L 7 SO 3008/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SO 2000/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3008/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung eines Taschengeldes sowie die Übernahme von Mietkosten während seiner Inhaftierung.

Der 1975 geborene Kläger erlernte den Beruf des Energieelektronikers Anlagentechnik und war in diesem Beruf - unterbrochen durch Arbeitslosigkeit und Inhaftierung - tätig. Bereits anlässlich seiner Inhaftierung vom 23. September 2002 bis zum 8. April 2004 beantragte der Kläger bei dem Beklagten verschiedene Leistungen der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und reichte u.a. einen Wohnungsmietvertrag mit seinem Vater A.K. vom 1. März 2002 ein, wonach an den Kläger ein Zimmer (ca. 24 m²) im elterlichen Haus in E. für eine Gesamtmiete von monatlich 140,- EUR (120,- EUR Kaltmiete + 20,- EUR Neben- und Heizkostenvorauszahlung) ab 1. März 2002 vermietet worden sei.

Seit dem 13. September 2011 befindet sich der Kläger erneut in Haft, zunächst in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt (JVA) F., ab 28. September 2011 in der JVA S. und sodann in Strafhaft in der JVA U. (rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Karlsruhe - Strafkammer P. - vom 11. Juli 2012 - Ns 84 Js 9180/07: 7 Jahre Freiheitsstrafe). Seit 7. März 2013 befand sich der Kläger im offenen Vollzug. Ab 11. März 2013 war er in der Schreinerei der JVA U. beschäftigt. In der Zeit vom 6. Oktober 2014 bis zum 24. Oktober 2014 besuchte der Kläger - gefördert im Rahmen des sog. "Meister-Bafög" - den Fachlehrgang zur Vorbereitung der Teile 1 und 2 der Meisterprüfung im Elektrotechniker-Handwerk, Fachrichtung Systemelektronik an der Bildungsakademie der Handwerkskammer U. in Vollzeit. Diesen Lehrgang brach er ab. Er war am 24. Oktober 2014 nicht in die JVA U. zurückgekehrt und unbekannten Aufenthalts flüchtig. Der Kläger wurde im Dezember 2014 in Brandenburg wieder aufgegriffen. Er wurde am 22. Januar 2015 in die JVA O. verlegt und befindet sich nun im geschlossenen Vollzug. Im Frühjahr 2015 absolvierte er in der JVA B. einen 3-monatigen EDV-Lehrgang.

Am 15. November 2011 wandte sich der Kläger an das Sozialgericht (SG) Karlsruhe und beantragte, "die Mietkosten für die Haftzeit zu bezahlen und sogenanntes Taschengeld zu gewähren". Er bat den Antrag an die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit P. - (AfA) oder den Beklagten weiterzuleiten. Das SG Karlsruhe leitete den Antrag an die AfA weiter, die diesen dem Beklagten mit der Bitte um förmliche Entscheidung über die beantragten Mietkosten für die Dauer der Haftzeit in eigener Zuständigkeit vorlegte. Sie wies darauf hin, dass sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Form eines Taschengeldes abgelehnt hatte (Bescheid vom 18. November 2011). Der Beklagte versagte als seinerzeit zuständiger SGB II-Träger die Übernahme von Mietkosten nach den Vorschriften des SGB II (Bescheid vom 15. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Dezember 2011). Diese Entscheidung war Gegenstand der Klageverfahren vor dem SG Stuttgart (Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2012 - S 11 SO 1353/12, Berufungsverfahren anhängig unter L 7 AS 2625/12; vgl. ferner Senatsurteil vom 31. Juli 2015 - L 7 AS 1058/12 - betreffend den Bescheid vom 15. November 2011).

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2011, dem Kläger am 9. Dezember 2011 zugestellt, forderte die Beklagte den Kläger auf, einen Formularantrag auszufüllen und zu unterschreiben, eine Bestätigung bezüglich der Untersuchungshaft sowie eine Bescheinigung der Justizvollzugsanstalt, ob ein Arbeitsplatz für den Kläger während der Untersuchungshaft vorhanden sei bzw. ob die Arbeitsaufnahme aus Sicherheitsgründen nicht möglich sei oder die Arbeitsaufnahme aus Gesundheitsgründen nicht möglich sei, vorzulegen. Er setzte dem Kläger eine Frist bis zum 31. Januar 2012 und wies ihn auf seine Mitwirkungspflichten gemäß §§ 60 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (SGB I) und die Folgen einer unzureichenden Mitwirkung (§ 66 SGB I) hin.

