L 7 SO 2685/18 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SO 2132/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2685/18 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der in 1953 geborene Antragsteller ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100, ihm sind die Merkzeichen G, aG, Bl, H, R und F zuerkannt. Die Deutsche Krankenversicherung AG (DKV) bewilligte ihm Pflegegeld in Höhe von monatlich 316,- EUR sowie einen bedarfsabhängigen Entlastungsbetrag von bis zu monatlich 125,- EUR (Schreiben vom 10. Januar 2018; Bl. 75 Verwaltungsakte). Weiter bezieht er eine Unfallrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung i.H.v. monatlich 219,64 EUR bzw. ab 1. Juli 2018 i.H.v. 226,71 EUR. Er ist bei der DKV privat kranken- und pflegeversichert mit einem Monatsbeitrag von 291,17 EUR in der Krankversicherung und 47,13 EUR in der Pflegeversicherung ab dem 1. Januar 2018 (Bl. 243 e-Akte Beigeladener: Basistarif mtl. 211,32 EUR bzw. 47,13 EUR).

Der Antragsteller bezog vom Jobcenter B.-B. (im Folgenden: Beigeladener) zuletzt Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bis September 2017. Über einen Weiterbewilligungsantrag vom 26. September 2017 (Bl. 155 e-Akte Beigeladener) ist bisher noch nicht abschließend entschieden, nachdem der Antragsteller angeforderte Unterlagen nicht vorgelegt hat (vgl. Aufforderungsschreiben vom 7. November 2017 Bl. 209 e-Akte Beigeladener; 22. Dezember 2017 Bl. 317 e-Akte Beigeladener; 30. Januar 2018 Bl. 560 e-Akte Beigeladener; 4. Mai 2018 Bl. 633 e-Akte Beigeladener), der Beigeladene mit Bescheid vom 21. Dezember 2017 Leistungen ab dem 1. Oktober 2017 versagt und der Antragsteller hiergegen Widerspruch eingelegt hat, über den der Beigeladene - soweit den vorgelegten Unterlagen entnommen werden kann - noch nicht entschieden hat. Vom Antragsteller vorgelegt wurde der Grundstücksübergabevertrag zwischen seiner Mutter (Übergeber), seiner Schwester (Übernehmer) und ihm (weichendes Geschwisterteil) vom 19. Juli 2016 (Notariat B.-B., Urkundenrolle Nr. 2 UR 1360/2016; Bl. 78 Akte Beigeladener). In § 6 des Grundstücksübergabevertrages verpflichtete sich die Übernehmerin, an den Antragsteller ein Gleichstellungsgeld in Höhe von 26.250,00 EUR zu entrichten. Hiervon seien am 27. Juni 2016 bereits 12.000,00 EUR bezahlt worden, der Rest sei zahlbar bis spätestens 31. Oktober 2016. Nach den vorliegenden Unterlagen sind auf dem Konto des Antragstellers am 27. Juni 2016 12.000,00 EUR und am 14. September 2016 7.000,00 EUR (Bl. 28, 43 Akte Beigeladener) eingegangen.

Am 15. Februar 2018 "kündigte" der Antragsteller die "Geschäftsbeziehung" mit dem Beigeladenen mit sofortiger Wirkung und trug vor, der Bezug von Leistungen durch das Jobcenter ende deshalb mit sofortiger Wirkung. Mit Schreiben vom 23. März 2018 (Bl. 607 e-Akte Beigeladener) teilte der Antragsteller dem Beigeladenen mit, er verzichte nicht auf Leistungen, sondern verfolge alle noch nicht beschiedenen bzw. abschlägig beschiedenen Anträge weiter.

Am 16. Februar 2018 stellte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Vorgelegt wurden mehrere ärztliche Bescheinigungen. Ein Gutachten über die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers durch den Rentenversicherungsträger ist bisher nicht erstellt worden.

Mit Bescheid vom 10. April 2018 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab mit der Begründung, der Antragsteller habe weder die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht noch sei bisher eine volle Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger festgestellt worden.

