L 10 R 4488/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 2259/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4488/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27.10.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt als Sonderrechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung im Zugunstenverfahren nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X); im Streit stehen insbesondere der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls und damit zusammenhängend die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Die am 1956 geborene und während des Berufungsverfahrens am 30.07.2018 verstorbene Ehefrau des Klägers (nachfolgend Versicherte) war t. Staatsangehörige, hatte keinen Beruf erlernt und war nach Zuzug aus der T. im Februar 1971 im Bundesgebiet ab April 1971 mit Unterbrechungen bis Dezember 1995 sozialversicherungspflichtig als Fabrikarbeiterin beschäftigt, sodann ohne Beschäftigung respektive arbeitsuchend und arbeitsunfähig. Der letzte Pflichtbeitrag wurde im Februar 1998 entrichtet. Danach weist ihr Versicherungskonto nur noch von April 1999 bis Mitte Juni 2005 eine versicherungsfreie Tätigkeit (zwei Stunden täglich) aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Versicherungsverlauf Bl. 66 ff. Senats-Akte Bezug genommen. Ab Mai 1983 war bei ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 50, ab Mitte April 2003 von 60, ab Ende Mai 2005 von 70, ab Ende November 2011 von 80 und schließlich ab Ende April 2018 von 90 (mit Nachteilsausgleich Merkzeichen "G") festgestellt.

Am 18.06.2013 beantragte die Versicherte bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. In ihrem Antrag gab sie u.a. diverse Gesundheitsstörungen an, die "seit Januar 2013 akut zugenommen" hätten (vgl. S. 24 VerwA). Mit Bescheid vom 24.07.2013 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil im Versicherungskonto der Versicherten die Mindestzahl von 36 Monaten an Pflichtbeiträgen im Zeitraum vom 15.07.2008 bis 14.07.2013 nicht erreicht - sondern kein Monat mit Pflichtbeiträgen belegt - sei, vorliegend keine Ausnahmebestimmung eingreife und deswegen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente nicht vorlägen.

Die Versicherte sprach am 10.12.2013 bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz in S. vor und bat um Überprüfung des Bescheids vom 24.07.2013. Zur Begründung führte sie an, dass sie sich bereits seit "1996/1997" - nach mehrmonatiger Krankheit und Krankengeldbezug - für erwerbsgemindert halte. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen und sozialmedizinischer Auswertung lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 29.12.2014 und Widerspruchsbescheid vom 06.07.2015 ab, den Bescheid vom 24.07.2013 zurückzunehmen. Zwar sei die Versicherte seit dem 10.06.2013 (Zeitpunkt der stationären Aufnahme im Psychiatrischen Zentrum N. ) auf Dauer voll erwerbsgemindert, indes sei in dem für die Versicherungszeiten maßgeblichen Zeitraum vom 10.06.2008 bis 09.06.2013 kein Monat mit Pflichtbeiträgen im Versichertenkonto hinterlegt, so dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht (mehr) vorlägen. Hinweise, dass die Erwerbsminderung vor dem 10.06.2013 eingetreten sei, bestünden nicht. Deshalb sei der Bescheid vom 24.07.2013 zu Recht ergangen.

Hiergegen hat die Versicherte am 30.07.2015 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben, ihr Begehren auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beschränkt und im Wesentlichen auf ihre seit vielen Jahren bestehenden Behinderungen - namentlich die "Mittelmeerkrankheit", deren Folgeerkrankungen sowie ihre orthopädischen Leiden - und auf ihren GdB verwiesen.

