L 11 KR 4583/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 995/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4583/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nicht jede Abstimmung über einzelne Arbeitsabläufe führt zu
einer Eingliederung des Auftragnehmers in die Arbeitsorganisation
des Auftraggebers (zur Tätigkeit eines Wärmeablesers/Monteurs).
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.10.2017 und der Bescheid der Beklagten vom 14.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2016 aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Wärmeableser/Monteur bei der Klägerin im Zeitraum vom 01.09.2012 bis 31.12.2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin in der Zeit vom 01.09.2012 bis zum 31.12.2012 als Beschäftigter tätig war und der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Klägerin erbringt Energiedienstleistungen wie das Ablesen und Abrechnen von Heizung und Warmwasser sowie das Installieren und Warten von Ablesegeräten. Der am 12.08.1984 geborene Beigeladene zu 1), der den Beruf des Gas-/Wasser- und Heizungsinstallateurs erlernt hatte, war im streitgegenständlichen Zeitraum für die Klägerin als Ableser und Monteur von Erfassungsgeräten für Wärme und Wasser tätig. Zum 01.09.2012 hatte der Beigeladene zu 1) ein Gewerbe mit der Tätigkeit "Reparaturservice i. Montage Spiegel, Schränke, Möbel, Montageservice für Wasserzähler, Wärmemengenzähler, Wartung von Zählern" angemeldet. Zum 01.01.2013 erfolgte eine Änderung der Erwerbsform von Haupt- in Nebenerwerb sowie die Anmeldung des Beigeladenen zu 1) durch die Klägerin zur Sozialversicherung, da der Beigeladene zu 1) nunmehr in Festanstellung bei der Klägerin arbeitete.

Der Tätigkeit im Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum 31.12.2012 zu Grunde lag eine "Vertragsvereinbarung über eine freie Mitarbeitertätigkeit". Nach § 1 der Vereinbarung übertrug die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) "die Ablesung und die Montage der Erfassungsgeräte für Wärme und Wasser im/ab 01.09.2012 auf unbestimmte Zeit". Das Vertragsverhältnis konnte mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist beendet werden; es erlosch mit sofortiger Wirkung bei Zahlungseinstellung, der Anmeldung des Vergleichs- oder Konkursverfahrens über das Firmen- und/oder Privatvermögen des Beigeladenen zu 1) oder mit dem Beginn der Liquidation der Klägerin. Unberührt blieb das Recht zur fristlosen Kündigung. Die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) gegen Rechnung erfolgte – so § 1 weiter – aufgrund der ausdrücklichen Erklärung des Beigeladenen zu 1), dass eine ordnungsgemäße Gewerbeanmeldung vorliegt und er die Einkünfte selbst versteuert sowie für die Zahlung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen der von ihm beschäftigten Mitarbeiter selbstverantwortlich Sorge trägt. Nach dem Vertrag erklärte der Beigeladene zu 1) weiter ausdrücklich, dass er die Klägerin von jeglicher Haftung für Umsatz- bzw. Lohnsteuer bzw. Sozialversicherungsbeiträge im Zusammenhang mit der Tätigkeit für die Klägerin auf erstes Anfordern freistellt. Am Ende von § 1 hieß es, dass der Beigeladene zu 1) völlig frei in der zeitlichen Gestaltung seiner Tätigkeit für die Klägerin sei und mündliche Nebenabreden nicht getroffen seien. In § 2 der Vertragsvereinbarung war weiterhin geregelt, welche Vergütung der Beigeladene zu 1) für jeweils einzelne Tätigkeiten erhielt, etwa für das Ablesen "Euro 0,44/Erfassungsgerät", für den Austausch Wärmezähler "Euro 10/Stück" oder für Zwischenablesungen "Euro 13,00/je Ablesung". Daneben hieß es noch: "Fahrkosten lt. Abrechnung Euro 0,35/je Kilometer Helfervergütung und Fahrkosten nach Vereinbarung".

