L 9 R 4186/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 365/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4186/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1962 geborene Kläger türkischer Staatsangehörigkeit lebt seit 1972 in der Bundesrepublik Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt, zuletzt war er als Hilfsdrucker versicherungspflichtig beschäftigt. Seit September 2013 ist der Kläger arbeitslos, nach dem Bezug von Krankengeld vom 01.12.2013 bis 31.03.2015 bezog er Arbeitslosengeld. Derzeit steht er im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Das Landratsamt K. – Amt für Versorgung und Rehabilitation – stellte mit Bescheid vom 18.08.2011 ab dem 25.07.2011 einen Grad der Behinderung (GdB) von 60 fest.

Am 15.09.2015 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog Befundberichte des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 28.08.2015, des Facharztes für Innere Medizin Dr. F. vom 26.08.2015, des Internisten Dr. F. vom 08.07.2011, der St. V.-Kliniken K. vom 22.04.2011, des Facharztes für Psychiatrie Dr. G. vom 14.08.2014 und einen Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Bad M. vom 16.06.2014 über den dortigen stationären Aufenthalt vom 13.05.2014 bis zum 03.06.2014 bei. Der Kläger war aus der Rehabilitationsmaßnahme mit den Diagnosen Zustand nach iatrogener transmuraler Rectumwandverletzung im Rahmen der Erstdiagnostik einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (01/2011), Colitis ulcerosa bis Sigma (Remissionsphase), schwere Angst- und depressive Störung (auswärtige Diagnose 03/2014), chronische Hepatitis B, partielle Serokonversion und tachykarde Herzrhythmusstörungen arbeitsfähig entlassen worden.

Nach Einholung einer Stellungnahme nach Aktenlage ihres sozialmedizinischen Dienstes durch Dr. S. vom 29.09.2015 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 01.10.2015 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Einschränkungen, die sich aus den Krankheiten oder Behinderungen des Klägers ergeben, führten nicht zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger könne nach der medizinischen Beurteilung noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.

Zur Begründung seines hiergegen am 20.10.2015 eingelegten Widerspruchs machte der Kläger geltend, nach der Einschätzung der ihn behandelnden Ärzte liege aufgrund seiner körperlichen und psychischen Beschwerden Erwerbsunfähigkeit vor.

Nach Einholung einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme durch Dr. S. vom 24.11.2015, wonach eine Änderung nicht eingetreten sei, vielmehr "stabile Verhältnisse" vorlägen, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2015 (richtig: 2016) zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 02.02.2016 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und ergänzend zu seinen bisherigen Ausführungen vorgetragen, seine psychischen Leiden hätten sich weiter verschlechtert. Die schwere Ausprägung seiner Erkrankung komme auch in dem ihm zuerkannten GdB von 60 zum Ausdruck.

Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. H. hat unter dem 03.03.2016 ausgeführt, im Rahmen der seelischen Erkrankung bestünden ängstlich-depressive Verstimmungen, Antriebsminderung und eine verminderte Stresstoleranz. Die Leistungsfähigkeit und Arbeitskraft des Klägers sei mittelschwer eingeschränkt. Hinzu kämen Beschwerden und Funktionseinschränkungen aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen. Insgesamt dürfte von einer schweren Leistungseinschränkung auszugehen sein. Der Kläger sei keinesfalls ausreichend belastbar, einer beruflichen Tätigkeit für mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Unter dem 21.03.2016 hat Dr. F. angegeben, im Vordergrund der für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit relevanten Erkrankungen stehe die psychiatrische Erkrankung. Des Weiteren leide der Kläger auf internistischem Fachgebiet unter Colitis ulcerosa, chronischer Hepatitis B und einer tachykarden Herzrhythmusstörung. Eine Berufstätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden erscheine nicht möglich.

