Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 2462/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4564/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, der den Überprüfungsantrag des Klägers vom 30. Dezember 2015 gegen den Bescheid des Beigeladenen vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2008 abgelehnt hat.
Der 1963 geborene Kläger bezog Leistungen nach dem BSHG, anschließend nach dem SGB II. Am 27. Juli 2004 war die vom Kläger bewohnte Wohnung in Le.-St. zwangsgeräumt und der Kläger in eine Wohnung in der R.straße X in Le. eingewiesen worden.
Am 30. Dezember 2007 beantragte der Kläger beim R. – Sozialamt – (dem Beigeladenen) die Übernahme der Kosten dieser Zwangsräumung, hilfsweise die Übernahme des Teils der Räumungskosten, der auch bei einem Umzug entstanden wäre. Mit Bescheid vom 18. Januar 2008 lehnte der Beigeladene diesen Antrag ab; der Kläger sei die Schuldverpflichtung zur Deckung des geltend gemachten Bedarfes, ohne die vorherige Zusicherung des kommunalen Trägers zur Übernahme der Kosten einzuholen, eingegangen. Es entspreche dem SGB II, dass nur Bedarfssituationen in der Zukunft zu befriedigen seien. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2008 zurückgewiesen. Der gerichtliche Rechtsschutz blieb ohne Erfolg (Sozialgericht Mannheim [SG], S 8 SO 2922/08, Landessozialgericht Baden-Württemberg, [LSG], L 7 SO 456/09; Bundessozialgericht [BSG], B 8 SO 7/10 BH, B 8 SO 81/12).
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2015 beantragte der Kläger bei dem Beigeladenen die Überprüfung der Ablehnung der Übernahme der Räumungskosten vom 27. Juli 2004 im Rahmen des § 44 SGB X. Diesen Antrag leitete der Beigeladene an den Beklagten, das zwischenzeitlich gegründete Jobcenter R., zur Entscheidung weiter. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25. Februar 2016 ab. Die Frist des § 40 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X von einem Jahr sei zu beachten. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 11. April 2016 zur Beigeladenen Widerspruch mit der Begründung, das Jobcenter sei für die Entscheidung über Ansprüche nach dem BSHG nicht zuständig. Im BSHG existiere keine Regelung, wie in § 40 SGB II. Der Beigeladene leitete den Widerspruch an den Beklagte weiter. Den am 18. April 2016 bei ihr eingegangenen Widerspruch verwarf der Beklagte als verfristet (Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2016).
Am 16. August 2016 hat der Kläger gegen den Beklagten Klage zum SG erhoben. Sein Widerspruch sei fristwahrend bei der Beigeladenen am 11. April 2016 eingegangen. Nicht der Beklagte, sondern der Beigeladene hätte über seinen Überprüfungsantrag und über seinen Widerspruch entscheiden müssen. Dies führe zur Nichtigkeit der behördlichen Entscheidung. Der Lauf der Vierjahresfrist des § 44 Abs. 4 SGB X sei bis zur Zustellung des Beschlusses des Bundessozialgerichts vom 6. Mai 2013 über die Nichtzulassungsbeschwerde im Verfahren B 8 SO 81/12 B unterbrochen. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er lasse die fristgerechte Einlegung des Widerspruchs beim Beigeladenen nach § 84 Abs. 2 SGG gegen sich gelten. Der Beigeladene habe zu Recht über den Antrag vom 30. Dezember 2007 nicht nach dem BSHG, sondern nach dem SGB II entschieden. Das SG hat mit Beschluss vom 30. Mai 2017 den R. zum Verfahren beigeladen, der keine eigene Stellungnahme abgegeben hat.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. Oktober 2017 als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei weder nichtig noch rechtswidrig. Der Beklagte habe nach § 44 Abs. 3 SGB X über die Rücknahme des Bescheides vom 18. Januar 2008 zu entscheiden gehabt. Der Beigeladene habe in seiner Eigenschaft als damals zuständiger Träger der Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II entschieden. Im Gebiet des R.es habe bis Ende 2011 in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II die so genannte getrennte Aufgabenwahrnehmung bestanden. Seit Gründung des Beklagten als gemeinsame Einrichtung von Bundesagentur für Arbeit und R. zur Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II zum Jahresbeginn 2012 sei der Beklagte zuständig für die Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und damit auch für die Überprüfung eines nach Maßgabe des SGB II ergangenen Ablehnungsbescheides. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig, da die Frist des § 44 Abs. 4 SGB X eindeutig abgelaufen sei und die Frist nicht wegen eines Rechtsstreits unterbrochen bzw. gehemmt werde. Auch gegen den Beigeladenen habe der Kläger daher keinen Anspruch mehr auf Überprüfung des Bescheides vom 18. Januar 2008.