Am 13. Dezember 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Fachzeitschrift "de" oder "ep", für ein Fachkundebuch Elektrotechnik und für eine Fernschule/Technikerschule sowie erneut die Übernahme von Mietkosten. Er befinde sich vorläufig in Untersuchungshaft. Es gelte, seine Wohnung und die amtskundigen beruflichen Kenntnisse zu erhalten. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2012 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab, da das Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe (SGB XII) für die beantragten Kosten keine Leistungen vorsehe. Hinsichtlich der beantragten Übernahme von Mietkosten ergehe eine gesonderte Entscheidung. Diese Entscheidung sowie das Begehren auf ein Taschengeld für die Zeit der Inhaftierung war Gegenstand der vor dem Senat anhängigen Berufungsverfahren L 7 SO 1560/12 und L 7 SO 1561/12 (Urteile vom 25. Juni 2015).

Am 13. Dezember 2011 hat der Kläger gegen die AfA und den Beklagten Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben und die Gewährung eines Taschengeldes sowie die Übernahme von Mietkosten begehrt (S 11 AS 5082/11; vgl. ferner zur Entscheidung in der Hauptsache Senatsurteil vom 31. Juli 2015 - L 7 AS 1058/12 -). Das SG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 28. Dezember 2011 die Klage gegen den Beklagten betreffend Ansprüche nach dem Sozialgesetzbuch (SGB ) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 4 SO 5307/11 fortgeführt. Mit Beschluss vom 2. April 2012 hat es sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Stuttgart verwiesen (S 11 SO 2000/12).

Mit Bescheid vom 24. Februar 2012 hat der Beklagte die beantragten Leistungen nach dem SGB XII in Form eines Taschengeldes während der Haft nach § 66 SGB I versagt, weil der Kläger seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen sei und nach einer Abwägung der Interessen des Klägers an der Bewilligung der Leistungen mit den öffentlichen Interessen letztere überwiegen würden.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2012, dem Kläger am 28. Februar 2012 zugestellt, hat der Beklagte den Kläger aufgefordert, bis zum 15. April 2012 eine Haftbescheinigung, eine Kopie des Mietvertrages, eine Mietbescheinigung seines Vermieters, einen schriftlichen Nachweis darüber, dass die Kündigung der Wohnung drohe bzw. bereits ausgesprochen worden sei und Nachweise über seine Mietzahlung für die letzten sechs Monate vor Haftbeginn vorzulegen. Der Beklagte hat auf die Mitwirkungspflichten gemäß §§ 60 ff. SGB I und die Folgen einer unzureichenden Mitwirkung hingewiesen (§ 66 SGB I).

Gegen den Versagungsbescheid vom 24. Februar 2012 und das Aufforderungsschreiben vom 24. Februar 2012 hat der Kläger am 14. März 2012 Widerspruch eingelegt und Klage zum SG Stuttgart erhoben (S 11 SO 1603/12) und zudem die Übernahme von Mietkosten sowie die Gewährung eines Taschengeldes während der Haft verlangt. Das SG Stuttgart hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2012 abgewiesen; der Senat hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 25. Juni 2015 zurückgewiesen (L 7 SO 2627/12).

Der Beklagte hat den Widerspruch gegen den Versagungsbescheid vom 24. Februar 2012 während des Klageverfahrens S 11 SO 1603/12 mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2012 zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 18. April 2012 hat der Beklagte nach Abwägung der Interessen gem. § 66 SGB I Leistungen der Sozialhilfe betreffend die Übernahme der Mietkosten während der Haftzeit versagt, weil der Kläger seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen und dadurch die Aufklärung des Sachverhaltes nicht in dem erforderlichen Maße möglich gewesen sei.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. April 2012 und den Versagungsbescheid vom 18. April 2012 hat der Kläger am 16. Mai 2012 erneut Klage zum SG Stuttgart erhoben (S 11 SO 2820/12), das diese mit Gerichtsbescheid vom 16. Juli 2012 abgewiesen hat. Der Senat hat die Berufung durch Urteil vom 25. Juni 2015 zurückgewiesen (L 7 SO 3178/12).

Den Widerspruch gegen den Versagungsbescheid vom 18. April 2012 hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2012, dem Kläger am 30. Mai 2012 zugestellt, zurückgewiesen. Dagegen hat der Kläger am 8. Juni 2012 wiederum Klage zum SG Stuttgart erhoben, das die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Juli 2012 abgewiesen hat (S 11 SO 3302/12). Das Berufungsverfahren ist beim Senat unter dem Aktenzeichen L 7 SO 3009/13 anhängig.

Das SG Stuttgart hat die Klage S 11 SO 2000/12 mit Gerichtsbescheid vom 15. Juli 2013 abgewiesen. Das SG Stuttgart hat zur Begründung u.a. ausgeführt, dass es für das vorliegende Klageverfahren örtlich und sachlich zuständig sei (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Klage sei wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, im Übrigen unbegründet.

