Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 KR 188/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 128/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 13/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. Juli 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Kosten in Höhe von DM 7.969,40 zu erstattten hat, die für die Heimunterbringung des Sohnes, einer Versicherten der Beklagten entstanden sind.
Bei dem am 1967 geborenen P. K. besteht seit der Geburt bei Trisomie 21 eine erhebliche mentale und teilweise körperliche Behinderung, zusätzlich ein Herzfehler. Nach dem SGB XI ist Pflegestufe III anerkannt. Er wird von seiner Mutter M. K. , die Mitglied der Beklagten ist, in deren Haushalt gepflegt. Frau K. führte vom 11.05. bis 08.06. 1996 eine Kurmaßnahme durch, ihr Sohn war während dieser Zeit im Wohnpflegeheim des heilpädagogischen Zentrums A. (HPCA) untergebracht. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Haushaltshilfe nach § 38 SGB V mit Bescheid vom 29.04.1996 ab. Hiergegen legte Frau K. Widerspruch ein. Während des Kuraufenthalts sei die Weiterführung des Haushalts nicht möglich gewesen, im Haushalt lebe ihr Sohn Paul, der behindert und auf Hilfe angewiesen sei. Deshalb seien nach § 38 SGB V die Kosten der erforderlichen Heimunterbringung in der tatsächlichen Höhe zu übernehmen. Vom HPCA waren für 31 Tage Aufenthalt insgesamt DM 10.769,40 in Rechnung gestellt worden, die Pflegekasse übernahm hiervon im Rahmen der Verhinderungspflege gemäß § 39 SGB X DM 2.800,00.
Der Widerspruch wurde mit einem an Frau K. gerichteten Widerspruchsbescheid vom 16.04.1997 zurückgewiesen. Es könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein, dass gesetzlich budgetierte Leistungen (nach dem SGB XI) durch nicht gedeckelte Leistungen (nach dem SGB V) "aufgestockt" würden.
Hiergegen erhob der Bevollmächtigte der Frau K. Klage zum Sozialgericht München. Am 14.01.1998 willigte die (frühere) Klägerin ein, dass der Bezirk Oberbayern an ihrer Stelle als Kläger in Höhe der von ihm erbrachten Leistung von noch DM 7.969,40 seinen Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 ff. SGB X gegen die AOK Bayern in dem anhängigen Rechtsstreit verfolgte. Die Beklagte ließ sich darauf ein.
Der Bezirk führte aus, er habe mit Schriftsatz vom 11.07.1997 (muss heißen 15.07.1997) gemäß §§ 102 ff. SGB X seinen Erstattungsanspruch bei der Beklagten angemeldet. Der Anspruch beschränke sich auf die Übernahme der restlichen Kosten für die Unterbringung des Sohnes der (früheren) Klägerin in Höhe von DM 7.969,40 im Rahmen der Gewährung von Haushaltshilfe nach § 38 SGB V durch Befriedigung des vom Kläger bei der Beklagten mit Schriftsatz vom 11.07.1997 (muss heißen 15.07.1997) gemäß §§ 102 ff. SGB X geltend gemachten Erstattungsanspruches über die vom Kläger mit Bescheid vom 15.07.1997 in Vorleistung erbrachten Aufwendungen. Die Beklagte habe den Erstattungsanspruch bis jetzt nicht anerkannt. Die Klägerin habe für P. K. wegen des vorrangigen Anspruches nach §§ 39 ff. BSHG im Rahmen der Eingliederungshilfe (§ 44 in Verbindung mit § 40 Abs.1 Nr.8 BSHG) die Kosten der erforderlichen Unterbringung bezahlt. Gleichzeitig habe Frau K. gemäß § 38 SGB V gegen die Beklagte Anspruch auf Haushaltshilfe gehabt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 08.07.1999 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Erstattungsanspruch scheitere daran, dass eine Leistungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 38 SGB V nicht bestand, weil