Gegen den dem Kläger am 24. Oktober 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24. November 2017 zum SG Berufung eingelegt, Prozesskostenhilfe und die Aussetzung des Verfahrens beantragt. Das Verfahren müsse ein SO Aktenzeichen tragen. Gegner sei das Sozialamt, nicht das Jobcenter. Damit dürfte auch beim Landessozialgericht ein anderer Spruchkörper zuständig sein, weshalb Art. 101 Absatz 1 S. 2 GG verletzt sein dürfte. Der angefochtene Gerichtsbescheid beruhe auf vielen Rechtssatzbehauptungen, ohne Nachweise zu erbringen. Vor einer Nachholung der Angabe der Nachweise könne er zu Rechtsfehlern nichts vortragen. Entweder sei das Verfahren an das SG zurückzugeben oder habe der Senat vor einer zweitinstanzlichen Entscheidung Nachweise für die Rechtssatzbehauptungen des SG zu erbringen. Bis dahin müsse das Verfahren ausgesetzt werden, da ansonsten eine Verletzung rechtlichen Gehörs vorliege.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Oktober 2017 aufzuheben und das Verfahren zurückzuverweisen, hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid des Beigeladenen vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 nichtig sind, hilfsweise den Bescheid des Beklagten vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 aufzuheben und den Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2008 die Kosten seiner Zwangsräumung vom 27. Juli 2004, hilfsweise den Teil der Räumungskosten, der auch bei einem Umzug entstanden wäre, zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 8. Dezember 2017 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Verfahren nicht ausgesetzt werden, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Dem Kläger wurde Frist zur Vorlage einer Begründung bis 14. Januar 2018 eingeräumt. Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist mit Beschluss vom 21. März 2018, L 13 SF 927/18 AB, abgelehnt worden; die Anhörungsrüge ist mit Beschluss vom 23. April 2018, L 13 AS 1296/18 RG verworfen worden. Mit Beschlüssen vom 27. April 2018 hat der erkennende Senat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wie auch den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 141, 144 und 151 SGG zulässige Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Oktober 2017 ist nicht begründet.
Der Senat musste das Verfahren nicht an das SG zurückverweisen, da ein Grund hierfür gem. § 159 SGG nicht vorliegt. Weder hat das SG nicht in der Sache entschieden noch liegt ein Verfahrensfehler vor. Denn das SG hat -zu Recht- die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 sowie die Anfechtungs- und Verpflichtungs- bzw. Leistungsklage, den Bescheid vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2008 zurückzunehmen und Kosten der Zwangsräumung zu übernehmen, als unbegründet abgewiesen. Ein Verfahrensfehler liegt nicht vor, da der Kläger ausdrücklich gegen den Beklagten Klage erhoben und dessen Bescheid angefochten hat, weshalb auch ein Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) –auch durch den Senat- nicht vorliegt.
