Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 4284/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3873/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.07.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt (noch) die Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und depressiven Symptomatik als Folge eines Arbeitsunfalls vom 26.12.2003.
Der am 1976 geborene Kläger kam am 26.12.2003 im Rahmen seiner Tätigkeit als Zugbegleiter bei der D. Fernverkehr AG, Regionalbereich Mitte, in S. zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit einem Fahrgast hinzu (Bl. 62 ff. LSG-Akte) und wurde selbst von dem Fahrgast angegriffen, bevor dieser überwältigt werden konnte (Bl. 72 f. LSG-Akte). Der Kläger erlitt dabei Prellungen, eine HWS-Distorsion und eine Querfortsatzfraktur im Bereich eines Lendenwirbelkörpers (LWK); zudem wurde seine Zahnbrücke beschädigt (Bl. 85 ff. LSG-Akte). Beim behandelnden Arzt hinterließ er am 02.01.2004 einen traumatisierten Eindruck (Bl. 88 LSG-Akte).
Anfang Februar 2010 wandte sich der Kläger an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) und machte geltend, seine über Jahre hinweg eingetretenen psychisch bedingten Funktionsstörungen seien Spätfolgen diverser Arbeitsunfälle, u.a. vom 26.12.2003 (Bl. 30 Verwaltungsakte - VA). Mit Bescheid vom 05.04.2011 (Bl. 135 VA) lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der nun geklagten Beschwerden auf psychiatrischem Fachgebiet ab und führte aus, die geltend gemachten psychischen Beschwerden seien nicht auf das Ereignis vom 26.12.2003 zurückzuführen, weshalb eine Anerkennung der nun bestehenden Beschwerden als Folge dieses Ereignisses nicht möglich sei.
In seinem Widerspruch vertrat der rechtskundig vertretene Kläger die Auffassung, dass das Ereignis vom 26.12.2003 ein Arbeitsunfall sei und somatische und psychische Unfallfolgen hinterlassen habe. Die Folgen des Unfalls seien mit einer MdE um 10 v.H. zu bewerten (Widerspruchsbegründung vom 09.05.2011, Bl. 144 VA). Der Unfall vom 26.12.2003 sei als Arbeitsunfall anzuerkennen und eine MdE von mindestens 10 v.H. festzustellen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Bl. 153 ff. VA).
Dagegen hat der weiterhin rechtskundig vertretene Kläger am 25.07.2011 mit dem Begehren Klage erhoben, die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 26.12.2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen und wegen der Unfallfolgen eine MdE von mindestens 10 v.H. festzustellen (vgl. Bl. 2 SG-Akte) Zur Begründung hat er ausgeführt, das Unfallereignis sei als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Es bestünden Unfallfolgen mit einer MdE um mindestens 10 v.H. In einem weiteren Schriftsatz (Eingang beim SG am 11.10.2011) hat er die Anerkennung des Arbeitsunfalls und dessen Entschädigung (vgl. Bl. 20 SG-Akte) bzw. weitere Heilbehandlung und eine Verletztenrente (Bl. 23 SG-Akte) begehrt und dabei eine PTBS im Zusammenhang mit einem weiteren Arbeitsunfall im Dezember 2000 erwähnt. In einem Schriftsatz vom 11.06.2012 (Eingang beim SG am 12.06.2012) hat der Kläger auch im Hinblick auf den Arbeitsunfall vom 26.12.2003 eine PTBS erwähnt. In seiner Stellungnahme zu einem von Amts wegen eingeholten Gutachten des Prof. Dr. S. (Schriftsatz vom 25.03.2013, Eingang 26.03.2013, Bl. 134 ff. SG-Akte) hat er Ausführungen zu einer PTBS als Unfallfolge gemacht.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ein Teilanerkenntnis abgegeben und in Abänderung der angefochtenen Bescheide festgestellt, dass das Ereignis vom 26.12.2003 ein versicherter Arbeitsunfall war (Bl. 286 SG-Akte). Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen.
Die weitergeführte Klage mit dem Antrag des Klägers, eine PTBS sowie eine depressive Symptomatik als Unfallfolge festzustellen, hat das SG mit Urteil vom 24.07.2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage sei zulässig, weil die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden das Vorliegen psychischer Unfallfolgen verneint habe. Die Klage sei aber unbegründet, weil die geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht feststellbar seien.