Von der Klägerin erhielt der Beigeladene zu 1) schriftlich Aufträge, in denen die Stückzahl der abzulesenden oder zu montierenden Geräte und das jeweilige Objekt unter Nennung der Adresse angegeben wurden. Die Aufträge hatte der Beigeladene zu 1) in der Regel in einem Zeitraum von drei Monaten abzuarbeiten und war in diesem Rahmen in der Zeiteinteilung frei. Wenn der Zeitrahmen im Einzelfall nicht eingehalten werden konnte bzw. ein Verhinderungsfall vorlag, war eine Benachrichtigung und Rücksprache mit der Klägerin erforderlich. In der Hauptsache bestanden die Aufträge in Montagearbeiten, wofür normale Handwerkzeuge wie Hammer und Schraubenzieher benötigt wurden, die der Beigeladene zu 1) selbst mitbrachte. Von der Klägerin wurde bei Bedarf ein spezieller Montagekoffer mit Spezialwerkzeug zur Verfügung gestellt, den sich der Beigeladene zu 1) am Anfang seiner Tätigkeit nicht hatte leisten können. Zu den Einsatzorten gelangte der Beigeladene zu 1) mit seinem eigenen PKW; Firmenkleidung der Klägerin trug er nicht. Gegenüber den jeweiligen Kunden hatte er sich als Monteur für die Klägerin zu erkennen gegeben. Die Aufträge wurden vom Beigeladenen zu 1) immer persönlich erfüllt; eigene Mitarbeiter beschäftigte er nicht. Im streitgegenständlichen Zeitraum führte der Beigeladene zu 1) nur einen anderen weiteren Auftrag aus, der Abbrucharbeiten an einer Mauer betraf.

Aufgrund eines Antrags des Beigeladenen zu 1) auf Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige wegen der Tätigkeit als Ableser und der Montage von Erfassungsgeräten für Wärme und Wasser entschied die Beigeladene zu 4) durch Bescheid vom 20.02.2013, dass keine selbständige Tätigkeit vorlag, und lehnte den Antrag ab. Die Beigeladene zu 4) übermittelte der Beklagten unter dem 27.05.2013 den Bescheid vom 20.02.2013 und bat um eine Überprüfung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) als Beschäftigter.

Auf den von der Beklagten mit Schreiben vom 09.05.2014 zur versicherungsrechtlichen Beurteilung nach § 28 Abs. 2 SGB IV an den Beigeladenen zu 1) versandten Fragebogen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status trug der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1) und später auch der Klägerin vor, dass keine Sozialversicherungspflicht bestanden habe. Es habe sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) um eine Existenzgründung gehandelt, was sich auch aus der Gewerbeanmeldung ergebe. Der Beigeladene zu 1) habe Werkleistungen erbracht und dafür in unregelmäßigen Zeitabständen Rechnungen gestellt. Die Aufträge seien mit einem zeitlichen Aufwand von 200 Stunden verbunden gewesen, was zum einen einen Stundenlohn von rund 40 Euro und zum andern in Bezug auf den zu beurteilenden Zeitraum (4 x 160 Arbeitsstunden/Monat = 640 Stunden) genügend Freiraum für weitere Tätigkeiten bedeutet habe. In dem Fragebogen, "Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status", auf dem auch die Klägerin unterschrieben hatte, hieß es unter anderem, dass der Auftragsnehmer in keinem Umfang in die Arbeitsorganisation eingegliedert sei "Ausnahme Schulungen (Trinkwasser)". Als ausgeübte Tätigkeiten wurden genannt "Trinkwasserbeprobungen, Ablesungen, Austausch Wasserzähler, Zwischenablesungen, Montage Heizkostenverteiler".

Mit einem jeweils an die Klägerin und an den Beigeladenen zu 1) gerichteten Schreiben vom 14.08.2015, abgeschickt am 17.08.2015, teilte die Beklagte mit, dass eine abhängige Beschäftigung vorliege, die Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung auslöse. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene zu 1) trage kein Unternehmerrisiko. Er trete zudem nicht in der Öffentlichkeit als Selbständiger auf; es seien keine Firmenembleme oder eigene Betriebsmittel mit Firmennamen des Beigeladenen zu 1) verwendet worden. Eine eigene Preisgestaltung sei angesichts der genau vorgegebenen Vergütung, die der typischen Entlohnung eines abhängigen Beschäftigten entsprechen würde, nicht möglich gewesen. Der Beigeladene zu 1), der ab dem 01.01.2013 auch als Arbeitnehmer zur Sozialversicherung angemeldet worden sei, führe die gleichen Arbeiten wie fest angestellte Mitarbeiter der Klägerin aus. Die Gewerbeanmeldung sei kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit.

Gegen diese Schreiben legte der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1) und der Klägerin für Beide mit Schreiben vom 17.09.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die Schreiben vom 14.08.2015 seien mangels hinreichend konkreter Regelung keine Verwaltungsakte. Die Schreiben stünden überdies inhaltlich im Widerspruch zu dem bestandskräftig gewordenen Bescheid des Beigeladenen zu 4) vom 20.02.2013. Im Übrigen liege keine abhängige Beschäftigung vor und insoweit werde auch auf das Schreiben vom 18.06.2014 verwiesen; die Annahme eines Unternehmerrisikos setze keinesfalls den Einsatz eigenen Vermögens voraus.