Hiergegen erhob der Antragsteller am 21. April 2018 Widerspruch, über den bisher noch nicht entschieden ist. Mit Bescheid vom 16. Mai 2018 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Bund den Antrag des Antragstellers vom 3. April 2018 auf Rente wegen Erwerbsminderung ab mit der Begründung, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für diese Rente seien nicht erfüllt. Es sei deshalb nicht weiter geprüft worden, ob er erwerbsgemindert sei.

Am 4. Juli 2018 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm ab dem 16. Februar 2018 einen Regelsatz in Höhe von 196,36 EUR monatlich, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich insgesamt 201,15 EUR ( 65,- EUR Heizung mit Gas, 46,87 EUR Hausnebenkosten und 89,28 EUR Heizung mit Strom) sowie die Kosten der Krankenversicherung im Basistarif zuzüglich der Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von 272,91 EUR monatlich zu bewilligen und zu zahlen.

Mit Beschluss vom 13. Juli 2018 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt mit der Begründung, eine volle Erwerbsminderung des Antragstellers im Sinne des § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwar möglich, aber nicht überwiegend wahrscheinlich. Deshalb komme eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII nicht in Betracht.

Hiergegen hat der Antragsteller am 25. Juli 2018 Beschwerde eingelegt und weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt. Mit Schreiben vom 1. August 2018 hat er eine Aufstellung der Umsätze auf seinem Girokonto für die Zeit vom 1. Juni 2018 bis 31. Juli 2018 vorgelegt und weiter vorgetragen, wegen der Erhöhung der Unfallrente werde der geltend gemachte Regelsatz auf monatlich 189,29 EUR reduziert. Weiter sei ein Betrag von 160,00 EUR ab Juli 2018 in Abzug zu bringen. Dieser Betrag resultiere aus einem regelmäßigen Erwerbseinkommen aus selbständiger Tätigkeit.

Mit Beschluss vom 31. Juli 2018 ist das Jobcenter B.-B. zum Verfahren beigeladen worden.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Der gegenüber dem Sozialhilfeträger gestellte Leistungsantrag ist auch als Antrag gegenüber dem beigeladenen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II auszulegen. § 16 Abs. 2 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bestimmt, dass Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger gestellt werden, unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten sind. Im Zweifel ist unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes davon auszugehen, dass ein Kläger bzw. Antragsteller ohne Rücksicht auf den Wortlaut des Antrags all die Leistungen begehrt, die ihm den größten Nutzen bringen können und dass ein Antrag auf Leistungen nach dem einen Gesetz wegen der gleichen Ausgangslage (Bedürftigkeit und Bedarf) auch als Antrag nach dem anderen Gesetz zu werten ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 26. August 2008 - B 8/9b SO 18/07 R - juris Rdnr. 22). Etwas Anderes kommt nur dann in Betracht, wenn der Antrag eindeutig (nur) auf eine bestimmte Leistung gerichtet ist (Schoch in LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 37 Rdnr. 8). Vorliegend war deshalb auch ein Anspruch des Antragstellers gegen den Beigeladenen zu prüfen, zumal der Antragsteller zumindest mit Schreiben vom 23. März 2018 einen neuen Antrag bei dem Beigeladenen gestellt hat.

Ein Anspruch gegen den Beigeladenen kommt dem Grunde nach gem. § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II in Betracht, wonach die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erbringen. Bei Streit über das Bestehen voller Erwerbsminderung ist danach der für Leistungen nach dem SGB II zuständige Träger zuständig (vgl. Landessozialgericht (LSG) Hamburg, Urteil vom 21. September 2017, L 4 AS 53/17 - juris Rdnr. 29 m.w.N.).

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei dürfen sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13. April 2010 - 1 BvR 216/07 - juris Rdnr. 64; BVerfG, Beschluss vom 6. August 2014 - 1 BvR 1453/12 - juris Rdnr. 9). Eine Folgenabwägung ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn eine Prüfung der materiellen Rechtslage nicht möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 - juris Rdnr. 20).

Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 - L 15 AS 365/13 B ER - juris Rdnr. 18; Senatsbeschluss vom 29. Januar 2007 - L 7 SO 5672/06 ER-B - juris Rdnr. 2). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 - L 15 AS 365/13 B ER - juris Rdnr. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 - L 9 AS 254/06 ER - juris Rdnr. 4). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Auch dann kann aber nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 - L 15 AS 365/13 B ER - juris Rdnr. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 - L 9 AS 254/06 ER - juris Rdnr. 4).

Hinsichtlich des Anordnungsgrundes muss der Antragsteller darlegen, welche Nachteile zu erwarten sind, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen wird (Senatsbeschluss vom 6. März 2017 - L 7 SO 420/17 ER-B - juris Rdnr. 7; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. September 2015 - L 7 SB 48/14 B ER - juris Rdnr. 21). Ein Anordnungsgrund besteht nicht, wenn der Antragsteller jedenfalls gegenwärtig auf eigene Mittel oder zumutbare Hilfe Dritter zurückgreifen kann (Senatsbeschluss vom 6. März 2017 - L 7 SO 420/17 ER-B - juris Rdnr. 8; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. September 2014 - L 5 KR 147/14 B ER - juris Rdnr. 17; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28. März 2011 - L 5 KR 20/11 B ER - juris Rdnr. 10), etwa zur Vorfinanzierung (Senatsbeschluss vom 6. März 2017 - L 7 SO 420/17 ER-B - juris Rdnr. 8; LSG Thüringen, Beschluss vom 26. November 2015 - L 6 KR 1266/15 B ER - juris Rdnr. 14 f.; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. September 2014 - L 5 KR 147/14 B ER - juris Rdnr. 17), und sich den Ausführungen des Antragstellers keine gewichtigen Anhaltspunkte entnehmen lassen, dass die finanziellen Kapazitäten vollständig ausgeschöpft sind (BVerfG, Beschluss vom 12. September 2016 - 1 BvR 1630/16 - juris Rdnr. 12; BVerfG, Beschluss vom 21. September 2016 - 1 BvR 1825/16 - juris Rdnr. 4; BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2016 - 1 BvR 1241/16 - juris Rdnr. 7; Senatsbeschlüsse vom 24. Juli 2018 - L 7 SO 2045/18 ER-B und vom 30. Juli 2018 - L 7 SO 2151/18 ER-B). Hierbei beurteilt sich in einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren das Vorliegen eines Anordnungsgrundes grundsätzlich nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Antrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren mithin nach dem Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung. Bei der Frage des Anordnungsgrundes können auch Mittel Berücksichtigung finden, die bei der materiellen Frage der Hilfebedürftigkeit außen vor bleiben müssen, weil es sich um Schonvermögen (§ 60a, § 90 Abs. 2 SGB XII, § 12 Abs. 3 SGB II) oder nicht zu berücksichtigendes Einkommen (§§ 85 ff. SGB XII, §§ 11a f. SGB II, § 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung) handelt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. März 2007 - 1 BvR 535/07 - n.v.) oder weil es sich (etwa gemäß § 92 Abs. 2 SGB XII) generell nicht um eine bedarfsabhängige Leistung handelt (Beschluss des Senats vom 6. März 2017 - L 7 SO 420/17 ER-B - juris Rdnr. 9).

Nach diesen Maßstäben ist jedenfalls ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Dies gilt für die Zeit bis zur Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags am 4. Juli 2018 bereits deshalb, weil es an dem nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Gegenwartsbezug und damit auch am Anordnungsgrund, nämlich der besonderen Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens, fehlt. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B - juris Rdnr. 5, vom 26. Januar 2016 - L 7 AS 41/16 ER-B - juris Rdnr. 5 und vom 23. Oktober 2017 - L 7 SO 3697/17 ER-B - n.v.). Es ist nicht Aufgabe der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen; dies hat vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten bleiben. Aus dem Gegenwartsbezug der einstweiligen Anordnung folgt, dass dieser vorläufige Rechtsbehelf für bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung zurückliegende Zeiträume nur ausnahmsweise in Betracht kommt; es muss durch die Nichtleistung in der Vergangenheit eine aktuell fortwirkende Notlage entstanden sein, die den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. hierzu etwa Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - juris Rdnr. 10; ferner Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rdnr. 35a). Für einen derartigen Nachholbedarf ist vorliegend nichts ersichtlich.