Gegen das dem klägerischen Prozessbevollmächtigten am 04.09.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.09.2015 mit dem Antrag Berufung eingelegt, die Beklagte zur Feststellung einer PTBS und einer depressiven Symptomatik als Unfallfolge zu verurteilen. Den nachfolgend gestellten weiteren Antrag auf Gewährung einer Verletztenrente (Bl. 32 LSG-Akte) hat er nicht aufrecht erhalten (Bl. 45 LSG-Akte). Auf den richterlichen Hinweis, wonach die Klage unzulässig sei, hat er die Auffassung vertreten, diese sei zulässig; es sei im Laufe des Verfahrens über die verschiedenen Klageanträge und deren Zulässigkeit diskutiert worden. Im Übrigen habe die Beklagte sich auf die geänderten Anträge eingelassen.
Der Kläger beantragt (Bl. 2, 32, 45 LSG-Akte),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.07.2015 zu ändern und die Beklagte über deren Teilanerkenntnis vom 24.07.2015 hinaus zu verurteilen, als Folge des Unfalls vom 26.12.2003 eine "Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sowie die depressive Symptomatik" als Unfallfolge festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 05.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2011, mit dem die Beklagte die Gewährung von Leistungen ablehnte, weil psychische Unfallfolgen nicht bestünden. Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist das ursprünglich im Klageverfahren geltend gemachte Begehren auf Anerkennung des Unfalls vom 26.12.2003 als Arbeitsunfall - insoweit hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ein vom Kläger angenommenes Anerkenntnis (vgl. § 101 Abs. 2 SGG) abgegeben - sowie das Begehren auf Feststellung einer MdE von mindestens 10 v.H., das der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht mehr weiterverfolgt hat. Soweit der Kläger im Laufe des Berufungsverfahrens über seinen ursprünglichen Antrag hinaus einen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente geltend gemacht hat, ist dieses Begehren gleichermaßen nicht mehr Verfahrensgegenstand, da der Kläger diesen Antrag ausweislich des Bevollmächtigten-Schriftsatzes vom 11.04.2016 nicht mehr aufrecht erhalten hat.
Im Streit steht daher lediglich noch das Begehren des Klägers auf Feststellung einer PTBS und einer depressiven Symptomatik als Unfallfolge. Die damit verbleibende - gegenüber dem Antrag vor dem SG von einer Feststellungs- in eine Verpflichtungsklage jedenfalls durch rügelose Einlassung der Beklagten (§ 99 Abs. 2 SGG) zulässig geänderte - Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Feststellung einer PTBS und einer depressiven Symptomatik als Folge des Arbeitsunfalls vom 26.12.2003 ist hingegen unzulässig. Der Kläger hat die Klagefrist nicht eingehalten, so dass der Bescheid vom 05.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2011 bestandskräftig geworden ist. Die Bestandskraft steht einer Sachentscheidung des Senats entgegen.
Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids, § 87 Abs. 2 SGG. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gilt ein Verwaltungsakt am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Der Widerspruchsbescheid vom 27.06.2011 wurde am 27.06.2011 zur Post gegeben (Postabgangsvermerk Bl. 156 VA), so dass er am 30.06.2011 als bekanntgegeben gilt. Hinweise auf einen späteren Zugang beim Kläger bzw. seinem Bevollmächtigten ergeben sich nicht.