die Unterbringung von P. K. im Wohnpflegeheim des HPCA keine der von der Beklagten geschuldeten Haushaltshilfe gleichartige Leistung sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung. Zu deren Begründung trägt der Kläger vor, wenn ein Kind für die Zeit der Abwesenheit des Versicherten außerhalb des eigenen Haushalts versorgt werde (z.B. Heimunterbringung), bestehe gegenüber der Krankenkasse Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Unterbringung, wenn eine Ersatzkraft für die Haushaltsführung nicht zu finden ist. Die Leistungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 38 SGB V werde auch nicht durch die Tatsache beeinträchtigt, dass der Kläger die Aufwendungen der Heimunterbringung für P. K. im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß § 44 in Verbindung mit § 40 Abs.1 Nr.8 BSHG vorgeleistet habe. Es handele sich hierbei um einen eigenen Anspruch des P. K. , der einer Kostenübernahme Haushaltsangehöriger gemäß § 71 BSHG vorgehe. Die vom Kläger im Rahmen der Vorleistung übernommenen Unterbringungskosten seien eine Leistung, die der von der Beklagten geschuldeten Haushaltshilfe gleichartig sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 08.07.1999 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, für die Unterbringung des P. K. im Wohn- und Pflegeheim HPCA in der Zeit vom 10.05.1996 bis 09.06.1996 DM 7.969,40 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stimmt dem erstinstanzlichen Urteil voll inhaltlich zu.
Auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie des Sozialgerichts und auf die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die das Sozialgericht zugelassen hat (§ 144 Abs.1 SGG), erweist sich als unbegründet.
Der Kläger hat keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte. Als Anspruchsgrundlage kommt § 104 SGB X in Betracht, nach dessen Abs.1 Satz 1 ein Leistungsträger erstattungspflichtig ist, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat. Der Kläger hat zwar Sozialleistungen nach § 40 Abs.1 Nr.8 in Verbindung mit § 44 BSHG erbracht, indem er die Unterbringungskosten des P. K. in der Höhe übernahm, in der die Pflegekasse nicht geleistet hat, es kommen jedoch weder P. K. noch dessen Mutter, deren Beteiligung am Rechtsstreit nach § 75 SGG nicht geboten ist, als Berechtigte eines Anspruchs gegen die Beklagte in Betracht.
Das Sozialgericht hat zutreffend festgestellt, dass eine Leistungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 38 SGB V nicht bestand. Danach erhalten Versicherte Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder einer Leistung nach §§ 23 Abs.2 oder 4, §§ 24, 37, 40 oder 41 SGB V die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Frau K. war während ihres Kuraufenthalts die Weiterführung des Haushalts nicht möglich. Dies ist unstreitig. Nach § 38 Abs.2 Satz 2 SGB V ist weiter Voraussetzung, dass ein Kind im Haushalt lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, P. K. ist behindert und auf Hilfe angewiesen. Diese Hilfe wurde ihm während der Abwesenheit seiner Mutter zur Verfügung gestellt, jedoch nicht in deren Haushalt. Daran scheitert ein Anspruch gegen die Beklagte nach § 38 SGB V. Die Rechtsauffassung des Klägers, dass gemäß § 38 SGB V bei Heimunterbringung von Kindern ein Anspruch dann besteht, wenn eine Ersatzkraft für die Haushaltsführung nicht zur Verfügung gestellt werden kann, lässt sich dem Gesetzestext nicht entnehmen und findet auch in Literatur oder Rechtsprechung keine Stütze. Normzweck des § 38 SGB