Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 An 157/92
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 RA 100/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit während des Bezugs von vorgezogenem Altersruhegeld
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 02.08.1995 sowie der Bescheid der Beklagten vom 26.03.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.1992 aufgehoben.
II. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, einen Altersruhegeldbescheid aufzuheben und die eingetretene Überzahlung zurückzufordern.
Der am ...1925 geborene Kläger war bis 31.12.1982 als Verkaufsleiter für Werkzeugmaschinen bei der Firma ... angestellt. Ab 01.01.1983 bis Juli 1985 bezog er Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe. Seit Anfang 1985 war er als freier Mitarbeiter wieder für die Firma ... tätig.
Am 08.02.85 stellte der Kläger Antrag auf Altersruhegeld und gab am 15.05.1985 eine Erklärung dahin ab, daß er seine Beschäftigung zum 31.12.1982 aufgegeben habe. Eine erneute abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit erwähnte er nicht.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 18.07.1985 Altersruhegeld ab 01.07.1985 in Höhe von DM 2353,00 (brutto). Der Bescheid enthielt den Zusatz: "Das Altersruhegeld fällt mit dem Beginn des Monats weg, in dem eine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit aufgenommen wird, die die in den beigefügten Erläuterungen zum Rentenbescheid genannte Zeitdauer oder Entgelts- bzw. Arbeitseinkommensgrenze überschreitet. Es besteht bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, die Aufnahme oder Ausübung einer über den dort genannten Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit unverzüglich mitzuteilen". Im beigefügten Merkblatt war darauf hingewiesen, daß die Möglichkeiten des § 25 Abs.4a und b Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - kombiniert werden könnten und daß auf den Bruttoarbeitsverdienst bzw. das Bruttoarbeitseinkommen abgestellt werde.
Auf Widerspruch des Klägers berechnete die Beklagte unter Berücksichtigung einer Ersatzzeit die Rente neu (Bescheid vom 11.11.1985); auch dieser Bescheid trug den genannten Zusatz zu Dauer, Umfang und Anzeigepflicht einer Erwerbstätigkeit.
Am 31.05.1991 ging bei der Beklagten eine Mitteilung des Arbeitsamtes Kempten - Bearbeitungsstelle zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung - ein. Bei einer Überprüfung der Firma ... seien Unterlagen über eine "freie Mitarbeit" des Klägers gefunden worden. Es handelte sich um Vereinbarungen zwischen der Firma ... und dem Kläger vom 16.01.1985, 10.07.1986 und 23.03.1987 betreffend die ab 15.01.1985 begonnene Tätigkeit. Danach konnte der Kläger die Zeit seiner Tätigkeit frei gestalten und wurde nach Stunden bezahlt. Die Abrechnungen waren so gestaltet, daß der Kläger nicht in jedem Monat den Betrag ausbezahlt erhielt, der seiner geleisteten Stundenzahl entsprach, vielmehr wurde vom 01.07.1985 - 31.12.1987 die Bezahlung dahin geregelt, daß er grundsätzlich unterhalb der Verdienstgrenze blieb und der übrige Betrag zusammen an einem bzw. drei Monaten (nicht zusammenhängend) ausbezahlt wurde. Von Januar bis Juni 1988 entsprachen sich die geleistete Arbeit und die Bezahlung.
Im einzelnen wurden folgende Beträge und Zahlungen zugrundegelegt:
Zeit Stunden gezahlt zugestanden
07/85 85,75 1372,00 1372,00
08/85 - - -
09/85 28,25 452,00 452,00
10/85 24,25 388,00 388,00
11/85 13,25 212,00 212,00
12/85 137,50 2200,00 2200,00
01/86 38,50 424,00 616,00
02/86 36,00 416,00 576,00
03/86 29,50 420,00 472,00
04/86 - - -
05/86 24,50 392,00 392,00
06/86 20,75 332,00 332,00
07/86 99,00 420,00 1584,00
08/86 120,00 412,00 1920,00
09/86 274,00 4384,00 4384,00
10/86 134,25 424,00 2148,00
11/86 74,75 416,00 1196,00
12/86 42,50 424,00 680,00
01/87 18,25 420,00 292,00
02/87 44,00 416,00 704,00
03/87 56,75 4628,00 908,16
04/87 96,00 424,00 2397,00
05/87 60,50 424,50 1545,50
06/87 12,25 220,50 220,50
07/87 79,00 5100,00 2006,00
08/87 - - -
09/87 8,50 136,00 136,00
10/87 10,25 164,00 164,00
11/87 61,25 1666,00 1666,00
12/87 4,75 76,00 76,00
01/88 24,75 396,00 396,00
02/88 42,75 684,00 684,00
03/88 40,00 640,00 640,00
04/88 30,75 492,00 492,00
05/88 29,00 464,00 464,00
06/88 25,50 530,50 530,50
Die Abrechnungen des Klägers wurden von dem Angestellten ... überprüft und gebilligt.
