Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 5964/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 470/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13.12.2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Neu-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; 50 statt 40) seit 28.03.2014 zusteht.
Bei dem 1966 geborenen Kläger, italienischer Staatsangehöriger, stellte das Landratsamt O. (LRA) mit Bescheid vom 18.05.2010 (Blatt 16/17 der Beklagtenakte) den GdB mit 30 seit 22.03.2010 fest (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, chronisches Schmerzsyndrom (GdB 30)).
Am 28.03.2014 (Blatt 43/46 der Beklagtenakte) beantragte der Kläger die höhere (Neu-)Feststellung des GdB. Zu diesem Antrag verwies er auf eine Verschlimmerung des Bandscheibenschadens sowie einen Tinnitus, ein Asthma und Allergien.
Unter Berücksichtigung vorgelegter Unterlagen (Blatt 47/62 der Beklagtenakte), vom Orthopäden Dr. M. beigezogener Befundbeschreibungen (Blatt 65/80 der Beklagtenakte) und der Stellungnahme der Versorgungsärztin L. vom 18.06.2014 (Blatt 81/82 der Beklagtenakte), die den Gesamt-GdB auf 40 geschätzt hatte (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, chronisches Schmerzsyndrom (GdB 30); Ohrgeräusche (Tinnitus), depressive Verstimmung (GdB 20); Bronchialasthma, Allergie (GdB 10)) stellte das LRA mit Bescheid vom 25.06.2014 (Blatt 83/84 der Beklagtenakte) den GdB mit 40 seit 28.03.2014 fest.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 02.07.2014 (Blatt 86 der Beklagtenakte) begründete der Kläger (Blatt 91/93 der Beklagtenakte) u.a. damit, dass die Rückenschädigungen unterbewertet seien. Das chronische Schmerzerleben habe zwischenzeitlich zu einer deutlichen psychischen Beeinträchtigung im Sinne einer Depression geführt. Auch das Bronchialasthma sei unterbewertet.
Das LRA zog eine Befundbeschreibung von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. (Blatt 96/98 der Beklagtenakte; Diagnosen: Tinnitus rechts unklarer Ursache, rezidivierende Kreuzschmerzen; "wegen Depression hier nicht in Behandlung"), worauf der Versorgungsarzt Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 30.09.2014 (Blatt 99/100 der Beklagtenakte) an der bisherigen versorgungsärztlichen Einschätzung festhielt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2014 (Blatt 102 der Beklagtenakte) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 22.12.2014 beim Sozialgericht (SG) Freiburg Klage erhoben. Er leide nunmehr auch unter agoraphobischen Angstzuständen, die immer wieder in Panikattacken gipfelten. Der Kläger hat ärztliche Unterlagen vorgelegt (Blatt 12/13 der SG-Akte).
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen.
Der Orthopäde Dr. M. hat dem SG am 12.03.2015 (Blatt 22/45 der SG-Akte) geschrieben, das chronische Schmerzsyndrom habe sich trotz regelmäßiger ambulanter Behandlung und Rehamaßnahmen deutlich verschlimmert; die Gesundheitsschäden seien mit einem GdB von 100 zu bewerten.
Dr. B. hat mit Schreiben vom 17.03.2015 (Blatt 46/54 der SG-Akte) darauf hingewiesen, dass insbesondere eine Nephrolitiasis und eine Nierenkolik noch nicht berücksichtigt seien. Diese seien mit jeweils 60 % zu bewerten.
Der Pneumologe und Allergologe, Schlafmediziner Dr. T. hat dem SG mit Brief vom 08.04.2015 (Blatt 55 der SG-Akte) geschrieben, er habe den Kläger nur einmalig am 03.06.2013 wegen nächtlicher Atemnot nach akuter Bronchitis untersucht und beraten.
Die HNO-Ärztin Dr. D. hat dem SG geschrieben (Blatt 56/89 der SG-Akte), sie halte einen GdB von 20 für den Tinnitus für ausreichend.
Für den Beklagten hat Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.07.2015 (Blatt 93/94 der SG-Akte) den GdB nur noch mit medizinisch 30 bewertet. Dagegen hat sich der Kläger mit Schrieben vom 24.08.2015 (Blatt 95/96 der SG-Akte) gewandt.
Das SG hat nunmehr beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Dr. C. dessen Gutachten vom 08.10.2015 (Blatt 100/113 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 06.10.2015) eingeholt. Dieser hat die Wirbelsäulenschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule als schwer eingeschätzt und mit einem GdB von 30 bewertet. Im Bereich der linken Schulter bestehe eine endgradige Bewegungseinschränkung, die mit einem GdB von 10 zu bewerten sei. Den Gesamt-GdB hat der Gutachter auf 40 eingeschätzt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das SG das Gutachten des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie Dr. Z. vom 21.06.2016 (Blatt 123/149 der SG-Akte; dreimalige Untersuchung des Klägers) eingeholt. Dieser hat ein Asthma bronchiale vom Mischtyp, eine chronische obstruktive Lungenerkrankung im Stadium zumindest I-II, einen erhöhten Bluthochdruck bei Belastung angegeben und die Lungenfunktionseinschränkungen mit einem GdB von 20 bewertet.
Das SG hat nunmehr Dr. W. als sachverständige Zeugin befragt. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie hat dem SG am 04.07.2016 geantwortet (Blatt 155/157 der SG-Akte) und eine Wurzelirritation L5 links sowie Kreuzschmerzen mit einem GdB von 30, die Schlafstörung und den Tinnitus mit einem GdB von 20 bewertet. In dem von Dr. W. vorgelegten Bericht vom 04.02.2015 wurde der Kläger als psychisch unauffällig bezeichnet.
Dr. R. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.09.2016 (Blatt 161 der SG-Akte) den GdB weiterhin mit "realistisch 30" eingeschätzt.
Mit Urteil vom 13.12.2016 hat das SG den Bescheid vom 25.06.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2014 abgeändert und den Beklagten verurteilt, den GdB beim Kläger ab dem 28.03.2014 mit 50 festzustellen. Gegenüber dem bindend angenommenen GdB von 30 seien die ständigen und hochfrequenten und quälenden Ohrgeräusche rechts mit Schlafstörungen und Reizbarkeit tagsüber sowie depressiven Verstimmtheiten zusätzlich mit einem GdB von 20 zu bewerten. Unter Zugrundelegung des weiteren GdB von 20 für die bronchiale Hyperreagibilität mit Asthmaanfallsneigung sei der Gesamt-GdB von 30 auf 50 zu erhöhen.
Gegen das ihm am 19.01.2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 01.02.2017 am 07.02.2017 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Der Bewertung des SG könne nicht gefolgt werden. Schon der Versorgungsarzt Dr. R. habe darauf hingewiesen, dass der GdB von 30 für die Wirbelsäule nur in Verbindung mit der Schmerzstörung zu erreichen sei. Auch sei der GdB von 20 für das Bronchialasthma nicht ausgefüllt. Schließlich reichten auch die Ohrgeräusche nicht aus, den GdB entsprechend zu erhöhen. Eine psychische Beeinträchtigung sei nicht dokumentiert.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13.12.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Es sei auch die Frage aufgeworfen worden, ob auch noch eine Hörstörung bestehe. Außerdem hat der Kläger den Reha-Bericht der B. -Klinik vom 26.04.2017 und die Atteste der Dr. D. vom 09.03.2017 und 18.07.2016 vorgelegt (Blatt 20/30, 31/33, 36 der Senatsakte) und auf eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der Hüften sowie auf Sinusitiden verwiesen. Der Tinnitus sei lauter geworden. Auch das Hörvermögen habe sich verschlechtert.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten bei Dr. B. , Dr. Z. und Dr. S.
Der Lungenfacharzt Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 18.09.2017 (Blatt 37/66 der Senatsakte; Untersuchung des Klägers am 21.08.2017) eine leichte, bronchiale Hyperreagibilität mit Neigung zu einem Asthma bronchiale ohne dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion diagnostiziert und mit einem GdB von 10 bewertet.
Der Facharzt für HNO-Heilkunde, Allergologe, Umweltmedizin Dr. Z. hat in seinem Gutachten vom 21.11.2017 (Blatt 72/102 der Senatsakte; Untersuchung des Klägers am 09.11.2017) einen rechtsseitigen Tinnitus sowie eine diskrete Hörminderung im hohen Frequenzbereich und eine Kiefergelenkmyoarthropathie dargestellt. Den Tinnitus ohne nennenswerte psychologische Begleiterscheinungen hat er mit einem GdB von 10 bewertet. Die chirurgisch behobenen Folgen einer chronischen Nasennebenhölenentzündung ohne wesentliche Neben- oder Folgeerscheinungen hat er mit einem GdB von maximal 10 bewertet.
Der Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 01.02.2018 (Blatt 103/142 der Senatsakte; Untersuchung des Klägers am 29.01.2018) eine leichte depressive Verstimmung reaktiver Genese bei körperlichen Erkrankung, einen Spannungskopfschmerz und ein Blutdruckleiden ohne Folgeerkrankungen diagnostiziert. Letzteres hat er nicht mit einem GdB von 10 bewertet. Den GdB im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche hat er mit 10 bewertet.
Der Kläger hat nunmehr den Bericht des Radiologen Dr. M. vom 14.07.2017, des Orthopäden Dr. M. vom 25.03.2018, des Dr. Z. vom 19.02.2018 und 14.05.2018 sowie der Dr. D. vom 16.05.2018 vorgelegt (Blatt 148/147, 152/153, 154/156, 162, 163 der Senatsakte).
Der Senat hat nunmehr auch noch das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. P. vom 09.07.2018 (Blatt 164/201 der Senatsakte; Untersuchung des Klägers am 05.07.2018) eingeholt. Dr. P. ein myogenes Reizsyndrom der Halswirbelsäule ohne Funktionseinschränkung und ohne manifeste radikuläre Ausfälle bei radiologisch und kernspintomographisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen im unteren Drittel der Halswirbelsäule, ein myogenes Reizsyndrom der Rumpfwirbelsäule mit leichter Funktionseinschränkung ohne manifeste radikuläre Ausfälle bei radiologisch und kernspintomographisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen und angeborener Spondyloyse L 5 mit Wirbelgleiten Grad l nach Meyerding lumbosacral, eine radiologisch nachweisbare initiale Coxarthrose beidseits ohne Funktionseinschränkung und eine radiologisch nachweisbare initiale Arthrose der Fingergrundgelenke II und III der linken Hand ohne Beeinträchtigung der Greiffunktion der Hand beschrieben. Die beschriebene endgradige Funktionseinschränkung der linken Schulter sei in Zusammenschau mit den an der Halswirbelsäule vorliegenden Befunden zu sehen und stelle bei aktuell lokal unauffälligem Befund an der linken Schulter keine zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung dar. Bei den auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Befunden handele es sich um leicht- bis mittelgradige Einschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, die bei zusammenfassender Berücksichtigung der insgesamt an Hals- und Lendenwirbelsäule vorliegenden Beschwerden mit einem GdB in Höhe von 30 zu bewerten seien. Im Hinblick auf eine lumbal lediglich leichte und nicht mittelgradige Instabilität (Spondylolisthesis Grad l nach Meyerding), nicht vorliegenden wesentlichen Verformungen der Wirbelsäule und insbesondere fehlenden manifesten radikulären Ausfällen, sei diese Einschätzung aber bereits als an der absoluten Obergrenze des aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Ableitbaren liegend anzusehen. Ungeachtet der angegebenen subjektiven Beschwerdesymptomatik sei das vorliegende Krankheitsbild nicht vergleichbar einer Situation mit mittelgradigen Beschwerden und funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Die radiologisch an beiden Hüftgelenken und zwei Fingergrundgelenken nachweisbaren initialen degenerativen Veränderungen seien nicht mit Funktionseinschränkungen verbunden und daher auch nicht jeweils mit einem GdB in Höhe von mindestens 10 zu bewerten. Den Gesamt-GdB hat er auf 30 geschätzt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 202, 204 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und begründet.