Der Kläger hat zwar am 25.07.2011 gegen den Bescheid vom 05.04.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2011 und damit innerhalb der Frist von einem Monat Klage erhoben. Mit dieser Klage hat der rechtskundig vertretene Kläger jedoch ausdrücklich die Anerkennung des Unfalls vom 26.12.2001 als Arbeitsunfall sowie die Feststellung einer MdE um wenigstens 10 v.H. beantragt. Diesen Anträgen kann auch im Wege der Auslegung kein Begehren auf Feststellung konkreter Unfallfolgen entnommen werden, denn weder aus dem Antrag selbst noch aus der dazu am 25.07.2011 vorgelegten Begründung ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass sein Klageziel auch auf die Feststellung konkreter Unfallfolgen gerichtet gewesen ist. Entsprechendes lässt sich auch nicht aus dem Antrag auf Feststellung einer MdE um mindestens 10 v.H. herleiten. Denn das Begehren auf Feststellung einer MdE um 10 v.H. ist auf die Gewährung einer Stützrente im Hinblick auf die in den weiteren vom Kläger geführten Verfahren geltend gemachten Unfallrenten gerichtet gewesen. Entsprechend hat der Kläger in seiner Klagebegründung auch ausgeführt, dass der Unfall vom 26.12.2003 als Arbeitsunfall "anzuerkennen und zu entschädigen" sei, wobei "Unfallfolgen mit einer MdE von mindestens 10 v.H." bestünden. Der Anspruch auf Feststellung von Unfallfolgen ist demgegenüber ein eigenständiger Anspruch aus § 102 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII, BSG, Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1, in juris Rdnr. 15), der sich vom in den §§ 56 ff. SGB VII geregelten Anspruch auf eine Rente unterscheidet. Der Anspruch auf Feststellung von Unfallfolgen setzt keine MdE voraus. Der auf Feststellung einer MdE von mindestens 10 v.H. gerichtete Klageantrag vom 25.07.2011 hat daher nicht auch den - nun allein noch verfolgten Anspruch - auf Feststellung von Unfallfolgen umfasst.
Die Feststellung einer PTBS und einer depressiven Symptomatik als Unfallfolgen hat der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 24.07.2015 beantragt. Aus den vorherigen Schriftsätzen des Klägers ergibt sich kein entsprechendes, auf die Feststellung dieser Unfallfolgen gerichtetes Begehren. In seiner am 11.10.2011 eingegangenen (und damit ebenfalls bereits außerhalb der Monatsfrist vorgelegten) Klagebegründung hat der Kläger zwar eine PTBS erwähnt, diese aber lediglich in einen Zusammenhang mit einem Unfallereignis am 20.12.2000 und nicht mit dem hier maßgeblichen Unfallereignis vom 26.12.2003 gebracht. Erstmals in seinen Ausführungen zur Notwendigkeit einer Begutachtung (Schriftsatz vom 11.06.2012, Eingang beim SG am 12.06.2012, Bl. 46 SG-Akte) hat der Kläger auch im Hinblick auf den Arbeitsunfall vom 26.12.2003 eine PTBS erwähnt, ohne allerdings konkret mitzuteilen, dass er deren Feststellung als Unfallfolge bzw. die Verpflichtung der Beklagten zu deren Feststellung begehrt. In seinen Ausführungen zum Gutachten des Prof. Dr. S. (Schriftsatz vom 25.03.2013, Eingang beim SG am 26.03.2013, Bl. 134 ff. SG-Akte) hat der Kläger erstmals zu erkennen gegeben, dass es ihm um die PTBS als Unfallfolge geht. Selbst wenn man diese Darlegungen als Klage auf Feststellung einer PTBS als Unfallfolge auslegen wollte, so wäre die Monatsfrist für die Klageerhebung nicht gewahrt. Nichts anderes gilt im Hinblick auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 11.06.2012. Nach alledem ist der vier Jahre nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2011 gestellte Antrag auf Feststellung einer PTBS sowie einer depressiven Symptomatik als Unfallfolge verspätet, weshalb die Klage insoweit unzulässig ist.
Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte habe sich auf seinen geänderten Klageantrag eingelassen, ist dies zwar zutreffend, weshalb sich die Änderung der Klage gemäß § 99 Abs. 2 SGG als zulässig erweist. Dennoch ist die geänderte Klage wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Die Einlassung der Beklagten hat nur Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Klageänderung als solcher, sie führt jedoch nicht dazu, dass die zu spät erhobene Klage als rechtzeitig erhoben gilt. Die Klagefrist steht nicht zur Disposition der Beklagten, sie ist vielmehr eine von Amts wegen zu beachtende Prozessvoraussetzung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl., § 87 Rdnr. 7). Gründe für eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist sind nicht erkennbar und werden vom Kläger auch nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt (noch) die Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und depressiven Symptomatik als Folge eines Arbeitsunfalls vom 26.12.2003.
