Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 P 4172/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 4881/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 5. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Übernahme der Kosten auf die Staatskasse für ein nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholtes Gutachten.
Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens vor dem Sozialgericht Ulm (SG; S 4 P 4172/16) war das Begehren der Klägerin auf Gewährung von Leistungen nach Pflegestufe I.
Nach erfolgloser Durchführung eines Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens erhob die Klägerin Klage beim SG. Das SG holte zunächst von Amts wegen ein Gutachten der Pflegesachverständigen G.-K. ein. Anschließend beauftragte es auf Antrag der Klägerin Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Kö. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG. Pflegesachverständige G.-K. führte aus, der pflegerische Hilfebedarf habe bei 15 Minuten täglich gelegen, sodass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Pflegestufe nicht gegeben seien. Ab 1. Januar 2017 habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin nicht verändert. Dr. Kö. legte in seinem Sachverständigengutachten vom 28. September 2017 dar, es bestehe kein Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe I (Hilfebedarf 37 Minuten). Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich seit 1. Januar 2017 nicht wesentlich geändert.
Die Klägerin bat die Beklagte um Überprüfung der Eingruppierung in einen Pflegegrad (ab 1. Januar 2017) und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Mit Beschluss vom 5. Dezember 2017 lehnte das SG den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die Begutachtung bei Dr. Kö. auf die Staatskasse ab, da dessen Gutachten keine neuen medizinischen Erkenntnisse erbracht und zur Aufklärung des Sachverhalts auch keinen wesentlichen Beitrag geleistet habe. Dr. Kö. sei, ebenso wie sämtliche Vorgutachter, davon ausgegangen, dass die Klägerin zwar die Hilfe Dritter benötige, aber der zeitliche Umfang, welcher Pflegestufe I rechtfertige, nicht erreicht sei.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 14. Dezember 2017 Beschwerde eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das Gutachten habe eindeutig zur Förderung des Rechtsstreits beigetragen. Insbesondere ergebe sich keine Bestätigung des Antrags auf Leistungen nach der Pflegestufe I, weswegen der Rechtsstreit auch erledigt worden sei.
Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),
den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 5. Dezember 2017 aufzuheben und die Kosten für das Gutachten des Dr. Kö. vom 28. September 2017 sowie ihre hiermit verbundenen Auslagen auf die Staatskasse zu übernehmen.
Die Bezirksrevisorin hat sich insoweit nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
1. Die nach § 172, § 173 Satz 1 SGG statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.
a) Das Gericht kann beschließen, die Kosten eines gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG beantragten Gutachtens, nachdem die Klägerin die Kosten vorgeschossen hat, der Staatskasse aufzuerlegen. Dem Gericht steht dabei ein Ermessensspielraum zu (Landessozialgericht [LSG] Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 8; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2005 – L 5 B 148/05 R – juris, Rn. 8; LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 26. November 2004 – L 12 B 3/04 RA – n.v.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. § 109 Rn. 16).
Voraussetzung für die Übernahme der Kosten auf die Staatskasse ist, dass das Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat (vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Mai 2006 – L 9 R 4263/04 KO-B – juris, Rn. 14; Keller, a.a.O., Rn. 16a). Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes gesehen werden (LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9). Es muss sich vielmehr – gemessen am Prozessziel der Klägerin – um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben (LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. November 2006 – L 9 U 166/06 KO-B – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2007 – L 10 U 93/07 KO-B – n.v.). Ob dies der Fall ist, ist durch nachträgliche Betrachtung unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens festzustellen. Ein Gutachten nach § 109 Abs. 1 SGG hat dann zur Sachaufklärung wesentlich beigetragen, wenn sich herausstellt, dass es entgegen dem ursprünglichen Entschluss des Gerichts, keine weitere Sachaufklärung durch Gutachten zu betreiben, für die gerichtliche Entscheidung bzw. den Ausgang des Rechtsstreits bedeutungsvoll war, weil es objektiv der Aufklärung des Sachverhaltes diente (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 24. Oktober 1977 – L 4 B 48/77 – juris, Rn. 6; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. November 2004 – L 12 B 3/04 R – n.v.; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2005 – L 5 B 148/05 R – juris, Rn. 8). Im Beschwerdeverfahren ist die Entscheidung des SG über die Kostenübernahme voll überprüfbar (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Oktober 2008 – L 6 SB 4170/08 KO-B – juris, Rn. 7; Keller, a.a.O., Rn. 22).
b) Nach diesen Maßstäben hat das SG die Übernahme der Kosten des Gutachtens des Dr. Kö. auf die Staatskasse zu Recht abgelehnt. Das Gutachten hat für die richterliche Entscheidungsfindung keine Bedeutung gewonnen und auch sonst nicht zur weiteren Aufklärung beigetragen, denn es bestätigt den Hilfebedarf von weniger als 46 Minuten, den die vorher tätigen Gutachter und Sachverständige festgestellt hatten. Im Übrigen hat die Klägerin selbst den Rechtsstreit für erledigt erklärt, nachdem Dr. Kö. wie die zuvor tätige Sachverständigen bestätigte, dass kein Hilfebedarf in dem für die Pflegestufe I erforderlichen Umfang vorlag. Dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hatte, ergab sich nicht erst aus dem Gutachten des Dr. Kö., sondern bereits aus dem zuvor eingeholten Sachverständigengutachten. Eine Übernahme der Kosten auf die Staatskasse scheidet daher aus.
3. Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Übernahme der Kosten auf die Staatskasse für ein nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholtes Gutachten.
Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens vor dem Sozialgericht Ulm (SG; S 4 P 4172/16) war das Begehren der Klägerin auf Gewährung von Leistungen nach Pflegestufe I.
Nach erfolgloser Durchführung eines Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens erhob die Klägerin Klage beim SG. Das SG holte zunächst von Amts wegen ein Gutachten der Pflegesachverständigen G.-K. ein. Anschließend beauftragte es auf Antrag der Klägerin Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Kö. mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG. Pflegesachverständige G.-K. führte aus, der pflegerische Hilfebedarf habe bei 15 Minuten täglich gelegen, sodass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Pflegestufe nicht gegeben seien. Ab 1. Januar 2017 habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin nicht verändert. Dr. Kö. legte in seinem Sachverständigengutachten vom 28. September 2017 dar, es bestehe kein Anspruch auf Leistungen nach Pflegestufe I (Hilfebedarf 37 Minuten). Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich seit 1. Januar 2017 nicht wesentlich geändert.
Die Klägerin bat die Beklagte um Überprüfung der Eingruppierung in einen Pflegegrad (ab 1. Januar 2017) und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Mit Beschluss vom 5. Dezember 2017 lehnte das SG den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die Begutachtung bei Dr. Kö. auf die Staatskasse ab, da dessen Gutachten keine neuen medizinischen Erkenntnisse erbracht und zur Aufklärung des Sachverhalts auch keinen wesentlichen Beitrag geleistet habe. Dr. Kö. sei, ebenso wie sämtliche Vorgutachter, davon ausgegangen, dass die Klägerin zwar die Hilfe Dritter benötige, aber der zeitliche Umfang, welcher Pflegestufe I rechtfertige, nicht erreicht sei.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 14. Dezember 2017 Beschwerde eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das Gutachten habe eindeutig zur Förderung des Rechtsstreits beigetragen. Insbesondere ergebe sich keine Bestätigung des Antrags auf Leistungen nach der Pflegestufe I, weswegen der Rechtsstreit auch erledigt worden sei.
Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),
den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 5. Dezember 2017 aufzuheben und die Kosten für das Gutachten des Dr. Kö. vom 28. September 2017 sowie ihre hiermit verbundenen Auslagen auf die Staatskasse zu übernehmen.
Die Bezirksrevisorin hat sich insoweit nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
1. Die nach § 172, § 173 Satz 1 SGG statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.
a) Das Gericht kann beschließen, die Kosten eines gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG beantragten Gutachtens, nachdem die Klägerin die Kosten vorgeschossen hat, der Staatskasse aufzuerlegen. Dem Gericht steht dabei ein Ermessensspielraum zu (Landessozialgericht [LSG] Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 8; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2005 – L 5 B 148/05 R – juris, Rn. 8; LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 26. November 2004 – L 12 B 3/04 RA – n.v.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. § 109 Rn. 16).
Voraussetzung für die Übernahme der Kosten auf die Staatskasse ist, dass das Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat (vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Mai 2006 – L 9 R 4263/04 KO-B – juris, Rn. 14; Keller, a.a.O., Rn. 16a). Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes gesehen werden (LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9). Es muss sich vielmehr – gemessen am Prozessziel der Klägerin – um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben (LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. November 2006 – L 9 U 166/06 KO-B – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2007 – L 10 U 93/07 KO-B – n.v.). Ob dies der Fall ist, ist durch nachträgliche Betrachtung unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens festzustellen. Ein Gutachten nach § 109 Abs. 1 SGG hat dann zur Sachaufklärung wesentlich beigetragen, wenn sich herausstellt, dass es entgegen dem ursprünglichen Entschluss des Gerichts, keine weitere Sachaufklärung durch Gutachten zu betreiben, für die gerichtliche Entscheidung bzw. den Ausgang des Rechtsstreits bedeutungsvoll war, weil es objektiv der Aufklärung des Sachverhaltes diente (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 24. Oktober 1977 – L 4 B 48/77 – juris, Rn. 6; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. November 2004 – L 12 B 3/04 R – n.v.; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2005 – L 5 B 148/05 R – juris, Rn. 8). Im Beschwerdeverfahren ist die Entscheidung des SG über die Kostenübernahme voll überprüfbar (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Oktober 2008 – L 6 SB 4170/08 KO-B – juris, Rn. 7; Keller, a.a.O., Rn. 22).
b) Nach diesen Maßstäben hat das SG die Übernahme der Kosten des Gutachtens des Dr. Kö. auf die Staatskasse zu Recht abgelehnt. Das Gutachten hat für die richterliche Entscheidungsfindung keine Bedeutung gewonnen und auch sonst nicht zur weiteren Aufklärung beigetragen, denn es bestätigt den Hilfebedarf von weniger als 46 Minuten, den die vorher tätigen Gutachter und Sachverständige festgestellt hatten. Im Übrigen hat die Klägerin selbst den Rechtsstreit für erledigt erklärt, nachdem Dr. Kö. wie die zuvor tätige Sachverständigen bestätigte, dass kein Hilfebedarf in dem für die Pflegestufe I erforderlichen Umfang vorlag. Dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hatte, ergab sich nicht erst aus dem Gutachten des Dr. Kö., sondern bereits aus dem zuvor eingeholten Sachverständigengutachten. Eine Übernahme der Kosten auf die Staatskasse scheidet daher aus.
3. Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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