Der Senat musste auch nicht dem Kläger die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides vorab näher –schriftlich- erläutern bzw. Nachweise für die "Rechtssatzbehauptungen des SG" erbringen und das Verfahren hierzu aussetzen. Einen solchen Anspruch eines Beteiligten kennt das Prozessrecht nicht. Der Kläger kann die angefochtene Entscheidung des SG angreifen. Zudem ist rechtliches Gehör zu gewähren. Dies ist dem Kläger eingeräumt worden. Der Senat nimmt auch den Vortrag des Klägers zur Kenntnis. Dem am Verhandlungstag kurz nach 5 Uhr gestellte Vertagungsantrag war nicht nachzukommen. Der Kläger hat einen erheblichen Grund für die Vertagung nicht vorgetragen. Er hat insbesondere keinen tatsächlichen Grund genannt, warum er nicht zur Verhandlung erscheinen kann. Soweit er will, dass das Gericht erst über die zeitgleich erhobene Anhörungsrüge gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des erkennenden Senates entscheidet, so hat er hierauf keinen Anspruch. Eine solche Anhörungsrüge steht einer Entscheidung in der Hauptsache nicht entgegen. Der Umstand, dass der Kläger Anhörungsrüge und Verlegungsantrag erst am Verhandlungstag gestellt hat, lassen den Senat zu der Überzeugung gelangen, dass der sehr prozesserfahrene Kläger diesen Antrag missbräuchlich stellt. In Anbetracht der Kürze der Zeit war es auch nicht möglich, den Kläger hiervon zu unterrichten, da die Faxnummer vom Kläger unvollständig angegeben war.
Der Kläger hat weder gegen den Beigeladenen, der gem. § 75 Abs. 5 SGG auch verurteilt werden könnte, noch gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2008 und auf Übernahme von Kosten der Zwangsräumung vom 27. Juli 2004, da die Vierjahresfrist des § 44 Abs. 4 SGB X abgelaufen ist, weshalb die Verwaltung die Rechtswidrigkeit des Bescheides erst gar nicht zu prüfen brauchte (BSGE 68,180). Der Senat verweist zur Begründung auf den zutreffenden Gerichtsbescheid des SG vom 19. Oktober 2017 und sieht von einer Begründung insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
§ 44 Abs. 4 SGB X ist eine materiell-rechtliche Anspruchsbeschränkung, eine Ausschlussregelung, die von Amts wegen zu beachten und verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. nur von Wulffen, § 44 SGB X Rn. 19 mit weiteren Nachweisen). Da der Kläger den Überprüfungsantrag erst mit Schreiben vom 30. Dezember 2015 gestellt hat, kommen nur Leistungen ab 1. Januar 2011 in Betracht. Der zur Überprüfung gestellte Bescheid datiert dagegen aus dem Jahr 2008 für Leistungen betreffend des Jahres 2004, weshalb selbst ein ehemals existierender Anspruch nicht mehr besteht. § 44 Abs. 4 SGB X gilt auch bei einmaligen Leistungen und absolut, weshalb eine Unterbrechung, Hemmung, Wiedereinsetzung o.Ä. nicht möglich ist (vgl. Kasseler Kommentar § 44 SGB X Rn. 51 ff. m. w. N.). Nichts Anderes ergibt sich daraus, dass sich der zugrunde liegende Sachverhalt noch zu Zeiten der Gültigkeit des BSHG ereignete, zumal das BVerwG in ständiger Rechtsprechung bereits die Anwendung des § 44 Abs. 1 SGB X für Leistungen nach dem BSHG versagt hat, so dass Leistungen für die Vergangenheit entgegen eines bestandskräftigen Bescheides per se ausgeschieden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 2003, 5 C 26/02, m.w.N., Juris).
Zudem hat der Kläger auch materiell keinen Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Kosten; diesbezüglich wird auf das zutreffende Urteil des LSG vom 23. Februar 2012, L 7 SO 456/09, verwiesen.
Demnach ist der Verwaltungsakt vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 auch nicht nach § 40 SGB X nichtig, worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hat. Aber auch der Bescheid vom 18. Januar 2008 ist nicht nichtig. Zwar nimmt er fälschlicherweise Bezug auf das SGB II. Doch ist die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage kein besonders schwerwiegender Fehler im Sinne des § 40 SGB II, zumal die Begründung einen Rechtsgrundsatz des BSHG (s.o.) und nicht des SGB II enthält. Auch der zunächst eingereichte gerichtliche Rechtsschutz (SG: S 8 SO 2922/08; LSG: L 7 SO 456/09; BSG: B 8 SO 7/10 BH und B 8 SO 81/12 B) hat eine inzident zu prüfende Nichtigkeit des Bescheides nicht ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, der den Überprüfungsantrag des Klägers vom 30. Dezember 2015 gegen den Bescheid des Beigeladenen vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2008 abgelehnt hat.