Das SG hat dann den Kardiologen Dr. K. und den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie M. mit der Erstattung von Gutachten beauftragt. In seinem Gutachten vom 18.05.2016 hat Dr. K. ausgeführt, bei dem Kläger sei im Jahr 2011 eine chronisch-entzündliche Darm-erkrankung (Colitis ulcerosa) diagnostiziert worden. Die letzte Koloskopie habe 2011 stattgefunden. Seitdem befinde sich der Kläger nicht mehr in gastroenterologischer Behandlung. Die Erkrankung werde vom Hausarzt behandelt. Darunter bestehe eine milde Symptomatik; der Kläger gebe jedoch an, fünf bis acht Mal am Tag breiige Stuhlgänge zu haben, feste Stuhlgänge habe er fast nie. Von Seiten der Darmerkrankung sei der Kläger in der Lage, leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auszuüben. Am Arbeitsplatz sollte eine in der Nähe liegende Toilette jederzeit erreichbar sein. Von Seiten der 2011 diagnostizierten chronischen Hepatitis B, der leichten arteriellen Hypertonie, der beginnenden hypertensiven Herzerkrankung und der Rhythmusstörung, auf Grund derer sich der Kläger 2009 in stationärer Behandlung befunden habe, bestehe derzeit keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. Der Kläger habe berichtet, an einem Asthma bronchiale zu leiden, wobei eine Lungenerkrankung bisher in den ärztlichen Befundberichten nicht erwähnt werde. Von Seiten dieser Erkrankung sei der Kläger nicht in der Lage, Tätigkeiten mit Belastung durch Stäube, Gase und Dämpfe auszuüben. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen lasse sich feststellen, dass der Kläger in der Lage sei, weiterhin leichte, mittelschwere und gelegentlich schwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Die Tätigkeiten könnten in wechselnder Körperhaltung ausgeübt werden, die Verfügbarkeit einer Toilette in der Nähe des Arbeitsplatzes müsse gewährleistet sein. Tätigkeiten mit hoher geistiger Beanspruchung und Konzentration sowie Arbeiten unter nervlicher Belastung sowie Akkordarbeit sowie Nachtarbeit seien dem Kläger auf Grund der psychischen Erkrankung nicht zumutbar. Der Kläger sei in der Lage, im Rahmen dieses Tätigkeitsprofils vollschichtig tätig zu sein. Weitere, über das betriebsübliche Maß hinausgehende Pausen seien nicht erforderlich. Der Kläger sei in der Lage, den Arbeitsplatz mit öffentlichen oder privaten Verkehrsmitteln aufzusuchen und eine Wegstrecke von täglich viermal 500 Metern bei einem Zeitaufwand von maximal 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen.

Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie M. hat den Kläger am 06.09.2016 untersucht und in seinem Gutachten von diesem Tag angegeben, bei dem Kläger bestehe eine mittelgradige depressive Erkrankung. In der letzten beruflichen Tätigkeit als Drucker sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe aus psychiatrischer Sicht ein vollschichtiges Leistungsbild von täglich sechs Stunden und mehr. Einschränkungen im qualitativen Leistungsbild seien in der Art vorhanden, dass das Anpassungs- und Umstellungsvermögen bereits leichtgradig eingeschränkt sei. Arbeiten in Schichttätigkeit und Nachtschicht, Arbeiten mit erhöhtem Anspruch an die geistige und emotionale Flexibilität und Belastbarkeit und mit erhöhtem Anspruch an die Tempoleistung wie Akkordarbeiten seien nicht möglich.

Mit Urteil vom 24.10.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die – näher dargelegten – Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. K., denen die Kammer folge, leide der Kläger an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, leichtem Bluthochdruck und einer chronischen Hepatitis B, außerdem bestehe der Verdacht auf Asthma bronchiale und eine supraventrikuläre Herzrhythmusstörung. Darüber hinaus habe der Sachverständige M. auf psychiatrischem Fachgebiet eine mittelgradige depressive Erkrankung diagnostiziert. Soweit der Zeuge Dr. F. in seiner Aussage weitergehend eine schwere depressive Symptomatik mit erheblicher Angstkomponente beschrieben habe, vermöge diese nicht zu überzeugen. Auch die vom Kläger berichteten Ängste könnten der depressiven Symptomatik zugeordnet werden, so die nachvollziehbare Auffassung des Sachverständigen M. Die Erkrankungen des Klägers seien nicht derart gravierend, dass sich hieraus eine quantitative Einschränkung ableiten ließe. Vielmehr könne den Beschwerden hinreichend durch quantitative Einschränkungen Rechnung getragen werden. Das Gericht schließe sich insoweit der nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Einschätzung der Sachverständigen Dr. K. und M. an.