Im Rahmen der Anhörung vor Erlass des Widerspruchsbescheides verneinte der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1) und der Klägerin mit Schreiben vom 03.12.2015 wiederum das Vorliegen eines Verwaltungsakts bei den Schreiben vom 14.08.2015 und sah einen Widerspruch zum Bescheid des Beigeladenen zu 4) vom 20.02.2013. Im Hinblick auf die Frage der Versicherungspflicht wies er darauf hin, dass sich der Beigeladene zu 1) seine Zeit habe frei einteilen können und die Aufträge hinter dem Umfang einer Vollzeitbeschäftigung deutlich zurückgeblieben wären. Der Beigeladene zu 1) sei für den Arbeitsablauf, selbst wenn ergebnisorientierte Weisungsrechte des Leistungsempfängers bestünden, eigenverantwortlich gewesen. Dem Beigeladenen zu 1) seien nur Rahmenbedingungen vorgegeben worden, innerhalb derer er weisungsunabhängig mit seiner Fachkenntnis die Möglichkeit der freien Arbeitszeiteinteilung gehabt hätte. Der Beigeladene zu 1) habe auch eine eigene Betriebsstätte mit eigenem Betriebskapital unterhalten. Er habe jederzeit rechtlich Aufträge ablehnen können und die Möglichkeit einer anderweitigen Tätigkeit gehabt; aus der tatsächlichen Nichtausübung lasse sich nicht auf das Nichtbestehen eines Rechts schließen. Der Rechtsmacht komme im Zweifel nach der Rechtsprechung die entscheidende Bedeutung zu.

Die Beklagte wies die beiden Widersprüche gegen die Schreiben vom 14.08.2015 mit zwei Widerspruchsschreiben vom 24.02.2016 jeweils gerichtet an den Beigeladenen zu 1) und die Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung bezog sie sich im Wesentlichen auf die beiden Schreiben vom 14.08.2015.

Am 24.03.2016 hat die Klägerin Klage beim SG Heilbronn gegen das Schreiben vom 14.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2016 erhoben. Die Klage betreffe die Frage, ob der Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und die Klägerin deshalb wie von der Beklagten gefordert Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2.895,67 Euro zu zahlen habe. Zur Begründung dafür, dass eine selbständige Tätigkeit und keine Beschäftigung vorlag, hat sie auf ihr bisheriges Vorbringen und insbesondere auf die Schreiben vom 18.06.2014 und 03.12.2015 verwiesen.

Mit Beschluss vom 17.07.2017 ist der Beigeladene zu 1) beigeladen worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 26.10.2017 hat der Beigeladene zu 1) erklärt, er habe keine eigene Betriebsstätte gehabt. Für die Tätigkeit bedürfe es keines Lagers; das Material habe er von der Klägerin gestellt bekommen. Er habe lediglich sein Werkzeug benötigt. Die Klägerin hat vorgetragen, dass der Beigeladene zu 1) höchstens ca. 6 bis 8 Stunden pro Woche für sie tätig gewesen sei und hauptsächlich Montagearbeiten verrichtet habe.

Durch Urteil vom 26.10.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beigeladenen zu 4) vom 20.02.2013 stehe einer Feststellung der Versicherungspflicht nicht entgegen, da der Bescheid nur die Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige abgelehnt habe und im Übrigen nicht in Widerspruch zur Entscheidung der Beklagten stehe, die auch eine selbständige Tätigkeit verneint habe. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 14.08.2015 handele es sich um einen Verwaltungsakt, denn die dafür notwendige Regelung ergebe sich aus der Überschrift bzw. den Entscheidungsgründen des Bescheids. Nach Ansicht des Sozialgerichts sprechen nach der vorzunehmenden Gesamtschau die überwiegenden Aspekte für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1). Ausgangspunkt für die Beurteilung sei die "Vertragsvereinbarung über eine freie Mitarbeitertätigkeit", wonach nach dem Willen der Vertragsparteien der Beigeladene zu 1) als Selbständiger tätig werden sollte: Doch sei für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des bestehenden Rechtsverhältnisses weder die von den Beteiligten gewünschte Rechtsfolge noch die von ihnen gewählte Bezeichnung maßgeblich; vielmehr seien die relevanten Merkmale zu gewichten. Für eine abhängige Beschäftigung spreche die Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin. Der Beigeladene zu 1) habe seine Tätigkeit nicht im Wesentlichen frei gestalten können. Dem Beigeladenen zu 1) hätten lediglich einfache und untergeordnete Arbeiten oblegen; hinsichtlich Inhalt, Art und Weise sowie Ort der Arbeitsausführung habe er nur einen geringen Spielraum gehabt. Der Inhalt der Tätigkeit – das Montieren bzw. Ablesen der einzelnen Erfassungsgeräte, welche in den jeweiligen Montage-/Ableseaufträgen aufgelistet gewesen wären – sei von vornherein festgestanden; Abweichungsmöglichkeiten hätten insoweit nicht bestanden. Bei derartigen Tätigkeiten sei eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation und damit eine persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber anzunehmen als bei gehobenen Tätigkeiten. Auch hinsichtlich der Arbeitszeit sei der Beigeladene zu 1) nicht völlig frei gewesen. Zwar sei er innerhalb der drei Monate in seiner Zeiteinteilung frei gewesen, die Vorgabe der Erledigung einer bestimmten Arbeitsmenge innerhalb eines gewissen Zeitrahmens mit freier Einteilung der Arbeitszeit innerhalb des vorgegeben Rahmens sei jedoch auch bei leitenden Angestellten nicht unüblich.