Der 1963 geborene Kläger bezog Leistungen nach dem BSHG, anschließend nach dem SGB II. Am 27. Juli 2004 war die vom Kläger bewohnte Wohnung in Le.-St. zwangsgeräumt und der Kläger in eine Wohnung in der R.straße X in Le. eingewiesen worden.
Am 30. Dezember 2007 beantragte der Kläger beim R. – Sozialamt – (dem Beigeladenen) die Übernahme der Kosten dieser Zwangsräumung, hilfsweise die Übernahme des Teils der Räumungskosten, der auch bei einem Umzug entstanden wäre. Mit Bescheid vom 18. Januar 2008 lehnte der Beigeladene diesen Antrag ab; der Kläger sei die Schuldverpflichtung zur Deckung des geltend gemachten Bedarfes, ohne die vorherige Zusicherung des kommunalen Trägers zur Übernahme der Kosten einzuholen, eingegangen. Es entspreche dem SGB II, dass nur Bedarfssituationen in der Zukunft zu befriedigen seien. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2008 zurückgewiesen. Der gerichtliche Rechtsschutz blieb ohne Erfolg (Sozialgericht Mannheim [SG], S 8 SO 2922/08, Landessozialgericht Baden-Württemberg, [LSG], L 7 SO 456/09; Bundessozialgericht [BSG], B 8 SO 7/10 BH, B 8 SO 81/12).
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2015 beantragte der Kläger bei dem Beigeladenen die Überprüfung der Ablehnung der Übernahme der Räumungskosten vom 27. Juli 2004 im Rahmen des § 44 SGB X. Diesen Antrag leitete der Beigeladene an den Beklagten, das zwischenzeitlich gegründete Jobcenter R., zur Entscheidung weiter. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25. Februar 2016 ab. Die Frist des § 40 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X von einem Jahr sei zu beachten. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 11. April 2016 zur Beigeladenen Widerspruch mit der Begründung, das Jobcenter sei für die Entscheidung über Ansprüche nach dem BSHG nicht zuständig. Im BSHG existiere keine Regelung, wie in § 40 SGB II. Der Beigeladene leitete den Widerspruch an den Beklagte weiter. Den am 18. April 2016 bei ihr eingegangenen Widerspruch verwarf der Beklagte als verfristet (Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2016).
Am 16. August 2016 hat der Kläger gegen den Beklagten Klage zum SG erhoben. Sein Widerspruch sei fristwahrend bei der Beigeladenen am 11. April 2016 eingegangen. Nicht der Beklagte, sondern der Beigeladene hätte über seinen Überprüfungsantrag und über seinen Widerspruch entscheiden müssen. Dies führe zur Nichtigkeit der behördlichen Entscheidung. Der Lauf der Vierjahresfrist des § 44 Abs. 4 SGB X sei bis zur Zustellung des Beschlusses des Bundessozialgerichts vom 6. Mai 2013 über die Nichtzulassungsbeschwerde im Verfahren B 8 SO 81/12 B unterbrochen. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er lasse die fristgerechte Einlegung des Widerspruchs beim Beigeladenen nach § 84 Abs. 2 SGG gegen sich gelten. Der Beigeladene habe zu Recht über den Antrag vom 30. Dezember 2007 nicht nach dem BSHG, sondern nach dem SGB II entschieden. Das SG hat mit Beschluss vom 30. Mai 2017 den R. zum Verfahren beigeladen, der keine eigene Stellungnahme abgegeben hat.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. Oktober 2017 als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei weder nichtig noch rechtswidrig. Der Beklagte habe nach § 44 Abs. 3 SGB X über die Rücknahme des Bescheides vom 18. Januar 2008 zu entscheiden gehabt. Der Beigeladene habe in seiner Eigenschaft als damals zuständiger Träger der Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II entschieden. Im Gebiet des R.es habe bis Ende 2011 in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II die so genannte getrennte Aufgabenwahrnehmung bestanden. Seit Gründung des Beklagten als gemeinsame Einrichtung von Bundesagentur für Arbeit und R. zur Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II zum Jahresbeginn 2012 sei der Beklagte zuständig für die Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und damit auch für die Überprüfung eines nach Maßgabe des SGB II ergangenen Ablehnungsbescheides. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig, da die Frist des § 44 Abs. 4 SGB X eindeutig abgelaufen sei und die Frist nicht wegen eines Rechtsstreits unterbrochen bzw. gehemmt werde. Auch gegen den Beigeladenen habe der Kläger daher keinen Anspruch mehr auf Überprüfung des Bescheides vom 18. Januar 2008.