Gegen das ihm am 28.10.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.11.2016 durch seinen Prozessbevollmächtigten Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg einlegen lassen. Zur Berufungsbegründung hat er vorgetragen, die Leistungseinschätzung der Sachverständigen Dr. K. und M. seien für ihn nicht nachvollziehbar. Er verweise auf seine depressive Erkrankung, den Morbus Crohn, die Herzrhythmusstörungen, das chronische Wirbelsäulensyndrom, die chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung, die chronische Bronchitis und die Hepatitis B. Wegen seiner Depression traue er sich kaum noch aus dem Haus. Wegen seines Morbus Crohn müsse er sechs bis acht Mal täglich "aufs Klo rennen"; auch deswegen traue er sich nicht mehr nach draußen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Oktober 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. September 2015 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 27.11.2017 nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 13.09.2017 hat der Gutachter ausgeführt, der Kläger leide auf seinem Fachgebiet unter Angst und Depression gemischt. Er habe im zeitlichen Zusammenhang mit dem drohenden Arbeitsplatzverlust, der Erstdiagnose einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung sowie der erstmaligen Diagnose einer chronischen Hepatitis B sowohl eine Angststörung als auch depressive Beschwerden entwickelt. Diese Beschwerdeentwicklung lasse sich zusammenfassen als Angst und Depression, gemischt. Dies sei erstmals von dem Facharzt für Psychiatrie Dr. G. im Jahr 2011 diagnostiziert worden. Nach seiner gutachterlichen Einschätzung sei zum Zeitpunkt der Befunderhebung von einer mittelgradigen Störung auszugehen. Insgesamt sei der Kläger in der gesamten Belastbarkeit zum Untersuchungszeitpunkt beeinträchtigt, was sich naturgemäß auch auf das berufliche Leistungsvermögen auswirke. Belastbar sei der Kläger für leichte Tätigkeiten in einer regulären Tagesschicht ohne Anforderungen an ein erhöhtes Maß an Umstellungsvermögen, ohne Publikumsverkehr, ohne eine erhöhte Zeittaktung, wie Fließband- oder Akkordarbeit. Tätigkeiten ohne erhöhte Gefährdungsmomente wie Tätigkeiten an laufenden Maschinen, Tätigkeiten mit erhöhten Gefährdungsmomenten, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht möglich. Nicht zu erbringen seien Tätigkeiten, die mit Personalverantwortung oder Verantwortung für Vermögenswerte einhergingen. Durch die auf internistischem Fachgebiet bekannten Erkrankungen wie Morbus Crohn, Asthma bronchiale und Hepatitis B seien entsprechende Einschränkungen zu beachten. Insbesondere seien Tätigkeiten nur dann zumutbar, wenn die Tätigkeit jederzeit unterbrochen werden könne, um eine Toilette aufzusuchen. Des Weiteren seien Tätigkeiten auszuschließen, die durch entsprechende Umgebungsbedingungen das Asthma bronchiale beeinflussen könnten. Auszuschließen seien Tätigkeiten, die eine Gefährdung durch die bekannte Hepatitis B Erkrankung für andere beinhalteten. Entsprechende Tätigkeiten könne der Kläger noch drei bis unter sechs Stunden leisten. Der festgestellte Zustand sei seit Rentenantragstellung anzunehmen. Der diagnostischen Einschätzung des Gutachters M. sei nicht zuzustimmen, wobei sich das Krankheitsbild auch verändert dargestellt haben könnte. Es sei Teil eines möglichen Krankheitsgeschehens, dass Angst und depressive Störungsbilder sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten in unterschiedlicher Intensität abbildeten. Aus fachlicher Sicht bleibe jedoch nicht nachvollziehbar, wie der Gutachter M. vor dem Hintergrund des von ihm erhobenen psychopathologischen Befundes zuverlässig eine vollschichtige Belastbarkeit im sozialmedizinischen Sinne habe ableiten können.

Zu dem Gutachten hat die Beklagte eine sozialmedizinische Stellungnahme durch die Ärztin für Psychiatrie MUDr. H. vom 09.02.2018 vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich im durch die Berichterstatterin am 28.03.2018 durchgeführten Erörterungstermin mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden konnte, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 24.10.2016 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 01.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2016 sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Juli 2017, § 43 SGB VI, Rdnr. 58 und 30 ff.).

An diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, ist der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Er hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen oder körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich aus der Gesamtwürdigung der ärztlichen Unterlagen, insbesondere der Gutachten von Dr. K. und des Sachverständigen M.