Das SG hat die beim Landratsamt R. - Versorgungsamt - geführte Schwerbehindertenakte (SB-Akte) der Versicherten beigezogen und ihre behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin Dr. U. (Orthopädie Zentrum S. ) hat u.a. mitgeteilt, die Versicherte seit Mitte Mai 2011 wegen Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, der Hüftgelenke und der Muskeln im Bereich der Extremitäten behandelt zu haben. Er halte die Versicherte "im aktuellen Zustand" höchstens für drei Stunden täglich leistungsfähig und gehe davon aus, dass dieses Leistungsvermögen "seit mindestens drei Jahren" bestehe. Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. hat berichtet, die Versicherte im Juni 2013 erstmals behandelt zu haben, zuvor sei sie ab Ende November 2005 beim Praxisvorgänger (Neurologe und Psychiater Dr. K. ) in Behandlung gewesen. Seit einer Lungenembolie im Jahr 2004 habe die Versicherte über Angstzustände geklagt (Diagnosen: generalisierte Angststörung und mittelgradige depressive Episode), wobei es nach einem teilstationären Aufenthalt im März/April 2014 zu einer Stabilisierung gekommen sei. Zum "aktuellen" Leistungsvermögen könne sie sich nicht äußern. Internist und Hausarzt Dr. S. hat u.a. bekundet, die Versicherte habe ab 1997 über chronische Wirbelsäulenschmerzen mit Ausstrahlung in die Beine, ab 1998 über Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Antriebsarmut und ab 2000 über massive unklare Ängste und Panikattacken geklagt. Von 2004 an sei es im Rahmen einer zunehmenden Angstneurose zu massiven psychogenen Erregungszuständen gekommen, insbesondere dann seit 2009. Das maßgebliche Leiden liege auf psychiatrischem Fachgebiet. Er erachte die Leistungsfähigkeit auf unter drei Stunden und gehe davon aus, dass dieses eingeschränkte Leistungsvermögen seit dem Jahr 2013 bestehe. In seinem "ärztlichen Attest" von Februar 2016 (Bl. 53 SG-Akte) hat Dr. S. dann mitgeteilt, dass "die Leistungsminderung mit multiplen psychosomatischen Beschwerden und Depressionen zumindest seit 1999 nachweisbar" gewesen sei. Internist und Kardiologe Dr. D. hat angegeben, die Versicherte seit März 2004 insbesondere wegen eines Zustands nach Lungenembolie bei tiefer Beinvenenthrombose rechts (Januar 2004) und einer arteriellen Hypertonie behandelt zu haben, wobei in den vergangenen Jahren die Erkrankung aus dem manisch-depressiven Formenkreis im Vordergrund gestanden habe, weswegen die Versicherte seiner Meinung nach keiner geregelten Arbeit mehr nachgehen könne.

Mit Gerichtsbescheid vom 27.10.2016 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Versicherte im Hinblick auf den von der Beklagten angenommenen Leistungsfall im Juni 2013 keine Erwerbsminderungsrente beanspruchen könne, weil nach Februar 1998 keine Pflichtbeitragszeiten im Versichertenkonto hinterlegt seien, so dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen insoweit nicht vorlägen. Der Eintritt eines Leistungsfalls zu einem Zeitpunkt, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch vorgelegen hätten, lasse sich auf Grundlage der vorhandenen medizinischen Befundunterlagen nicht belegen. Das "Attest" des Dr. S. enthalte keine genaue Einschätzung zu einer rentenrelevanten Leistungsminderung seit 1999. Zwar leide die Versicherte seit Jahren an diversen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, in erster Linie an einer Bluterkrankung (Thalassämia minor), einem Zustand nach Lungenembolie nach tiefer Beinvenenthrombose, an psychiatrischen sowie an orthopädischen Leiden. Es bestünden indes keine Anhaltspunkte, dass diese bereits 1998 zu einer Erwerbsminderung geführt hätten. In psychiatrischer Hinsicht stehe die Versicherte erst seit 2004 in entsprechender fachärztlicher Behandlung. Aus den vorhandenen Befundunterlagen des Dr. D. ergebe sich, dass der Allgemeinzustand der Versicherten aus internistischer Sicht gut sei und sie die körperliche Belastung des Alltags beschwerdefrei toleriere, was sich mit der Einschätzung des Dr. S. decke, dass nicht die internistischen Gesundheitsstörungen im Vordergrund stünden. In orthopädischer Hinsicht ließen sich den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen weitestgehend lediglich degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates von eher geringem Ausmaß entnehmen. Die bloße Anhäufung von Diagnosen, der festgestellte GdB und angefallene Arbeitsunfähigkeitszeiten seien nicht geeignet, eine rentenrelevante Leistungsminderung bereits seit dem Jahr 1998 zu belegen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass sich die Versicherte bereits seit 1998 für erwerbsgemindert halte, den Rentenantrag aber erst im Jahr 2013 gestellt habe.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 02.11.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Versicherte am 02.12.2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat die Klägerseite im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt und sich namentlich auf das "Attest" des Dr. S. berufen. Der Leistungsfall der Erwerbsminderung sei bereits "1998/1999" eingetreten.