Der Kläger wird durch den angefochtenen Bescheid vom 25.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2014 nicht in seinen Rechten verletzt. Denn der Senat konnte feststellen, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers und die daraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft keinen höheren GdB, als den vom Beklagten angenommen GdB von 40 rechtfertigen. Denn nach Auswertung der Gutachten und der vorliegenden ärztlichen Befunde und Unterlagen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Gesamt-GdB an sich nur mit insgesamt 20 zu bewerten ist.
Zwar mag es sein, dass im Verhältnis zur früheren Feststellung des GdB mit 30 beim Kläger weitere Gesundheitsstörungen hinzugekommen sind. Nachdem diese jedoch keinen Gesamt-GdB von insgesamt mehr als 20 rechtfertigen sind diese Änderungen i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X rechtlich nicht wesentlich. Auf die Berufung des Beklagten war daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen; soweit der Beklagte bereits einen GdB von 40 festgestellt hat, kommt dem Senat eine Absenkung des GdB nicht zu.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 ff.). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel- oder Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss damit durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, zuvor § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen, sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 30, 40, 50, 60 oder 70 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid oder dem Bezug einer Rente, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen bei Antragstellung und seither ununterbrochen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit keinen Gesamt-GdB von mehr als 40, vielmehr nur einen solchen von 20, rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Denn im Bereich der Halswirbelsäule bestehen lediglich leichtgradige Funktionsbehinderungen, im Bereich der Lendenwirbelsäule nur solche mittelgradiger Ausprägung.
Nach B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Der Senat konnte in diesem Funktionssystem anhand des Gutachtens von Dr. P. beim Kläger ein myogenes Reizsyndrom der Halswirbelsäule bei radiologisch und kernspintomographisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen im unteren Drittel der Halswirbelsäule sowie ein myogenes Reizsyndrom der Rumpfwirbelsäule bei radiologisch und kernspintomographisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen und angeborener Spondyloyse L 5 mit Wirbelgleiten Grad l nach Meyerding lumbosacral feststellen.
Dr. P. hat bei seiner Untersuchung des Klägers bei der tastenden Untersuchung eine Druckschmerzangabe über den Dornfortsätzen des 4. und 5. Halswirbelkörpers sowie über den Rändern des Kapuzenmuskels, der ebenso wie die paravertebrale Muskulatur normal tonisiert ist, beschrieben. Die aktiven Bewegungsausmaße waren im Normalbereich gemessen worden (Rotation rechts/links 70/0/70°, Seitneigung rechts/links 30/0/30°, Vor-/Rückneigen 40/0/40°, bei einem Kinnspitzen-Brustbein-Abstand von 2/15 cm). Bei den Drehbewegungen hat der Kläger endgradig jeweils Schmerzen in der kontralateralen Nackenmuskulatur angegeben, die Bewegungen in der sagittalen Achse seien insgesamt schmerzhaft.
Hinsichtlich der Rumpfwirbelsäule hat Dr. P. angegeben, dass bei der Aufsicht von hinten ein angedeuteter Schultertiefstand rechts, und ein Beckengeradstand besteht. Das Lot vom Dornfortsatz des 7. Halswirbelkörpers fällt direkt in die Analfurche. Bei der Ansicht von der Seite fällt durchgehend eine leichte Inklinationshaltung der Rumpfwirbelsäule auf. Bei der tastenden Untersuchung hat Dr. P. eine Druckschmerzangabe über der gesamten LWS, von proximal nach distal zunehmend, und eine massive Schmerzangabe auch über beiden Kreuz-/Darmbeingelenken, links mehr als rechts, beschrieben. Die Bewegungsprüfungen wurden vom Kläger unter Angabe von Schmerzen ausgeführt. Dr. P. hat einen Finger-Boden-Anstand von 54 cm, ein Index nach Ott von 29/30/31 cm sowie ein Index nach Schober von 9/10/11 cm angegeben. Bei seitengleich normalen Dreh- und Neigebewegungen hat der Kläger bei der Rechtsrotation in das linke lliosacralgelenk ausstrahlende Schmerzen angegeben (Bewegungsmaße: Rotation rechts/links 50/0/50°, Seitneigung rechts/links 30/0/30°).
Bei Überprüfung der typischen Kennmuskeln an oberen und unteren Extremitäten hat Dr. P. bei mehrfachen Wiederholungen deutlich wechselnde Anspannungen der linksseitigen Großzehen- und Fußheber- und -senkermuskulatur im Sinne einer schmerzbedingten Minderinnervation beschrieben. Die Muskeleigenreflexe an den oberen und unteren Extremitäten waren jedoch seitengleich prompt erhältlich, bei Überprüfung des Lasegue schen Zeichens wurde ein Abheben des gestreckten rechten Beines um ca. 40°, links um maximal 20° toleriert, danach seien die Rückenschmerzen – so der Kläger - zu stark; bei der Funktionsprüfung der Hüften (dazu siehe unten) konnte der Kläger aber die Hüften bis zu 110o beugen. Klinisch konnte Dr. P. auch keinen Hinweis auf ein peripheres Nervenengpasssyndrom feststellen. Bei Erhebung des neurologischen Status gab der Kläger eine gestörte Berührungsempfindlichkeit an der Außenseite des gesamten linken Armes, der linken Hohlhand, an der Außenseite des gesamten linken Beines sowie der Oberschenkelrückseite links an, wobei die Herstellung eines eindeutigen Dermatombezuges nicht sicher möglich war. Hinweise für eine manifeste radikuläre Schwäche an oberen und unteren Extremitäten ergaben sich bei im Übrigen auch seitengleich normalem Reflexverhalten nicht. Soweit der Kläger nach dem Aufwachen eingeschlafene Arme und Beine, vor allem links, beschreibt, kann dies nicht auf die Halswirbelsäule objektiviert zurückgeführt werden. Denn auch der vom Kläger vorgelegte Radiologiebericht der Dr. M. vom 14.07.2017 beschreibt lediglich eine mögliche Irritation der Wurzel C5 beidseits, kann diese aber nicht feststellen. Auch der Verdacht einer Kompression der Wurzel C6 links und der Wurzel C7 ist nach diesem Bericht nicht objektiviert.
Vor diesem Hintergrund bestehen, wie Dr. P. zutreffend dargelegt hat, an der Halswirbelsäule bei normgemäßen Bewegungsmöglichkeiten, keinen Instabilitäten oder Verspannungen, sondern lediglich Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen. Die gestörte Berührungsempfindlichkeit an den Außenseiten der Arme und der linken Hohlhand konnte keinem Dermatom eindeutig zugeordnet werden und konnte daher nicht mit der erforderlichen Gewissheit als Folgen der bestehenden Wirbelsäulenveränderungen festgestellt werden. Soweit Dr. P. die endgradige Funktionseinschränkung der linken Schulter beim Armheben in Zusammenschau mit den an der Halswirbelsäule vorliegenden Befunden stellt, konnte er aber einen aktuell lokal unauffälligem Befund an der linken Schulter beschreiben. Der Senat konnte auch im Hinblick auf die vorliegenden Befunde der behandelnden Ärzte und der Gutachter aber nicht feststellen, dass diese Auswirkungen auf die Schulter stärker bzw. häufiger auftreten, als die bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen schon erfassten seltenen und kurz dauernd auftretenden leichten Wirbelsäulensyndrome, sodass ein höherer GdB als 10 für die Halswirbelsäule nicht in Ansatz zu bringen ist.
An der Lendenwirbelsäule hat Dr. P. bei angegebener deutlicher Schmerzhaftigkeit, gewissen angegebenen neurologischen Defiziten an der Außenseite des gesamten linken Beines sowie der Oberschenkelrückseite links, die jedoch nicht einem konkreten Dermatom zugeordnet werden konnten, und gewissen, allenfalls mittel- bis endgradigen Bewegungseinschränkungen sowie einem leichten Wirbelgleiten (Grad I nach Meyerding) zutreffend Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen angenommen. Auf der Grundlage der Befundung durch Dr. P. konnte der Senat keine weitergehenden Gesundheitsschäden bzw. weitergehende funktionelle Auswirkungen an der Lendenwirbelsäule des Klägers feststellen. Soweit Dr. S. angenommen hatte, es bestünden Nervenwurzelreizerscheinungen, die zu Sensibilitätsstörungen im Sinne einer Hypästhesie und Hypalgesie im Segment L 5 führten, ist dies allenfalls als Zeichen einer mittelschweren Schädigung der Lendenwirbelsäule zu verstehen. Denn auch unter orthopädischen Gesichtspunkten konnten beide Gutachter, Dr. P. und Prof. Dr. C. , keine weitergehenden funktionellen Auswirkungen der bestehenden Schädigungen darstellen; solche dürften sich auch nicht aus dem Gutachten von Prof. Dr. K. vom 24.08.2009 (Blatt 4/13 der Beklagtenakte) ergeben. Damit war nach den Bewertungsvorgaben von B Nr. 18.9 VG der GdB für die mittelschwer ausgeprägten Funktionsbehinderungen der Wirbelsäulenschäden in der Lendenwirbelsäule mit 20 anzunehmen.
Auch Dr. R. hat bereits im SG-Verfahren darauf hingewiesen, dass der GdB von 30 allenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung von Schmerzen angenommen werden könne. Jedoch konnte der Senat aufgrund der eingeholten Gutachten weder ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom feststellen noch, dass beim Kläger Schmerzen bestehen, die nicht von der Bewertung der Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 20 erfasst wären. Denn die Gutachter – im Übrigen auch nicht der behandelnde Orthopäde Dr. M. und die behandelnde Neurologin/Psychiaterin Dr. W. - haben gerade keine Schmerzen beschrieben, die in ihrer Ausprägung über das hinausgingen, was mit den beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen zu erwarten wäre. Soweit Prof. Dr. C. - und dessen Ausführungen zugrunde legend auch Dr. S. - ein chronisches Schmerzsyndrom fortgeschrieben hatte, folgt ihm der Senat nicht. Dr. P. konnte bei seiner Begutachtung ein solches Schmerzsyndrom gerade nicht feststellen, auch Dr. S. hat dies nicht objektivieren können, weshalb der Senat ein solches auch nicht objektivieren und der GdB-Bewertung zugrunde legen konnte.
Auch aus den von Prof. Dr. C. mitgeteilten Befunden konnte der Senat nicht auf die von ihm angenommenen Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen schließen. Denn Prof. Dr. C. hat bei seiner Untersuchung einen Beckenkammgradstand, einen lotrechten Verlauf der Dornfortsatzlinie, eine seitengleiche Schulterkontur und seitengleiche Taillendreiecke beschrieben. In der seitlichen Ansicht war eine leicht vornüber geneigte Rumpfhaltung im Brustwirbelsäulenbereich zu erkennen. Es bestand ein Fingerspitzen-Boden-Abstand von 39 cm, ein Zeichen nach Ott: 30/30,5 cm und ein Zeichen nach Schober: 10/13 cm. Bei Vorneigung trat kein Rippenbuckel und kein Lendenwulst auf. Die Halswirbelsäule wurde als mit altersentsprechend kräftig entwickelter Schulter-Nackenmuskulatur ohne wesentliche Verspannungen beschrieben. Klopfschmerzangabe über den Dornfortsätzen der Halswirbelsäule bestanden nicht. Der Kinnspitzen-Jugulum-Abstand betrug bei Vorneigung 2 cm, bei Rückneigung 17cm, die Linksdrehung und die Rechtsdrehung gelang bis 45°, die Linksneigung und die Rechtsneigung gelingen bis 20°. Die Brustwirbelsäule war mit altersentsprechend kräftig entwickelter paravertebraler Muskulatur versehen. Es bestanden diskrete Verspannungen, jedoch kein Klopfschmerz über den Dornfortsätzen der Brustwirbelsäule. Die Lendenwirbelsäule hat eine kräftig entwickelte paravertebrale Muskulatur mit deutlichen Verspannungen. Schmerzen wurden insbesondere links beim Palpieren der paravertebralen Muskulatur beschrieben, ebenso eine diffuse Klopfschmerzangabe über den Dornfortsätzen sämtlicher Lendenwirbelkörper, im Lenden-Kreuzbein-Übergang bei Rückneigung und über der linken Kreuz-Darmbein-Fuge. Die Seitneigung und die Seitdrehung waren endgradig schmerzhaft eingeschränkt. Daraus lassen sich keine Befunde ableiten, die auf Gesundheitsschäden mit funktionellen Auswirkungen an der Halswirbelsäule mit mehr als leichtgradiger und an der Lendenwirbelsäule mit mehr als mittelgradiger Ausprägung schließen lassen.
