L 10 U 3591/18 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1082/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3591/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 25.09.2018 insoweit aufgehoben, als das Sozialgericht einen Antrag auf Androhung von Zwangs- und Ordnungsmitteln abgelehnt hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Vollstreckung eines Urteiles.

Der am 1975 geborene Antragsteller, der wegen Betruges zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, sitzt derzeit in der Justizvollzugsanstalt U. (JVA) ein, wo er voraussichtlich am 08.11.2018 entlassen wird. Im Zuge von geltend gemachten Ansprüchen gegen die Antragsgegnerin wurde der Antragsgegnerin mit Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24.07.2015, L 8 U 633/15 untersagt, Bescheide und Widerspruchsbescheide offen an die JVA zuzustellen bzw. zu übersenden sowie Mehrfertigungen von Bescheiden und Widerspruchsbescheiden an die JVA zu übersenden.

Nachdem der Antragsteller zunächst beim Sozialgericht Freiburg im Rahmen eines Verfahrens auf Verurteilung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Verletztenrente auch die Verhängung von Zwangs- und Ordnungsmitteln beantragt, das Sozialgericht Freiburg sich für unzuständig gehalten und mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2017 die Anträge abgelehnt sowie einen Anspruch auf Verletztenrente verneint hatte, beantragte er im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg L 6 U 3980/17 "wegen der Ordnungsmittel" die Verweisung an das Sozialgericht Ulm (Protokoll des 6. Senats über die mündliche Verhandlung am 18.01.2018). In der mündlichen Verhandlung trennte der 6. Senat den Antrag auf Verhängung des Ordnungsmittels ab und verwies - insoweit mit Berichtigungsbeschluss vom 12.06.2018 - den abgetrennten Teil an das Sozialgericht Ulm. Mit Beschluss vom 25.09.2018 hat das Sozialgericht Ulm den Antrag - ausgehend von einer beantragten Verhängung von Zwangs- und Ordnungsgeld und einer beantragten Androhung von Zwangs- und Ordnungsmitteln - abgelehnt. Die Voraussetzungen für solche Maßnahmen hat es verneint, weil die Antragsgegnerin bestätigt habe, dass sie Bescheide an den Antragsteller nur noch verschlossen als Einschreiben mit Rückschein versende.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner am 01.10.2018 eingelegten Beschwerde.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Der Senat entscheidet über Beschwerden gegen Beschlüsse des Sozialgerichts nach § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), und zwar auch dann, wenn sich das Vollstreckungsverfahren nach der Zivilprozessordnung (ZPO) richtet, weil dann anstelle der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO die Beschwerde nach § 172 SGG tritt (§ 198 Abs. 3 SGG).

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

Soweit das Sozialgericht einen Antrag auf Androhung eines Zwangs- und Ordnungsmittels abgelehnt hat, ist die Beschwerde begründet, der Beschluss insoweit aufzuheben. Soweit das Sozialgericht die Verhängung von Zwangs- und Ordnungsgeld abgelehnt hat, ist die Beschwerde zurückzuweisen. Dabei legt der Senat den gestellten Antrag auf Verhängung von Zwangs- und Ordnungsmittel dahingehend aus, dass sich dieser Antrag entweder auf Zwangsmittel (i.S. des § 201, s. nachfolgend) oder auf Ordnungsmittel (i.S. des § 890 ZPO, s. nachfolgend) bezieht, der Antragsteller also mit diesem Antrag nur der - auch vom Sozialgericht im Beschluss dargelegten - Unsicherheit in der Anwendung der maßgebenden Regelungen Rechnung getragen hat.

Nach § 198 des SGG gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der ZPO entsprechend, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Im SGG finden sich Vollstreckungsregelungen gegenüber einer Behörde nur in § 201 SGG (Verhängung von Zwangsgeld). Diese Bestimmung gilt jedoch nur für Verpflichtungsurteile im Sinne des § 131 SGG, d.h. für Urteile, die sich auf den Erlass oder die Unterlassung eines Verwaltungsaktes richten (BSG, Urteil vom 20.04.1988, 3/8 RK 4/87, u.a. in juris, dort Rdnr. 29). Dementsprechend richtet sich bei Unterlassungsurteilen die Vollstreckung nach § 198 SGG i.V.m. § 890 Abs. 1 ZPO. (BSG, a.a.O).

Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Klägers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft, oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen (§ 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Nach Satz 2 darf das einzelne Ordnungsgeld den Betrag von 250.000,00 EUR, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen. Nach Abs. 2 der Regelung muss der Verurteilung eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird. Dabei muss der Antrag nicht auf ein bestimmtes Ordnungsmittel oder eine bestimmte Höhe gerichtet sein (Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 38. Auflage; § 890 Rdnr. 24), hierüber entscheidet das Gericht nach eigenem Ermessen (s. Seiler, a.a.O., Rdnr 26).

Die vom Antragsteller beantragte Verhängung eines Ordnungsmittels scheidet gemäß § 890 Abs. 2 ZPO aus, weil vor Verhängung eines Ordnungsmittels dessen Androhung erforderlich ist. Da bislang keine Androhung erfolgt ist, kann auch kein Ordnungsmittel verhängt werden. Schon dies steht dem Erfolg des Antrages entgegen, sodass es auf die vom Sozialgericht in den Vordergrund gestellte Frage eines Verstoßes gegen die Unterlassungspflichten nicht ankommt.

Soweit das Sozialgericht einen Antrag auf Androhung von Zwangs- und Ordnungsmitteln abgelehnt hat, hat bereits kein entsprechender Antrag des Antragstellers vorgelegen. Bei dem Sozialgericht Ulm ist das (Vollstreckungs)Verfahren durch den Verweisungsbeschluss des 6. Senats vom 18.01.2018 i.V.m. dem Berichtigungsbeschluss vom 12.06.2018 eingeleitet worden. Gegenstand dieser Beschlüsse war aber allein ein Antrag auf "Verhängung von Ordnungsmitteln". Damit hat dem Sozialgericht kein Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln vorgelegen. Soweit das Sozialgericht also einen solchen Antrag abgelehnt hat, ist der Beschluss aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. hierzu Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 198 Rdnr. 5c), wobei der Senat angesichts des weitestgehenden Unterliegens des Antragstellers eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht für sachgerecht erachtet.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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