Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 758/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 2627/18 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 26. Juni 2018 wie folgt abgeändert: Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig einen Zuschuss zu den entstehenden Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse B, maximal in Höhe von 1.500,00 EUR mit der Maßgabe zu gewähren, dass die Auszahlungen nur gegen Vorlage einer Vorschuss-, Zwischen- und/oder Schlussrechnung der Fahrschule und nur in Form von Direktzahlungen des Antragsgegners an die Fahrschule vorgenommen werden können.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden und statthaft (§§ 173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Konstanz vom 26.06.2018 ist (teilweise) begründet, soweit das SG den Antragsgegner endgültig und nicht nur vorläufig zur Kostenübernahme für den Erwerb des Führerscheins verpflichtet hat. Denn die einstweilige Anordnung darf die endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 86b Rdnr. 31). Überdies hat der Senat von seinem Ermessen hinsichtlich des Umfangs des zu gewährenden Eilrechtsschutzes dahingehend Gebrauch gemacht, die vorläufige Gewährung des Zuschusses mit der Bedingung zu versehen, dass der 1985 geborene Antragsteller dem Antragsgegner die entsprechenden Rechnungen der Fahrschule vorlegt und nur eine Direktzahlung des Antragsgegners an die Fahrschule erfolgt, um so die zweckentsprechende Verwendung des Zuschusses sicherzustellen.
Im Übrigen ist die Beschwerde des Antragsgegners indes unbegründet. Das SG hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass für die Entscheidung über die Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit – die hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang sie erbracht werden, grundsätzlich im Ermessen der Behörde steht – im vorliegenden Fall eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt und daher ausnahmsweise im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung zur Gewährung von Eingliederungsleistungen – und nicht nur die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur ermessensfehlerfreien Neuverbescheidung – in Betracht kommt (vgl. dazu auch Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.10.2011 - L 15 AS 317/11 B ER juris).
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur in Betracht, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig, dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs sowie ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sind die Gerichte zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG gehalten, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn Antragstellenden sonst eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in ihren Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen. Die Entscheidungen dürfen sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat dabei die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung hängen dabei vom jeweils verfolgten Rechtsschutzziel ab (vgl. nur BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12 -, Juris), wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsrundes nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017 - 1 BvR 1910/12 Juris).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit ist § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Verbindung mit (i.V.m.) § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Danach kann der Grundsicherungsträger Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt (§§ 44 bis 47) des Dritten Kapitels des Dritten Buches des SGB III erbringen, insbesondere können von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Zu diesen Förderleistungen können, wie das SG zutreffend ausgeführt hat und vom Antragsgegner auch nicht bestritten wird, die Kosten zum Erwerb einer Fahrerlaubnis gehören (Bieback in Gagel, SGB II / SGB III, 70. EL Juni 2018, § 44 SGB 111, Rdnr. 123).
Diese Eingliederungsleistung wurde vom Antragsteller gesondert am 05.03.2018 – neben den Grundsicherungsleistungen – beantragt (zu diesem Erfordernis vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil des erkennenden Senats vom 19.06.2018 - L 9 AS 5205/15, Urteil vom 12.12.2008 - L 12 AS 2069/08 -, Rdnr. 20, 21, Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.02.2013 - L 19 AS 1414/12 B, Voelzke in Hauck/Noftz, SGB, 09/17, § 16 SGB II, Rdnr. 452).
Die Gewährung von Eingliederungsleistungen nach § 16 SGB II setzt neben der Erfüllung der für die jeweilige Eingliederungsleistung spezifischen Anforderungen weiter voraus, dass der Betroffene als "Berechtigter" sämtliche Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II erfüllt (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 7/13 R -, SozR 4-4200 § 16 Nr. 4; LSG Baden-Württemberg, Urteil des erkennenden Senats vom 19.06.2018 - L 9 AS 5205/15 -, hierzu und zum Folgenden Voelzke, a.a.O., § 16 SGB 11 Rdnr. 53; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 16 Rdnr. 40; Pfohl/Steymans in Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 55. EL 1/2018, § 16 Rdnr. 15). Allein die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) führt nicht zwangsläufig dazu, auch die allgemeinen Voraussetzungen für Inanspruchnahme von Eingliederungsleistungen zu bejahen. Weder die Bewilligung von Alg II noch einer ablehnenden Verwaltungsentscheidung kommen Tatbestandswirkung zu (BSG, Urteil vom 12.12.2013 -B 4 AS 7/13 R- = SozR 4-4200 § 16 Nr. 4; Luik a.a.O., § 16 Rdnr. 49). Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist die materielle Berechtigung des Antragstellers. Auch dies hat das SG zutreffend ausgeführt und es als glaubhaft gemacht angesehen, dass der Antragsteller diese Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entstehung des Eingliederungsbedarfs bzw. zum Zeitpunkt der Erbringung der Eingliederungsleistung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil des erkennenden Senats vom 19.06.2018 - L 9 AS 5205/15 -, m.w.N.) erfüllt.