Auch aus den Befunden und Mitteilungen des behandelnden Orthopäden Dr. M. und der Neurologin/Psychiaterin Dr. W. konnte der Senat keine weitergehenden Gesundheitsschäden oder Funktionsauswirkungen oder Umstände entnehmen, die eine höhere Bewertung des GdB im Funktionssystem des Rumpfes rechtfertigten. Insbesondere Dr. M. hält die Situation zwar für deutlich verschlimmert trotz regelmäßiger ambulanter Behandlung und den GdB für zu niedrig, doch lassen die von ihm vorgelegten Befunde nicht den Schluss auf Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten oder zumindest schweren Auswirkungen in einem Abschnitt zu. Vielmehr hat auch der vom Kläger selbst vorgelegte Reha-Bericht der B. -Klinik vom 26.04.2017 eine "relativ gute Beweglichkeit der HWS" und gegenüber den von Dr. P. mitgeteilten Befunden bessere Befunde auch der Lendenwirbelsäule beschrieben. Auch die Reha-Berichte von 2011 und 2008, die Dr. M. vorgelegt hat, berichten von einem guten Reha-Ergebnis, die bei der Aufnahme 2008 bestandenen sensomotorischen Ausfälle waren bei Entlassung nicht mehr vorhanden (vgl. Blatt 32 der SG-Akte), im Reha-Bericht 2011 wurde das Lasègue-Zeichen beidseits als negativ beschrieben.
Im Funktionssystem der Arme (vgl. B Nr. 18.13 VG) konnte der Senat keine GdB-relevante Funktionsbehinderung feststellen. Zwar haben Prof. Dr. C. und Dr. P. auf Beschwerden der Schulter hingewiesen. Doch stehen diese im Zusammenhang mit der Erkrankung der Halswirbelsäule und sind nur vorübergehend und sporadisch vorhanden. Insoweit hatte Prof. Dr. C. eine Vorhebbarkeit der Arme von links 90O und rechts nur 60o beschrieben, doch konnte der Senat nicht feststellen, dass dieser Zustand von 6-Monate übersteigender Dauer ist, denn bei der Untersuchung durch Dr. P. konnte der Arm rechts und links jeweils bis 150o gehoben werden. Auch dem Reha-Bericht der B. -Klinik von 2017 ist nur eine endgradig eingeschränkte Anhebungseinschränkung zu entnehmen. Damit konnte diese Gesundheitsstörung nicht mit einem eigenständigen GdB von 10 bewertet werden.
Auch die von Dr. P. beschriebene radiologisch nachweisbare initiale Arthrose der Fingergrundgelenke II und III der linken Hand bedingt keinen GdB. Es liegt keine Versteifung eines oder mehrerer Finger und auch kein Verlust eines oder mehrerer Finger bzw. Fingerglieder vor. Die Greiffunktion ist auch nicht eingeschränkt. Alle Nagelränder der Langfinger erreichen die quere Hohlfalte und liegen bei gestreckten Fingern in der verlängerten Handrückenebene. Die Gelenke sind frei beweglich, es liegt eine uneingeschränkte Abspreizbarkeit vor, wie der Senat dem Gutachten von Dr. P. entnimmt. Auch die Opposition der Langfinger zur Daumenkuppe ist uneingeschränkt und unter normaler Kraftentfaltung möglich. Die typischen Griffformen sind seitengleich und ohne Schmerzangabe durchführbar, wie Dr. P. dargelegt hat. Damit konnte der Senat auch insoweit keine GdB-relevante Funktionsbehinderung feststellen.
Im Funktionssystem der Beine (vgl. B Nr. 18.14 VG) besteht beim Kläger eine radiologisch nachweisbare initiale Coxarthrose beidseits ohne Funktionseinschränkung, was der Senat mit dem Gutachten von Dr. P. feststellt. Zwar hat der Kläger bei der Funktionsprüfung eine Streckung und Beugung von links nur 0/0/70o, rechts von 0/0/40o toleriert, war dann aber in der Lage, aus dem seitlichen Sitz auf der Untersuchungsliege in Rumpfvorbeuge, die Hüften bis zu 110o zu beugen, wie Dr. P. mitgeteilt hat. Damit konnte sich der Senat nicht von der Richtigkeit der Ergebnisse der Funktionsprüfung überzeugen. Vielmehr überzeugen die Ergebnisse der Spontanbeugung, die der Kläger bei Dr. P. gezeigt hatte. Es liegt damit keine Versteifung eines oder beider Hüftgelenke, keine relevante Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke, keine Hüftdysplasie (einschließlich sogenannte angeborene Hüftluxation) und keine schnappende Hüfte vor. Damit ist - Dr. P. folgend - der GdB insoweit nicht mit mindestens 10 zu bewerten.
Soweit Prof. Dr. C. eine Beeinträchtigung der Kniebeweglichkeit für Streckung/Beugung auf 0-0-60o angenommen hatte, folgt daraus kein relevanter GdB. Die Prüfung der Beweglichkeit der unteren Gliedmaßen war bei Prof. Dr. C. infolge eines willentlichen Gegenspannens der antagonistisch wirkenden Muskulatur während des Untersuchungsvorganges nicht möglich (vgl. Blatt 105 der SG-Akte = Seite 6 des Gutachtens). Bei der Untersuchung durch Dr. P. waren die Kniegelenke zu folgender aktiven Streckung/Beugung in der Lage: rechts 0-0-110o, links 0-0-90o. Auch hier hatte der Kläger bei Schmerzangabe lumbal, mithin nicht an den Knien, und kräftigem Gegenspannen die tatsächlich mögliche Beweglichkeit beeinträchtigt und reduziert, sodass der Senat auch nicht von einer links auf 90o eingeschränkten Beugefähigkeit ausgehen konnte. Denn in sitzender Position konnte der Kläger bei Dr. P. das Knie deutlich stärker beugen (Blatt 177 der Senatsakte = Seite 14 des Gutachtens). Ein GdB von 10 kommt damit nicht in Betracht.
Im Funktionssystem der Atmung (dazu vgl. B Nr. 8 VG) besteht beim Kläger eine leichte nicht behandelte, bronchiale Hyperreagibilität mit allenfalls Neigung zu Asthma Bronchiale, diese Gesundheitsstörungen sind mit einem GdB von 10 zu bewerten. Das konnte der Senat mit dem Gutachten von Dr. B. feststellen, der angegeben hatte, dass diese Gesundheitsstörung zum Zeitpunkt seiner Untersuchung des Klägers auch gar nicht behandelt wird.
Der Senat konnte keine Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion i.S.d. B Nr. 8.3 VG feststellen. Denn Dr. B. konnte für den Senat zur Überzeugung führend darlegen, dass eine Einschränkung der Lungenfunktion dauernden Charakters bei der Begutachtung weder unter Ruhe- noch unter Belastungsbedingungen beim Kläger nachgewiesen werden konnte. Auch die Blutgasanalysen unter Ruhe- und Belastungsbedingungen zeigten, abgesehen von einer organmedizinisch nicht erklärbaren Hyperventilation, keine Auffälligkeiten. In der Bodyplethysmografie konnten normale Atemwegwiderstände, keine Überblähungszeichen, in der Spirometrie weder eine restriktive noch obstruktive eine Einschränkung nachgewiesen werden. Lediglich die Inhalationsprovokation mit Methacholin zeigte eine leichte bronchiale Hyperreagibilität, die komplette Reversibilität wurde jedoch nachgewiesen. In der Spiroergometrie oder Ergospirometrie verliefen die kardiorespiratorischen Parameter alle im Normalbereich, die anaerobe Schwelle wurde fast erreichet, aber nicht überschritten. Auch wurde mit dem Gutachter Dr. B. das Vorliegen einer schweren bronchialen Hyperreagibilität außerhalb einer "Bronchitis" bislang nicht belegt.
Damit konnte der Senat eine Bewertung der bestehenden Gesundheitsstörung nach B Nr. 8.2 VG nicht vornehmen, denn auch insoweit konnte eine Einschränkung der Lungenfunktion nicht nachgewiesen werden, ebensowenig eine chronische Bronchitis.
Der Diagnostik und Einschätzung des Gutachters Dr. Z. , der eine Sauerstoffsättigung von 98 % dargestellt hat, konnte der Senat nicht folgen. Dieser hatte in seinem für das SG erstellten Gutachten eine polyvalente Allergie angegeben. 70 % der Allergiker bekämen im Laufe ihres Lebens durch den Etagenwechsel ein Asthma Bronchiale, was auch beim Kläger der Fall sei. Außerdem leide der Kläger an einer chronisch polypösen Pansinusitis. Diese Gesundheitsstörungen hat der Gutachter mit einem GdB von 20 bewertet. Dem kann der Senat nicht folgen. Denn eine Belastungsblutgasanalyse wurde beim Kläger damals nicht vollständig durchgeführt. Die Untersuchung wurde bei 60 Watt abgebrochen, da der Kläger Schmerzen im Rücken und in den Beinen angegeben hatte. Trotzdem zeigte die Blutgasanalyse keine respiratorische Insuffizienz, auch wenn es zu einem erhöhten Blutdruck gekommen war. Weshalb dann aber eine Einschränkung der Lungenfunktion bewertet werden soll, erschließt sich dem Senat nicht. Denn Dr. Z. hat ausführt, die Lungenfunktionsprüfung und Blutgasanalyse, sowie der auskultatorische Befund in Ruhe, unter Belastung und unter Berücksichtigung der Medikation, seien die wichtigen Parameter zur Beurteilung der Einschränkung, wobei die gemessene Lungenfunktionsprüfung unter Medikation einen Tiffaneau-lndex, der im Normbereich liege, gezeigt habe, auch aus den Blutgasen sei keine respiratorische Insuffizienz ersichtlich. Wenn der Gutachter aber anführt, er könne auch ohne Medikation durch den Anstieg der P02 und den Abfall der PC02 von einer obstruktiven Ventilationsstörung ausgehen, ohne Rücksicht auf die Lungenfunktion zu nehmen, so folgt daraus nicht eine GdB-Bewertung mit 20. Denn nach B Nr. 8. 2 und 3 VG setzen derartige GdB-Bewertungen gerade eine dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion voraus.
Damit kommt vorliegend nur eine Bewertung der Gesundheitsstörung des Klägers als Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion nach B Nr. 8.5 VG in Betracht. Hier ist eine Hyperreagibilität mit seltenen (saisonalen) und/oder leichten Anfällen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Insoweit musste der Senat mit den beiden Lungengutachtern feststellen, dass beim Kläger nur saisonale Anfälle bestehen, die auch medikamentös gut behandelt werden können. Die vom Kläger vorgehaltenen Medikamente waren zum Zeitpunkt der Begutachtung bei Dr. B. seit April 2015 abgelaufen und nicht benutzt worden; der Kläger hatte von den ursprünglich 120 vorhandenen Dosierungen noch 110 im Dosieraerosolbehälter vorrätig (Blatt 56 der Senatsakte = Seite 20 des Gutachtens Dr. B. ). Auch eine eigentliche Therapie hat der Kläger nicht durchgehend durchgeführt. So hat Dr. B. keine Therapie berichtet, auch im Gutachten von Dr. Z. ist eine solche Therapie nicht ersichtlich, sodass sich der Senat nicht davon überzeugen konnte, dass die Funktionsbeeinträchtigung mit einem GdB am oberen Rand des Bewertungsrahmens zu bemessen wäre. Vielmehr konnte der Senat mit Dr. B. den GdB nur mit 10 feststellen und hält diesen Wert angesichts der geringen Ausprägung und der geringen Häufigkeit der Anfälle für ausreichend.