Für eine abhängige Tätigkeit spreche weiterhin, dass der Beigeladene zu 1) die Montage-/Ablesetätigkeiten ausnahmslos persönlich erbracht habe und im Verhinderungsfall zur Benachrichtigung der Klägerin verpflichtet gewesen sei. Zudem spreche dafür, dass der Beigeladene zu 1) sich gegenüber dem jeweiligen Kunden als Monteur der Klägerin zu erkennen gegeben habe und darüber hinaus an Schulungen der Klägerin zu Trinkwasser teilgenommen habe. Entscheidend spreche gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit, dass der Beigeladene zu 1) keinerlei Unternehmerrisko zu tragen gehabt habe. Er habe weder eine eigene Betriebsstätte noch eigene Mitarbeiter und an eigenem Werkzeug lediglich einen Hammer und einen Schraubenzieher gehabt. Von der Klägerin habe er einen für die Montagetätigkeiten erforderlichen speziellen Montagekoffer mit teurem Spezialwerkzeug gestellt bekommen. Weiterhin hätten keinerlei Möglichkeiten für den Beigeladenen zu 1) bestanden, Einfluss auf die Preisgestaltung zu nehmen. Die Vergütung sei durch den Vertrag genau festgelegt gewesen; überdies wären die Kilometer pauschal vergütet worden. Der Beigeladene zu 1) habe nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung keinerlei Werbung für sich selbst gemacht. Ferner spreche die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum einen anderen Auftrag angenommen habe, in dessen Rahmen er Abbrucharbeiten an einer Mauer vorgenommen hat, nicht wesentlich gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung: Zum einen handele es sich lediglich um einen einzigen anderen Auftrag; zum anderen sei das jeweilige konkrete Auftragsverhältnis zu beurteilen. Schließlich sei die Gewerbeanmeldung kein Argument für die Selbständigkeit, da die Gewerbeaufsicht nicht das Vorliegen einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung prüfe.

Gegen das der Klägerin am 09.11.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.12.2017 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, dass das Urteil auf einer Rechtsverletzung beruhe, der Sachverhalt unvollständig und die aufgegriffenen Tatsachen durchgängig einseitig zu Gunsten der Beklagten gewürdigt worden seien, dass gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßen werde und Umstände, die zu ihren Gunsten sprächen, vernachlässigt würden. Völlig unbeachtet gelassen werde das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. So sei für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis 31.12.2012 ein Entgelt in Höhe von 6.800 Euro gezahlt worden, dem ein Zeitaufwand von höchstens ca. 6 bis 8 Stunden pro Woche gegenübergestanden habe. Da der Beigeladene zu 1) 16 Wochen für die Klägerin tätig gewesen sei, ergebe sich durchschnittlich ein Entgelt von 428,75 Euro; bei einem Stundenaufwand von 6 bis 8 Stunden pro Woche führe dies zu einer Vergütung von 54 bis 72 Euro pro Stunde, was über den Stundenlohn, den Handwerksbetriebe in der fraglichen Zeit für eine Gesellentätigkeit in Rechnung gestellt hätten, hinausgehe. Zu Recht gehe die Kammer davon aus, dass dem Beigeladenen zu 1) lediglich einfache und untergeordnete Arbeiten oblegen hätten. Diese Arbeiten seien am ehesten vergleichbar mit Arbeiten eines Hausmeisterdienstes oder solchen für einfache Wohnungsrenovierungen, kleinere Reparaturarbeiten oder Gartenpflege, die für 25 bis 30 Euro erbracht würden. Normale Monteure hätten in diesem Zeitraum deutlich weniger verdient. Auch die Arbeitszeit mit einem Erledigungszeitraum von drei Monaten bedeute für einfache und untergeordnete Tätigkeiten ebenso wie für hochqualifizierte Tätigkeiten einen ungewöhnlich großen Spielraum. Mehr als befremdlich sei in diesem Zusammenhang der Vergleich mit einem leitenden Angestellten. Zum einen habe auch ein leitender Angestellter nicht generell die Möglichkeit, anfallende Arbeiten auf einem Zeitraum von drei Monaten nach freiem Belieben zu verteilen, zum anderen widerspreche es allgemeinen Denkgesetzen, einen leitenden Angestellten mit jemandem zu vergleichen, der lediglich einfache und untergeordnete Arbeitern zu tätigen habe.