Der am 1976 geborene Kläger kam am 26.12.2003 im Rahmen seiner Tätigkeit als Zugbegleiter bei der D. Fernverkehr AG, Regionalbereich Mitte, in S. zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit einem Fahrgast hinzu (Bl. 62 ff. LSG-Akte) und wurde selbst von dem Fahrgast angegriffen, bevor dieser überwältigt werden konnte (Bl. 72 f. LSG-Akte). Der Kläger erlitt dabei Prellungen, eine HWS-Distorsion und eine Querfortsatzfraktur im Bereich eines Lendenwirbelkörpers (LWK); zudem wurde seine Zahnbrücke beschädigt (Bl. 85 ff. LSG-Akte). Beim behandelnden Arzt hinterließ er am 02.01.2004 einen traumatisierten Eindruck (Bl. 88 LSG-Akte).
Anfang Februar 2010 wandte sich der Kläger an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) und machte geltend, seine über Jahre hinweg eingetretenen psychisch bedingten Funktionsstörungen seien Spätfolgen diverser Arbeitsunfälle, u.a. vom 26.12.2003 (Bl. 30 Verwaltungsakte - VA). Mit Bescheid vom 05.04.2011 (Bl. 135 VA) lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der nun geklagten Beschwerden auf psychiatrischem Fachgebiet ab und führte aus, die geltend gemachten psychischen Beschwerden seien nicht auf das Ereignis vom 26.12.2003 zurückzuführen, weshalb eine Anerkennung der nun bestehenden Beschwerden als Folge dieses Ereignisses nicht möglich sei.
In seinem Widerspruch vertrat der rechtskundig vertretene Kläger die Auffassung, dass das Ereignis vom 26.12.2003 ein Arbeitsunfall sei und somatische und psychische Unfallfolgen hinterlassen habe. Die Folgen des Unfalls seien mit einer MdE um 10 v.H. zu bewerten (Widerspruchsbegründung vom 09.05.2011, Bl. 144 VA). Der Unfall vom 26.12.2003 sei als Arbeitsunfall anzuerkennen und eine MdE von mindestens 10 v.H. festzustellen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Bl. 153 ff. VA).
Dagegen hat der weiterhin rechtskundig vertretene Kläger am 25.07.2011 mit dem Begehren Klage erhoben, die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 26.12.2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen und wegen der Unfallfolgen eine MdE von mindestens 10 v.H. festzustellen (vgl. Bl. 2 SG-Akte) Zur Begründung hat er ausgeführt, das Unfallereignis sei als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Es bestünden Unfallfolgen mit einer MdE um mindestens 10 v.H. In einem weiteren Schriftsatz (Eingang beim SG am 11.10.2011) hat er die Anerkennung des Arbeitsunfalls und dessen Entschädigung (vgl. Bl. 20 SG-Akte) bzw. weitere Heilbehandlung und eine Verletztenrente (Bl. 23 SG-Akte) begehrt und dabei eine PTBS im Zusammenhang mit einem weiteren Arbeitsunfall im Dezember 2000 erwähnt. In einem Schriftsatz vom 11.06.2012 (Eingang beim SG am 12.06.2012) hat der Kläger auch im Hinblick auf den Arbeitsunfall vom 26.12.2003 eine PTBS erwähnt. In seiner Stellungnahme zu einem von Amts wegen eingeholten Gutachten des Prof. Dr. S. (Schriftsatz vom 25.03.2013, Eingang 26.03.2013, Bl. 134 ff. SG-Akte) hat er Ausführungen zu einer PTBS als Unfallfolge gemacht.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ein Teilanerkenntnis abgegeben und in Abänderung der angefochtenen Bescheide festgestellt, dass das Ereignis vom 26.12.2003 ein versicherter Arbeitsunfall war (Bl. 286 SG-Akte). Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen.
Die weitergeführte Klage mit dem Antrag des Klägers, eine PTBS sowie eine depressive Symptomatik als Unfallfolge festzustellen, hat das SG mit Urteil vom 24.07.2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage sei zulässig, weil die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden das Vorliegen psychischer Unfallfolgen verneint habe. Die Klage sei aber unbegründet, weil die geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht feststellbar seien.