Auch Dr. Z. hat beim Kläger keinen fassbaren relevanten nasalen Befund, der pathologisch von dem für das Lebensalter typischen Befund abweicht, erheben können. Es findet sich ein reizloser Zustand nach endonasaler Nasennebenhöhlenoperation rechts und eine diskrete Schleimhautschwellung in der rechten Kieferhöhle, jedoch keine Sekretretention und kein pathologisches Sekret. Dieser Befund erklärt nach Dr. Z. nicht den rechtsseitig vom Kläger behaupteten Gesichtsschmerz, der vor allem nachts störend sei. Auffällig sei ein Druckschmerz über dem Kiefergelenk, rechts mehr als links, insbesondere enoral getastet über dem aufsteigenden Unterkieferast. Dies sei, so Dr. Z. , typisch für eine Kiefergelenksmyoarthropathie, bzw. eine sogenannte craniomandibuläre Dysfunktion. Diese resultiere häufig daraus, dass der Bettoffene (meist unterbewusst) dazu neige, die Kiefer fest aufeinanderzupressen, bevorzugt nachts. Diese schmerzhafte Funktionsstörung ist gut behandelbar und bedingt keine wesentliche Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Weder diese Erkrankung noch die nach Nasennebenhöhlenoperation verbliebenen Zustände, und auch nicht die angegebenen Sinusitiden, bedingen daher einen GdB von mindestens 10.
Im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs (dazu vgl. B Nr. 9 VG) besteht beim Kläger ein Bluthochdruckleiden. Dieses ist medikamentös behandelt und hat zu keinen Folgeerkrankungen bzw. Organbeteiligungen geführt. Es sind weder Augenhintergrundveränderungen noch ein Fundus hypertonicus I-II und/oder eine Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie, und auch kein diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung festzustellen. Dies konnte der Senat mit dem Gutachten von Dr. S. feststellen. Der GdB ist daher im Hinblick auf die Bemessungsvorgaben von B Nr. 9.3 VG mit 10 ausreichend bewertet. Eine weitergehende Herzerkrankung konnte der Senat nicht feststellen.
Im Funktionssystem der Ohren (vgl. B Nr. 5 VG) besteht beim Kläger ein Tinnitus ohne psychische Begleiterscheinungen, eine diskrete Hörminderung rechts. Dies konnte der Senat mit dem Gutachter Dr. Z. feststellen. Der Einzel-GdB in diesem Funktionssystem ist mit 10 festzustellen.
Dr. Z. hat bei seiner Untersuchung des Klägers ein Ohrgeräusch rechts schwellennah bei 3 kHz reproduzieren können. Dies entspricht auch dem Frequenzbereich, den bereits Dr. D. , die behandelnde HNO-Ärztin, angegeben hatte. Zwar hat der Kläger das Ohrgeräusch häufig als "quälend" und als "erheblich" beschrieben. Gutachterlich konnte Dr. Z. aber darauf hinweisen, dass die Auswirkung eines Ohrgeräusches durch eine geschickte Fragestellung ärztlicherseits festgestellt werden muss und nicht durch einen Tinnitus-Fragebogen, wie er bei Dr. D. verwandt worden war, wo der Betroffene die Auswirkung des Ohrgeräusches selbst bestimmt. Dr. Z. hat dagegen aus seiner Untersuchung und Befragung des Klägers berichtet, dass auffällig gewesen sei, dass der Kläger bei der Ursache seines gestörten Schlafes nicht das Ohrgeräusch erwähnt, sondern insbesondere den rechtsseitigen Gesichtsschmerz und den orthopädischen Schmerz. Nach ausreichend lange gegebener Zeit des Nachdenkens habe der Kläger die subjektive Beeinträchtigung durch das Ohrgeräusch auf den zweiten Platz verortet. Dies passt auch zu dem Entlassbericht der B. -Klinik, wo keine Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Tinnitus-Behandlung zu entnehmen ist. Psychovegetative Begleiterscheinungen konnte der Gutachter daher nicht als wahrscheinlich gemacht sehen. Das entspricht auch den Angaben des Klägers bei Dr. S ... Dort hatte der Kläger über Schwimmengehen mit der Ehefrau, Interesse an Fußball (Juventus Turin, Bayern München, KSC) und das Restaurant, dessen Inhaber er ist, berichtet. Auch Dr. S. konnte keine psychischen Erscheinungen feststellen, die er in einen Zusammenhang mit einem Tinnitus gebracht hätte. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat den Tinnitus mangels nachgewiesener nennenswerter psychischer Begleiterscheinungen nach B Nr. 5.3 VG nur mit einem GdB von allenfalls 10 bewerten.
Eine Hörminderung konnte der Gutachter Dr. Z. linksseitig nicht darlegen; insoweit hat er im Wesentlichen einen Normalbefund mitgeteilt. Die leichte Asymmetrie rechts könnte Folge des berichteten Hörsturzes aus dem Juli 2017 sein, so Dr. Z ... Dieser hat im Sprachaudiogramm einen Hörverlust für Zahlen rechts mit 22, links mit 21 dB ermittelt. Das ungewichtete Wortverstehen betrug rechts 260, links 270, nach Gewichtung rechts 245, links 260. Nach B Nr. 5.2.4 VG ergibt sich aus diesem Hörverlust ein GdB von nicht mindestens 10, wie Dr. Z. zutreffend ausgeführt hat.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat mit Dr. S. eine leichte depressive Verstimmungen reaktiver Genese bei den körperlichen Erkrankungen und einen Spannungskopfschmerz feststellen. Diese Störungen sind mit einem GdB von 10 zu bewerten. Die angenommene chronische Schmerzstörung bzw. chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (vgl. z.B. MDK-Bericht vom 22.05.2012, Blatt 40 ff der SG-Akte) konnte der Senat auch mit dem Gutachten von Dr. S. nicht feststellen. Auch die behandelnde Neurologin und Psychiaterin Dr. W. hat eine solche Erkrankungen nicht festgestellt, vielmehr den Schmerz in ihrer Aussage gegenüber dem SG als bloßen Kreuzschmerz bezeichnet und den Kläger als psychisch unauffällig beschrieben (vgl. Bericht vom 04.02.2015).
Nach B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.
Vorliegend hat Dr. S. bei seiner Untersuchung den Kläger als altersentsprechend beschrieben. Gestik und Mimik waren angemessen. Eine Eingebundenheit bestand nicht. Der Habitus war unauffällig. In der Untersuchungssituation war der Kläger auskunftsbereit und kooperativ. Es ergab sich klinisch kein Anhalt für eine relevante Simulation oder Dissimulation. Im interaktionellen Verhalten war der Kläger freundlich zugewandt und höflich. Die Sprache war regelrecht moduliert, fest. Es bestanden keine Sprechstörungen wie Stammeln oder Stottern. Das Sprachverständnis und das sprachliche Ausdrucksvermögen waren gut. Es lagen keine Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung und der Konzentration vor. Ebenso ließen sich in der Gutachtensituation keine Gedächtnisstörungen nachweisen. Für eine hirnorganisch bedingte psychische Symptomatik ergab sich kein Anhalt. Im Antrieb war der Kläger angemessen, eine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung lag nicht vor. In der Grundstimmung wirkte der Kläger leicht niedergestimmt, belastet, subdepressiv. Eine tiefgehende oder vitale depressive Stimmungslage lag aber nicht vor. Die affektive Resonanzfähigkeit war nicht eingeschränkt. Das formale Denken war nicht verlangsamt, es war folgerichtig. Inhaltliche Denkstörungen, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen, dissoziative oder somatische Störungen lagen ebensowenig vor wie eine endogene circadiane Rhythmik der Stimmungslage. Für eine Persönlichkeitsstörung oder für eine sozialmedizinisch relevante Suchterkrankung ergab sich kein Hinweis, auch nicht für Suizidalität. Damit konnte der Senat mit Dr. S. keine schwerere psychiatrische Erkrankung feststellen. Eine solche hat auch die behandelnde Neurologin und Psychiaterin nicht mitteilen können. Diese hatte eine Depression auch nicht angenommen.
Der Senat konnte aber auch eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht feststellen. Zwar hat der Kläger einen sozialen Rückzug behauptet. Doch konnte der Senat diesen nicht feststellen. Denn der Kläger betreibt sein italienisches Restaurant, wo er – nach eigenen Angaben - noch einige Stunden täglich arbeitet, mithin im Kontakt mit einer Vielzahl von Kunden und Zulieferern sowie Mitarbeitern steht, auch wenn er sich auf die Verwaltungsangelegenheiten des Restaurants beschränkt haben sollte. Der Kläger hat außerdem Hobbies, z.B. geht er mit seiner Ehefrau Schwimmen und interessiert sich für Fußball. Er hat Dr. S. angegeben, viel zu lesen. Er passt auf die Enkelkinder auf. Sonntags sei Familientag bis 16 Uhr, anschließend habe das Restaurant offen, so der Kläger zu Dr. S ...
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat nicht feststellen, dass der Kläger sich – bei der erforderlichen durchschnittlichen Betrachtung - krankheitsbedingt aus dem Leben und der Gesellschaft zurückgezogen hat. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit kann der Senat nicht feststellen. Vielmehr stellt der Senat fest, dass der Kläger in der Lage ist, seinen Alltag an den Bedürfnissen von Arbeit, Familie und Freizeit auszurichten und seinen Alltag entsprechend um diese Erfordernisse und seine Erkrankungen herum zu gestalten vermag.
Dr. S. hat die bestehende seelische Minderbelastbarkeit mit einem GdB von 10 bewertet. Der Senat schließt sich dieser Bewertung an. Denn im Vergleich ist die Erkrankung des Klägers und deren funktionellen Folgen nicht so ausgeprägt, dass ein GdB am oberen Rand des für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen vorgesehenen Bewertungsrahmens gerechtfertigt wäre. Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass eine mit einem GdB von 20 zu bewertende Störung oder gar eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliegt. Vielmehr besteht beim Kläger, wie auch von Dr. S. angegeben, eine leichtere psychovegetative oder psychische Störung, die allenfalls im mittleren Bereich des Bewertungsrahmens mit einem GdB von 10 bewertet werden kann.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Einen Antrag nach § 109 SGG hat der Kläger nicht gestellt. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 30, 40 oder 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule), - 0 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme, - 0 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Beine, - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Atmung, - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs, - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Ohren und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Nachdem beim Kläger vorliegend von einem zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von 20 und mehrfach von GdB-Werten von 10 auszugehen ist, und auch kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken, konnte der Senat einen GdB von mehr als 40, wie vom vom Beklagten angenommen, nicht feststellen. Vielmehr liegt der GdB bei insgesamt 20.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der beim Kläger insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 50 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nicht entsprechend schwer funktionell in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. In seiner Gesamtheit entsprechen die Erkrankungen des Klägers weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau den nach den VG in Teil B mit einem GdB von 50 oder mehr bewerteten Gesundheitsstörungen. Der Senat vermag daher nicht der Auffassung des SG zu folgen, dass der Gesamt-GdB mit 50 anzunehmen sei.
Damit konnte der Senat feststellen, dass im Verhältnis zu der früheren GdB-Feststellung keine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist. Auf die Berufung des Beklagten war daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Der Senat ist der Auffassung, dass die Fortführung des Verfahrens durch den Kläger rechtsmissbräuchlich sein dürfte, nachdem die eingeholten Gutachten in 4 Fachgebieten einen Gesamt-GdB von mehr als 40 nicht bestätigt hatten. Daher hätte es dem Kläger oblegen, die Konsequenzen aus der Beweislage zu ziehen und eine entsprechende verfahrensbeendende Erklärung abzugeben. Das hat er aber nicht getan, sodass ein Festhalten am Begehren eines GdB von 50 nicht nur erfolglos sondern auch rechtsmissbräuchlich sein dürfte. Daher hätte die Auferlegung von Kosten im Umfang von mindestens 225 Euro sehr nahegelegen. Dennoch hat der Senat zugunsten des Klägers im Rahmen seines Ermessens von der Androhung und Auferlegung von Kosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG abgesehen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Neu-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; 50 statt 40) seit 28.03.2014 zusteht.
