L 9 U 1552/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 U 88/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1552/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 9. März 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2103 (Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen und gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (zukünftig: BK 2103).

Die Beklagte nahm die Prüfung des Vorliegens einer BK im Rahmen eines Antrages des Klägers auf Anerkennung eines Arbeitsunfalles auf. Einen solchen Arbeitsunfall zeigte der 1967 geborene Kläger mit einem bei der Beklagten am 08.04.2014 eingegangenen Schreiben an. Hierin teilte er mit, dass er von 2004 bis 2006 bei der Firma E. GmbH, N., beschäftigt gewesen sei. Im Rahmen seiner Tätigkeit in L. habe er bei Pflasterarbeiten mit dem Fäustelhammer zugeschlagen und die linke Hand zu spät zurückgezogen. Hierdurch habe er sich einen Kahnbeinbruch links zugezogen. Den Unfalltag wisse er nicht mehr genau, die Karteikarte des Arztes zeige, dass es der 02.10.2006 gewesen sein müsse. Aufmerksam geworden sei man auf den Unfall im Rahmen der Ermittlungen zu einem weiteren Arbeitsunfall vom 11.03.2008 (Sturz auf die linke Hand im Rahmen einer Tätigkeit für die Firma T. GmbH, M., Anerkennung des Unfalles mit Bescheid vom 06.03.2014 mit einem Gesundheitserstschaden Prellung des linken Handgelenks), den er am 09.08.2013 gemeldet habe. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Firma E. GmbH unter dem 28.04.2014 mit, dass der Kläger am 02.10.2006 nicht mehr in der Firma tätig gewesen sei. Das Beschäftigungsverhältnis habe in den Zeiträumen vom 15.07.2004 bis 17.12.2004 und vom 21.02.2006 bis 01.10.2006 auf der Baustelle in L. bestanden. Der damalige Bauleiter sei nicht mehr bei der Firma beschäftigt. Es lägen auch keine Angaben über einen Unfall des Klägers vor. Die Gemeinschaftspraxis Weingärtner/Neumann übersandte auf Veranlassung der Beklagten einen Auszug aus der Krankenakte für den Zeitraum vom 18.09.2006 bis 27.09.2006, in welchem unter dem 18.09.2006 vermerkt ist: "seit einer Woche zunehmende Schmerzen linkes Handgelenk, arbeitet im Tiefbau, auch an Rüttelmaschine, kann schwere Gegenstände nicht in Hand behalten". Es wurde von einer Distorsion der Hand ausgegangen und Arbeitsunfähigkeit vom 18.09.2006 bis 20.09.2006 und 27.09.2006 bis zum 29.09.2006 bescheinigt sowie am 27.09.2006 eine Überweisung an den Orthopäden veranlasst. Die Orthopäden Dr. Graf von S. und Dr. B. berichteten unter dem 12.10.2006 über eine Behandlung des Klägers am 09.10.2006 mit der Diagnose Kahnbeinfraktur links und empfahlen eine Vorstellung bei einem Handchirurgen mit gegebenenfalls operativer Versorgung. Aus dem ebenfalls beigezogenen Auszug aus der Krankenakte wurde im Behandlungszeitraum vom 02.10.2006 bis 12.10.2006 unter dem 02.10.2006 bereits von einer gesicherten Kahnbeinfraktur links gesprochen und Arbeitsunfähigkeit vom 09.10.2006 bis 15.10.2006 bescheinigt. Am 14.08.2013 wurde der Kläger in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. ambulant operiert und eine Handgelenksdenervierung links unter der Diagnose SNAC III nach unklarem Trauma mit persistierenden Schmerzen durchgeführt (Bericht 14.08.2013). Ferner befand sich der Kläger vom 06.08. bis 12.08.2014 in stationärer Behandlung der Universitätsklinik H. (Zwischenbericht vom 08.08.2014, Diagnosen: "Fortgeschrittene Handgelenksarthrose links bei Scaphoidpseudarthrose nach Trauma von 2006, Zustand nach partieller Handgelenksdenervierung links mit Durchtrennung des Nervus interosseus anterior und posterior 2003" [gemeint: 2013]), wo am 06.08.2014 eine mediocarpale Arthrodese am linken Handgelenk durchgeführt wurde. Eine zuvor beigezogene MRT des Handgelenks links vom 08.05.2014 zeigte degenerative Veränderungen der Handwurzel mit multiplen Ganglionzysten aller Handwurzelknochen auf dem Boden einer sklerosierten Pseudarthrose des mittleren Skaphoids, Knorpelschaden am proximalen Os capitatum gegenüber dem Skaphoid. Mit Bescheid vom 07.10.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen wegen eines Arbeitsunfalles ab, weil der Unfall nicht erwiesen sei. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb ebenso (Widerspruchsbescheid vom 13.10.2015) wie die hiergegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG – S 12 U 3234/15 – nach einer Vernehmung des Zeugen B. vor dem SG Schwerin und des Zeugen Y. in der mündlichen Verhandlung des SG) ohne Erfolg (Urteil vom 09.03.2017). Die hiergegen eingelegte Berufung vor dem erkennenden Senat (L 9 U 1650/17) nahm der Kläger im Rahmen eines Termins zur Erörterung des Sach- und Streitstandes am 27.02.2018 zurück.