V ist, Versicherten die notwendige stationäre oder ambulante Behandlung zu ermöglichen, die sie wegen der Versorgung von Kindern im eigenen Haushalt nicht in Anspruch nehmen könnten (Höfler, KassKomm § 38 Rz.2). Die Haushaltshilfe ist eine akzessorische Nebenleistung zu den Heilmaßnahmen. Es handelt sich um einen Sachleistungsanspruch, Kosten werden nur für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe erstattet, wenn die Kasse keine Haushaltshilfe zur Verfügung stellen konnte. Kosten für eine Heimunterbringung, die eine Weiterführung des Haushalts nicht nötig macht, werden vom Gesetzteswortlaut nicht erfasst. Eine entsprechende Auslegung oder Lückenfüllung ist mit dem Willen des Getzgebers nicht vereinbar. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der anderweitigen Unterbringung gesehen und entsprechende Regelungen getroffen, z.B. in den §§ 70 und 71 BSHG. § 70 BSHG betrifft die Weiterführung des Haushalts, § 71 regelt ausdrücklich, dass die Hilfe auch durch Übernahme der angemessenen Kosten für eine vorübergehende anderweitige Unterbringung von Haushaltsangehörigen gewährt werden kann. Hinzuweisen ist auch auf § 29 SGB VI (ergänzende Leistungen zur Rehabilitation). Nach dessen Abs.1 kann Haushaltshilfe erbracht werden, die Voraussetzungen sind § 38 SGB V ähnlich, es wird in Satz 2 ausdrücklich auf die sinngemäße Anwendung hingewiesen. § 29 Abs.2 SGB VI regelt dann, dass anstelle der Haushaltshilfe Kosten für die Mitnahme oder anderweitige Unterbringung von Kindern übernommen werden können. Der Gesetzgeber unterscheidet also ausdrücklich zwischen Haushaltshilfe und Übernahme von Unterbringungskosten.
Entgegen der Auffassung des Klägers gibt es auch kein Urteil des Bundessozialgerichts, das Krankenversicherungsträger im Rahmen des § 38 SGB V zur Kostenübernahme von anderweitiger Unterbringung von Kindern verpflichtet. Die zitierte Entscheidung des BSG vom 27.11.1989 (USK 9054) lehnt ausdrücklich die Kosten der Erstattung einer Heimunterbringung ab und führt hierzu lediglich aus, dass in besonderen Fällen eine Leistungspflicht möglich sein könnte. Dieses Urteil wird dann in der Literatur zitiert (z.B. Hauck-Haines, SGB V, § 38 Rzn.11, 26). Wagner (GK-SGB V, § 38 Rz.10) äußert die Auffassung, die auswärtige Unterbringung von Kindern könne als notwendige Form der Haushaltsweiterführung mit der Folge der Kostenerstattung gesehen werden, wenn die Kasse die geschuldete Sachleistung nicht erbringen könne. Er weist jedoch auf die fehlende gesetzliche Regelung hin.
Nach Auffassung des Senats kann zumindest seit Geltung des SGB XI nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Kosten für eine Heimunterbringung nach § 38 SGB V beansprucht werden können, wenn dessen Tatbestandsseite erfüllt ist. Seit 01.04.1995 ist § 42 SGB XI in Kraft. Darin ist die Situation der Versicherten und ihres Sohnes P. K. geregelt. Wenn nämlich in einer Krisensituation häusliche Pflege vorübergehend nicht erbracht werden kann, besteht Anspruch auf Pflege in einer vollstationären Einrichtung (§ 42 Abs.1 Satz 2 Ziffer 2). Diese Leistung war in der streitigen Zeit auf DM 2.800,00 im Kalenderjahr begrenzt (§ 42 Abs.2 Satz 2 SGB XI). Die Pflegekasse hat die Leistung erbracht. Die Notwendigkeit, einen zusätzlichen Anspruch über § 38 SGB V entgegen dessen Normzweck und Wortlaut zu konstruieren, besteht deshalb nicht mehr. Da die Beklagte nicht zur Leistung verpflichtet ist, besteht auch keine Notwendigkeit zu überprüfen, ob die Leistungen inhaltlich gleichartig sind.