Bei dem 1966 geborenen Kläger, italienischer Staatsangehöriger, stellte das Landratsamt O. (LRA) mit Bescheid vom 18.05.2010 (Blatt 16/17 der Beklagtenakte) den GdB mit 30 seit 22.03.2010 fest (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, chronisches Schmerzsyndrom (GdB 30)).
Am 28.03.2014 (Blatt 43/46 der Beklagtenakte) beantragte der Kläger die höhere (Neu-)Feststellung des GdB. Zu diesem Antrag verwies er auf eine Verschlimmerung des Bandscheibenschadens sowie einen Tinnitus, ein Asthma und Allergien.
Unter Berücksichtigung vorgelegter Unterlagen (Blatt 47/62 der Beklagtenakte), vom Orthopäden Dr. M. beigezogener Befundbeschreibungen (Blatt 65/80 der Beklagtenakte) und der Stellungnahme der Versorgungsärztin L. vom 18.06.2014 (Blatt 81/82 der Beklagtenakte), die den Gesamt-GdB auf 40 geschätzt hatte (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, chronisches Schmerzsyndrom (GdB 30); Ohrgeräusche (Tinnitus), depressive Verstimmung (GdB 20); Bronchialasthma, Allergie (GdB 10)) stellte das LRA mit Bescheid vom 25.06.2014 (Blatt 83/84 der Beklagtenakte) den GdB mit 40 seit 28.03.2014 fest.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 02.07.2014 (Blatt 86 der Beklagtenakte) begründete der Kläger (Blatt 91/93 der Beklagtenakte) u.a. damit, dass die Rückenschädigungen unterbewertet seien. Das chronische Schmerzerleben habe zwischenzeitlich zu einer deutlichen psychischen Beeinträchtigung im Sinne einer Depression geführt. Auch das Bronchialasthma sei unterbewertet.
Das LRA zog eine Befundbeschreibung von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. (Blatt 96/98 der Beklagtenakte; Diagnosen: Tinnitus rechts unklarer Ursache, rezidivierende Kreuzschmerzen; "wegen Depression hier nicht in Behandlung"), worauf der Versorgungsarzt Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 30.09.2014 (Blatt 99/100 der Beklagtenakte) an der bisherigen versorgungsärztlichen Einschätzung festhielt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2014 (Blatt 102 der Beklagtenakte) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 22.12.2014 beim Sozialgericht (SG) Freiburg Klage erhoben. Er leide nunmehr auch unter agoraphobischen Angstzuständen, die immer wieder in Panikattacken gipfelten. Der Kläger hat ärztliche Unterlagen vorgelegt (Blatt 12/13 der SG-Akte).
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen.
Der Orthopäde Dr. M. hat dem SG am 12.03.2015 (Blatt 22/45 der SG-Akte) geschrieben, das chronische Schmerzsyndrom habe sich trotz regelmäßiger ambulanter Behandlung und Rehamaßnahmen deutlich verschlimmert; die Gesundheitsschäden seien mit einem GdB von 100 zu bewerten.
Dr. B. hat mit Schreiben vom 17.03.2015 (Blatt 46/54 der SG-Akte) darauf hingewiesen, dass insbesondere eine Nephrolitiasis und eine Nierenkolik noch nicht berücksichtigt seien. Diese seien mit jeweils 60 % zu bewerten.
Der Pneumologe und Allergologe, Schlafmediziner Dr. T. hat dem SG mit Brief vom 08.04.2015 (Blatt 55 der SG-Akte) geschrieben, er habe den Kläger nur einmalig am 03.06.2013 wegen nächtlicher Atemnot nach akuter Bronchitis untersucht und beraten.
Die HNO-Ärztin Dr. D. hat dem SG geschrieben (Blatt 56/89 der SG-Akte), sie halte einen GdB von 20 für den Tinnitus für ausreichend.
Für den Beklagten hat Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 29.07.2015 (Blatt 93/94 der SG-Akte) den GdB nur noch mit medizinisch 30 bewertet. Dagegen hat sich der Kläger mit Schrieben vom 24.08.2015 (Blatt 95/96 der SG-Akte) gewandt.
Das SG hat nunmehr beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Dr. C. dessen Gutachten vom 08.10.2015 (Blatt 100/113 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 06.10.2015) eingeholt. Dieser hat die Wirbelsäulenschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule als schwer eingeschätzt und mit einem GdB von 30 bewertet. Im Bereich der linken Schulter bestehe eine endgradige Bewegungseinschränkung, die mit einem GdB von 10 zu bewerten sei. Den Gesamt-GdB hat der Gutachter auf 40 eingeschätzt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das SG das Gutachten des Facharztes für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie Dr. Z. vom 21.06.2016 (Blatt 123/149 der SG-Akte; dreimalige Untersuchung des Klägers) eingeholt. Dieser hat ein Asthma bronchiale vom Mischtyp, eine chronische obstruktive Lungenerkrankung im Stadium zumindest I-II, einen erhöhten Bluthochdruck bei Belastung angegeben und die Lungenfunktionseinschränkungen mit einem GdB von 20 bewertet.
Das SG hat nunmehr Dr. W. als sachverständige Zeugin befragt. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie hat dem SG am 04.07.2016 geantwortet (Blatt 155/157 der SG-Akte) und eine Wurzelirritation L5 links sowie Kreuzschmerzen mit einem GdB von 30, die Schlafstörung und den Tinnitus mit einem GdB von 20 bewertet. In dem von Dr. W. vorgelegten Bericht vom 04.02.2015 wurde der Kläger als psychisch unauffällig bezeichnet.
Dr. R. hat in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.09.2016 (Blatt 161 der SG-Akte) den GdB weiterhin mit "realistisch 30" eingeschätzt.
Mit Urteil vom 13.12.2016 hat das SG den Bescheid vom 25.06.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2014 abgeändert und den Beklagten verurteilt, den GdB beim Kläger ab dem 28.03.2014 mit 50 festzustellen. Gegenüber dem bindend angenommenen GdB von 30 seien die ständigen und hochfrequenten und quälenden Ohrgeräusche rechts mit Schlafstörungen und Reizbarkeit tagsüber sowie depressiven Verstimmtheiten zusätzlich mit einem GdB von 20 zu bewerten. Unter Zugrundelegung des weiteren GdB von 20 für die bronchiale Hyperreagibilität mit Asthmaanfallsneigung sei der Gesamt-GdB von 30 auf 50 zu erhöhen.
Gegen das ihm am 19.01.2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 01.02.2017 am 07.02.2017 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Der Bewertung des SG könne nicht gefolgt werden. Schon der Versorgungsarzt Dr. R. habe darauf hingewiesen, dass der GdB von 30 für die Wirbelsäule nur in Verbindung mit der Schmerzstörung zu erreichen sei. Auch sei der GdB von 20 für das Bronchialasthma nicht ausgefüllt. Schließlich reichten auch die Ohrgeräusche nicht aus, den GdB entsprechend zu erhöhen. Eine psychische Beeinträchtigung sei nicht dokumentiert.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13.12.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Es sei auch die Frage aufgeworfen worden, ob auch noch eine Hörstörung bestehe. Außerdem hat der Kläger den Reha-Bericht der B. -Klinik vom 26.04.2017 und die Atteste der Dr. D. vom 09.03.2017 und 18.07.2016 vorgelegt (Blatt 20/30, 31/33, 36 der Senatsakte) und auf eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der Hüften sowie auf Sinusitiden verwiesen. Der Tinnitus sei lauter geworden. Auch das Hörvermögen habe sich verschlechtert.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten bei Dr. B. , Dr. Z. und Dr. S.
Der Lungenfacharzt Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 18.09.2017 (Blatt 37/66 der Senatsakte; Untersuchung des Klägers am 21.08.2017) eine leichte, bronchiale Hyperreagibilität mit Neigung zu einem Asthma bronchiale ohne dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion diagnostiziert und mit einem GdB von 10 bewertet.
Der Facharzt für HNO-Heilkunde, Allergologe, Umweltmedizin Dr. Z. hat in seinem Gutachten vom 21.11.2017 (Blatt 72/102 der Senatsakte; Untersuchung des Klägers am 09.11.2017) einen rechtsseitigen Tinnitus sowie eine diskrete Hörminderung im hohen Frequenzbereich und eine Kiefergelenkmyoarthropathie dargestellt. Den Tinnitus ohne nennenswerte psychologische Begleiterscheinungen hat er mit einem GdB von 10 bewertet. Die chirurgisch behobenen Folgen einer chronischen Nasennebenhölenentzündung ohne wesentliche Neben- oder Folgeerscheinungen hat er mit einem GdB von maximal 10 bewertet.
Der Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 01.02.2018 (Blatt 103/142 der Senatsakte; Untersuchung des Klägers am 29.01.2018) eine leichte depressive Verstimmung reaktiver Genese bei körperlichen Erkrankung, einen Spannungskopfschmerz und ein Blutdruckleiden ohne Folgeerkrankungen diagnostiziert. Letzteres hat er nicht mit einem GdB von 10 bewertet. Den GdB im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche hat er mit 10 bewertet.
Der Kläger hat nunmehr den Bericht des Radiologen Dr. M. vom 14.07.2017, des Orthopäden Dr. M. vom 25.03.2018, des Dr. Z. vom 19.02.2018 und 14.05.2018 sowie der Dr. D. vom 16.05.2018 vorgelegt (Blatt 148/147, 152/153, 154/156, 162, 163 der Senatsakte).
Der Senat hat nunmehr auch noch das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. P. vom 09.07.2018 (Blatt 164/201 der Senatsakte; Untersuchung des Klägers am 05.07.2018) eingeholt. Dr. P. ein myogenes Reizsyndrom der Halswirbelsäule ohne Funktionseinschränkung und ohne manifeste radikuläre Ausfälle bei radiologisch und kernspintomographisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen im unteren Drittel der Halswirbelsäule, ein myogenes Reizsyndrom der Rumpfwirbelsäule mit leichter Funktionseinschränkung ohne manifeste radikuläre Ausfälle bei radiologisch und kernspintomographisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen und angeborener Spondyloyse L 5 mit Wirbelgleiten Grad l nach Meyerding lumbosacral, eine radiologisch nachweisbare initiale Coxarthrose beidseits ohne Funktionseinschränkung und eine radiologisch nachweisbare initiale Arthrose der Fingergrundgelenke II und III der linken Hand ohne Beeinträchtigung der Greiffunktion der Hand beschrieben. Die beschriebene endgradige Funktionseinschränkung der linken Schulter sei in Zusammenschau mit den an der Halswirbelsäule vorliegenden Befunden zu sehen und stelle bei aktuell lokal unauffälligem Befund an der linken Schulter keine zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung dar. Bei den auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Befunden handele es sich um leicht- bis mittelgradige Einschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, die bei zusammenfassender Berücksichtigung der insgesamt an Hals- und Lendenwirbelsäule vorliegenden Beschwerden mit einem GdB in Höhe von 30 zu bewerten seien. Im Hinblick auf eine lumbal lediglich leichte und nicht mittelgradige Instabilität (Spondylolisthesis Grad l nach Meyerding), nicht vorliegenden wesentlichen Verformungen der Wirbelsäule und insbesondere fehlenden manifesten radikulären Ausfällen, sei diese Einschätzung aber bereits als an der absoluten Obergrenze des aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Ableitbaren liegend anzusehen. Ungeachtet der angegebenen subjektiven Beschwerdesymptomatik sei das vorliegende Krankheitsbild nicht vergleichbar einer Situation mit mittelgradigen Beschwerden und funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Die radiologisch an beiden Hüftgelenken und zwei Fingergrundgelenken nachweisbaren initialen degenerativen Veränderungen seien nicht mit Funktionseinschränkungen verbunden und daher auch nicht jeweils mit einem GdB in Höhe von mindestens 10 zu bewerten. Den Gesamt-GdB hat er auf 30 geschätzt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 202, 204 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und begründet.