Im Verfahren auf Anerkennung einer Berufskrankheit zog die Beklagte unter anderem ein Mitglieds- und Vorerkrankungsverzeichnis der A. bei und beauftragte die Präventionsabteilung, mit Blick auf seit September 1999 bestehende Arbeitsverhältnisse im Kanal-, Rohrleitungs- und Straßenbau sowie von Tätigkeiten für die Firma T. GmbH (im Jahr 2012 – Demontage von LKW-Teilen) bzw. I. GmbH (Januar 2013 bis August 2013 – Hausmeistertätigkeit) zu beruflichen Vibrationseinwirkungen im Sinne einer BK 2103 Stellung zu nehmen (vgl. Gesprächsprotokoll vom 26.01.2015 Seite 187 ff. und Stellungnahme Arbeitsplatzexposition Seite 191 ff. der Akten).

Auf Veranlassung der Beklagten erstellte zudem Prof. Dr. S., Universitätsklinikum H., zusammen mit dem Assistenzarzt B. ein orthopädisch-unfallchirurgisches Zusammenhangsgutachten, in welchem er unter Berücksichtigung bildgebender Dokumente zu dem Ergebnis gelangte, dass eine posttraumatische Kahnbeinpseudarthrose links vorliege, die in der Zusammenschau der anamnestischen, klinischen, radiologischen und intraoperativen Befunde ursächlich auf ein Unfallereignis im Jahr 2006 mit erlittener Kahnbeinfraktur zurückzuführen sei. Die Belastungen, denen der Kläger im Sinne einer BK 2103 ausgesetzt gewesen sei, hätten jedoch nicht zu den typischen Veränderungen einer BK 2103 im Bereich der Handgelenke geführt. Rechtsseitig lasse sich ein altersentsprechender Normalbefund feststellen (Gutachten vom 23.06.2015).

Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.09.2015 die Anerkennung einer BK 2103 und die Gewährung von Leistungen ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2015 zurück.

Mit seiner hiergegen zum SG Mannheim am 12.01.2016 erhobenen Klage hat der Kläger eingewandt, dass ihn Prof. Dr. S. nicht persönlich untersucht habe und auf seine Beschwerden nicht eingegangen sei. Die Entscheidung, ob eine Berufskrankheit vorliege, sei nicht mit der erforderlichen Sorgfalt und Intensität angegangen worden, weil der Gutachter von vornherein auf den Unfall aus dem Jahr 2006 fokussiert gewesen sei. Bei der Entscheidung hätte man vielmehr in den Vordergrund stellen müssen, wie lange und in welchem Umfang er vor dem Unfall aus 2006 Schmerzen und Beschwerden gehabt habe, also, wann, wo und wie sie sich gezeigt hätten, wie sie sich entwickelt hätten und wie lange und in welchem Umfang er mit Geräten und Maschinen, die in der Nr. 2103 aufgeführt seien, gearbeitet habe. Schmerzen und Beschwerden, insbesondere im Bereich des linken Handgelenkes und Beweglichkeitseinschränkungen, also typische Frühzeichen einer sich entwickelnden BK, habe er schon lange vor dem Unfall aus 2006 gehabt. Anfangs hätten sich diese nur als leichter Schmerz bemerkbar gemacht. Diese Schmerzen und Beschwerden seien mit der Zeit aber immer stärker geworden und hätten durch die Unfälle aus 2006 und 2008 weitere Schübe bekommen. Man könne bei diesem Sachverhalt schon eine BK diagnostizieren und die Unfälle aus 2006 und 2008 als Schmerz- und Beschwerdeverstärker werten.

Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen einer sachverständigen Zeugenaussage, die für die Gemeinschaftspraxis Dres. von S./B. von Dr. B. unter dem 14.03.2016 abgegeben wurde (vgl. Seite 24 ff. der SG-Akten). Dr. B. schloss sich dabei ausdrücklich den in Kopie beigefügten Ausführungen im Gutachten von Prof. Dr. S. an. Die Anfrage des SG, wo sich der Kläger vor 2006 wegen Beschwerden im Bereich der Hände in Behandlung befunden hat, blieb in der Sache unbeantwortet.

Mit Urteil vom 09.03.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger insbesondere in den Jahren seiner Tätigkeit im Straßen- und Pflasterbau von 1999 bis 2006 in erheblichem Umfang Arbeiten ausgeführt habe, bei denen er Erschütterungen durch die Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen und Maschinen ausgesetzt gewesen sei, namentlich bei der Arbeit mit Rüttlern und Presslufthämmern. Derartige Arbeiten seien grundsätzlich auch geeignet, krankhafte Veränderungen im Bereich der Hände und Arme, wie beispielsweise einen Ermüdungsbruch des Kahnbeins, auszulösen. Im vorliegenden Fall sei es allerdings nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen, dass die Kahnbeinpseudarthrose an der linken Hand des Klägers Folge der Erschütterungen durch die genannten Werkzeuge und Maschinen sei. Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige Prof. Dr. S. habe unter Mitwirkung seines Assistenzarztes B. in seinem Gutachten vom 23.06.2015 schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, welche konkreten Auswirkungen auf Gelenke, Knochen und Knorpel die regelmäßige und längerfristige Arbeit mit vibrierenden Werkzeugen und Maschinen habe. Dabei sei insbesondere nachvollziehbar, dass diese Arbeit sich in aller Regel auf beide Hände in gleicher Weise auswirke. Bei einer Reihe von Geräten würden beide Hände gleich belastet, wie etwa bei der Bedienung einer Rüttelplatte. Bei anderen Geräten, wie etwa einem vibrierenden Bohrhammer, verteile sich die vom Gerät ausgehende Kraft bzw. Vibration etwas unterschiedlich aufgrund der Art, wie das Gerät gehalten werde. Einseitige Belastungen nur einer Hand stellten aber die absolute Ausnahme dar. Insoweit spreche die Tatsache, dass beim Kläger an der rechten Hand ein Normalbefund zu erheben gewesen sei, deutlich gegen eine Verursachung der Symptomatik an der linken Hand durch berufliche Vibrationsbelastungen. Auch in der bildgebenden Diagnostik hätten keine Befunde erhoben werden können, die auf eine Schädigung durch Ermüdung und Abnutzung aufgrund der Vibration hindeuten würden. Auch der bis 2014 behandelnde Orthopäde des Klägers habe in seiner sachverständigen Zeugenaussage den Ausführungen in dem vorgelegten Gutachten ohne Vorbehalte oder Einschränkungen zugestimmt. Trotz entsprechender Hinweise durch das Gericht habe der Kläger seine pauschale Angabe von Beschwerden und Schmerzen im Bereich der Hände bereits längere Zeit vor Beendigung der Tätigkeit im Straßen- und Pflasterbau nicht substantiiert, sodass diesbezüglich auch keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen möglich gewesen seien.

Gegen das ihm am 01.04.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.04.2017 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.