Nachdem die Versicherte am 30.07.2018 verstorben ist, hat ihr Ehemann, der zum Zeitpunkt des Todes mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt lebte, den Rechtsstreit aufgenommen und führt ihn fort.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27.10.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2015 zu verurteilen, ihm als Sonderrechtsnachfolger der am 30.07.2018 verstorbenen Halime Yildirim unter Rücknahme des Bescheids vom 24.07.2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.07.2013 bis 31.07.2018 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der rentenrechtliche Leistungsfall hätte spätestens am 31.03.2000 eingetreten sein müssen, weil nur bis zu diesem Zeitpunkt die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten. Dass die Versicherte spätestens am 31.03.2000 erwerbsgemindert gewesen sei, sei nicht nachgewiesen.

Der Senat hat bei Dr. S. die Patientenunterlagen der Versicherten für die Zeit von 1997 bis 2000 angefordert, woraufhin dieser einen Krankenblattauszug (Zeitraum: 19.08.1997 bis 12.05.2000) vorgelegt hat (Bl. 30 ff. Senats-Akte), weitere Unterlagen lägen ihm nicht mehr vor.

Sodann hat der Senat auf Antrag der Versicherten nach § 109 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin und Notfallmediziners A. (Oberarzt im Psychiatrischen Zentrum N. ) eingeholt (Bl. 38 ff. Senats-Akte). Er ist nach Untersuchungen der Versicherten im Mai, Juni und Juli 2017 zu der Einschätzung gelangt, dass sie nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten könne, da massive orthopädische, psychiatrische und internistische Erkrankungen bestünden. Eine Erwerbsminderung sei bereits deutlich vor 2013 gegeben gewesen, wann genau, sei nicht eindeutig zu ermitteln.

Zu dem Gutachten hat die Beklagte durch den Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapeuten, Sozial- und Suchtmediziner Dr. N. Stellung genommen (Bl. 54 f. Senats-Akte). Ein plausibler Befund, der auf einen Leistungsfall bis zum 31.03.2000 schließen lasse, sei dem Gutachten nicht zu entnehmen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Schwerbehindertenakte der Versicherten des Landratsamtes R. sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger fortgeführte Berufung der am 30.07.2018 verstorbenen Versicherten ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden, nach den §§ 143, 144 SGG statthaft und auch ansonsten zulässig. Sie hat indes in der Sache keinen Erfolg.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 29.12.2014 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2015, mit dem es die Beklagte ablehnte, ihren Bescheid vom 24.07.2013 nach § 44 SGB X zurückzunehmen und der Versicherten auf deren Rentenantrag vom 15.07.2013 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Der Kläger verfolgt dieses Begehren, das die Versicherte bereits mit Klageerhebung auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung beschränkt hat, zulässig als Sonderrechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I), da er zum Zeitpunkt des Todes mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat und auch Überprüfungsansprüche nach § 44 SGB X mit dem Ziel der Rentengewährung - jedenfalls dann, wenn das Überprüfungsverfahren zum Todeszeitpunkt wie hier bereits anhängig und über den Überprüfungsantrag noch nicht bestandskräftig entschieden war (vgl. § 59 Satz 2 SGB I) - im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergangsfähig sind (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 11.08.1983, 1 RA 53/82 in SozR 1200 § 59 Nr. 4 und Urteil vom 29.11.1984, 5b RJ 56/84 in SozR 1300 § 44 Nr. 15; s. auch Urteil vom 30.03.2017, B 2 U 15/15 R in juris Rdnr. 13).

Streitbefangen ist dabei vorliegend der Zeitraum vom 01.07.2013 bis 31.07.2018. Da geltend gemacht wird, eine Erwerbsminderung der Versicherten habe bereits im Jahr 1998/1999 bestanden, begänne der geltend gemachte Rentenanspruch am 01.07.2013, mit Beginn des Kalendermonats, in dem die Rente beantragt worden ist (§ 99 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI), und endete am 31.07.2018, mit dem Ende des Kalendermonats, in dem die Versicherte gestorben ist (§ 102 Abs. 5 SGB VI).

Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 29.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2015 ist rechtmäßig und verletzte die Versicherte nicht in ihren Rechten. Demnach hat der Kläger keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 24.07.2013 und auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der Versicherung seiner verstorbenen Ehefrau für die Zeit vom 01.07.2013 bis 31.07.2018. Denn auch die Versicherte hatte zu Lebzeiten keinen entsprechenden Anspruch.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Dabei werden im Falle der Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 44 Abs. 4 SGB X Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme bzw. Antragstellung erbracht.

Die nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X erforderliche Prüfung der Rechtswidrigkeit im Hinblick auf die Beurteilung der Sach- und Rechtslage beschränkt sich dabei auf den Zeitpunkt des Erlasses des in Rede stehenden Bescheids bzw. Widerspruchsbescheids. Die Rechtmäßigkeit eines Rentenablehnungsbescheids - vorliegend der Bescheid vom 24.07.2013 - beurteilt sich mithin nach der zum Zeitpunkt seines Erlasses bestehenden Sach- und Rechtslage aus heutiger Sicht (BSG, Urteil vom 14.11.2002, B 13 RJ 47/01 R in juris Rdnr. 19 m.w.N.). Spätere Veränderungen, etwa im Gesundheitszustand des Versicherten, sind somit nicht zu berücksichtigen. Unter Zugrundelegung dessen wandte die Beklagte vorliegend bei Erlass des Rentenablehnungsbescheids vom 24.07.2013 weder das Recht unrichtig an noch ging sie von einem Sachverhalt aus, der sich nachträglich als unrichtig erweist. Die Beklagte lehnte vielmehr seinerzeit zu Recht die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab. Entsprechend lehnte sie es mit den nun angefochtenen Bescheiden auch zu Recht ab, den Rentenablehnungsbescheid zurückzunehmen und Erwerbsminderungsrente zu gewähren.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger als Sonderrechtsnachfolger begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung war zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 24.07.2013 - und ist es auch weiterhin - § 300 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 43 Abs. 2 SGB VI in der seit dem 01.01.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersrente an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.04.2007 (BGBl. I S. 554). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze - bzw. bis zum Tod (§ 102 Abs. 5 SGB VI) - Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen

Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger aus der Versicherung seiner verstorbenen Ehefrau eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für den streitbefangenen Zeitraum nicht zu, weil nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen ist, dass bei der Versicherten eine Erwerbsminderung zu einem Zeitpunkt eingetreten war, zu dem die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGBVI (sog. Drei-Fünftel-Belegung) noch vorlagen.

Dazu hätte die Versicherte, die die allgemeine Wartezeit (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) erfüllt hat, spätestens im März 2000 erwerbsgemindert sein müssen. Denn ausweislich des Versicherungsverlaufs (Bl. 67 Senats-Akte), dessen Unvollständigkeit oder gar Unrichtigkeit die Klägerseite zu keinem Zeitpunkt auch nur behauptet hat, sind - ausgehend von Februar 1998, dem Monat, in dem letztmalig Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung (vgl. § 55 SGB VI) im Versicherungskonto der Versicherten hinterlegt sind - im Zeitraum (u.a.) von Januar 1995 bis Februar 1998 durchgehend Pflichtbeiträge ausgewiesen, wobei nur teilweise mit Pflichtbeiträgen belegte Kalendermonate als volle Monate gelten (§ 122 Abs. 1 SGB VI). Unter Zugrundelegung dessen bemisst sich der Fünfjahreszeitraum des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 122 Abs. 2 SGB VI somit von April 1995 bis März 2000. Im Falle eines Eintritts der Erwerbsminderung im April 2000 lägen innerhalb des davor liegenden Fünfjahreszeitraums (April 1995 bis März 2000) nur 35 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vor, anders als bei einem im März eingetretenen Versicherungsfall.