Der Kläger wird durch den angefochtenen Bescheid vom 25.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.11.2014 nicht in seinen Rechten verletzt. Denn der Senat konnte feststellen, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers und die daraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft keinen höheren GdB, als den vom Beklagten angenommen GdB von 40 rechtfertigen. Denn nach Auswertung der Gutachten und der vorliegenden ärztlichen Befunde und Unterlagen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Gesamt-GdB an sich nur mit insgesamt 20 zu bewerten ist.
Zwar mag es sein, dass im Verhältnis zur früheren Feststellung des GdB mit 30 beim Kläger weitere Gesundheitsstörungen hinzugekommen sind. Nachdem diese jedoch keinen Gesamt-GdB von insgesamt mehr als 20 rechtfertigen sind diese Änderungen i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X rechtlich nicht wesentlich. Auf die Berufung des Beklagten war daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen; soweit der Beklagte bereits einen GdB von 40 festgestellt hat, kommt dem Senat eine Absenkung des GdB nicht zu.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 ff.). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel- oder Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss damit durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, zuvor § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen, sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 30, 40, 50, 60 oder 70 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid oder dem Bezug einer Rente, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen bei Antragstellung und seither ununterbrochen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit keinen Gesamt-GdB von mehr als 40, vielmehr nur einen solchen von 20, rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 20 anzunehmen. Denn im Bereich der Halswirbelsäule bestehen lediglich leichtgradige Funktionsbehinderungen, im Bereich der Lendenwirbelsäule nur solche mittelgradiger Ausprägung.
Nach B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Der Senat konnte in diesem Funktionssystem anhand des Gutachtens von Dr. P. beim Kläger ein myogenes Reizsyndrom der Halswirbelsäule bei radiologisch und kernspintomographisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen im unteren Drittel der Halswirbelsäule sowie ein myogenes Reizsyndrom der Rumpfwirbelsäule bei radiologisch und kernspintomographisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen und angeborener Spondyloyse L 5 mit Wirbelgleiten Grad l nach Meyerding lumbosacral feststellen.
Dr. P. hat bei seiner Untersuchung des Klägers bei der tastenden Untersuchung eine Druckschmerzangabe über den Dornfortsätzen des 4. und 5. Halswirbelkörpers sowie über den Rändern des Kapuzenmuskels, der ebenso wie die paravertebrale Muskulatur normal tonisiert ist, beschrieben. Die aktiven Bewegungsausmaße waren im Normalbereich gemessen worden (Rotation rechts/links 70/0/70°, Seitneigung rechts/links 30/0/30°, Vor-/Rückneigen 40/0/40°, bei einem Kinnspitzen-Brustbein-Abstand von 2/15 cm). Bei den Drehbewegungen hat der Kläger endgradig jeweils Schmerzen in der kontralateralen Nackenmuskulatur angegeben, die Bewegungen in der sagittalen Achse seien insgesamt schmerzhaft.
Hinsichtlich der Rumpfwirbelsäule hat Dr. P. angegeben, dass bei der Aufsicht von hinten ein angedeuteter Schultertiefstand rechts, und ein Beckengeradstand besteht. Das Lot vom Dornfortsatz des 7. Halswirbelkörpers fällt direkt in die Analfurche. Bei der Ansicht von der Seite fällt durchgehend eine leichte Inklinationshaltung der Rumpfwirbelsäule auf. Bei der tastenden Untersuchung hat Dr. P. eine Druckschmerzangabe über der gesamten LWS, von proximal nach distal zunehmend, und eine massive Schmerzangabe auch über beiden Kreuz-/Darmbeingelenken, links mehr als rechts, beschrieben. Die Bewegungsprüfungen wurden vom Kläger unter Angabe von Schmerzen ausgeführt. Dr. P. hat einen Finger-Boden-Anstand von 54 cm, ein Index nach Ott von 29/30/31 cm sowie ein Index nach Schober von 9/10/11 cm angegeben. Bei seitengleich normalen Dreh- und Neigebewegungen hat der Kläger bei der Rechtsrotation in das linke lliosacralgelenk ausstrahlende Schmerzen angegeben (Bewegungsmaße: Rotation rechts/links 50/0/50°, Seitneigung rechts/links 30/0/30°).
Bei Überprüfung der typischen Kennmuskeln an oberen und unteren Extremitäten hat Dr. P. bei mehrfachen Wiederholungen deutlich wechselnde Anspannungen der linksseitigen Großzehen- und Fußheber- und -senkermuskulatur im Sinne einer schmerzbedingten Minderinnervation beschrieben. Die Muskeleigenreflexe an den oberen und unteren Extremitäten waren jedoch seitengleich prompt erhältlich, bei Überprüfung des Lasegue schen Zeichens wurde ein Abheben des gestreckten rechten Beines um ca. 40°, links um maximal 20° toleriert, danach seien die Rückenschmerzen – so der Kläger - zu stark; bei der Funktionsprüfung der Hüften (dazu siehe unten) konnte der Kläger aber die Hüften bis zu 110o beugen. Klinisch konnte Dr. P. auch keinen Hinweis auf ein peripheres Nervenengpasssyndrom feststellen. Bei Erhebung des neurologischen Status gab der Kläger eine gestörte Berührungsempfindlichkeit an der Außenseite des gesamten linken Armes, der linken Hohlhand, an der Außenseite des gesamten linken Beines sowie der Oberschenkelrückseite links an, wobei die Herstellung eines eindeutigen Dermatombezuges nicht sicher möglich war. Hinweise für eine manifeste radikuläre Schwäche an oberen und unteren Extremitäten ergaben sich bei im Übrigen auch seitengleich normalem Reflexverhalten nicht. Soweit der Kläger nach dem Aufwachen eingeschlafene Arme und Beine, vor allem links, beschreibt, kann dies nicht auf die Halswirbelsäule objektiviert zurückgeführt werden. Denn auch der vom Kläger vorgelegte Radiologiebericht der Dr. M. vom 14.07.2017 beschreibt lediglich eine mögliche Irritation der Wurzel C5 beidseits, kann diese aber nicht feststellen. Auch der Verdacht einer Kompression der Wurzel C6 links und der Wurzel C7 ist nach diesem Bericht nicht objektiviert.
Vor diesem Hintergrund bestehen, wie Dr. P. zutreffend dargelegt hat, an der Halswirbelsäule bei normgemäßen Bewegungsmöglichkeiten, keinen Instabilitäten oder Verspannungen, sondern lediglich Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen. Die gestörte Berührungsempfindlichkeit an den Außenseiten der Arme und der linken Hohlhand konnte keinem Dermatom eindeutig zugeordnet werden und konnte daher nicht mit der erforderlichen Gewissheit als Folgen der bestehenden Wirbelsäulenveränderungen festgestellt werden. Soweit Dr. P. die endgradige Funktionseinschränkung der linken Schulter beim Armheben in Zusammenschau mit den an der Halswirbelsäule vorliegenden Befunden stellt, konnte er aber einen aktuell lokal unauffälligem Befund an der linken Schulter beschreiben. Der Senat konnte auch im Hinblick auf die vorliegenden Befunde der behandelnden Ärzte und der Gutachter aber nicht feststellen, dass diese Auswirkungen auf die Schulter stärker bzw. häufiger auftreten, als die bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen schon erfassten seltenen und kurz dauernd auftretenden leichten Wirbelsäulensyndrome, sodass ein höherer GdB als 10 für die Halswirbelsäule nicht in Ansatz zu bringen ist.
An der Lendenwirbelsäule hat Dr. P. bei angegebener deutlicher Schmerzhaftigkeit, gewissen angegebenen neurologischen Defiziten an der Außenseite des gesamten linken Beines sowie der Oberschenkelrückseite links, die jedoch nicht einem konkreten Dermatom zugeordnet werden konnten, und gewissen, allenfalls mittel- bis endgradigen Bewegungseinschränkungen sowie einem leichten Wirbelgleiten (Grad I nach Meyerding) zutreffend Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen angenommen. Auf der Grundlage der Befundung durch Dr. P. konnte der Senat keine weitergehenden Gesundheitsschäden bzw. weitergehende funktionelle Auswirkungen an der Lendenwirbelsäule des Klägers feststellen. Soweit Dr. S. angenommen hatte, es bestünden Nervenwurzelreizerscheinungen, die zu Sensibilitätsstörungen im Sinne einer Hypästhesie und Hypalgesie im Segment L 5 führten, ist dies allenfalls als Zeichen einer mittelschweren Schädigung der Lendenwirbelsäule zu verstehen. Denn auch unter orthopädischen Gesichtspunkten konnten beide Gutachter, Dr. P. und Prof. Dr. C. , keine weitergehenden funktionellen Auswirkungen der bestehenden Schädigungen darstellen; solche dürften sich auch nicht aus dem Gutachten von Prof. Dr. K. vom 24.08.2009 (Blatt 4/13 der Beklagtenakte) ergeben. Damit war nach den Bewertungsvorgaben von B Nr. 18.9 VG der GdB für die mittelschwer ausgeprägten Funktionsbehinderungen der Wirbelsäulenschäden in der Lendenwirbelsäule mit 20 anzunehmen.
Auch Dr. R. hat bereits im SG-Verfahren darauf hingewiesen, dass der GdB von 30 allenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung von Schmerzen angenommen werden könne. Jedoch konnte der Senat aufgrund der eingeholten Gutachten weder ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom feststellen noch, dass beim Kläger Schmerzen bestehen, die nicht von der Bewertung der Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 20 erfasst wären. Denn die Gutachter – im Übrigen auch nicht der behandelnde Orthopäde Dr. M. und die behandelnde Neurologin/Psychiaterin Dr. W. - haben gerade keine Schmerzen beschrieben, die in ihrer Ausprägung über das hinausgingen, was mit den beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen zu erwarten wäre. Soweit Prof. Dr. C. - und dessen Ausführungen zugrunde legend auch Dr. S. - ein chronisches Schmerzsyndrom fortgeschrieben hatte, folgt ihm der Senat nicht. Dr. P. konnte bei seiner Begutachtung ein solches Schmerzsyndrom gerade nicht feststellen, auch Dr. S. hat dies nicht objektivieren können, weshalb der Senat ein solches auch nicht objektivieren und der GdB-Bewertung zugrunde legen konnte.
Auch aus den von Prof. Dr. C. mitgeteilten Befunden konnte der Senat nicht auf die von ihm angenommenen Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen schließen. Denn Prof. Dr. C. hat bei seiner Untersuchung einen Beckenkammgradstand, einen lotrechten Verlauf der Dornfortsatzlinie, eine seitengleiche Schulterkontur und seitengleiche Taillendreiecke beschrieben. In der seitlichen Ansicht war eine leicht vornüber geneigte Rumpfhaltung im Brustwirbelsäulenbereich zu erkennen. Es bestand ein Fingerspitzen-Boden-Abstand von 39 cm, ein Zeichen nach Ott: 30/30,5 cm und ein Zeichen nach Schober: 10/13 cm. Bei Vorneigung trat kein Rippenbuckel und kein Lendenwulst auf. Die Halswirbelsäule wurde als mit altersentsprechend kräftig entwickelter Schulter-Nackenmuskulatur ohne wesentliche Verspannungen beschrieben. Klopfschmerzangabe über den Dornfortsätzen der Halswirbelsäule bestanden nicht. Der Kinnspitzen-Jugulum-Abstand betrug bei Vorneigung 2 cm, bei Rückneigung 17cm, die Linksdrehung und die Rechtsdrehung gelang bis 45°, die Linksneigung und die Rechtsneigung gelingen bis 20°. Die Brustwirbelsäule war mit altersentsprechend kräftig entwickelter paravertebraler Muskulatur versehen. Es bestanden diskrete Verspannungen, jedoch kein Klopfschmerz über den Dornfortsätzen der Brustwirbelsäule. Die Lendenwirbelsäule hat eine kräftig entwickelte paravertebrale Muskulatur mit deutlichen Verspannungen. Schmerzen wurden insbesondere links beim Palpieren der paravertebralen Muskulatur beschrieben, ebenso eine diffuse Klopfschmerzangabe über den Dornfortsätzen sämtlicher Lendenwirbelkörper, im Lenden-Kreuzbein-Übergang bei Rückneigung und über der linken Kreuz-Darmbein-Fuge. Die Seitneigung und die Seitdrehung waren endgradig schmerzhaft eingeschränkt. Daraus lassen sich keine Befunde ableiten, die auf Gesundheitsschäden mit funktionellen Auswirkungen an der Halswirbelsäule mit mehr als leichtgradiger und an der Lendenwirbelsäule mit mehr als mittelgradiger Ausprägung schließen lassen.