Der Senat lässt gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zu.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.4 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Kosten in Höhe von DM 7.969,40 zu erstattten hat, die für die Heimunterbringung des Sohnes, einer Versicherten der Beklagten entstanden sind.
Bei dem am 1967 geborenen P. K. besteht seit der Geburt bei Trisomie 21 eine erhebliche mentale und teilweise körperliche Behinderung, zusätzlich ein Herzfehler. Nach dem SGB XI ist Pflegestufe III anerkannt. Er wird von seiner Mutter M. K. , die Mitglied der Beklagten ist, in deren Haushalt gepflegt. Frau K. führte vom 11.05. bis 08.06. 1996 eine Kurmaßnahme durch, ihr Sohn war während dieser Zeit im Wohnpflegeheim des heilpädagogischen Zentrums A. (HPCA) untergebracht. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Haushaltshilfe nach § 38 SGB V mit Bescheid vom 29.04.1996 ab. Hiergegen legte Frau K. Widerspruch ein. Während des Kuraufenthalts sei die Weiterführung des Haushalts nicht möglich gewesen, im Haushalt lebe ihr Sohn Paul, der behindert und auf Hilfe angewiesen sei. Deshalb seien nach § 38 SGB V die Kosten der erforderlichen Heimunterbringung in der tatsächlichen Höhe zu übernehmen. Vom HPCA waren für 31 Tage Aufenthalt insgesamt DM 10.769,40 in Rechnung gestellt worden, die Pflegekasse übernahm hiervon im Rahmen der Verhinderungspflege gemäß § 39 SGB X DM 2.800,00.
Der Widerspruch wurde mit einem an Frau K. gerichteten Widerspruchsbescheid vom 16.04.1997 zurückgewiesen. Es könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein, dass gesetzlich budgetierte Leistungen (nach dem SGB XI) durch nicht gedeckelte Leistungen (nach dem SGB V) "aufgestockt" würden.
Hiergegen erhob der Bevollmächtigte der Frau K. Klage zum Sozialgericht München. Am 14.01.1998 willigte die (frühere) Klägerin ein, dass der Bezirk Oberbayern an ihrer Stelle als Kläger in Höhe der von ihm erbrachten Leistung von noch DM 7.969,40 seinen Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 ff. SGB X gegen die AOK Bayern in dem anhängigen Rechtsstreit verfolgte. Die Beklagte ließ sich darauf ein.
Der Bezirk führte aus, er habe mit Schriftsatz vom 11.07.1997 (muss heißen 15.07.1997) gemäß §§ 102 ff. SGB X seinen Erstattungsanspruch bei der Beklagten angemeldet. Der Anspruch beschränke sich auf die Übernahme der restlichen Kosten für die Unterbringung des Sohnes der (früheren) Klägerin in Höhe von DM 7.969,40 im Rahmen der Gewährung von Haushaltshilfe nach § 38 SGB V durch Befriedigung des vom Kläger bei der Beklagten mit Schriftsatz vom 11.07.1997 (muss heißen 15.07.1997) gemäß §§ 102 ff. SGB X geltend gemachten Erstattungsanspruches über die vom Kläger mit Bescheid vom 15.07.1997 in Vorleistung erbrachten Aufwendungen. Die Beklagte habe den Erstattungsanspruch bis jetzt nicht anerkannt. Die Klägerin habe für P. K. wegen des vorrangigen Anspruches nach §§ 39 ff. BSHG im Rahmen der Eingliederungshilfe (§ 44 in Verbindung mit § 40 Abs.1 Nr.8 BSHG) die Kosten der erforderlichen Unterbringung bezahlt. Gleichzeitig habe Frau K. gemäß § 38 SGB V gegen die Beklagte Anspruch auf Haushaltshilfe gehabt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 08.07.1999 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Erstattungsanspruch scheitere daran, dass eine Leistungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 38 SGB V nicht bestand, weil die Unterbringung von P. K. im Wohnpflegeheim des HPCA keine der von der Beklagten geschuldeten Haushaltshilfe gleichartige Leistung sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung. Zu deren Begründung trägt der Kläger vor, wenn ein Kind für die Zeit der Abwesenheit des Versicherten außerhalb des eigenen Haushalts versorgt werde (z.B. Heimunterbringung), bestehe gegenüber der Krankenkasse Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Unterbringung, wenn eine Ersatzkraft für die Haushaltsführung nicht zu finden ist. Die Leistungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 38 SGB V werde auch nicht durch die Tatsache beeinträchtigt, dass der Kläger die Aufwendungen der Heimunterbringung für P. K. im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß § 44 in Verbindung mit § 40 Abs.1 Nr.8 BSHG vorgeleistet habe. Es handele sich hierbei um einen eigenen Anspruch des P. K. , der einer Kostenübernahme Haushaltsangehöriger gemäß § 71 BSHG vorgehe. Die vom Kläger im Rahmen der Vorleistung übernommenen Unterbringungskosten seien eine Leistung, die der von der Beklagten geschuldeten Haushaltshilfe gleichartig sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 08.07.1999 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, für die Unterbringung des P. K. im Wohn- und Pflegeheim HPCA in der Zeit vom 10.05.1996 bis 09.06.1996 DM 7.969,40 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stimmt dem erstinstanzlichen Urteil voll inhaltlich zu.
Auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie des Sozialgerichts und auf die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die das Sozialgericht zugelassen hat (§ 144 Abs.1 SGG), erweist sich als unbegründet.
Der Kläger hat keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte. Als Anspruchsgrundlage kommt § 104 SGB X in Betracht, nach dessen Abs.1 Satz 1 ein Leistungsträger erstattungspflichtig ist, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat. Der Kläger hat zwar Sozialleistungen nach § 40 Abs.1 Nr.8 in Verbindung mit § 44 BSHG erbracht, indem er die Unterbringungskosten des P. K. in der Höhe übernahm, in der die Pflegekasse nicht geleistet hat, es kommen jedoch weder P. K. noch dessen Mutter, deren Beteiligung am Rechtsstreit nach § 75 SGG nicht geboten ist, als Berechtigte eines Anspruchs gegen die Beklagte in Betracht.
Das Sozialgericht hat zutreffend festgestellt, dass eine Leistungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 38 SGB V nicht bestand. Danach erhalten Versicherte Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder einer Leistung nach §§ 23 Abs.2 oder 4, §§ 24, 37, 40 oder 41 SGB V die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Frau K. war während ihres Kuraufenthalts die Weiterführung des Haushalts nicht möglich. Dies ist unstreitig. Nach § 38 Abs.2 Satz 2 SGB V ist weiter Voraussetzung, dass ein Kind im Haushalt lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, P. K. ist behindert und auf Hilfe angewiesen. Diese Hilfe wurde ihm während der Abwesenheit seiner Mutter zur Verfügung gestellt, jedoch nicht in deren Haushalt. Daran scheitert ein Anspruch gegen die Beklagte nach § 38 SGB V. Die Rechtsauffassung des Klägers, dass gemäß § 38 SGB V bei Heimunterbringung von Kindern ein Anspruch dann besteht, wenn eine Ersatzkraft für die Haushaltsführung nicht zur Verfügung gestellt werden kann, lässt sich dem Gesetzestext nicht entnehmen und findet auch in Literatur oder Rechtsprechung keine Stütze. Normzweck des § 38 SGB V ist, Versicherten die notwendige stationäre oder ambulante Behandlung zu ermöglichen, die sie wegen der Versorgung von Kindern im eigenen Haushalt nicht in