Eine Einordnung in die Arbeitsorganisation liege bei einer derart freien Arbeitsgestaltung nicht vor. Dass er die abzulesenden Objekte nicht selbst heraussuchen und nicht die Preise mit Hauseigentümern selbst haben vereinbaren können, sei nicht erheblich, sondern ergebe sich aus der Natur der Sache, da der Beigeladene zu 1) nicht Vertragspartner der Hauseigentümer gewesen sei. Der Beigeladene zu 1) habe auch keine Firmenkleidung der Klägerin tragen müssen. Aus der Formulierung, er sei Monteur für die Klägerin, könne nicht geschlossen werden, er sei Monteur der Klägerin gewesen. Was den speziellen Montagekoffer betreffe, so handele es sich um für einzelne Tätigkeiten erforderliches teures Spezialwerkzeug. Der Geschäftsführer der Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf verwiesen, dass dieses Spezialwerkzeug auch anderen Handwerksbetrieben, z.B. befreundeten Installateuren, ausgeliehen werde; dies sei bei der Würdigung der Kammer völlig außen vor geblieben. Der Beigeladene zu 1) habe sich damals selbständig machen wollen; erst als er habe feststellen müssen, dass sein anfänglicher Optimismus sich nicht bewahrheitet habe, habe er sich entschlossen, in Vollzeit für die Klägerin tätig zu werde. Es sei dem Beigeladenen zu 1) auch nicht untersagt gewesen, mit Personal zu arbeiten; viele Kleingewerbetreibende seien zudem unzweifelhaft selbständig, obgleich sie über kein Personal verfügten. Bei der Bewertung des unternehmerischen Risikos müsse berücksichtigt werden, dass der Beigeladene zu 1) nicht viel mehr gebraucht habe als gebräuchliches Werkzeug und ein Auto.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.10.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 14.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2016 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Wärmeableser/Monteur bei der Klägerin im Zeitraum vom 01.09.2012 bis 31.12.2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und sich im Berufungsverfahren nicht mehr geäußert.

Durch Beschluss vom 13.02.2018 sind noch die Beigeladenen zu 2) - 4) beigeladen worden. Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Geschäftsführer der Klägerin ua erklärt, der Beigeladene zu 1) habe mit den frei ausgehandelten Stückpreisen mehr verdient als ein nach Arbeitszeit bei ihr Beschäftigter für eine entsprechende Tätigkeit erhalten habe. Der Beigeladene zu 1) habe Aufträge ablehnen können und auch darauf geachtet, nicht zu viele Aufträge zu übernehmen, um noch Zeit für andere Tätigkeiten zu haben. Die Ablese- und Montagetermine habe der Beigeladene zu 1) aufgrund der ihm schriftlich gegebenen Adressen nach eigener Planung innerhalb von drei Monaten frei vereinbart. Der Beigeladene zu 1) habe etwa seine Telefonnummer auf den Terminankündigungen zum Ablesen angegeben und sei auch Ansprechpartner bei Terminproblemen gewesen. Eine Kontrolle der Tätigkeit durch die Klägerin sei nicht erfolgt; der Beigeladene zu 1) habe die Klägerin nur über die Erledigung informiert.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.

Der Senat konnte über die Berufung der Klägerin aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, obwohl die Beklagte keinen Vertreter in die mündliche Verhandlung entsandt hatte und im Berufungsverfahren auch keinen förmlichen Antrag gestellt hat. Die Beklagte ist gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Terminsbestimmung darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle ihres Ausbleibens entschieden werden kann. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, einen Sachantrag zu stellen. Maßgeblich für den Streitgegenstand sind die von der Klägerin erhobenen Ansprüche.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144 SGG) und begründet. Der angefochtene Bescheid vom 14.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beigeladene zu 1) war bei der Klägerin vom 01.09.2012 bis zum 31.12.2012 nicht abhängig beschäftigt und unterlag nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Rechtsgrundlage des als Verwaltungsakt zu qualifizierenden Schreibens vom 14.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2016 ist § 28h Abs. 2 SGB IV. Die Beklagte war als Einzugsstelle für den Erlass des Bescheides zuständig. Einer Entscheidung durch die Beklagte stand die Bestandskraft des Bescheides vom 20.03.2013 durch den Beigeladenen zu 4) über das Nichtvorliegen einer Rentenversicherungspflicht als Selbständiger nicht entgegen, da der Bescheid eine andere Frage betrifft. Ein Statusfeststellungsverfahren (§ 7a SGB IV) war nicht anhängig, vielmehr hatte die Beklagte mit Schreiben vom 09.04.2013 ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Zwar verschickte die Beklagte mit dem Schreiben "Versicherungsrechtliche Beurteilung nach § 28 Abs. 2 SGB IV" einen mit "Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status" überschriebenen Fragenbogen, auf dem auch der Beigeladene zu 1) sowie die Klägerin jeweils ankreuzten, dass sie beantragen, nach § 7a SGB IV festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliegt, jedoch sollte damit ausweislich des Schreibens der Beklagten und des weiteren Verfahrensablaufs kein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV betrieben werden.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 SGB III). Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis; gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (dazu und zum Folgenden statt Vieler m.w.N. BSG, Urt. v. 11.11.2015, B 12 R 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 SGB IV Nr. 28). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeiten über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400, § 7 SGB IV Nr. 28).