Auch aus den Befunden und Mitteilungen des behandelnden Orthopäden Dr. M. und der Neurologin/Psychiaterin Dr. W. konnte der Senat keine weitergehenden Gesundheitsschäden oder Funktionsauswirkungen oder Umstände entnehmen, die eine höhere Bewertung des GdB im Funktionssystem des Rumpfes rechtfertigten. Insbesondere Dr. M. hält die Situation zwar für deutlich verschlimmert trotz regelmäßiger ambulanter Behandlung und den GdB für zu niedrig, doch lassen die von ihm vorgelegten Befunde nicht den Schluss auf Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten oder zumindest schweren Auswirkungen in einem Abschnitt zu. Vielmehr hat auch der vom Kläger selbst vorgelegte Reha-Bericht der B. -Klinik vom 26.04.2017 eine "relativ gute Beweglichkeit der HWS" und gegenüber den von Dr. P. mitgeteilten Befunden bessere Befunde auch der Lendenwirbelsäule beschrieben. Auch die Reha-Berichte von 2011 und 2008, die Dr. M. vorgelegt hat, berichten von einem guten Reha-Ergebnis, die bei der Aufnahme 2008 bestandenen sensomotorischen Ausfälle waren bei Entlassung nicht mehr vorhanden (vgl. Blatt 32 der SG-Akte), im Reha-Bericht 2011 wurde das Lasègue-Zeichen beidseits als negativ beschrieben.
Im Funktionssystem der Arme (vgl. B Nr. 18.13 VG) konnte der Senat keine GdB-relevante Funktionsbehinderung feststellen. Zwar haben Prof. Dr. C. und Dr. P. auf Beschwerden der Schulter hingewiesen. Doch stehen diese im Zusammenhang mit der Erkrankung der Halswirbelsäule und sind nur vorübergehend und sporadisch vorhanden. Insoweit hatte Prof. Dr. C. eine Vorhebbarkeit der Arme von links 90O und rechts nur 60o beschrieben, doch konnte der Senat nicht feststellen, dass dieser Zustand von 6-Monate übersteigender Dauer ist, denn bei der Untersuchung durch Dr. P. konnte der Arm rechts und links jeweils bis 150o gehoben werden. Auch dem Reha-Bericht der B. -Klinik von 2017 ist nur eine endgradig eingeschränkte Anhebungseinschränkung zu entnehmen. Damit konnte diese Gesundheitsstörung nicht mit einem eigenständigen GdB von 10 bewertet werden.
Auch die von Dr. P. beschriebene radiologisch nachweisbare initiale Arthrose der Fingergrundgelenke II und III der linken Hand bedingt keinen GdB. Es liegt keine Versteifung eines oder mehrerer Finger und auch kein Verlust eines oder mehrerer Finger bzw. Fingerglieder vor. Die Greiffunktion ist auch nicht eingeschränkt. Alle Nagelränder der Langfinger erreichen die quere Hohlfalte und liegen bei gestreckten Fingern in der verlängerten Handrückenebene. Die Gelenke sind frei beweglich, es liegt eine uneingeschränkte Abspreizbarkeit vor, wie der Senat dem Gutachten von Dr. P. entnimmt. Auch die Opposition der Langfinger zur Daumenkuppe ist uneingeschränkt und unter normaler Kraftentfaltung möglich. Die typischen Griffformen sind seitengleich und ohne Schmerzangabe durchführbar, wie Dr. P. dargelegt hat. Damit konnte der Senat auch insoweit keine GdB-relevante Funktionsbehinderung feststellen.
Im Funktionssystem der Beine (vgl. B Nr. 18.14 VG) besteht beim Kläger eine radiologisch nachweisbare initiale Coxarthrose beidseits ohne Funktionseinschränkung, was der Senat mit dem Gutachten von Dr. P. feststellt. Zwar hat der Kläger bei der Funktionsprüfung eine Streckung und Beugung von links nur 0/0/70o, rechts von 0/0/40o toleriert, war dann aber in der Lage, aus dem seitlichen Sitz auf der Untersuchungsliege in Rumpfvorbeuge, die Hüften bis zu 110o zu beugen, wie Dr. P. mitgeteilt hat. Damit konnte sich der Senat nicht von der Richtigkeit der Ergebnisse der Funktionsprüfung überzeugen. Vielmehr überzeugen die Ergebnisse der Spontanbeugung, die der Kläger bei Dr. P. gezeigt hatte. Es liegt damit keine Versteifung eines oder beider Hüftgelenke, keine relevante Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke, keine Hüftdysplasie (einschließlich sogenannte angeborene Hüftluxation) und keine schnappende Hüfte vor. Damit ist - Dr. P. folgend - der GdB insoweit nicht mit mindestens 10 zu bewerten.
Soweit Prof. Dr. C. eine Beeinträchtigung der Kniebeweglichkeit für Streckung/Beugung auf 0-0-60o angenommen hatte, folgt daraus kein relevanter GdB. Die Prüfung der Beweglichkeit der unteren Gliedmaßen war bei Prof. Dr. C. infolge eines willentlichen Gegenspannens der antagonistisch wirkenden Muskulatur während des Untersuchungsvorganges nicht möglich (vgl. Blatt 105 der SG-Akte = Seite 6 des Gutachtens). Bei der Untersuchung durch Dr. P. waren die Kniegelenke zu folgender aktiven Streckung/Beugung in der Lage: rechts 0-0-110o, links 0-0-90o. Auch hier hatte der Kläger bei Schmerzangabe lumbal, mithin nicht an den Knien, und kräftigem Gegenspannen die tatsächlich mögliche Beweglichkeit beeinträchtigt und reduziert, sodass der Senat auch nicht von einer links auf 90o eingeschränkten Beugefähigkeit ausgehen konnte. Denn in sitzender Position konnte der Kläger bei Dr. P. das Knie deutlich stärker beugen (Blatt 177 der Senatsakte = Seite 14 des Gutachtens). Ein GdB von 10 kommt damit nicht in Betracht.
Im Funktionssystem der Atmung (dazu vgl. B Nr. 8 VG) besteht beim Kläger eine leichte nicht behandelte, bronchiale Hyperreagibilität mit allenfalls Neigung zu Asthma Bronchiale, diese Gesundheitsstörungen sind mit einem GdB von 10 zu bewerten. Das konnte der Senat mit dem Gutachten von Dr. B. feststellen, der angegeben hatte, dass diese Gesundheitsstörung zum Zeitpunkt seiner Untersuchung des Klägers auch gar nicht behandelt wird.
Der Senat konnte keine Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion i.S.d. B Nr. 8.3 VG feststellen. Denn Dr. B. konnte für den Senat zur Überzeugung führend darlegen, dass eine Einschränkung der Lungenfunktion dauernden Charakters bei der Begutachtung weder unter Ruhe- noch unter Belastungsbedingungen beim Kläger nachgewiesen werden konnte. Auch die Blutgasanalysen unter Ruhe- und Belastungsbedingungen zeigten, abgesehen von einer organmedizinisch nicht erklärbaren Hyperventilation, keine Auffälligkeiten. In der Bodyplethysmografie konnten normale Atemwegwiderstände, keine Überblähungszeichen, in der Spirometrie weder eine restriktive noch obstruktive eine Einschränkung nachgewiesen werden. Lediglich die Inhalationsprovokation mit Methacholin zeigte eine leichte bronchiale Hyperreagibilität, die komplette Reversibilität wurde jedoch nachgewiesen. In der Spiroergometrie oder Ergospirometrie verliefen die kardiorespiratorischen Parameter alle im Normalbereich, die anaerobe Schwelle wurde fast erreichet, aber nicht überschritten. Auch wurde mit dem Gutachter Dr. B. das Vorliegen einer schweren bronchialen Hyperreagibilität außerhalb einer "Bronchitis" bislang nicht belegt.
Damit konnte der Senat eine Bewertung der bestehenden Gesundheitsstörung nach B Nr. 8.2 VG nicht vornehmen, denn auch insoweit konnte eine Einschränkung der Lungenfunktion nicht nachgewiesen werden, ebensowenig eine chronische Bronchitis.
Der Diagnostik und Einschätzung des Gutachters Dr. Z. , der eine Sauerstoffsättigung von 98 % dargestellt hat, konnte der Senat nicht folgen. Dieser hatte in seinem für das SG erstellten Gutachten eine polyvalente Allergie angegeben. 70 % der Allergiker bekämen im Laufe ihres Lebens durch den Etagenwechsel ein Asthma Bronchiale, was auch beim Kläger der Fall sei. Außerdem leide der Kläger an einer chronisch polypösen Pansinusitis. Diese Gesundheitsstörungen hat der Gutachter mit einem GdB von 20 bewertet. Dem kann der Senat nicht folgen. Denn eine Belastungsblutgasanalyse wurde beim Kläger damals nicht vollständig durchgeführt. Die Untersuchung wurde bei 60 Watt abgebrochen, da der Kläger Schmerzen im Rücken und in den Beinen angegeben hatte. Trotzdem zeigte die Blutgasanalyse keine respiratorische Insuffizienz, auch wenn es zu einem erhöhten Blutdruck gekommen war. Weshalb dann aber eine Einschränkung der Lungenfunktion bewertet werden soll, erschließt sich dem Senat nicht. Denn Dr. Z. hat ausführt, die Lungenfunktionsprüfung und Blutgasanalyse, sowie der auskultatorische Befund in Ruhe, unter Belastung und unter Berücksichtigung der Medikation, seien die wichtigen Parameter zur Beurteilung der Einschränkung, wobei die gemessene Lungenfunktionsprüfung unter Medikation einen Tiffaneau-lndex, der im Normbereich liege, gezeigt habe, auch aus den Blutgasen sei keine respiratorische Insuffizienz ersichtlich. Wenn der Gutachter aber anführt, er könne auch ohne Medikation durch den Anstieg der P02 und den Abfall der PC02 von einer obstruktiven Ventilationsstörung ausgehen, ohne Rücksicht auf die Lungenfunktion zu nehmen, so folgt daraus nicht eine GdB-Bewertung mit 20. Denn nach B Nr. 8. 2 und 3 VG setzen derartige GdB-Bewertungen gerade eine dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion voraus.
Damit kommt vorliegend nur eine Bewertung der Gesundheitsstörung des Klägers als Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion nach B Nr. 8.5 VG in Betracht. Hier ist eine Hyperreagibilität mit seltenen (saisonalen) und/oder leichten Anfällen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Insoweit musste der Senat mit den beiden Lungengutachtern feststellen, dass beim Kläger nur saisonale Anfälle bestehen, die auch medikamentös gut behandelt werden können. Die vom Kläger vorgehaltenen Medikamente waren zum Zeitpunkt der Begutachtung bei Dr. B. seit April 2015 abgelaufen und nicht benutzt worden; der Kläger hatte von den ursprünglich 120 vorhandenen Dosierungen noch 110 im Dosieraerosolbehälter vorrätig (Blatt 56 der Senatsakte = Seite 20 des Gutachtens Dr. B. ). Auch eine eigentliche Therapie hat der Kläger nicht durchgehend durchgeführt. So hat Dr. B. keine Therapie berichtet, auch im Gutachten von Dr. Z. ist eine solche Therapie nicht ersichtlich, sodass sich der Senat nicht davon überzeugen konnte, dass die Funktionsbeeinträchtigung mit einem GdB am oberen Rand des Bewertungsrahmens zu bemessen wäre. Vielmehr konnte der Senat mit Dr. B. den GdB nur mit 10 feststellen und hält diesen Wert angesichts der geringen Ausprägung und der geringen Häufigkeit der Anfälle für ausreichend.