Dieser Zeitraum verschiebt sich vorliegend nicht im Hinblick auf die im Versicherungsverlauf hinterlegten Zeiten für die von April 1999 bis Juni 2005 von der Versicherten ausgeübte geringfügige, nicht versicherungspflichtige Beschäftigung. Denn diese Zeiten der geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung sind im Rahmen des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht zu berücksichtigen; bei den vom Arbeitgeber insoweit zu entrichtenden Pauschalbeiträgen (§ 172 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IV) handelt es sich nicht um Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit i.S.d. § 55 SGB VI (Reinhardt in ders., SGB VI, 4. Aufl. 2018, § 43 Rdnr. 16; von Koch in Kreikebohm, SGB VI, 5. Aufl. 2017, § 43 Rdnr. 15; Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 43 Rdnr. 261). Es ist auch weder behauptet noch sonst ersichtlich, dass die Versicherte nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung durch schriftliche Erklärung gegenüber ihrem seinerzeitigen Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichtet hat (vgl. dazu Freudenberg, a.a.O.).

Die Zeiten der geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung der Versicherten führen auch nicht zur einer Veränderung des Fünfjahreszeitraums unter dem Gesichtspunkt der Tatbestände des § 43 Abs. 4 SGB VI oder des Tatbestands des § 241 Abs. 1 SGB VI, denn diese Zeiten sind namentlich weder Anrechnungszeiten i.S.d. §§ 43 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. §§ 58, 252 SGB VI noch Berücksichtigungszeiten i.S.d. § 43 Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. §§ 57, 249b SGB VI und auch keine Ersatz-zeiten i.S.d. § 241 Abs. 1 i.V.m. § 250 Abs. 1 SGB VI. Unter Zugrundelegung dessen müsste die Versicherte folglich spätestens im März 2000, dem letztmaligen Zeitpunkt, zu dem die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, erwerbsgemindert gewesen sein.

Der Senat kann sich allerdings nicht davon überzeugen, dass eine Erwerbsminderung der Versicherten spätestens im März 2000 eintrat. Die anspruchsbegründenden Tatsachen müssen aber erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Ist ein solcher Nachweis nicht möglich, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt, dass und warum die Versicherte zu einem Zeitpunkt, zu dem die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch vorlagen bzw. im Jahr 1998/1999 - was die Klägerseite geltend macht - nicht erwerbsgemindert war. Der Senat nimmt darauf Bezug, sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Das Vorbringen der Klägerseite im Berufungsverfahren und das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Ermittlungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.

Dem von Dr. S. vorgelegten Krankenblattauszug für die Zeit von August 1997 bis Mai 2000 lassen sich, worauf Dr. N. für die Beklagte (Bl. 54 Senats-Akte) hingewiesen hat, keine objektiv-klinischen Befunde entnehmen, die auf eine zeitliche Leistungseinschränkung spätestens im März 2000 hindeuten, sondern lediglich vereinzelte Diagnosen - auch von vorübergehenden Akuterkrankungen (z.B. Harnwegsinfekt) -, subjektive Beschwerdeangaben der Versicherten (z.B. Wadenkrämpfe) und Medikamentenverordnungen. Bereits das SG hat zutreffend ausgeführt, dass Art und Anzahl der gestellten Diagnosen für die rentenrechtliche Beurteilung von Erwerbsminderung nicht maßgeblich sind. Denn im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung kommt es nicht auf eine bestimmte Diagnosestellung oder Bezeichnung von Befunden an, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (BSG, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH in juris Rdnr. 15), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen. Dem entsprechend kommt es auch auf die Ursachen der Gesundheitsstörung nicht an (BSG, a.a.O.). Funktionelle Beeinträchtigungen der Versicherten, die geeignet wären, eine quantitative Leistungsminderung zu begründen, enthält der Krankenblattauszug indes nicht (vgl. auch die Stellungnahme des Dr. N. Bl. 54 Senats-Akte), ebenso wenig wie das "Attest" des Dr. S. (Bl. 53 SG-Akte).