Der Kläger leidet auf internistischem Fachgebiet unter einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, leichtem Bluthochdruck und einer chronischen Hepatitis B; darüber hinaus besteht der Verdacht auf Asthma bronchiale und auf eine supraventrikuläre Herzrhythmusstörung. Auf psychiatrischem Fachgebiet leidet der Kläger unter einer depressiven Symptomatik mit reaktivem Hintergrund.

Weder die Erkrankungen auf internistischem, noch die Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet führen dazu, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf unter sechs Stunden arbeitstäglich eingeschränkt ist.

Hinsichtlich der internistischen Erkrankungen entnimmt der Senat dies im Wesentlichen dem Gutachten von Dr. K. Dr. K. hat sich in seinem Gutachten vom 18.05.2016 ausführlich mit der Krankheitsgeschichte des Klägers und den sich daraus ergebenden Einschränkungen auseinandergesetzt. Danach wurde bei dem Kläger im Jahr 2011 eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung diagnostiziert. Hierbei zeigte sich ein deutlicher Befall des Rectums und des Sigmas mit zum Teil tiefen Ulcerationen. Darüber hinaus fanden sich Aften und pustulöse Veränderungen im Bereich des Mundes. Die primär gestellte Diagnose eines Morbus Crohn bestätigte sich histologisch nicht, sodass zuletzt die Diagnose Colitis ulcerosa gestellt wurde. Diese Diagnose gibt auch Dr. F. in seiner Aussage vom 21.03.2016 an, wohingegen in seinem ärztlichen Attest vom 26.08.2015 noch die Diagnose Morbus Crohn attestiert wird. Letztlich ist nicht die genaue diagnostische Einordnung, sondern die sich aus der Gesundheitsstörung ergebendenFunktionsbeeinträchtigung maßgeblich. Der Kläger leidet unstreitig unter einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, die nach der Einschätzung des Dr. K. nicht zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens führt. Diese Einschätzung ist auch für den Senat überzeugend. Die letzte Koloskopie fand nach den gegenüber Dr. K. gemachten Angaben des Klägers im Jahr 2011 statt. Seither befindet sich der Kläger nicht mehr in fachärztlicher gastroenterologischer Behandlung. Die Erkrankung wird vielmehr durch den Hausarzt mit Pentasa systemisch oral und mit Salofalk lokal behandelt. Darunter besteht nach der Einschätzung des Gutachters eine milde Symptomatik, wenngleich der Kläger angibt, fünf bis acht Mal am Tag breiige Stuhlgänge zu haben. Die milde, im Wesentlichen gut eingestellte Symptomatik zeigt sich auch in dem Ernährungszustand des Klägers, den Dr. K. mit leicht adipös (Körpergröße 175 cm, Körpergewicht 88 kg, BMI 28) beschreibt. Der Kläger selbst hat gegenüber Dr. K. angegeben, das Gewicht sei konstant, sodass auch Gewichtsverluste aufgrund der Darmerkrankung nicht festzustellen sind. Von Seiten der Darmerkrankung ist der Kläger in der Lage, leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne zeitliche Einschränkung auf unter sechs Stunden arbeitstäglich auszuüben. Der Umstand, dass am Arbeitsplatz eine in der Nähe liegende Toilette jederzeit erreichbar sein sollte, ist im Rahmen der qualitativen Einschränkungen zu würdigen. Eine zeitliche Einschränkung folgt auch nicht aus der ebenfalls im Jahr 2011 erstmals diagnostizierten chronischen Hepatitis B. Nach Auswertung der in der Rehabilitationsmaßnahme in Bad Mergentheim erstellten Hepatitisserologie, bei der sich im Antikörperstatus eine partielle Serokonversion fand, und eigener Befunderhebung, hielt Dr. K. zwar eine erneute fachärztliche gastroenterologische Kontrolluntersuchung zur Feststellung des aktuellen Status der chronischen Hepatitis B für