Überdies liegen auch die speziellen Voraussetzungen für eine Eingliederungsleistung aus dem Vermittlungsbudget nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB III vor. Die in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB III formulierten Tatbestandsvoraussetzungen und damit der Eingliederungsbedarf muss – ebenso wie die Leistungsberechtigung dem Grunde nach gem. § 7 SGB II – zum Zeitpunkt seiner tatsächlichen Entstehung bzw. damit korrelierend zum Zeitpunkt der zu erbringenden Eingliederungsmaßnahme, also der Leistung, vorliegen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 19.06.2018, a.a.O.). Insbesondere war der Antragsteller zur Zeit der Antragstellung im März 2018 noch ohne Arbeit. Die Arbeitsaufnahme erfolgte erst zum 01.04.2018.
Auch ist die Förderung aus dem Vermittlungsbudget in Form der Übernahme der Fahrerlaubniskosten für die Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Firma G. GmbH und damit für die berufliche Eingliederung des Antragstellers notwendig. Eine Notwendigkeit liegt vor, wenn die Förderung zur Erreichung des in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB III definierten Ziels geeignet und erforderlich ist (vgl. Rademacker in Hauck/Noftz, SGB, 05/12, § 44 SGB III, Rdnr. 18, 24). Ungeachtet dessen, ob insoweit eine "enge Kausalität" im Sinne einer Unverzichtbarkeit der Leistung für die Beschäftigungsaufnahme erforderlich ist (so BSG, vom 04.03.2009 -B 11 AL 50/07 R juris, zur Mobilitätshilfe nach § 53 SGB III a.F. und im Übrigen die Gesetzesmaterialien BT-Drs. 16/10810, S. 32 zu § 45 SGB III idF vom 21.12.2008, gültig vom 01.01.2009 bis 31.03.2012, der Vorgängervorschrift zu § 44 SGB III idF vom 20.12.2011, gültig ab 01.04.2012, wonach die Entscheidungen über Leistungen aus dem Vermittlungsbudget sich daran zu orientieren haben, dass Leistungen nur für die Übernahme von Kosten eingesetzt werden können, die im Zusammenhang mit der beruflichen Eingliederung entstehen und daran, dass die Aufnahme eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses ohne die Förderung nicht zustande kommen kann) oder aber ein bei wertender Betrachtung ursächlicher Zusammenhang ausreicht (so Voelzke, a.a.O., § 16 SGB II, Rdnr. 111 und wohl im Ergebnis auch Rademacker, a.a.O., § 44 SGB III, Rdnr. 26 unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien BT-Drs. 16/10810, S. 32), ist vorliegend jedenfalls von einer Unverzichtbarkeit der Fahrerlaubnis und daher auch deren Kostenübernahme für die Beschäftigungsaufnahme auszugehen. Denn wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kann der Antragsteller seine Arbeitsstelle in O. von seinem Wohnort aus in S. zum jeweiligen Schichtbeginn, vor allem der Früh- und Nachtschicht (6:00 bzw. 22:00 Uhr), nicht in zumutbarem Zeitaufwand mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln erreichen bzw. von der Arbeitsstelle nach Hause gelangen. Möglichkeiten einer Fahrgemeinschaft im Kollegenkreis bestehen nach den Angaben des Antragstellers aktuell nicht, so dass die einzige Möglichkeit für ihn, die Arbeitsstelle zu erreichen bzw. von dieser nach Hause zu kommen, ist, dass seine Ehefrau ihn fährt. Wie das SG zutreffend ausgefühlt hat, mag dies bei fehlender eigener Erwerbstätigkeit der Ehefrau und ohne beaufsichtigungsbedürftige Kinder grundsätzlich zumutbar sein. Im vorliegenden Fall, in dem der Antragsteller mit seiner Ehefrau und der gemeinsamen zweijährigen Tochter in einem Haushalt lebt und andere Betreuungspersonen nicht zur Verfügung stehen, ist dies jedoch gerade nicht der Fall, da die Tochter nach den unbestrittenen und glaubhaften Angaben des Antragstellers und seiner Ehefrau mangels anderer Betreuungspersonen regelmäßig spät nachts oder früh morgens geweckt und mit auf die Autofahrt