Letzteres enthält auch keine nachvollziehbare Begründung für die Einschätzung, "eine Leistungsminderung" der Versicherten sei bereits "seit 1999 nachweisbar". Auf welche Anknüpfungstatsachen Dr. Storch, der zuvor in seiner Auskunft an das SG noch mitgeteilt hatte (vgl. Bl. 36 SG-Akte), ein eingeschränktes Leistungsvermögen der Versicherten bestehe seit 2013, seine nunmehrige Einschätzung genau stützt, ist nicht ersichtlich, zumal er gegenüber dem Senat bekundet hat, mit Ausnahme des Krankenblattauszugs über keinerlei Unterlagen aus dem maßgeblichen Zeitraum mehr zu verfügen. Im Übrigen beruft er sich (pauschal) auf die "multiplen psychosomatischen Beschwerden und Depressionen" der Versicherten, obgleich er in den medizinischen Fachgebieten der Psychiatrie und Psychosomatik als Internist und Hausarzt über keine besonderen Kompetenzen verfügt und Dr. K. die Versicherte wegen einer generalisierten Angststörung und einer mittelgradigen Depression erst ab Ende 2005 behandelt hat (vgl. Auskunft der Dr. M. Bl. 31 SG-Akte), also zu einem Zeitpunkt, als die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen schon längst nicht mehr vorlagen. Das "Attest" ist somit nicht geeignet, den Senat vom Vorliegen einer quantitativen Leistungsminderung der Versicherten spätestens im März 2000 zu überzeugen.

Nämliches gilt hinsichtlich des Gutachtens des Internisten A ... Insoweit hat Dr. N. überzeugend darauf hingewiesen, dass sich dem Gutachten schon ein nachvollziehbarer psychopathologischer Befund nicht entnehmen lässt, dass sich Internist A. hinsichtlich der seelischen und auch orthopädischen Leiden fachfremd äußert und dass er im Wesentlichen bloß die im Jahr 2017 von der Versicherten ihm gegenüber geäußerten subjektiven Beschwerdeangaben wiedergibt. Unabhängig davon hat sich Internist A. auch nicht in der Lage gesehen, den Eintritt eines Leistungsfalls in zeitlicher Hinsicht annähernd zu bestimmen, sondern er hat sich lediglich dahingehend festgelegt, dass eine Erwerbsminderung der Versicherten "bereits vor 2013" gegeben gewesen sei, was im Hinblick auf den vorliegend alleine maßgeblichen Zeitpunkt - spätestens Ende März 2000 - indes unergiebig ist.

Zwar lagen bei der Klägerin diverse Gesundheitsstörungen auf verschiedenen medizinischen Fachgebieten bereits vor April 2000 vor. Indessen ist nicht erkennbar, dass diese vor April 2000 ein Ausmaß erreichten, das zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich ausschloss.

Hinsichtlich des psychiatrischen Fachgebiets hat Dr. N. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme überzeugend ausgeführt, dass zwar in den Jahren 1986 und 1987 (zwei) Behandlungen der Versicherten durch Dr. K. dokumentiert seien (vgl. Bl. 46 und 48 SB-Akte), die Arztbriefe indes keine Befunde, sondern lediglich die subjektiven Beschwerdeangaben der Versicherten bei Annahme einer "lavierten Depression" i.S. einer Somatisierungsstörung ohne schwere Depression wiedergäben und damit nur eine geringe Aussagekraft enthielten. Im späteren Entlassungsbericht des Stiftkrankenhauses S. , Fachklinik für Innere Medizin und Tagesklinik, von November 1992 (Bl. 84 SB-Akte) - die dortige Behandlung der Versicherten erfolgte ausweislich des Berichtes wegen vertrebragener Beschwerden, vorwiegend im Lendenwirbelsäulenbereich - werde, so Dr. N. weiter, auf psychiatrischem Fachgebiet lediglich noch eine depressive Verstimmung als Diagnose genannt, was mit einer quantitativen Leistungsminderung nicht gleichzusetzen sei. Dies ist für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, zumal eine depressive Verstimmung nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM), als Dysthymie bzw. Dysthymia definiert ist. Dabei handelt es sich um eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen (s. F34.1 ICD-10-GM). In psychiatrischer Behandlung war die Versicherte ausweislich der gegenüber dem SG erteilten Auskunft der Dr. M. - die sich zum Leistungsvermögen der Versicherten überhaupt nicht zu äußern vermocht und im Übrigen Angstzustände der Versicherten (erst) seit einer Lungenembolie im Jahr 2004 beschrieben hat - ohnehin erst wieder Ende 2005 (bei Dr. K. ), also weit außerhalb des Zeitraums, in dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch vorlagen.