Der Kläger hat seine Einwendungen gegen die gutachterliche Untersuchung bei Prof. Dr. S. wiederholt und darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass Dr. von S. die Einschätzung des Sachverständigen bestätigt habe, ihn nicht überrasche, weil er nach einem heftigen Streit mit ihm seine Praxis nicht mehr aufgesucht habe. Ferner hat er darauf hingewiesen, dass die besondere Schwierigkeit im Rahmen einer BK 2103 bei der Sonderheit Kahnbeinpseudarthrose darin liege, ein Unfallereignis von einem vibrationsbedingten Schaden zu unterscheiden. Sogar die Röntgenbilder der Kahnbeinpseudarthrose würden vollkommen gleich aussehen, egal ob durch Unfall oder vibrationsbedingten Schaden verursacht.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 9. März 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2015 aufzuheben und die Beklagte zur verurteilen, eine Berufskrankheit gemäß Nr. 2103 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach Durchführung eines Termins zur Erörterung des Sach- und Streitstandes (vgl. Niederschrift vom 27.02.2018, Bl. 29 der Akten) und Beiziehung von Röntgenbildern bzw. Computertomografien hat der Senat Dr. von S., Bad R., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 11.08.2018 ausgeführt, dass in der Gesamtschau der Befunde und Befundberichte inklusive der damaligen Röntgenaufnahmen sehr viel mehr dafür spreche, dass Grundlage der sich später entwickelnden Handgelenksarthrose eine posttraumatische Arthrose nach stattgehabter Kahnbeinfraktur, die pseudarthrotisch verheilt sei, gewesen sei. Die Fraktur als solche sei durch die Aufnahmen vom 02.10.2006 nachgewiesen. Ob und inwieweit es sich dabei um einen Arbeitsunfall gehandelt habe, sei nicht Fragestellung des jetzigen Gutachtens, sondern sei in Vorverfahren geklärt worden. Bezüglich der jetzt beklagten Anerkennung einer BK 2103 sei festzustellen, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen nachvollzogen und wahrscheinlich gemacht werden könnten. Das Ausmaß der Exposition treffe jedoch beide Hände und Handgelenke in gleichem Umfang, wie sie bei Rüttel- und Plättelmaschinen zum Einsatz kommen. Rechtsseitig seien diese degenerativen Veränderungen und eine Kahnbeinfraktur aber nicht aufgetreten. Insofern spreche viel mehr gegen das Vorliegen einer BK 2103 und für die bisherige anerkannte posttraumatische Arthrose nach in Fehlstellung verheilter Navicularefraktur in der Ursachenbeurteilung. Dem Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. S. stimme er sowohl hinsichtlich der Ursachenzusammenhangsbeurteilung als auch der Feststellung der Gesundheitsstörungen selbst und auch der Analyse der schädigenden Einflüsse des Erwerbslebens vollumfänglich zu.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 29.08.2018 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss hingewiesen worden. Der Kläger hat mit einem am 19.09.2018 eingegangenen Schreiben nochmals zur Sache vorgetragen.

Die Akten der Beklagten zum Arbeitsunfall 2006 und zur BK 2103 sowie die entsprechenden Gerichtsakten erster und zweiter Instanz haben vorgelegen.

II.

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer BK 2103, weil die Kahnbeinfraktur an der linken Hand und die in diesem Bereich vorliegenden arthrotischen Veränderungen nicht hinreichend wahrscheinlich Folgen von Einwirkungen durch Erschütterungen bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen sind.

Der Senat entscheidet über die insoweit zulässig erhobene Verpflichtungsklage (vgl. hierzu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27.04.2010 – B 2 U 23/09 R –, juris) nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Der vom Kläger verfolgte Anspruch richtet sich nach den Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Denn der geltend gemachte Versicherungsfall (BK), zu dessen Vorliegen insbesondere der Nachweis einer Erkrankung im Sinne der BK 2103 gehört, kann hier erst nach dem In-Kraft-Treten des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten sein (vgl. Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 07.08.1996, BGBl. I, 1254 ff., §§ 212 ff. SGB VII).

Rechtsgrundlage für die Anerkennung der streitigen BK sind damit die §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII i. V. m. Nr. 2103 der Anlage 1 zur BKV vom 18.12.1992. Danach sind BKen (Versicherungsfälle) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden.