Gegen den dem Kläger am 24. Oktober 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24. November 2017 zum SG Berufung eingelegt, Prozesskostenhilfe und die Aussetzung des Verfahrens beantragt. Das Verfahren müsse ein SO Aktenzeichen tragen. Gegner sei das Sozialamt, nicht das Jobcenter. Damit dürfte auch beim Landessozialgericht ein anderer Spruchkörper zuständig sein, weshalb Art. 101 Absatz 1 S. 2 GG verletzt sein dürfte. Der angefochtene Gerichtsbescheid beruhe auf vielen Rechtssatzbehauptungen, ohne Nachweise zu erbringen. Vor einer Nachholung der Angabe der Nachweise könne er zu Rechtsfehlern nichts vortragen. Entweder sei das Verfahren an das SG zurückzugeben oder habe der Senat vor einer zweitinstanzlichen Entscheidung Nachweise für die Rechtssatzbehauptungen des SG zu erbringen. Bis dahin müsse das Verfahren ausgesetzt werden, da ansonsten eine Verletzung rechtlichen Gehörs vorliege.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Oktober 2017 aufzuheben und das Verfahren zurückzuverweisen, hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid des Beigeladenen vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 nichtig sind, hilfsweise den Bescheid des Beklagten vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 aufzuheben und den Beigeladenen, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2008 die Kosten seiner Zwangsräumung vom 27. Juli 2004, hilfsweise den Teil der Räumungskosten, der auch bei einem Umzug entstanden wäre, zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 8. Dezember 2017 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Verfahren nicht ausgesetzt werden, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Dem Kläger wurde Frist zur Vorlage einer Begründung bis 14. Januar 2018 eingeräumt. Das Ablehnungsgesuch des Klägers ist mit Beschluss vom 21. März 2018, L 13 SF 927/18 AB, abgelehnt worden; die Anhörungsrüge ist mit Beschluss vom 23. April 2018, L 13 AS 1296/18 RG verworfen worden. Mit Beschlüssen vom 27. April 2018 hat der erkennende Senat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wie auch den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 141, 144 und 151 SGG zulässige Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19. Oktober 2017 ist nicht begründet.
Der Senat musste das Verfahren nicht an das SG zurückverweisen, da ein Grund hierfür gem. § 159 SGG nicht vorliegt. Weder hat das SG nicht in der Sache entschieden noch liegt ein Verfahrensfehler vor. Denn das SG hat -zu Recht- die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 sowie die Anfechtungs- und Verpflichtungs- bzw. Leistungsklage, den Bescheid vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2008 zurückzunehmen und Kosten der Zwangsräumung zu übernehmen, als unbegründet abgewiesen. Ein Verfahrensfehler liegt nicht vor, da der Kläger ausdrücklich gegen den Beklagten Klage erhoben und dessen Bescheid angefochten hat, weshalb auch ein Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) –auch durch den Senat- nicht vorliegt.