Gegen den ihm am 17. Juli 2013 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 24. Juli 2013 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Leistungen, die die Vollzugsanstalten nicht erbringen würden, habe das Sozialamt zu erbringen. Dazu gehöre auch die Miete und ein Taschengeld. Das SG Stuttgart sei örtlich unzuständig. Die Untersuchungshaft begründe niemals einen neuen Gerichtsstand. Im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) und § 65 SGB I hätte der Beklagte die Informationen sich leichter selbst beschaffen können.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 15. Juli 2013 den Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem SGB XII in Form eines Taschengeldes sowie der Übernahme von Mietkosten während seiner Inhaftierung zu gewähren, hilfsweise die Sache an das Sozialgericht Stuttgart zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung des SG Stuttgart.

Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, während dessen Haftaufenthalts Einsicht in die Verfahrens- und Verwaltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die JVA O. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon Gebrauch gemacht.

Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Juli 2015 den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten, die Verfahrensakten des SG Stuttgart und des Senats sowie die Senatsakten L 7 SO 2627/12, L 7 SO 3178/12 und L 7 SO 3009/13 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Senat ist von der Prozessfähigkeit des Klägers überzeugt und konnte daher in der Sache entscheiden, ohne dass diesem zuvor ein besonderer Vertreter zu bestellen gewesen wäre. Insoweit wird auf die ausführliche Darlegung in der Senatsentscheidung vom 16. Oktober 2014 (L 7 AS 5868/09; vgl. ferner z.B. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 8/14 B - juris Rdnr. 10; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. August 2014 - L 3 AL 527/14) Bezug genommen. In diesem Rechtsstreit hatte der Senat die vom Kläger angesprochenen Gutachten zur Frage der Prozessfähigkeit beigezogen, ohne dass dieser einen Antrag auf Ladung der Gutachter gestellt oder selbst in der dortigen mündlichen Verhandlung erschienen wäre. Zur Prozessfähigkeit sind keine neuen Umstände aufgetreten oder vorgetragen, so dass es keiner neuerlichen Beweisaufnahme bedurfte. Da ein Sachverständigenbeweis nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 402 ff. oder 411a ZPO im vorliegenden Verfahren nicht erhoben worden ist, war auch dem Antrag des Klägers auf Erörterung der dort beigezogenen Gutachten mit den jeweiligen Gutachtern in der mündlichen Verhandlung nicht nachzukommen.

2. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, da sie nicht der Zulassung bedarf (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG).

3. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Begehren auf Gewährung eines Taschengeldes sowie auf Übernahme von Mietkosten, jeweils während seiner Inhaftierung, aus Mitteln der Sozialhilfe. Mit seiner Klage vom 13. Dezember 2011 hat der Kläger ein Taschengeld und die Übernahme von Mietkosten begehrt, nachdem - jeweils nach den Vorschriften des SGB II - die AfA mit Bescheid vom 18. November 2011 die Gewährung eines Taschengeldes und der Beklagte als SGB II-Träger mit Bescheid vom 15. November 2011 die Übernahme von Mietkosten versagt hatten. Das SG Karlsruhe hat die Klage gegen den Beklagten, soweit der Kläger diese auch auf Ansprüche nach dem SGB XII gestützt hat, abgetrennt. Somit sind vorliegend nur Ansprüche auf ein Taschengeld und eine Mietkostenübernahme nach dem SGB XII streitig, die der Kläger mit einer Leistungsklage geltend macht. Ggf. kann das Begehren des Klägers so ausgelegt werden, dass er die Bescheidung seines Antrages vom 15. November 2011 im Hinblick auf Leistungen nach dem SGB XII verlangt.

Nicht Gegenstand des Verfahren sind die Versagungsbescheide vom 24. Februar 2012 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2012) betreffend das Taschengeld sowie vom 18. April 2012 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2012) betreffend die Mietkosten, die der Kläger gesondert angefochten (L 7 2627/12 und L 7 SO 3178/12) und im Übrigen auch nicht in den hiesigen Rechtsstreit eingeführt hat. Zudem haben die Versagungsbescheide im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht existiert und konnten folglich nicht mit der Klage vom 13. Dezember 2011 angefochten worden. Im Übrigen regeln die Versagungsbescheide keine endgültige Ablehnung des begehrten Taschengeldes und der Mietübernahme, sondern lediglich eine vorläufige Versagung der Leistungsgewährung. Der Beklagte hat gerade nicht über die - hier geltend gemachten - Leistungsansprüche als solche entschieden, sondern lediglich über die Folgen eines angenommenen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff. SGB I (vgl. BSG, Urteil vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - juris Rdnr. 5; Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - BSGE 104, 26 - juris Rdnr. 12; Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - juris Rdnr. 12). Die Versagungsbescheide sind auch nicht Gegenstand einer Untätigkeitsklage geworden (Senatsurteile vom 16. Oktober 2014 - L 7 SO 3974/11 -; vom 29. Januar 2015 - L 7 AS 3732/14 -).