Gegen das dem klägerischen Prozessbevollmächtigten am 04.09.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.09.2015 mit dem Antrag Berufung eingelegt, die Beklagte zur Feststellung einer PTBS und einer depressiven Symptomatik als Unfallfolge zu verurteilen. Den nachfolgend gestellten weiteren Antrag auf Gewährung einer Verletztenrente (Bl. 32 LSG-Akte) hat er nicht aufrecht erhalten (Bl. 45 LSG-Akte). Auf den richterlichen Hinweis, wonach die Klage unzulässig sei, hat er die Auffassung vertreten, diese sei zulässig; es sei im Laufe des Verfahrens über die verschiedenen Klageanträge und deren Zulässigkeit diskutiert worden. Im Übrigen habe die Beklagte sich auf die geänderten Anträge eingelassen.
Der Kläger beantragt (Bl. 2, 32, 45 LSG-Akte),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.07.2015 zu ändern und die Beklagte über deren Teilanerkenntnis vom 24.07.2015 hinaus zu verurteilen, als Folge des Unfalls vom 26.12.2003 eine "Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sowie die depressive Symptomatik" als Unfallfolge festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 05.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2011, mit dem die Beklagte die Gewährung von Leistungen ablehnte, weil psychische Unfallfolgen nicht bestünden. Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist das ursprünglich im Klageverfahren geltend gemachte Begehren auf Anerkennung des Unfalls vom 26.12.2003 als Arbeitsunfall - insoweit hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ein vom Kläger angenommenes Anerkenntnis (vgl. § 101 Abs. 2 SGG) abgegeben - sowie das Begehren auf Feststellung einer MdE von mindestens 10 v.H., das der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht mehr weiterverfolgt hat. Soweit der Kläger im Laufe des Berufungsverfahrens über seinen ursprünglichen Antrag hinaus einen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente geltend gemacht hat, ist dieses Begehren gleichermaßen nicht mehr Verfahrensgegenstand, da der Kläger diesen Antrag ausweislich des Bevollmächtigten-Schriftsatzes vom 11.04.2016 nicht mehr aufrecht erhalten hat.
Im Streit steht daher lediglich noch das Begehren des Klägers auf Feststellung einer PTBS und einer depressiven Symptomatik als Unfallfolge. Die damit verbleibende - gegenüber dem Antrag vor dem SG von einer Feststellungs- in eine Verpflichtungsklage jedenfalls durch rügelose Einlassung der Beklagten (§ 99 Abs. 2 SGG) zulässig geänderte - Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Feststellung einer PTBS und einer depressiven Symptomatik als Folge des Arbeitsunfalls vom 26.12.2003 ist hingegen unzulässig. Der Kläger hat die Klagefrist nicht eingehalten, so dass der Bescheid vom 05.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2011 bestandskräftig geworden ist. Die Bestandskraft steht einer Sachentscheidung des Senats entgegen.
Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids, § 87 Abs. 2 SGG. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gilt ein Verwaltungsakt am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Der Widerspruchsbescheid vom 27.06.2011 wurde am 27.06.2011 zur Post gegeben (Postabgangsvermerk Bl. 156 VA), so dass er am 30.06.2011 als bekanntgegeben gilt. Hinweise auf einen späteren Zugang beim Kläger bzw. seinem Bevollmächtigten ergeben sich nicht.