Ausgangspunkt zur Feststellung des Gesamtbildes für die Beurteilung ist das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Maßgeblich ist insoweit die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG v. 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400, § 7 SGB IV Nr. 17; LSG Baden-Württemberg v. 24.1.2017, L 11 KR 1554/16, juris). Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist somit regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (dazu und zum Folgenden statt Vieler m.w.N. BSG, Urt. v. 11.11.2015, B 12 R 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 SGB IV Nr. 28). Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, gegebenenfalls den Inhalt des hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen.

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) im Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum 31.12.2012 eine selbständige Tätigkeit als Wärmeableser/Monteur bei der Klägerin ausgeübt hat und daher nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin zugrunde liegende "Vertragsvereinbarung über eine freie Mitarbeitertätigkeit" spricht von einer freien Mitarbeitertätigkeit. Doch ist die Bezeichnung als solche allein nicht maßgebend für die Einordnung als Beschäftigter oder Selbständiger. Vielmehr kommt es auf die vertragliche Ausgestaltung im Konkreten an. Mit dem Vertrag überträgt die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) das Ablesen und die Montage der Erfassungsgeräte für Wärme und Wasser. Weitere Vorgaben im Hinblick auf die Art und Weise der Erledigung der Aufgabe werden in der Vereinbarung nicht getroffen. Es findet sich weder eine Regelung im Vertrag, dass der Beigeladene zu 1) zur persönlichen Erbringung der Leistung verpflichtet ist, so dass er sich Dritter bedienen konnte und er damit, selbst wenn er Dritte nicht einsetzte, die entsprechende Rechtsmacht besaß, noch sind etwa Präsenzpflichten im Betrieb und Kontroll- oder Weisungsrechte der Klägerin vertraglich geregelt. Die Übertragung der Aufgaben erfolgte durch schriftliche Einzelaufträge der Klägerin, in denen die Objekte und Wohnung benannt wurden, bei denen Wartungsarbeiten durchzuführen waren. Der Beigeladene zu 1) war nicht verpflichtet, die von der Klägerin angefragten Tätigkeiten zu übernehmen, sondern konnte darüber frei entscheiden und Anfragen der Klägerin ablehnen. Er bestimmte damit selbst über den Umfang seiner Tätigkeit für die Klägerin, die andererseits frei darüber entscheiden konnte, ob und in welchem Maße der Beigeladene zu 1) beauftragt wird. Im streitgegenständlichen Zeitraum blieb die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin vom Arbeitsumfang her hinter dem Umfang einer Vollzeitbeschäftigung zurück, so dass er noch andere Tätigkeiten in der Zeit hätte ausführen können. Dass er tatsächlich im streitgegenständlichen Zeitraum nur einen weiteren anderen Auftrag ausführte, ist insoweit für die Beurteilung der Tätigkeit für die Klägerin, die gerade auch nicht Vollzeit erfolgte, nicht relevant.

Aus der fehlenden Vereinbarung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder von bezahltem Urlaub folgt allerdings noch nicht eine Qualifikation als selbständige Tätigkeit (vgl. LSG Baden-Württemberg v. 24.01.2017, L 11 KR 1554/16, juris). Ist eine selbständige Tätigkeit gewollt, wie hier mit der Vertragsvereinbarung über eine freie Mitarbeitertätigkeit, entspräche die Gewährung von Entgeltfortzahlung und Urlaubsgeld nicht dem gewollten Vertragstyp und ist insoweit als typisch für entsprechende Verträge anzusehen. Entsprechendes gilt im Ergebnis für die Gewerbeanmeldung. Der Gewerbeanmeldung des Beigeladenen zu 1) kommt für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit keine Aussagekraft zu (vgl. LSG Baden-Württemberg v. 24.01.2017, L 11 KR 1554/16, juris), denn es findet bereits keine Überprüfung durch die zuständigen Gewerbebehörden hinsichtlich des Vorliegens einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung statt. Zwar setzt die Anmeldung eines Gewerbes eine selbständige Tätigkeit voraus, doch begründet sie für sich allein noch keine solche.