Der Senat musste auch nicht dem Kläger die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides vorab näher –schriftlich- erläutern bzw. Nachweise für die "Rechtssatzbehauptungen des SG" erbringen und das Verfahren hierzu aussetzen. Einen solchen Anspruch eines Beteiligten kennt das Prozessrecht nicht. Der Kläger kann die angefochtene Entscheidung des SG angreifen. Zudem ist rechtliches Gehör zu gewähren. Dies ist dem Kläger eingeräumt worden. Der Senat nimmt auch den Vortrag des Klägers zur Kenntnis. Dem am Verhandlungstag kurz nach 5 Uhr gestellte Vertagungsantrag war nicht nachzukommen. Der Kläger hat einen erheblichen Grund für die Vertagung nicht vorgetragen. Er hat insbesondere keinen tatsächlichen Grund genannt, warum er nicht zur Verhandlung erscheinen kann. Soweit er will, dass das Gericht erst über die zeitgleich erhobene Anhörungsrüge gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des erkennenden Senates entscheidet, so hat er hierauf keinen Anspruch. Eine solche Anhörungsrüge steht einer Entscheidung in der Hauptsache nicht entgegen. Der Umstand, dass der Kläger Anhörungsrüge und Verlegungsantrag erst am Verhandlungstag gestellt hat, lassen den Senat zu der Überzeugung gelangen, dass der sehr prozesserfahrene Kläger diesen Antrag missbräuchlich stellt. In Anbetracht der Kürze der Zeit war es auch nicht möglich, den Kläger hiervon zu unterrichten, da die Faxnummer vom Kläger unvollständig angegeben war.
Der Kläger hat weder gegen den Beigeladenen, der gem. § 75 Abs. 5 SGG auch verurteilt werden könnte, noch gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2008 und auf Übernahme von Kosten der Zwangsräumung vom 27. Juli 2004, da die Vierjahresfrist des § 44 Abs. 4 SGB X abgelaufen ist, weshalb die Verwaltung die Rechtswidrigkeit des Bescheides erst gar nicht zu prüfen brauchte (BSGE 68,180). Der Senat verweist zur Begründung auf den zutreffenden Gerichtsbescheid des SG vom 19. Oktober 2017 und sieht von einer Begründung insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
§ 44 Abs. 4 SGB X ist eine materiell-rechtliche Anspruchsbeschränkung, eine Ausschlussregelung, die von Amts wegen zu beachten und verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. nur von Wulffen, § 44 SGB X Rn. 19 mit weiteren Nachweisen). Da der Kläger den Überprüfungsantrag erst mit Schreiben vom 30. Dezember 2015 gestellt hat, kommen nur Leistungen ab 1. Januar 2011 in Betracht. Der zur Überprüfung gestellte Bescheid datiert dagegen aus dem Jahr 2008 für Leistungen betreffend des Jahres 2004, weshalb selbst ein ehemals existierender Anspruch nicht mehr besteht. § 44 Abs. 4 SGB X gilt auch bei einmaligen Leistungen und absolut, weshalb eine Unterbrechung, Hemmung, Wiedereinsetzung o.Ä. nicht möglich ist (vgl. Kasseler Kommentar § 44 SGB X Rn. 51 ff. m. w. N.). Nichts Anderes ergibt sich daraus, dass sich der zugrunde liegende Sachverhalt noch zu Zeiten der Gültigkeit des BSHG ereignete, zumal das BVerwG in ständiger Rechtsprechung bereits die Anwendung des § 44 Abs. 1 SGB X für Leistungen nach dem BSHG versagt hat, so dass Leistungen für die Vergangenheit entgegen eines bestandskräftigen Bescheides per se ausgeschieden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 2003, 5 C 26/02, m.w.N., Juris).
Zudem hat der Kläger auch materiell keinen Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Kosten; diesbezüglich wird auf das zutreffende Urteil des LSG vom 23. Februar 2012, L 7 SO 456/09, verwiesen.
Demnach ist der Verwaltungsakt vom 25. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 auch nicht nach § 40 SGB X nichtig, worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hat. Aber auch der Bescheid vom 18. Januar 2008 ist nicht nichtig. Zwar nimmt er fälschlicherweise Bezug auf das SGB II. Doch ist die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage kein besonders schwerwiegender Fehler im Sinne des § 40 SGB II, zumal die Begründung einen Rechtsgrundsatz des BSHG (s.o.) und nicht des SGB II enthält. Auch der zunächst eingereichte gerichtliche Rechtsschutz (SG: S 8 SO 2922/08; LSG: L 7 SO 456/09; BSG: B 8 SO 7/10 BH und B 8 SO 81/12 B) hat eine inzident zu prüfende Nichtigkeit des Bescheides nicht ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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