Der Kläger hat zwar am 25.07.2011 gegen den Bescheid vom 05.04.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2011 und damit innerhalb der Frist von einem Monat Klage erhoben. Mit dieser Klage hat der rechtskundig vertretene Kläger jedoch ausdrücklich die Anerkennung des Unfalls vom 26.12.2001 als Arbeitsunfall sowie die Feststellung einer MdE um wenigstens 10 v.H. beantragt. Diesen Anträgen kann auch im Wege der Auslegung kein Begehren auf Feststellung konkreter Unfallfolgen entnommen werden, denn weder aus dem Antrag selbst noch aus der dazu am 25.07.2011 vorgelegten Begründung ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass sein Klageziel auch auf die Feststellung konkreter Unfallfolgen gerichtet gewesen ist. Entsprechendes lässt sich auch nicht aus dem Antrag auf Feststellung einer MdE um mindestens 10 v.H. herleiten. Denn das Begehren auf Feststellung einer MdE um 10 v.H. ist auf die Gewährung einer Stützrente im Hinblick auf die in den weiteren vom Kläger geführten Verfahren geltend gemachten Unfallrenten gerichtet gewesen. Entsprechend hat der Kläger in seiner Klagebegründung auch ausgeführt, dass der Unfall vom 26.12.2003 als Arbeitsunfall "anzuerkennen und zu entschädigen" sei, wobei "Unfallfolgen mit einer MdE von mindestens 10 v.H." bestünden. Der Anspruch auf Feststellung von Unfallfolgen ist demgegenüber ein eigenständiger Anspruch aus § 102 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII, BSG, Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1, in juris Rdnr. 15), der sich vom in den §§ 56 ff. SGB VII geregelten Anspruch auf eine Rente unterscheidet. Der Anspruch auf Feststellung von Unfallfolgen setzt keine MdE voraus. Der auf Feststellung einer MdE von mindestens 10 v.H. gerichtete Klageantrag vom 25.07.2011 hat daher nicht auch den - nun allein noch verfolgten Anspruch - auf Feststellung von Unfallfolgen umfasst.
Die Feststellung einer PTBS und einer depressiven Symptomatik als Unfallfolgen hat der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 24.07.2015 beantragt. Aus den vorherigen Schriftsätzen des Klägers ergibt sich kein entsprechendes, auf die Feststellung dieser Unfallfolgen gerichtetes Begehren. In seiner am 11.10.2011 eingegangenen (und damit ebenfalls bereits außerhalb der Monatsfrist vorgelegten) Klagebegründung hat der Kläger zwar eine PTBS erwähnt, diese aber lediglich in einen Zusammenhang mit einem Unfallereignis am 20.12.2000 und nicht mit dem hier maßgeblichen Unfallereignis vom 26.12.2003 gebracht. Erstmals in seinen Ausführungen zur Notwendigkeit einer Begutachtung (Schriftsatz vom 11.06.2012, Eingang beim SG am 12.06.2012, Bl. 46 SG-Akte) hat der Kläger auch im Hinblick auf den Arbeitsunfall vom 26.12.2003 eine PTBS erwähnt, ohne allerdings konkret mitzuteilen, dass er deren Feststellung als Unfallfolge bzw. die Verpflichtung der Beklagten zu deren Feststellung begehrt. In seinen Ausführungen zum Gutachten des Prof. Dr. S. (Schriftsatz vom 25.03.2013, Eingang beim SG am 26.03.2013, Bl. 134 ff. SG-Akte) hat der Kläger erstmals zu erkennen gegeben, dass es ihm um die PTBS als Unfallfolge geht. Selbst wenn man diese Darlegungen als Klage auf Feststellung einer PTBS als Unfallfolge auslegen wollte, so wäre die Monatsfrist für die Klageerhebung nicht gewahrt. Nichts anderes gilt im Hinblick auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 11.06.2012. Nach alledem ist der vier Jahre nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids vom 27.06.2011 gestellte Antrag auf Feststellung einer PTBS sowie einer depressiven Symptomatik als Unfallfolge verspätet, weshalb die Klage insoweit unzulässig ist.
Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte habe sich auf seinen geänderten Klageantrag eingelassen, ist dies zwar zutreffend, weshalb sich die Änderung der Klage gemäß § 99 Abs. 2 SGG als zulässig erweist. Dennoch ist die geänderte Klage wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Die Einlassung der Beklagten hat nur Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Klageänderung als solcher, sie führt jedoch nicht dazu, dass die zu spät erhobene Klage als rechtzeitig erhoben gilt. Die Klagefrist steht nicht zur Disposition der Beklagten, sie ist vielmehr eine von Amts wegen zu beachtende Prozessvoraussetzung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl., § 87 Rdnr. 7). Gründe für eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist sind nicht erkennbar und werden vom Kläger auch nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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