genommen werden muss, was zur Folge hat, dass das Kind gesundheitliche Beeinträchtigungen erleidet, wie glaubhaft vorgetragen wurde, auch unter Vorlage einer Bescheinigung der behandelnden Kinderärztin M. vom 17.08.2018, wonach die Tochter unter Einschlaf- und Durchschlafstörungen leide und unruhig und aggressiv geworden sei. Dies ist unzumutbar und kann auf (weitere) Dauer nicht vom Antragsteller abverlangt werden. Sofern dies bislang so praktiziert wurde und der Antragsteller die Arbeit (dennoch) aufgenommen hat, schließt dies im vorliegenden Einzelfall die Förderung aus dem Vermittlungsbudget durch Übernahme der Fahrerlaubniskosten nicht aus (vgl. zur Förderung bei bereits bestehendem Beschäftigungsverhältnis Voelzke, a.a.O., § 16 SGB II, Rdnr. 111, 114, Rademacker, a.a.O., § 44 SGB III, Rdnr. 25). Insoweit dient die Fahrerlaubnis auch der Aufrechterhaltung des vom Antragsteller aktuelle ausgeübten Beschäftigungsverhältnisses, zumal ihm nach glaubhaften Vortrag von der Arbeitgeberin in Aussicht gestellt wurde, dass ihm bei weiterhin guter Arbeit eine unbefristete Stelle angeboten wird.
Aus dem Grund der Unverzichtbarkeit der Fahrerlaubnis für die Ausübung der Beschäftigung bei der Firma G. GmbH wie auch den folgenden weiteren Umständen, ist hier von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen. Nach § 14 Satz 1 SGB II (Grundsatz des Förderns) unterstützen die Träger der Leistungen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten umfassend mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit. Nach den Leistungsgrundsätzen des § 3 SGB II sollen vorrangig Maßnahmen eingesetzt werden, die die unmittelbare Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglichen (Abs. 1 Satz 3). Die Hilfe zur Erlangung eines angemessenen Arbeitsplatzes zählt gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zu den sozialen Rechten, die wiederum gemäß § 2 Abs. 2 SGB I bei der Ausübung von Ermessen zu beachten sind, wobei sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Zudem dienen die Leistungen der Verringerung bzw. Vermeidung von Hilfebedürftigkeit (§§ 1, 2 SGB II). Nach diesen Maßstäben kann der Antragsgegner sein Ermessen bei dem vorliegenden Sachverhalt, wie er sich nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand darstellt, ermessensfehlerfrei nur dahingehend ausüben, dass die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse B übernommen werden. Denn nur mit dieser kann er dauerhaft die Arbeitsstelle erreichen und aufrechterhalten, ggf. sogar über die derzeitige Befristung bis 31.03.2019 hinaus. Der Antragsteller hat durch Vorlage der Preisliste der Fahrschule R. mit Schriftsatz vom 17.09.2018 die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis glaubhaft gemacht (vgl. Blatt 52 der LSG-Akte). Die vom SG im angefochtenen Beschluss hierfür angesetzten 1.500,00 EUR sind insoweit angemessen. Auf Grund der Angaben des Antragstellers bzw. der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau in den Leistungsanträgen ist schließlich davon auszugehen, dass sie über kein Vermögen verfügen, aus dem er die Kosten für die Fahrerlaubnis bestreiten könnte. Darüber hinaus ist vom Antragsteller auch nicht abzuverlangen, dass er die Fahrerlaubniskosten aus dem Erwerbstätigenfreibetrag (§§ 11, 30 SGB II) durch Ratenzahlung mit der Fahrschule deckt, da dieser, wie das SG zutreffend ausführt, neben der Anreizfunktion für andere, mit der Erwerbstätigkeit verbundene Aufwendungen zur Verfügung stehen soll. Die Förderung des Fahrerlaubniserwerbs mit maximal 1.500,00 EUR ist angesichts der gegenwärtig für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft monatlich aufzubringenden Leistungen in Höhe von ca. 350,00 EUR auch nicht als unwirtschaftlich anzusehen.