Für eine selbständige Tätigkeit spricht die fehlende Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin. Von der Klägerin erhielt er bei Übernahme eines Auftrags die Adresse des jeweiligen Objekts mit der Mitteilung der dort zu erledigenden Aufgaben, ohne dass damit Weisungen im Hinblick auf die Art und Weise der Durchführung und Erledigung der Aufgaben im Einzelnen erfolgten. Vielmehr blieb es dem Beigeladenen zu 1) freigestellt, wie er die Arbeiten erledigte. Der Beigeladene zu 1) vereinbarte selbständig die Termine, war insoweit auch Ansprechpartner bei Terminproblemen der Kunden und führte die Tätigkeit des Ablesens und der Montage nach seinen Vorstellungen aus, ohne dass dabei durch die Klägerin Kontrollen und Weisungen erfolgten. Zeitlich war der Beigeladene zu 1), wie schon in der vertraglichen Vereinbarung geregelt, in der Gestaltung seiner Tätigkeit frei und hatte die Arbeiten nur innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten zu erledigen, so dass damit ein zeitliches Weisungsrecht, wie für einen Beschäftigten typisch, nicht bestand. Ein solches Weisungsrecht wäre z.B. gegeben, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder der Mitarbeiter auch ohne entsprechende Vereinbarung in nicht unerheblichem Umfang herangezogen wird, ihm die Arbeitszeiten letztlich zugewiesen werden (vgl Senatsurteile vom 07.11.2017, L 11 R 2507/16 ZVW und vom 21.10.2014, L 11 R 4761/13, beide in juris). Dies war nicht der Fall.

Dass der Beigeladene zu 1) im Verhinderungsfall die Nichterledigung der Klägerin mitteilen und nach Erledigung der Tätigkeit, die Klägerin über die Erledigung und deren Ergebnis informieren musste, führt nicht dazu, dass er damit arbeitnehmertypisch in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Nicht jede Abstimmung über einzelne Arbeitsabläufe führt zu einer Eingliederung des Auftragnehmers in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers. Wie der Senat bereits entscheiden hat, ist z.B. eine Rücksichtnahme auf betriebliche Belange bei selbstständigen Auftragsarbeiten ebenso üblich wie die Vereinbarung, projektbezogene Zeitvorgaben einzuhalten (Senatsurteil vom 06.02.2018, L 11 R 4499/16, juris). Zudem fuhr der Beigeladene zu 1) weder einen Firmenwagen noch trug er Firmenkleidung der Klägerin. Dass er sich als Ableser für die Erfassungsgeräte der Klägerin zu erkennen geben musste, bedeutet nicht, dass er damit als Beschäftigter der Klägerin auftrat.

Der Klägerin stand aufgrund der zwischen ihr und dem Beigeladenen zu 1) getroffenen Vereinbarungen kein Weisungsrecht zu. Die tatsächliche Durchführung der Ablese- und Wartungsarbeiten erforderte auch keine Einzelweisungen seitens der Klägerin, weil der vom Beigeladenen zu 1) geschuldete Leistungsumfang bereits mit der Auftragsannahme vorab vereinbart wurde (Anzahl der Wohnungen, zeitlicher Rahmen und das konkrete Honorar nach Pauschalen). Andere oder zusätzliche Aufgaben konnten dem Beigeladenen zu 1) aufgrund des zwischen ihm und der Klägerin bestehenden Vertrages nicht zugewiesen werden. Diese Gesichtspunkte sprechen für ein Vertragsverhältnis als freier Mitarbeiter (Selbständiger). Darin unterscheiden sich sog freie Mitarbeiter von Beschäftigten, die auf Abruf tätig werden und deren Tätigkeit dennoch als abhängige versicherungspflichtige Beschäftigung zu qualifizieren ist. Personen, die auf Abruf tätig werden, üben idR selbst dann eine abhängige Beschäftigung aus, wenn sie - in begrenztem Umfang - die Möglichkeit haben, einen Arbeitseinsatz abzulehnen, weil sie bei Annahme des "Auftrags" verpflichtet sind, die im Betrieb des Auftraggebers anfallenden Arbeiten ggf nach Weisung zu erledigen (vgl Senatsurteil vom 26.07.2016, L 11 R 4903/15 juris).