Auch für die Zeit ab dem 4. Juli 2018 ist dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar, er kann insoweit auf die ihm derzeit zur Verfügung stehenden Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verwiesen werden.

Soweit der Antragsteller in der Antragsschrift vom 20. Juni 2018 vorgetragen hat, sein Lebensunterhalt sei derzeit kreditfinanziert, dies sei künftig nicht mehr möglich, steht dem entgegen, dass - wie bereits zuvor - auch in der Folgezeit, nämlich am 2. Juli 2018, auf seinem Konto Zahlungen seiner Schwester in Höhe der geltend gemachten Differenz zwischen dem Regelsatz und der Unfallrente eingegangen sind. Insoweit ist des Weiteren noch offen, ob es sich hierbei überhaupt um ein Darlehen oder nicht doch um Zahlungen auf das Gleichstellungsgeld handelt. Denn bezüglich des Anspruchs des Antragstellers auf Gleichstellungsgeld i.H.v. 26.250,00 EUR sind bisher nur Zahlungen i.H.v. 12.000,00 EUR am 27. Juni 2016 und 7.000,00 EUR am 14. September 2016 nachgewiesen.

Ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge hat der Antragsteller außerdem weitere Zahlungen seiner Schwester erhalten (8. Juni 2018: 300,00 EUR; 2. Juli 2018: 380,00 EUR) mit dem Zweckvermerk "Darlehen Minijob". Völlig unklar ist, auf welchen Vorgang sich diese Zahlungen beziehen, insbesondere in welchem Zusammenhang sie mit den Zahlungen des Antragstellers von monatlich 408,13 EUR an M. T. mit dem Zweckvermerk "Gehalt Mai 2018" (1. Juni 2018), "Gehalt Juni 2018" (4. Juli 2018) bzw. "Gehalt Juli 2018" (31. Juli 2018) stehen.

Auch bezüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung ist dem Antragsteller ein Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar. Er wohnt nach seinen Angaben mietfrei im Haus seiner Schwester. Es fallen lediglich Hausnebenkosten sowie Kosten für Heizung mit Gas und mit Strom an. Ausweislich des Kontoauszugs zahlt der Antragsteller monatlich für Stromkosten 114,00 EUR. Weitere laufende Zahlungen sind nicht ersichtlich. Auch insoweit gilt, dass Gläubigerin der Nebenkosten die Schwester ist, gegen die möglicherweise noch ein Zahlungsanspruch aus anderen Forderungen besteht und insoweit keine Eilbedürftigkeit vorliegt. Schließlich ist der Antragsteller derzeit auch noch in der Lage, die über dem Basistarif liegenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten sowie sonstige Ausgaben über Darlehen (vor) zu finanzieren, insbesondere durch Darlehen seiner Mutter, wie den vorgelegten Kontoauszügen entnommen werden kann. Insoweit ist weiter zu berücksichtigen, dass die DKV dem Antragsteller ab November 2017 Pflegegeld in Höhe von monatlich 316,00 EUR bewilligt und einen Entlastungsbeitrag von monatlich 125,00 EUR bei entsprechenden Nachweisen in Aussicht gestellt hat. In den vorgelegten Kontoauszügen sind allerdings entsprechende Zahlungseingänge nicht enthalten. Die darin enthaltenen Zahlungen der DKV tragen vielmehr ausschließlich den Vermerk "Leistungsabrechnung", so dass nicht auszuschließen ist, dass das Pflegegeld auf ein anderes Konto überwiesen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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