Der Senat sieht auch, wie das SG, in Anbetracht der verschlechterten gesundheitlichen Verfassung des gemeinsamen Kindes des Antragstellers und seiner Ehefrau durch den bislang von ihr praktizierten Fahrdienst mit Kind einen Anordnungsgrund als glaubhaft gemacht an. Eine weitere gesundheitliche Beeinträchtigung des Kindes durch den Verweis auf den Fahrdienst durch die Ehefrau auch in Zukunft bzw. bis zum Abwarten des Hauptsacheverfahrens, um so bei Nichterscheinen auf der Arbeit eine Kündigungsandrohung zu verhindern, ist angesichts des grundrechtlichen Bezugs (Art. 2 Abs. 2 Satz l, Art. 6 Grundgesetz: Recht auf körperliche Unversehrtheit, Schutz der Ehe und Familie) nicht zumutbar. Soweit der Antragsgegner argumentiert, dass der Antragsteller im Zweifel schlimmstenfalls diesen Arbeitsplatz verliere und dann wieder voll Alg II beziehen könne, verliert er seinen gesetzgeberischen Auftrag des Förderns und der Verringerung bzw. der Vermeidung der Hilfebedürftigkeit (§§ 1 ff. SGB II) aus den Augen. Auch die Tatsache, dass der Erwerb der Fahrerlaubnis eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, schließt eine Eilbedürftigkeit nicht aus, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Soweit sich der Antragsteller noch nicht bei der Fahrschule angemeldet bzw. mit Theorie- oder Fahrstunden begonnen hat, schließt auch dies nicht die Eilbedürftigkeit aus, da nicht abverlangt werden kann, dass er einen Vertrag in dem Unwissen abschließt, ob nun – zumindest – vorläufig die Kosten hierfür vom Antragsgegner getragen werden, wenn er selbst die Kosten nicht tragen kann.
Nach alledem war wie tenoriert zu entscheiden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Von einer Kostenquotelung hat der Senat angesichts des Umstandes, dass der Antragsgegner mit seiner Beschwerde nur in geringem Umfang erfolgreich war, abgesehen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden und statthaft (§§ 173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Konstanz vom 26.06.2018 ist (teilweise) begründet, soweit das SG den Antragsgegner endgültig und nicht nur vorläufig zur Kostenübernahme für den Erwerb des Führerscheins verpflichtet hat. Denn die einstweilige Anordnung darf die endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 86b Rdnr. 31). Überdies hat der Senat von seinem Ermessen hinsichtlich des Umfangs des zu gewährenden Eilrechtsschutzes dahingehend Gebrauch gemacht, die vorläufige Gewährung des Zuschusses mit der Bedingung zu versehen, dass der 1985 geborene Antragsteller dem Antragsgegner die entsprechenden Rechnungen der Fahrschule vorlegt und nur eine Direktzahlung des Antragsgegners an die Fahrschule erfolgt, um so die zweckentsprechende Verwendung des Zuschusses sicherzustellen.
Im Übrigen ist die Beschwerde des Antragsgegners indes unbegründet. Das SG hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass für die Entscheidung über die Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit – die hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang sie erbracht werden, grundsätzlich im Ermessen der Behörde steht – im vorliegenden Fall eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt und daher ausnahmsweise im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung zur Gewährung von Eingliederungsleistungen – und nicht nur die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur ermessensfehlerfreien Neuverbescheidung – in Betracht kommt (vgl. dazu auch Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.10.2011 - L 15 AS 317/11 B ER juris).
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur in Betracht, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig, dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs sowie ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sind die Gerichte zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG gehalten, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn Antragstellenden sonst eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in ihren Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen. Die Entscheidungen dürfen sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat dabei die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung hängen dabei vom jeweils verfolgten Rechtsschutzziel ab (vgl. nur BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12 -, Juris), wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsrundes nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017 - 1 BvR 1910/12 Juris).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit ist § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Verbindung mit (i.V.m.) § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Danach kann der Grundsicherungsträger Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt (§§ 44 bis 47) des Dritten Kapitels des Dritten Buches des SGB III erbringen, insbesondere können von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Zu diesen Förderleistungen können, wie das SG zutreffend ausgeführt hat und vom Antragsgegner auch nicht bestritten wird, die Kosten zum Erwerb einer Fahrerlaubnis gehören (Bieback in Gagel, SGB II / SGB III, 70. EL Juni 2018, § 44 SGB 111, Rdnr. 123).