erforderlich, sah aber selbst keine Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht aufgrund dieser Erkrankung. Die von ihm erhobenen Befunde zeigten eine unauffällige Leberfunktion mit völlig normalen Leberwerten (Transaminasen, Gamma-GT, LDH, AP sowie Bilirubin); die Lebersyntheseleistung war unauffällig und es zeigten sich keine Entzündungsparameter. Gegen eine Einschränkung aufgrund der chronischen Hepatitis B-Erkrankung spricht auch, dass eine entsprechende Therapie in dem Dr. K. vorgelegten Medikamentenplan nicht mehr verzeichnet ist. Zu keiner rentenrelevanten Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens führen auch die kardiologischen Erkrankungen des Klägers. Der Kläger leidet, wie Dr. K. mitgeteilt hat, unter einer leichten arteriellen Hypertonie und einer beginnenden hypertensiven Erkrankung. Im Jahr 2009 befand er sich wegen einer Rhythmusstörung in stationärer Behandlung. Auch diese Erkrankung hat Dr. K. gewürdigt und ist zu der Einschätzung gelangt, dass eine zeitliche Einschränkung hieraus nicht abgeleitet werden kann. Es sei eine Schmalkomplextachykardie diagnostiziert worden, bei der es sich am ehesten um eine Sinustachykardie gehandelt habe. Differential-diagnostisch sei eine atriale Tachykardie in Frage gekommen. Der Kläger klagte auch gegenüber Dr. K. zwar über weiterhin auftretende tachykarde Rhythmusstörungen, die aber im weiteren Verlauf nicht mehr dokumentiert und verifiziert worden sind. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens folgt hieraus nicht. Für eine Belastbarkeit trotz der kardiologischen Gesundheitsstörungen spricht auch, dass der Kläger im Rahmen des Belastungs-EKGs (Sitzendfahrradergometer) von 25 bis 125 Watt belastbar war und der Abbruch auf der 125 Watt-Stufe bei peripherer Erschöpfung ohne Anzeichen für eine Angina pectoris und ohne ausgeprägte Dyspnoe erfolgte. Der Blutdruck stieg von 150/85 mmHg in Ruhe auf einen maximalen Blutdruck von 185/75 mmHg. In der Erholungsphase erfolgte aber eine rasche Rückbildung der Kreislaufparameter und es zeigten sich keine signifikanten Erregungsrückbildungsstörungen. Da eine ischämiefreie Maximalleistung bei der Ergometrie von 125 Watt in der Regel die Annahme einer Belastbarkeit für mittelschwere Arbeiten rechtfertigt (vgl. Sozialmedizinische Begutachtung für die gesetzliche Rentenversicherung, Hrsg. Deutsche Rentenversicherung Bund, 7. Aufl., S. 299 f.), ist bei dem Kläger jedenfalls eine Belastbarkeit für leichte Tätigkeiten trotz der kardiologischen Erkrankungen anzunehmen. Soweit der Kläger darüber hinaus über ein Asthma bronchiale klagt, wird dies in den Berichten der behandelnden Ärzte nicht erwähnt. Dr. K. hat nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund dieser Erkrankung das zeitliche Leistungsvermögen nicht eingeschränkt ist, aber Tätigkeiten mit Belastung durch Stäube, Gase und Dämpfe zu vermeiden sind. Schließlich hat der Gutachter eine normal große, allseits glatt abgrenzbare Schilddrüse gefunden und auch seitens der Schilddrüse keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit gesehen. Auch aus den Aussagen der behandelnden Ärzte ergeben sich keine Gesundheitsstörungen, die eine weitergehende Beeinträchtigung aufgrund der internistischen Erkrankungen begründen würden. Zwar hält Dr. F. in seiner Aussage vom 21.03.2016 eine Berufstätigkeit von sechs Stunden nicht mehr für möglich, benennt aber auf seinem Fachgebiet keine Befunde, die eine solche Einschränkung begründen würde. Für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit sind aus seiner Sicht die psychiatrischen Erkrankungen maßgebend.