In der Anlage 1 zur BKV ist unter Nr. 2103 folgende BK bezeichnet: "Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen". Nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung folgt, ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und dass eine Krankheit vorliegt. Des Weiteren muss die Krankheit durch die Einwirkungen verursacht sein (haftungsbegründende Kausalität). Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung gilt im Berufskrankheitenrecht, wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. zum Arbeitsunfall die Urteile des BSG vom 24.07.2012 – B 2 U 9/11 R – sowie vom 13.11.2012 – B 2 U 19/11 R –; zu BKen Urteile vom 23.04.2015 – B 2 U 10/14 R –, – B 2 U 20/14 R –, – B 2 U 6/13 R –, vom 29.11.2011 – B 2 U 26/10 R –; vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R –, – B 2 U 26/04 R –, juris), die zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolgs ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (zur Theorie der wesentlichen Bedingung: eingehend BSG, Urteile vom 13.11.2012 – B 2 U 19/11 R – und vom 05.07.2011 – B 2 U 17/10 R –, juris). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises – also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteile vom 04.07.2013 – B 2 U 11/12 R –, vom 29.11.2011 – B 2 U 26/10 R –, vom 15.09.2011 – B 2 U 22/10 R – und – B 2 U 25/10 R –, vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R – und – B 2 U 9/08 R –, juris).

Ausgehend hiervon war der Kläger während der in der Zeit vom 01.09.1999 bis 01.10.2006 insgesamt 51 Monate ausgeübten Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern (vgl. die Auflistung von Beschäftigungsverhältnissen im Gesprächsprotokoll der Präventionsabteilung der Beklagten vom 26.01.2015, Bl. 187 der Akten) im Straßenbau "Versicherter" im Sinne der genannten Vorschrift. Die vom Kläger im Rahmen dieser versicherten Tätigkeiten durchgeführten Helferarbeiten im Straßen-, Kanal- und Kabelbau, die das Herstellen und Schließen von Rohr- und Kabelgräben, das Verlegen diverser Kabel, das Herstellen von Tragschichten im Bereich von Straßen, Gehwegen, Plätzen, Einfahrten, das Setzen von Randsteinen, Rinne und Einläufen, das Herstellen von Pflasterflächen mit Betonverbundsteinen, Gehwegplatten, Natursteinpflaster und in geringem Umfang den Einbau von Asphalt im Handeinbau umfassten, waren nach den Feststellungen des Präventionsdienstes, denen der Senat folgt, mit Schwingungsbelastungen hoher Schwingungsintensität verbunden. Nach der gutachterlichen Bewertung von Prof. Dr. S. und Dr. von S. schließen Art und Umfang der vom Präventionsdienst beschriebenen Einwirkungen, die vom Verordnungsgeber nicht im Sinne einer Mindestbelastungsdosis weiter spezifiziert wurden (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage, Seite 1245), das Entstehen von Erkrankungen im Sinne der BK 2103 jedenfalls nicht aus. Soweit man von einer Geeignetheit der Einwirkungen ausgeht, sind diese nach dem insoweit einschlägigen Beweismaßstab aber nicht als wesentliche (Mit-)Ursache der als BK 2103 geltend gemachten Erkrankung hinreichend wahrscheinlich zu machen.

Denn unter Berücksichtigung o. g. Grundsätze vermochte der Senat schon nicht festzustellen, dass die Einwirkungen aus den genannten Tätigkeiten des Klägers ursächlich für die im linken Handgelenk festgestellten Veränderungen gewesen sind. Keiner der gehörten Sachverständigen hat hierfür Argumente vortragen können, sodass sich der Senat von einer über die bloße Möglichkeit einer Verursachung hinausgehenden Wahrscheinlichkeit der Verursachung nicht zu überzeugen vermochte.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Resonanzschwingungen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft am stärksten am Ellenbogengelenk (70%) auswirken, etwas geringer am Handgelenk, insbesondere am körperfernen Drehgelenk zwischen Elle und Speiche (25 %), aber auch am Radiokarpalgelenk, seltener am Schultereckgelenk (5 %). In der Literatur wird ferner eine Belastungskette dergestalt beschrieben, dass zuerst das Ellenbogengelenk des Andruckarms erkrankt, gefolgt vom handgelenknahen Speichen-Ellen-Gelenk, dem Handgelenk des Andruckarms, dem Ellenbogengelenk des Haltearms, dem handgelenksnahen Speichen-Ellen-Gelenk des Haltearms, dem Handgelenk des Haltearms, dem Schultergelenk des Andruckarmes und schließlich dem Schultereckgelenk des Haltearmes. Isolierte arthrotische Veränderungen im Handgelenk, gleich stark oder stärker ausgeprägte Veränderungen im Haltearm gegenüber dem Andruckarm, geringe Veränderungen im Ellenbogen bei starken Veränderungen im Hand- und Schultergelenk sowie eine allgemeine und gleichwertig verteilte Arthrose sind hingegen als nicht belastungskonform eingestuft (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen: Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Seite 1246f., Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Stand Januar 2018, M 2103, Rdnr. 5).