Diese Eingliederungsleistung wurde vom Antragsteller gesondert am 05.03.2018 – neben den Grundsicherungsleistungen – beantragt (zu diesem Erfordernis vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil des erkennenden Senats vom 19.06.2018 - L 9 AS 5205/15, Urteil vom 12.12.2008 - L 12 AS 2069/08 -, Rdnr. 20, 21, Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.02.2013 - L 19 AS 1414/12 B, Voelzke in Hauck/Noftz, SGB, 09/17, § 16 SGB II, Rdnr. 452).
Die Gewährung von Eingliederungsleistungen nach § 16 SGB II setzt neben der Erfüllung der für die jeweilige Eingliederungsleistung spezifischen Anforderungen weiter voraus, dass der Betroffene als "Berechtigter" sämtliche Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II erfüllt (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 7/13 R -, SozR 4-4200 § 16 Nr. 4; LSG Baden-Württemberg, Urteil des erkennenden Senats vom 19.06.2018 - L 9 AS 5205/15 -, hierzu und zum Folgenden Voelzke, a.a.O., § 16 SGB 11 Rdnr. 53; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 16 Rdnr. 40; Pfohl/Steymans in Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 55. EL 1/2018, § 16 Rdnr. 15). Allein die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) führt nicht zwangsläufig dazu, auch die allgemeinen Voraussetzungen für Inanspruchnahme von Eingliederungsleistungen zu bejahen. Weder die Bewilligung von Alg II noch einer ablehnenden Verwaltungsentscheidung kommen Tatbestandswirkung zu (BSG, Urteil vom 12.12.2013 -B 4 AS 7/13 R- = SozR 4-4200 § 16 Nr. 4; Luik a.a.O., § 16 Rdnr. 49). Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist die materielle Berechtigung des Antragstellers. Auch dies hat das SG zutreffend ausgeführt und es als glaubhaft gemacht angesehen, dass der Antragsteller diese Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entstehung des Eingliederungsbedarfs bzw. zum Zeitpunkt der Erbringung der Eingliederungsleistung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil des erkennenden Senats vom 19.06.2018 - L 9 AS 5205/15 -, m.w.N.) erfüllt.
Überdies liegen auch die speziellen Voraussetzungen für eine Eingliederungsleistung aus dem Vermittlungsbudget nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB III vor. Die in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB III formulierten Tatbestandsvoraussetzungen und damit der Eingliederungsbedarf muss – ebenso wie die Leistungsberechtigung dem Grunde nach gem. § 7 SGB II – zum Zeitpunkt seiner tatsächlichen Entstehung bzw. damit korrelierend zum Zeitpunkt der zu erbringenden Eingliederungsmaßnahme, also der Leistung, vorliegen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 19.06.2018, a.a.O.). Insbesondere war der Antragsteller zur Zeit der Antragstellung im März 2018 noch ohne Arbeit. Die Arbeitsaufnahme erfolgte erst zum 01.04.2018.