Was die orthopädische Seite anbelangt, hat Dr. U. in seiner Auskunft von November 2015 gegenüber dem SG hinsichtlich des Eintritts eines Leistungsfalls die Einschätzung geäußert, dass das nach seiner Meinung bei der Versicherten wegen Wirbelsäulen-, Hüftgelenks- und Muskulaturschmerzen im Bereich der Extremitäten i.V.m. - insoweit fachfremd - einer schmerzbedingten depressiven Reaktion aufgehobene Leistungsvermögen seit "mindestens drei Jahren" bestehe. Auch daraus lässt sich indes ein Leistungsfall spätestens im März 2000 nicht mit der erforderlichen Überzeugungskraft ableiten.

Nämliches gilt hinsichtlich der Auskunft des Dr. D. (gegenüber dem SG), nachdem er die Versicherte erst ab März 2004 internistisch behandelt und darüber hinaus das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet für wegweisend erachtet hat. Letzteres deckt sich mit der von Dr. S. noch in seiner Auskunft gegenüber dem SG vertretenen Einschätzung, dass das quantitative Leistungsvermögen der Versicherten (erst) seit 2013 wegen des chronischen Schmerzsyndroms und "der Angstneurose mit Depression" - also nicht aus internistischen Gründen - gemindert gewesen sei. Weitergehende internistische Befundunterlagen für die Zeit ab Herbst 1992 (s. den oben genannten Entlassungsbericht, wobei die Versicherte - wie dargelegt - gerade nicht aus internistischen Gründen stationär behandelt wurde) bis zur stattgehabten Lungenembolie der Versicherten im Jahr 2004 haben im Übrigen weder die Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren, noch die des SG und auch nicht die des Senats erbracht. Nur am Rande sei erwähnt, dass insbesondere hinsichtlich der von der Versicherten zunächst in den Vordergrund gerückten "Mittelmeerkrankheit" (Thalassämie minor) eine rentenrechtliche Erwerbsminderung nicht ersichtlich ist. So nahm Dr. Helmstädter (Oberarzt der Medizinischen Poliklinik des Klinikums der Universität Heidelberg) in seinem Gutachten von Anfang 1980 (Bl. 4 ff. der SB-Akte) trotz dieser Erkrankung ein ganzschichtiges Leitungsvermögen der Versicherten an und verneinte eine Therapienotwendigkeit. Auch der gerichtliche Sachverständige und Internist A. hat 37 Jahre später eine Therapie der Anämie nicht für erforderlich erachtet, so dass der Senat eine rentenrelevante Verschlimmerung dieser Erkrankung seit der Begutachtung durch Dr. Helmstädter nicht zu erkennen vermag.

Unter Zugrundelegung all dessen kann sich der Senat auf Grundlage der aktenkundigen ärztlichen Unterlagen und nach Würdigung der Einschätzungen der gehörten Ärzte nicht davon überzeugen, dass die Versicherte spätestens im März 2000 erwerbsgemindert im oben dargelegten Sinne war, zumal - darauf hat bereits das SG zutreffend hingewiesen - die Versicherte erst im Juli 2013 den in Rede stehenden Rentenantrag gestellt und im Rahmen dessen selbst angegeben hat, sie halte sich auf Grund diverser Gesundheitsstörungen, die "seit Januar 2013 akut zugenommen" hätten, für erwerbsgemindert.

Soweit sich die Klägerseite auf den bei der Versicherten festgestellten GdB beruft - der zum Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im März 2000 50 betrug -, kann sie damit bereits deshalb nicht mit Erfolg durchdringen, weil dem im vorliegenden Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung keine entscheidende Bedeutung zukommt. Die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht besitzt was das SG zutreffend dargelegt hat - für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987, 5b BJ 156/87 in juris Rdnr. 3), weil sich die Voraussetzungen für die Beurteilung des GdB (vgl. § 2 Abs. 1 und 2, § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IX) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten) maßgeblich unterscheiden. Deshalb kommt der Schwerbehinderteneigenschaft eines Versicherten hinsichtlich seiner zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit keinerlei Aussagekraft zu (BSG, Beschluss vom 19.09.2015, B 13 R 290/15 B in juris Rdnr. 5).