Unter Berücksichtigung dessen folgt der Senat dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Dr. von S., der in Übereinstimmung mit dem im Urkundenbeweis verwertbaren Gutachten von Prof. Dr. S. zu dem Ergebnis gelangt ist, dass kein wahrscheinlich zu machender ursächlicher Zusammenhang der einseitig am linken Handgelenk bestehenden Veränderungen und der beruflichen Exposition besteht. Insoweit ist schon nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen, dass die 2006 erstmals diagnostizierte Kahnbeinfraktur auf berufliche Einwirkungen der geltend gemachten BK beruht. Unabhängig davon, dass der oben beschriebene belastungskonforme Verlauf der Erkrankung weder aufgrund von belegbaren Beschwerden am Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenk nach Aktenlage nachvollzogen werden kann (u. a. auch wegen Fehlens von Arbeitsunfähigkeitszeiten, Befundberichten etc. im Zusammenhang mit Beschwerden an den oberen Extremitäten vor 2006), ist auch aufgrund der Befunde bildgebender Verfahren kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass sich die Einwirkungen durch Erschütterungen bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen tatsächlich im Bereich der oberen Extremitäten ausgewirkt haben. So sind auf den Röntgenaufnahmen der linken Hand von Dr. von S. vom 02.10.2006 keine arthrotischen Veränderungen beschrieben worden, sondern lediglich eine Kahnbeinfraktur als Mehrfragmentfraktur (so Dr. von S.), weswegen Veränderungen am linken Handgelenk, die als belastungskonform in oben beschriebenen Sinn angesehen werden könnten, nicht belegt sind. Eine vom behandelnden Orthopäden angeratene operative Versorgung hat der Kläger nicht durchführen lassen, weswegen bis Juli 2012 keine weiteren Befunde vorliegen, die einen Rückschluss auf eine unabhängig von dem vom Kläger selbst geschilderten traumatischen Ereignis in 2006 bestehende Ursache im Sinne von Einwirkungen einer BK zuließen. Mit den gehörten Sachverständigen ist das Fehlen von Veränderungen am rechten Handgelenk ebenfalls ein Umstand, der gegen einen wahrscheinlich ursächlichen Zusammenhang streitet. Denn wären solche Veränderungen vorhanden, könnte zumindest geltend gemacht werden, Einwirkungen hätten sich tatsächlich an den Handgelenken manifestiert, zumal zumindest von einem weitgehend beidhändigen Gebrauch der angeschuldigten Werkzeuge und Maschinen auszugehen ist. Die dann 2012 allein in diesem Bereich festgestellte hochgradige Arthrose des linken Handgelenkes ist damit auch nach Überzeugung des Senats zu Recht als pseudarthrotisch verheilte Kahnbeinmehrfragmentfraktur beschrieben worden (vgl. Gutachten Dr. von S., Prof. Dr. S.), die sich auf dem Boden einer traumatischen Kahnbeinmehrfragmentfraktur 2006 entwickelt hat, die aber auch aufgrund Fehlens von typischen mit der BK verbundenen Veränderungen im Bereich der Hände (Prof. Dr. S.) nicht den Einwirkungen einer BK zugeschrieben werden kann. Dabei mag die Fraktur an sich keinen Aufschluss für deren Entstehung geben, wohl aber der von den Sachverständigen gewürdigte Befund außerhalb des Frakturbereiches, an der anderen Extremität sowie die Befunde und Rückschlüsse, die sich aus dem Verlauf der dokumentierten Erkrankung ergeben. Diese lassen eine Verursachung durch Erschütterung im Sinne einer BK 2103 jedoch nicht mit der hierfür erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu.

Soweit der Kläger zuletzt (auch) Ausführungen zum Vorliegen eines Arbeitsunfalles macht, ist ein solcher nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Das Gutachten von Prof. Dr. S. ist darüber hinaus nicht deshalb unverwertbar, weil der Sachverständige die körperliche Untersuchung und die Erhebung der organmedizinischen Befunde einem ärztlichen Mitarbeiter überlassen hat (BSG, Beschluss vom 17.11.2006 – B 2 U 58/05 B –, SozR 4-1750 § 407a Nr. 3).

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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