Das im Regelfall erforderliche Werkzeug in Form von Hammer und Schraubenzieher stammte zudem vom Beigeladenen zu 1) selbst, sodass ein bei Bedarf ggf. erforderlicher, von der Klägerin gestellter Montagekoffer mit Spezialwerkzeug nicht dazu führt, dass der Beigeladene zu 1) allein schon mit einem Nutzen des Koffers in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war und damit deren Weisungen unterlag; entsprechendes gilt im Hinblick auf die Teilnahme an Schulungen (Trinkwasser), die als solches in Anbetracht des ansonsten bestehenden Gestaltungsspielraums noch nicht zur Qualifikation der gesamten Tätigkeit als abhängige Beschäftigung führen. Angesichts des für die Tätigkeit regelmäßig nur in geringem Umfange erforderlichen Werkzeuges und der Bereitstellung der Austauschuhren durch die Klägerin, bedurfte es zudem keiner eigenen Betriebsstätte. Im Vordergrund der Tätigkeit stand die Dienstleistung bei einem nur geringen Einsatz sächlicher Mittel, so dass dem Fehlen einer besonderen Betriebsstätte keine indizielle Bedeutung für das Vorliegen einer Beschäftigung zukommt. Dem Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte kommt für die Beschäftigung und gegen selbständige Tätigkeit indizielle Bedeutung in der Regel nur dann zu, wenn eine solche Betriebsstätte bei Tätigkeiten der fraglichen Art zu erwarten oder notwendig ist (vgl. BSG v. 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400, § 7 Nr. 30).

Der Beigeladene zu 1) trug trotz des im Vordergrund stehenden Dienstleistungscharakters der Tätigkeit ein - wenn auch eher geringes - unternehmerisches Risiko. So konnte er eine Vergütung nur beanspruchen, wenn er Aufträge erhielt und die Leistung auch erbracht hatte, während hingegen einem abhängig Beschäftigten ein Lohnanspruch schon dann zusteht, wenn er sich arbeitsbereit hält. Ein Mindesteinkommen war dem Beigeladenen zu 1) nicht garantiert, vielmehr hing sein Verdienst davon ab, wie viele Aufträge er erhielt und annehmen konnte. Zwar folgt aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, noch kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (vgl BSG v.18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400, § 7 SGB IV Nr. 25). Doch ist ein unternehmerisches Tätigwerden bei reinen Dienstleistungen, die im Wesentlichen nur Know-how, Arbeitszeit und Arbeitsaufwand voraussetzen, ohnedies nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgerät oder Arbeitsmaterialien verbunden. Das Fehlen solcher Investitionen ist deshalb bei reinen Dienstleistungen kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine (abhängige) Beschäftigung und gegen unternehmerisches Tätigwerden (BSG, v. 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400, § 7 SGB IV Nr. 30). Im Übrigen konnte der Beigeladene zu 1) mit der Vereinbarung eines höheren Preises nach Stückzahlen größere Gewinne durch ein höheres Entgelt erzielen und konnten ihm bessere Verdienst- und Gewinnchancen als einem vergleichbaren Beschäftigten durch mehr Aufträge und schnelleres Arbeiten erwachsen. Der Geschäftsführer der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die vereinbarten Preise nicht bei allen freien Mitarbeitern ("Sublern") gleich waren. Andererseits hatte der Beigeladene zu 1) auch unternehmerische Risiken. So hätte es sein können, dass die Ausführung einzelner Arbeiten länger dauerte als von ihm erhofft und dass er mehrere Besuche in einem Objekt unternehmen musste, weil nicht alle vereinbarten Termine eingehalten wurden.

Dass die Vergütung in § 2 des Vertrages im Vorhinein festgelegt war, spricht schließlich ebenfalls nicht gegen eine selbständige Tätigkeit, denn die Entgelthöhe nach Stückzahlen wurde von der Klägerin nicht einseitig vorgegeben, sondern war nach den Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat das Ergebnis der Vertragsverhandlungen. Die Vergütung unterscheidet sich im Übrigen mit dem Abstellen auf die Stückzahlen von einer an der Arbeitszeit nach Stunden orientierten Entlohnung wie sie für eine Beschäftigung typisch ist. Dass der Beigeladene zu 1) die gleichen Arbeiten wie fest angestellte Mitarbeiter der Klägerin erledigte und ab dem 01.01.2013 ausdrücklich auch als Beschäftigter für die Klägerin tätig wurde, steht einer Einordnung der vorher auf einer anderen Grundlage und nach vereinbarten Stückpreisen bezahlten Tätigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum, der für die rechtliche Beurteilung maßgebend ist, als selbständige Tätigkeit nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a SGG iVm. § 52 Abs. 3 GKG. Das Verfahren betrifft eine reine Statusfeststellung auf der Grundlage von § 28h SGB IV, so dass wie bei Verfahren nach § 7a SGB IV der Auffangstreitwert festzusetzen ist (st Rspr des Senats).
Rechtskraft
Aus
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