Auch die psychiatrische Erkrankung, die nach dem klägerischen Vortrag zwischenzeitlich im Vordergrund steht, führt nicht zu einer Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden arbeitstäglich. Der Senat stützt sich insoweit auf das überzeugende Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie M., der den Kläger am 06.09.2016 untersucht und in seinem Gutachten vom selben Tag angegeben hat, bei dem Kläger bestehe eine mittelgradige depressive Erkrankung. Diese Einschätzung ist für den Senat aufgrund der durch den Gutachter mitgeteilten Befunde nachvollziehbar. Der Gutachter beschreibt einen Probanden mit einem deutlich zum depressiven Pol verschobenen Stimmungsbild, mit subjektiven Angaben der Lustlosigkeit, Perspektivlosigkeit und Freudlosigkeit. Die aus dieser psychischen Störung resultierenden Defizite werden in der Leistungsbeurteilung im Rahmen von qualitativen Einschränkungen berücksichtigt. Einschränkungen im qualitativen Leistungsbild sind damit nach Einschätzung des Sachverständigen in der Art vorhanden, dass das Anpassungs- und Umstellungsvermögen bereits leichtgradig eingeschränkt ist und Arbeiten in Schichttätigkeit und Arbeiten mit erhöhtem Anspruch an die geistige und emotionale Flexibilität und Belastbarkeit sowie Arbeiten mit erhöhtem Anspruch an die Tempoleistung wie Akkordarbeiten nicht möglich sind. Diese Einschätzung ist für den Senat trotz des Gutachtens von Dr. H. auch weiterhin überzeugend und maßgeblich. Dr. H. hat ausgeführt, der Kläger leide auf seinem Fachgebiet unter Angst und Depression gemischt. Der Kläger habe im zeitlichen Zusammenhang mit dem drohenden Arbeitsplatzverlust, der Erstdiagnose einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung sowie der erstmaligen Diagnose einer chronischen Hepatitis B sowohl eine Angststörung als auch depressive Beschwerden entwickelt. Diese Beschwerdeentwicklung lasse sich zusammenfassen als Angst und Depression, gemischt. Nach seiner Einschätzung ist das Leistungsvermögen des Klägers mit drei bis unter sechs Stunden anzunehmen. Die Ärztin für Psychiatrie MUDr. H. führt in ihrer Stellungnahme vom 09.02.2018 für den sozialmedizinischen Dienst der Beklagten aber nachvollziehbar aus, dass sich in dem Zeitraum zwischen den beiden Begutachtungen weder relevante Veränderungen im Beschwerdebild noch in der psychopathologischen Befundbeschreibung eingestellt haben. Zutreffend weist MUDr. H. darauf hin, dass in der Momentaufnahme der Befunderhebung eher eine gewisse Besserung der psychischen Situation ableitbar ist. Dr. H. beschrieb nur eine subdepressive, moros gedrückte Stimmung, ansonsten attestiert er keine relevanten psychopathologischen Auffälligkeiten. Die Klagen und Beschwerden sind vergleichbar mit den durch Dr. M. beschriebenen. Der Tagesablauf wird ähnlich beschrieben, zwar mit wenigen Aktivitäten, aber durchaus strukturiert. Eine Intensivierung der mit vier bis fünf ambulanten Vorstellungen im Jahr eher sporadischen psychiatrischen Behandlung wird ebenfalls nicht mitgeteilt. Es fanden weder stationäre noch teilstationäre Behandlungen statt. Insgesamt beschreibt Dr. H., worauf MUDr. H. zutreffend hinweist, eher leichtgradige Störungen und Einschränkungen, weshalb dessen abschließende Leistungsbeurteilung nicht zu überzeugen vermag. Die von ihm angenommene mittelgradige Störung lässt sich mit dem mitgeteilten psychopathologischen Befund, in dem die Stimmung mit "subdepressiv bis moros gedrückt" beschrieben wird, nicht in Einklang bringen. MUDr. H. stellt daher abschließend zutreffend fest, dass in der Zusammenschau der vorliegenden medizinischen Unterlagen praktisch ein unverändertes psychisches Zustandsbild mit ähnlichen bzw. sich gegenseitige ausschließenden Einschätzungen entsteht. Dr. H. attestierte in seinem Bericht vom 03.11.2015 die Diagnose "Angst und depressive Störung, gemischt" (F41.2), die auch Dr. G. etwa zwei Jahre später stellte. Diese Diagnose soll bei gleichzeitigem Bestehen von Angst und Depression nur dann Verwendung finden, wenn keine der beiden Störungen eindeutig vorherrscht und keine für sich genommen eine eigenständige Diagnose rechtfertigt. Treten ängstliche und depressive Symptome in so starker Ausprägung auf, dass sie einzelne Diagnosen rechtfertigen, sollen beide Diagnosen gestellt und auf diese Kategorie verzichtet werden (vgl. Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, Dilling/Freyberger, Hrsg., 7. Aufl., 2014, S. 167). Dr. H. beschreibt in seinen sachverständigen Zeugenaussagen auch keine weitergehende Beeinträchtigung. In seiner Aussage vom 03.03.2016 berichtet er über ängstlich-depressive Verstimmungen, eine Antriebsminderung, verminderte Stresstoleranz sowie eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Befunde, die eine über die durch den Sachverständigen M. hinausgehende Leistungseinschränkung begründen würden, ergeben sich aus dieser Aussage nicht. Es handelt sich dabei um das Vorhandensein von Angst und Depression lediglich in leichter oder mittlerer Ausprägung, ohne Vorherrschen des einen oder anderen. Im Ergebnis ist auch für den Senat weiterhin die durch den Sachverständigen M. getroffene Leistungseinschätzung überzeugend. Der Kläger ist trotz der bei ihm vorliegenden Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet auch weiterhin in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.

