. Der Senat hat berücksichtigt, dass das SG der Klage nicht in vollem Umfang entsprochen hat, worauf die Beklagte zur Begründung ihrer Berufung zutreffend hinweist. Im Hinblick auf die vom SG vorgenommene Quotelung der außergerichtlichen Kosten und die Begründung der Kostenentscheidung, in der ausdrücklich auf den allein erfolgreichen Hilfsantrag der Klägerin abgestellt wird, kommt hinreichend zum Ausdruck, dass das SG insgesamt über die Klage der Klägerin entschieden hat und lediglich versehentlich die Abweisung der Klage im Übrigen im Tenor nicht ausgesprochen hat. Für den Senat bestand deswegen kein Anlass, von Amts wegen den Tenor des angefochtenen Urteils gemäß § 138 SGG zu berichtigen; der Senat konnte sich bei Stattgabe der Berufung der Beklagten damit begnügen, im Tenor des Berufungsurteils lediglich klarstellend die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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