Anspruch nehmen könnten (Höfler, KassKomm § 38 Rz.2). Die Haushaltshilfe ist eine akzessorische Nebenleistung zu den Heilmaßnahmen. Es handelt sich um einen Sachleistungsanspruch, Kosten werden nur für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe erstattet, wenn die Kasse keine Haushaltshilfe zur Verfügung stellen konnte. Kosten für eine Heimunterbringung, die eine Weiterführung des Haushalts nicht nötig macht, werden vom Gesetzteswortlaut nicht erfasst. Eine entsprechende Auslegung oder Lückenfüllung ist mit dem Willen des Getzgebers nicht vereinbar. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der anderweitigen Unterbringung gesehen und entsprechende Regelungen getroffen, z.B. in den §§ 70 und 71 BSHG. § 70 BSHG betrifft die Weiterführung des Haushalts, § 71 regelt ausdrücklich, dass die Hilfe auch durch Übernahme der angemessenen Kosten für eine vorübergehende anderweitige Unterbringung von Haushaltsangehörigen gewährt werden kann. Hinzuweisen ist auch auf § 29 SGB VI (ergänzende Leistungen zur Rehabilitation). Nach dessen Abs.1 kann Haushaltshilfe erbracht werden, die Voraussetzungen sind § 38 SGB V ähnlich, es wird in Satz 2 ausdrücklich auf die sinngemäße Anwendung hingewiesen. § 29 Abs.2 SGB VI regelt dann, dass anstelle der Haushaltshilfe Kosten für die Mitnahme oder anderweitige Unterbringung von Kindern übernommen werden können. Der Gesetzgeber unterscheidet also ausdrücklich zwischen Haushaltshilfe und Übernahme von Unterbringungskosten.
Entgegen der Auffassung des Klägers gibt es auch kein Urteil des Bundessozialgerichts, das Krankenversicherungsträger im Rahmen des § 38 SGB V zur Kostenübernahme von anderweitiger Unterbringung von Kindern verpflichtet. Die zitierte Entscheidung des BSG vom 27.11.1989 (USK 9054) lehnt ausdrücklich die Kosten der Erstattung einer Heimunterbringung ab und führt hierzu lediglich aus, dass in besonderen Fällen eine Leistungspflicht möglich sein könnte. Dieses Urteil wird dann in der Literatur zitiert (z.B. Hauck-Haines, SGB V, § 38 Rzn.11, 26). Wagner (GK-SGB V, § 38 Rz.10) äußert die Auffassung, die auswärtige Unterbringung von Kindern könne als notwendige Form der Haushaltsweiterführung mit der Folge der Kostenerstattung gesehen werden, wenn die Kasse die geschuldete Sachleistung nicht erbringen könne. Er weist jedoch auf die fehlende gesetzliche Regelung hin.
Nach Auffassung des Senats kann zumindest seit Geltung des SGB XI nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Kosten für eine Heimunterbringung nach § 38 SGB V beansprucht werden können, wenn dessen Tatbestandsseite erfüllt ist. Seit 01.04.1995 ist § 42 SGB XI in Kraft. Darin ist die Situation der Versicherten und ihres Sohnes P. K. geregelt. Wenn nämlich in einer Krisensituation häusliche Pflege vorübergehend nicht erbracht werden kann, besteht Anspruch auf Pflege in einer vollstationären Einrichtung (§ 42 Abs.1 Satz 2 Ziffer 2). Diese Leistung war in der streitigen Zeit auf DM 2.800,00 im Kalenderjahr begrenzt (§ 42 Abs.2 Satz 2 SGB XI). Die Pflegekasse hat die Leistung erbracht. Die Notwendigkeit, einen zusätzlichen Anspruch über § 38 SGB V entgegen dessen Normzweck und Wortlaut zu konstruieren, besteht deshalb nicht mehr. Da die Beklagte nicht zur Leistung verpflichtet ist, besteht auch keine Notwendigkeit zu überprüfen, ob die Leistungen inhaltlich gleichartig sind.
Der Senat lässt gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zu.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.4 SGG.
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