Entsprechendes gilt - auch insoweit vom SG zutreffend ausgeführt -, soweit sich die Klägerseite auf die mehrfachen Arbeitsunfähigkeitszeiten der Versicherten beruft. Denn während sich die Arbeitsunfähigkeit nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit richtet (BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R in SozR 4-2500 § 44 Nr. 7 m.w.N.), sind Maßstab für die Frage der Erwerbsminderung die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, wobei es ausreicht, wenn leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden können. Deshalb kommt es für die Frage der Erwerbsminderung nicht darauf an, ob wegen Krankheit oder Behinderung Behandlungsbedürftigkeit oder - auch häufige - Arbeitsunfähigkeit besteht (BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B in SozR 4-2600 § 43 Nr. 19).

Der Senat kann schließlich offenlassen, ob die Versicherte zu einem Zeitpunkt nach März 2000, namentlich - wie von der Beklagten angenommen - im Juni 2013 erwerbsgemindert war. Denn dies wäre nur dann relevant, wenn einer der Tatbestände des § 43 Abs. 5 SGB VI bzw. des § 241 Abs. 2 SGB VI eingreifen würde, was indes nicht der Fall ist.

Nach § 43 Abs. 5 SGB VI ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (z.B. Arbeitsunfall, Berufskrankheit; vgl. § 53 SGB VI). Dafür ist vorliegend nichts erkennbar und auch zu keinem Zeitpunkt behauptet worden.

Gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit sog. Anwartschaftserhaltungszeiten (§ 241 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 6 SGB VI) belegt ist. Wie bereits oben ausgeführt, ist im Versicherungskonto der Versicherten letztmalig der Monat 1998 mit Pflichtbeiträgen belegt. Für die Zeit danach weist der Versicherungsverlauf indes für die Monate März 1998 bis März 1999 nicht mehr schließbare (vgl. § 241 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. §§ 197 f. SGB VI) Lücken auf, so dass bereits aus diesem Grund eine durchgehende Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht gegeben ist. Die nachfolgenden Zeiten der geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung der Versicherten (April 1999 bis Juni 2005) sind ohnehin namentlich keine Beitragszeiten i.S.d. § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 55 SGB VI - auch insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen -, keine beitragsfreien Zeiten i.S.d. § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 54 Abs. 4 SGB VI, keine Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist (§ 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) und auch keine Berücksichtigungszeiten i.S.d. § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 57 (Kindererziehungszeiten) bzw. § 249b SGB VI (Zeiten der nichterwerbsmäßigen Pflege).

Dass die Versicherte bereits vor dem 01.01.1984 und seitdem durchgängig erwerbsgemindert war - sodass auch insoweit Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich wären (§ 241 Abs. 2 Satz 1 aE SGB VI) -, ist weder ersichtlich, noch von der Klägerseite im vorliegenden Verfahren jemals behauptet worden. Unabhängig davon hat auch keiner der im Klage- bzw. Berufungsverfahren gehörten Ärzte die Einschätzung vertreten, die Versicherte sei bereits vor 1984 im rentenrelevanten Sinne leistungsgemindert gewesen, zumal Dr. Helmstädter in seinem oben bereits erwähnten Gutachten ein ganzschichtiges Leitungsvermögen der Versicherten annahm und diese von April 1980 an bis Ende 1984 dann tatsächlich auch (wieder) ohne Unterbrechung in Vollzeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt war (vgl. Versicherungsverlauf Bl. 66 Senats-Akte).

Hat die Beklagte somit den Rentenantrag der Versicherten mit dem Bescheid vom 24.07.2013 der damaligen Sach- und Rechtlage gemäß - auch aus heutiger Sicht - rechtmäßig abgelehnt, hat der Kläger keinen Anspruch auf Rücknahme dieses Bescheides und auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der Versicherung seiner verstorbenen Ehefrau.

Die Kostenentscheidung des auch für den Kläger als Sonderrechtsnachfolger gerichtskostenfreien Verfahrens (§ 183 Satz 1 SGG) beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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