Auch ist die Förderung aus dem Vermittlungsbudget in Form der Übernahme der Fahrerlaubniskosten für die Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Firma G. GmbH und damit für die berufliche Eingliederung des Antragstellers notwendig. Eine Notwendigkeit liegt vor, wenn die Förderung zur Erreichung des in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB III definierten Ziels geeignet und erforderlich ist (vgl. Rademacker in Hauck/Noftz, SGB, 05/12, § 44 SGB III, Rdnr. 18, 24). Ungeachtet dessen, ob insoweit eine "enge Kausalität" im Sinne einer Unverzichtbarkeit der Leistung für die Beschäftigungsaufnahme erforderlich ist (so BSG, vom 04.03.2009 -B 11 AL 50/07 R juris, zur Mobilitätshilfe nach § 53 SGB III a.F. und im Übrigen die Gesetzesmaterialien BT-Drs. 16/10810, S. 32 zu § 45 SGB III idF vom 21.12.2008, gültig vom 01.01.2009 bis 31.03.2012, der Vorgängervorschrift zu § 44 SGB III idF vom 20.12.2011, gültig ab 01.04.2012, wonach die Entscheidungen über Leistungen aus dem Vermittlungsbudget sich daran zu orientieren haben, dass Leistungen nur für die Übernahme von Kosten eingesetzt werden können, die im Zusammenhang mit der beruflichen Eingliederung entstehen und daran, dass die Aufnahme eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses ohne die Förderung nicht zustande kommen kann) oder aber ein bei wertender Betrachtung ursächlicher Zusammenhang ausreicht (so Voelzke, a.a.O., § 16 SGB II, Rdnr. 111 und wohl im Ergebnis auch Rademacker, a.a.O., § 44 SGB III, Rdnr. 26 unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien BT-Drs. 16/10810, S. 32), ist vorliegend jedenfalls von einer Unverzichtbarkeit der Fahrerlaubnis und daher auch deren Kostenübernahme für die Beschäftigungsaufnahme auszugehen. Denn wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kann der Antragsteller seine Arbeitsstelle in O. von seinem Wohnort aus in S. zum jeweiligen Schichtbeginn, vor allem der Früh- und Nachtschicht (6:00 bzw. 22:00 Uhr), nicht in zumutbarem Zeitaufwand mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln erreichen bzw. von der Arbeitsstelle nach Hause gelangen. Möglichkeiten einer Fahrgemeinschaft im Kollegenkreis bestehen nach den Angaben des Antragstellers aktuell nicht, so dass die einzige Möglichkeit für ihn, die Arbeitsstelle zu erreichen bzw. von dieser nach Hause zu kommen, ist, dass seine Ehefrau ihn fährt. Wie das SG zutreffend ausgefühlt hat, mag dies bei fehlender eigener Erwerbstätigkeit der Ehefrau und ohne beaufsichtigungsbedürftige Kinder grundsätzlich zumutbar sein. Im vorliegenden Fall, in dem der Antragsteller mit seiner Ehefrau und der gemeinsamen zweijährigen Tochter in einem Haushalt lebt und andere Betreuungspersonen nicht zur Verfügung stehen, ist dies jedoch gerade nicht der Fall, da die Tochter nach den unbestrittenen und glaubhaften Angaben des Antragstellers und seiner Ehefrau mangels anderer Betreuungspersonen regelmäßig spät nachts oder früh morgens geweckt und mit auf die Autofahrt genommen werden muss, was zur Folge hat, dass das Kind gesundheitliche Beeinträchtigungen erleidet, wie glaubhaft vorgetragen wurde, auch unter Vorlage einer Bescheinigung der behandelnden Kinderärztin M. vom 17.08.2018, wonach die Tochter unter Einschlaf- und Durchschlafstörungen leide und unruhig und aggressiv geworden sei. Dies ist unzumutbar und kann auf (weitere) Dauer nicht vom Antragsteller abverlangt werden. Sofern dies bislang so praktiziert wurde und der Antragsteller die Arbeit (dennoch) aufgenommen hat, schließt dies im vorliegenden Einzelfall die Förderung aus dem Vermittlungsbudget durch Übernahme der Fahrerlaubniskosten nicht aus (vgl. zur Förderung bei bereits bestehendem Beschäftigungsverhältnis Voelzke, a.a.O., § 16 SGB II, Rdnr. 111, 114, Rademacker, a.a.O., § 44 SGB III, Rdnr. 25). Insoweit dient die Fahrerlaubnis auch der Aufrechterhaltung des vom Antragsteller aktuelle ausgeübten Beschäftigungsverhältnisses, zumal ihm nach glaubhaften Vortrag von der Arbeitgeberin in Aussicht gestellt wurde, dass ihm bei weiterhin guter Arbeit eine unbefristete Stelle angeboten wird.