Aufgrund der bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen sind die durch Dr. K. und den Sachverständigen M. genannten qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens zu berücksichtigen. So sind dem Kläger Tätigkeiten mit erhöhter geistiger Beanspruchung, hoher Verantwortung oder hohen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen sowie Arbeiten unter nervlicher Belastung nicht zumutbar. Nicht leidensgerecht sind Schichtarbeiten, Nacht- und Akkordarbeiten. Anpassungs- und Umstellungsvermögen sind leichtgradig eingeschränkt. Nicht mehr leidensgerecht sind Tätigkeiten unter der Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen und Nässe.

Die vorliegenden Einschränkungen können damit zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Ein Rentenanspruch kann vorliegend somit auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1983 – 5a RKn 28/82 –, Juris). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG, Urteile vom 20.08.1997 – 13 RJ 39/96 –, vom 11.05.1999 – B 13 RJ 71/97 –, vom 24.02.1999 – B 5 RJ 30/98 – und vom 09.09.1998 – B 13 RJ 35/97 R –, Juris). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.04.1982 – 1 RJ 132/80 –, Juris) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Gegenständen, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Ausgehend hiervon liegt bei dem Kläger unter Berücksichtigung der bereits beschriebenen qualitativen Einschränkungen weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, nachdem dem Kläger noch weite Teile des Arbeitsmarktes für leichte Tätigkeiten offenstehen. Unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen sind dem Kläger körperlich leichte Tätigkeiten in Produktion, Logistik und Dienstleistung, etwa das Verpacken leichter Industrie- oder Handelserzeugnisse, Montier- oder Sortierarbeiten oder vergleichbare Hilfsarbeiten zumutbar.

Soweit aufgrund der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung des Klägers das Erfordernis besteht, regelmäßig eine Toilette aufzusuchen, rechtfertigt dies nicht die Annahme, dass er nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann. In der Personalbedarfsberechnung in Wirtschaft und Verwaltung werden persönliche Verteilzeiten veranschlagt. Es handelt sich um Zeitanteile, die nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden, z. B. für persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.02.2015 – L 1 R 55/14 –, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2015 – L 11 R 3871/14 –, Juris). Aufgrund dieser Verteilzeiten ist es dem Kläger nach Auffassung des Senats möglich, eine mindestens sechsstündige Tätigkeit pro Arbeitstag zu verrichten. Die Notwendigkeit, fünf bis acht Mal am Tag eine Toilette aufsuchen zu müssen, dürfte – bezogen auf einen sechsstündigen Arbeitstag – auch keine unübliche Arbeitsbedingung begründen; auch stündliche Toilettengänge sind keine betriebsunübliche Arbeitsunterbrechung (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.08.2012 – L 16 R 698/09 –, Juris). Auch über ggf. erforderliche Toilettenpausen hinaus sind nach der Einschätzung der Gutachter betriebsunübliche Pausen nicht erforderlich. Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen lassen deshalb keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht in der Lage wäre, einen Arbeitsplatz aufzusuchen, bestehen nicht; bei dem Kläger liegen keine Erkrankungen vor, die sich auf die Gehfähigkeit derart auswirken, dass es ihr nicht mehr möglich wäre, viermal täglich eine Strecke von 500 Metern in einem zumutbaren Zeitaufwand zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Die Wegefähigkeit des Klägers ist nach der Einlassung aller gehörten Gutachter nicht beeinträchtigt, so dass auch aus diesem Grund keine volle Erwerbsminderung resultiert.

Die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenfolge beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren unterlegen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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