Auch Dr. Z. hat beim Kläger keinen fassbaren relevanten nasalen Befund, der pathologisch von dem für das Lebensalter typischen Befund abweicht, erheben können. Es findet sich ein reizloser Zustand nach endonasaler Nasennebenhöhlenoperation rechts und eine diskrete Schleimhautschwellung in der rechten Kieferhöhle, jedoch keine Sekretretention und kein pathologisches Sekret. Dieser Befund erklärt nach Dr. Z. nicht den rechtsseitig vom Kläger behaupteten Gesichtsschmerz, der vor allem nachts störend sei. Auffällig sei ein Druckschmerz über dem Kiefergelenk, rechts mehr als links, insbesondere enoral getastet über dem aufsteigenden Unterkieferast. Dies sei, so Dr. Z. , typisch für eine Kiefergelenksmyoarthropathie, bzw. eine sogenannte craniomandibuläre Dysfunktion. Diese resultiere häufig daraus, dass der Bettoffene (meist unterbewusst) dazu neige, die Kiefer fest aufeinanderzupressen, bevorzugt nachts. Diese schmerzhafte Funktionsstörung ist gut behandelbar und bedingt keine wesentliche Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Weder diese Erkrankung noch die nach Nasennebenhöhlenoperation verbliebenen Zustände, und auch nicht die angegebenen Sinusitiden, bedingen daher einen GdB von mindestens 10.
Im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs (dazu vgl. B Nr. 9 VG) besteht beim Kläger ein Bluthochdruckleiden. Dieses ist medikamentös behandelt und hat zu keinen Folgeerkrankungen bzw. Organbeteiligungen geführt. Es sind weder Augenhintergrundveränderungen noch ein Fundus hypertonicus I-II und/oder eine Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie, und auch kein diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung festzustellen. Dies konnte der Senat mit dem Gutachten von Dr. S. feststellen. Der GdB ist daher im Hinblick auf die Bemessungsvorgaben von B Nr. 9.3 VG mit 10 ausreichend bewertet. Eine weitergehende Herzerkrankung konnte der Senat nicht feststellen.
Im Funktionssystem der Ohren (vgl. B Nr. 5 VG) besteht beim Kläger ein Tinnitus ohne psychische Begleiterscheinungen, eine diskrete Hörminderung rechts. Dies konnte der Senat mit dem Gutachter Dr. Z. feststellen. Der Einzel-GdB in diesem Funktionssystem ist mit 10 festzustellen.
Dr. Z. hat bei seiner Untersuchung des Klägers ein Ohrgeräusch rechts schwellennah bei 3 kHz reproduzieren können. Dies entspricht auch dem Frequenzbereich, den bereits Dr. D. , die behandelnde HNO-Ärztin, angegeben hatte. Zwar hat der Kläger das Ohrgeräusch häufig als "quälend" und als "erheblich" beschrieben. Gutachterlich konnte Dr. Z. aber darauf hinweisen, dass die Auswirkung eines Ohrgeräusches durch eine geschickte Fragestellung ärztlicherseits festgestellt werden muss und nicht durch einen Tinnitus-Fragebogen, wie er bei Dr. D. verwandt worden war, wo der Betroffene die Auswirkung des Ohrgeräusches selbst bestimmt. Dr. Z. hat dagegen aus seiner Untersuchung und Befragung des Klägers berichtet, dass auffällig gewesen sei, dass der Kläger bei der Ursache seines gestörten Schlafes nicht das Ohrgeräusch erwähnt, sondern insbesondere den rechtsseitigen Gesichtsschmerz und den orthopädischen Schmerz. Nach ausreichend lange gegebener Zeit des Nachdenkens habe der Kläger die subjektive Beeinträchtigung durch das Ohrgeräusch auf den zweiten Platz verortet. Dies passt auch zu dem Entlassbericht der B. -Klinik, wo keine Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Tinnitus-Behandlung zu entnehmen ist. Psychovegetative Begleiterscheinungen konnte der Gutachter daher nicht als wahrscheinlich gemacht sehen. Das entspricht auch den Angaben des Klägers bei Dr. S ... Dort hatte der Kläger über Schwimmengehen mit der Ehefrau, Interesse an Fußball (Juventus Turin, Bayern München, KSC) und das Restaurant, dessen Inhaber er ist, berichtet. Auch Dr. S. konnte keine psychischen Erscheinungen feststellen, die er in einen Zusammenhang mit einem Tinnitus gebracht hätte. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat den Tinnitus mangels nachgewiesener nennenswerter psychischer Begleiterscheinungen nach B Nr. 5.3 VG nur mit einem GdB von allenfalls 10 bewerten.
Eine Hörminderung konnte der Gutachter Dr. Z. linksseitig nicht darlegen; insoweit hat er im Wesentlichen einen Normalbefund mitgeteilt. Die leichte Asymmetrie rechts könnte Folge des berichteten Hörsturzes aus dem Juli 2017 sein, so Dr. Z ... Dieser hat im Sprachaudiogramm einen Hörverlust für Zahlen rechts mit 22, links mit 21 dB ermittelt. Das ungewichtete Wortverstehen betrug rechts 260, links 270, nach Gewichtung rechts 245, links 260. Nach B Nr. 5.2.4 VG ergibt sich aus diesem Hörverlust ein GdB von nicht mindestens 10, wie Dr. Z. zutreffend ausgeführt hat.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat mit Dr. S. eine leichte depressive Verstimmungen reaktiver Genese bei den körperlichen Erkrankungen und einen Spannungskopfschmerz feststellen. Diese Störungen sind mit einem GdB von 10 zu bewerten. Die angenommene chronische Schmerzstörung bzw. chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (vgl. z.B. MDK-Bericht vom 22.05.2012, Blatt 40 ff der SG-Akte) konnte der Senat auch mit dem Gutachten von Dr. S. nicht feststellen. Auch die behandelnde Neurologin und Psychiaterin Dr. W. hat eine solche Erkrankungen nicht festgestellt, vielmehr den Schmerz in ihrer Aussage gegenüber dem SG als bloßen Kreuzschmerz bezeichnet und den Kläger als psychisch unauffällig beschrieben (vgl. Bericht vom 04.02.2015).
Nach B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.
Vorliegend hat Dr. S. bei seiner Untersuchung den Kläger als altersentsprechend beschrieben. Gestik und Mimik waren angemessen. Eine Eingebundenheit bestand nicht. Der Habitus war unauffällig. In der Untersuchungssituation war der Kläger auskunftsbereit und kooperativ. Es ergab sich klinisch kein Anhalt für eine relevante Simulation oder Dissimulation. Im interaktionellen Verhalten war der Kläger freundlich zugewandt und höflich. Die Sprache war regelrecht moduliert, fest. Es bestanden keine Sprechstörungen wie Stammeln oder Stottern. Das Sprachverständnis und das sprachliche Ausdrucksvermögen waren gut. Es lagen keine Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung und der Konzentration vor. Ebenso ließen sich in der Gutachtensituation keine Gedächtnisstörungen nachweisen. Für eine hirnorganisch bedingte psychische Symptomatik ergab sich kein Anhalt. Im Antrieb war der Kläger angemessen, eine Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung lag nicht vor. In der Grundstimmung wirkte der Kläger leicht niedergestimmt, belastet, subdepressiv. Eine tiefgehende oder vitale depressive Stimmungslage lag aber nicht vor. Die affektive Resonanzfähigkeit war nicht eingeschränkt. Das formale Denken war nicht verlangsamt, es war folgerichtig. Inhaltliche Denkstörungen, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen, dissoziative oder somatische Störungen lagen ebensowenig vor wie eine endogene circadiane Rhythmik der Stimmungslage. Für eine Persönlichkeitsstörung oder für eine sozialmedizinisch relevante Suchterkrankung ergab sich kein Hinweis, auch nicht für Suizidalität. Damit konnte der Senat mit Dr. S. keine schwerere psychiatrische Erkrankung feststellen. Eine solche hat auch die behandelnde Neurologin und Psychiaterin nicht mitteilen können. Diese hatte eine Depression auch nicht angenommen.
Der Senat konnte aber auch eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht feststellen. Zwar hat der Kläger einen sozialen Rückzug behauptet. Doch konnte der Senat diesen nicht feststellen. Denn der Kläger betreibt sein italienisches Restaurant, wo er – nach eigenen Angaben - noch einige Stunden täglich arbeitet, mithin im Kontakt mit einer Vielzahl von Kunden und Zulieferern sowie Mitarbeitern steht, auch wenn er sich auf die Verwaltungsangelegenheiten des Restaurants beschränkt haben sollte. Der Kläger hat außerdem Hobbies, z.B. geht er mit seiner Ehefrau Schwimmen und interessiert sich für Fußball. Er hat Dr. S. angegeben, viel zu lesen. Er passt auf die Enkelkinder auf. Sonntags sei Familientag bis 16 Uhr, anschließend habe das Restaurant offen, so der Kläger zu Dr. S ...
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat nicht feststellen, dass der Kläger sich – bei der erforderlichen durchschnittlichen Betrachtung - krankheitsbedingt aus dem Leben und der Gesellschaft zurückgezogen hat. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit kann der Senat nicht feststellen. Vielmehr stellt der Senat fest, dass der Kläger in der Lage ist, seinen Alltag an den Bedürfnissen von Arbeit, Familie und Freizeit auszurichten und seinen Alltag entsprechend um diese Erfordernisse und seine Erkrankungen herum zu gestalten vermag.
Dr. S. hat die bestehende seelische Minderbelastbarkeit mit einem GdB von 10 bewertet. Der Senat schließt sich dieser Bewertung an. Denn im Vergleich ist die Erkrankung des Klägers und deren funktionellen Folgen nicht so ausgeprägt, dass ein GdB am oberen Rand des für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen vorgesehenen Bewertungsrahmens gerechtfertigt wäre. Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass eine mit einem GdB von 20 zu bewertende Störung oder gar eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliegt. Vielmehr besteht beim Kläger, wie auch von Dr. S. angegeben, eine leichtere psychovegetative oder psychische Störung, die allenfalls im mittleren Bereich des Bewertungsrahmens mit einem GdB von 10 bewertet werden kann.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Einen Antrag nach § 109 SGG hat der Kläger nicht gestellt. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 30, 40 oder 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule), - 0 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme, - 0 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Beine, - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Atmung, - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs, - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Ohren und - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Nachdem beim Kläger vorliegend von einem zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von 20 und mehrfach von GdB-Werten von 10 auszugehen ist, und auch kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken, konnte der Senat einen GdB von mehr als 40, wie vom vom Beklagten angenommen, nicht feststellen. Vielmehr liegt der GdB bei insgesamt 20.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der beim Kläger insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 50 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger nicht entsprechend schwer funktionell in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. In seiner Gesamtheit entsprechen die Erkrankungen des Klägers weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau den nach den VG in Teil B mit einem GdB von 50 oder mehr bewerteten Gesundheitsstörungen. Der Senat vermag daher nicht der Auffassung des SG zu folgen, dass der Gesamt-GdB mit 50 anzunehmen sei.
Damit konnte der Senat feststellen, dass im Verhältnis zu der früheren GdB-Feststellung keine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist. Auf die Berufung des Beklagten war daher das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Der Senat ist der Auffassung, dass die Fortführung des Verfahrens durch den Kläger rechtsmissbräuchlich sein dürfte, nachdem die eingeholten Gutachten in 4 Fachgebieten einen Gesamt-GdB von mehr als 40 nicht bestätigt hatten. Daher hätte es dem Kläger oblegen, die Konsequenzen aus der Beweislage zu ziehen und eine entsprechende verfahrensbeendende Erklärung abzugeben. Das hat er aber nicht getan, sodass ein Festhalten am Begehren eines GdB von 50 nicht nur erfolglos sondern auch rechtsmissbräuchlich sein dürfte. Daher hätte die Auferlegung von Kosten im Umfang von mindestens 225 Euro sehr nahegelegen. Dennoch hat der Senat zugunsten des Klägers im Rahmen seines Ermessens von der Androhung und Auferlegung von Kosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG abgesehen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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Aus
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