Aus dem Grund der Unverzichtbarkeit der Fahrerlaubnis für die Ausübung der Beschäftigung bei der Firma G. GmbH wie auch den folgenden weiteren Umständen, ist hier von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen. Nach § 14 Satz 1 SGB II (Grundsatz des Förderns) unterstützen die Träger der Leistungen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten umfassend mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit. Nach den Leistungsgrundsätzen des § 3 SGB II sollen vorrangig Maßnahmen eingesetzt werden, die die unmittelbare Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglichen (Abs. 1 Satz 3). Die Hilfe zur Erlangung eines angemessenen Arbeitsplatzes zählt gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zu den sozialen Rechten, die wiederum gemäß § 2 Abs. 2 SGB I bei der Ausübung von Ermessen zu beachten sind, wobei sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Zudem dienen die Leistungen der Verringerung bzw. Vermeidung von Hilfebedürftigkeit (§§ 1, 2 SGB II). Nach diesen Maßstäben kann der Antragsgegner sein Ermessen bei dem vorliegenden Sachverhalt, wie er sich nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand darstellt, ermessensfehlerfrei nur dahingehend ausüben, dass die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse B übernommen werden. Denn nur mit dieser kann er dauerhaft die Arbeitsstelle erreichen und aufrechterhalten, ggf. sogar über die derzeitige Befristung bis 31.03.2019 hinaus. Der Antragsteller hat durch Vorlage der Preisliste der Fahrschule R. mit Schriftsatz vom 17.09.2018 die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis glaubhaft gemacht (vgl. Blatt 52 der LSG-Akte). Die vom SG im angefochtenen Beschluss hierfür angesetzten 1.500,00 EUR sind insoweit angemessen. Auf Grund der Angaben des Antragstellers bzw. der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau in den Leistungsanträgen ist schließlich davon auszugehen, dass sie über kein Vermögen verfügen, aus dem er die Kosten für die Fahrerlaubnis bestreiten könnte. Darüber hinaus ist vom Antragsteller auch nicht abzuverlangen, dass er die Fahrerlaubniskosten aus dem Erwerbstätigenfreibetrag (§§ 11, 30 SGB II) durch Ratenzahlung mit der Fahrschule deckt, da dieser, wie das SG zutreffend ausführt, neben der Anreizfunktion für andere, mit der Erwerbstätigkeit verbundene Aufwendungen zur Verfügung stehen soll. Die Förderung des Fahrerlaubniserwerbs mit maximal 1.500,00 EUR ist angesichts der gegenwärtig für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft monatlich aufzubringenden Leistungen in Höhe von ca. 350,00 EUR auch nicht als unwirtschaftlich anzusehen.
Der Senat sieht auch, wie das SG, in Anbetracht der verschlechterten gesundheitlichen Verfassung des gemeinsamen Kindes des Antragstellers und seiner Ehefrau durch den bislang von ihr praktizierten Fahrdienst mit Kind einen Anordnungsgrund als glaubhaft gemacht an. Eine weitere gesundheitliche Beeinträchtigung des Kindes durch den Verweis auf den Fahrdienst durch die Ehefrau auch in Zukunft bzw. bis zum Abwarten des Hauptsacheverfahrens, um so bei Nichterscheinen auf der Arbeit eine Kündigungsandrohung zu verhindern, ist angesichts des grundrechtlichen Bezugs (Art. 2 Abs. 2 Satz l, Art. 6 Grundgesetz: Recht auf körperliche Unversehrtheit, Schutz der Ehe und Familie) nicht zumutbar. Soweit der Antragsgegner argumentiert, dass der Antragsteller im Zweifel schlimmstenfalls diesen Arbeitsplatz verliere und dann wieder voll Alg II beziehen könne, verliert er seinen gesetzgeberischen Auftrag des Förderns und der Verringerung bzw. der Vermeidung der Hilfebedürftigkeit (§§ 1 ff. SGB II) aus den Augen. Auch die Tatsache, dass der Erwerb der Fahrerlaubnis eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, schließt eine Eilbedürftigkeit nicht aus, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Soweit sich der Antragsteller noch nicht bei der Fahrschule angemeldet bzw. mit Theorie- oder Fahrstunden begonnen hat, schließt auch dies nicht die Eilbedürftigkeit aus, da nicht abverlangt werden kann, dass er einen Vertrag in dem Unwissen abschließt, ob nun – zumindest – vorläufig die Kosten hierfür vom Antragsgegner getragen werden, wenn er selbst die Kosten nicht tragen kann.
Nach alledem war wie tenoriert zu entscheiden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Von einer Kostenquotelung hat der Senat angesichts des Umstandes, dass der Antragsgegner mit seiner Beschwerde nur in geringem Umfang erfolgreich war, abgesehen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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