4. Die mittels Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) verfolgten Begehren betreffend ein Taschengeld und eine Mietkostenübernahme während der Inhaftierung des Klägers sind nicht zulässig, denn es fehlt an der erforderlichen Verwaltungsentscheidung (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG). Vor Bekanntgabe des Verwaltungsakts ist die Klage mangels gegenwärtiger Beschwer nicht zulässig; eine "Heilung" träte selbst durch eine spätere Bekanntgabe nicht ein (Senatsurteil vom 16. Oktober 2014 - L 7 AS 5359/11 -; Bayerisches LSG, Urteil vom 20. Januar 2009 - L 15 VG 20/08 - juris Rdnr. 10). Im Übrigen beinhalten die - hier nicht streitgegenständlichen - Versagungsbescheide vom 24. Februar 2012 und 18. April 2012 gerade keine endgültige Ablehnung der begehrten Leistungen, sondern lediglich eine vorläufige Versagung der Leistungsgewährung. Der Beklagte hat nicht über die - hier geltend gemachten - Leistungsansprüche als solche entschieden, sondern lediglich über die Folgen eines angenommenen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff. SGB I (vgl. BSG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - B 14 AS 133/12 B - juris Rdnr. 5; Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 78/08 R - BSGE 104, 26 - juris Rdnr. 12; Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - juris Rdnr. 12). Er hat wegen der angenommenen Verletzung von Mitwirkungspflichten das begehrte Taschengeld und die Mietkostenübernahme versagt, mithin lediglich über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2004 - B 1 KR 4/02 R - juris Rdnr. 12).

Unabhängig von der Frage, ob der Kläger eine Untätigkeitsklage bereits im sozialgerichtlichen Verfahren oder erst im Berufungsverfahren erhoben hat, ist eine solche jedenfalls unzulässig. Mit Erlass der Bescheide vom 24. Februar 2012 und 18. April 2012 ist die mit der Klage geltend gemachte Beschwer - die Untätigkeit des Beklagten auf den Antrag vom 15. November 2011 - entfallen. Zwar hat der Beklagte mit diesen Bescheiden noch keine endgültige Entscheidung über den Leistungsantrag (Gewährung eines Taschengeldes und Übernahme von Mietkosten) getroffen, sondern die Leistungen wegen fehlender Mitwirkung (bis zur Nachholung der Mitwirkung) gem. § 66 Abs. 1 SGB I versagt. Auch ein solcher Versagungsbescheid entzieht jedoch einer Untätigkeitsklage die Grundlage (Senatsurteil vom 29. Januar 2015 - L 7 AS 3732/14 -).

5. Der Senat sieht von einer Zurückverweisung an das SG Stuttgart gem. § 159 Abs. 1 SGG in der hier maßgeblichen Fassung vom 1. Januar 2012 ab und entscheidet in der Sache selbst. Nach § 159 Abs. 1 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn 1. dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, oder 2. das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. Das Sozialgerichtsgesetz geht von dem Grundsatz aus, dass sich das Landessozialgericht auch bei einer aus den in § 159 Abs. 1 SGG genannten Gründen verfahrensrechtlich begründeten Berufung nicht auf eine kassatorische Entscheidung beschränken, sondern die Sache selbst entscheiden soll (bspw. Hintz/Lowe, SGG, 2013, § 159 Rdnr. 1). § 159 SGG weist somit einen Ausnahmecharakter auf (z.B. Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 159 Rdnr. 15). Zudem ist das Berufungsgericht selbst in den Fällen des § 159 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, die Sache an das SG zurückzuverweisen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 159 Rdnr. 5). Dabei ist im Zweifel die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens vorzugswürdig (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002 - B 6 KA 1/02 R - juris Rdnr. 18). Unabhängig davon, ob überhaupt die Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG vorliegen, sieht der Senat im Hinblick darauf, dass die Sache zur abschließenden Entscheidung reif ist, das gerichtliche Verfahren nicht unerhebliche Zeit in Anspruch genommen und der Kläger sein Interesse an einer zügigen Sachentscheidung mit einer Verzögerungsrüge i.S. des § 198 Abs. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) unterstrichen hat (vgl. Bl. 23 der Senatsakten), von einer Zurückverweisung ab. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass das SG Karlsruhe den Rechtsstreit mit unanfechtbarem Beschluss vom 2. April 2012 an das SG Stuttgart verwiesen hat und dem Senat im Rechtsmittelverfahren die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit verwehrt ist (§§ 98 SGG, 17a Abs. 1, 2 Satz 3 und Abs. 5 GVG).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

7. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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