In der vom Arbeitsamt übersandten Akte (bestehend aus bei Firma ... vorgefundenen Unterlagen) findet sich unter dem 03.02.1986 bei der Abrechnung für Januar 1986 folgender Vermerk des Klägers: "Da ich aus bekannten Gründen nur 425,00 verrechnen kann, bitte ich Sie, mir 12 Stunden gutzuschreiben." Außerdem liegt darin eine nicht unterzeichnete Aufstellung über die an den Kläger geleisteten Zahlungen für 1985 mit dem Hinweis: Verdienstgrenze monatlich DM 425,00, zwei Monate voll 07/85 und 12/85. Die Barmer Ersatzkasse stellte als Einzugsstelle nach Überprüfung und Nachfrage durch die Beklagte fest, es habe sich nicht um eine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit gehandelt.
Aufgrund der zwischen der Firma ... und dem Kläger geschlossenen Vereinbarungen vom 16.01.1985, 10.07.1986 und 23.03.1987 und der vorhandenen Abrechnungen kam die Beklagte zum Ergebnis, der Kläger habe die Verdienstgrenzen überschritten mit der Folge, daß er von 01.07.1985 bis 30.06.1988 keinen Anspruch auf Altersrente gehabt habe. Mit Schreiben vom 07.11.1991 teilte die Beklagte dies dem Kläger mit und wies ihn darauf hin, daß er aufgrund der im Bescheid vom 18.07.1985 gegebenen Informationen und der beigefügten Hinweise den Wegfall des Rentenanspruchs hätte erkennen müssen. Es sei beabsichtigt, den Bescheid zurückzunehmen und die eingetretene Überzahlung in Höhe von DM 83199,60 zurückzufordern. Trotz Verlängerung der Äußerungsfrist ging eine Stellungnahme des Klägers nicht ein.
Die Beklagte nahm am 26.03.1992 den Bescheid vom 18.07.1985 gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - für die Zeit vom 01.07.1985 bis 30.06.1988 zurück, da der Kläger die Hinzuverdienstgrenze des § 25 Abs.4 AVG (bis 31.12.1986 DM 425,00, bis 31.12.1987 DM 430,00, bis 30.06.1988 DM 440,00, ab 01.07.1988 DM 1000,00) überschritten habe. Seine durchschnittlichen Verdienste hätten bis 30.06.1986 DM 1009,87, 30.06.1987 DM 1080,11, 30.06.1988 DM 659,71 betragen. Der Kläger habe aufgrund der Bescheidzusätze wissen müssen, daß ihm der Anspruch nicht zustehe. Von der Rücknahme könne auch nicht im Wege des Ermessens abgesehen werden, da besondere Umstände nach Aktenlage nicht bestünden und vom Kläger auch nicht im Rahmen der Anhörung vorgebracht worden seien. Der überzahlte Betrag in Höhe von DM 83199,60 sei zu erstatten. Nach Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse bestünde mit ratenweiser Tilgung Einverständnis. Der vom Kläger am 27.04.1992 erhobene und nicht begründete Widerspruch wurde von der Beklagten ebenfalls ohne nähere Begründung zurückgewiesen (Bescheid vom 02.10.1992).
Mit der am 27.10.1992 zum Sozialgericht (SG) Augsburg erhobenen Klage vertrat der Kläger die Ansicht, die Voraussetzungen des § 45 SGB X lägen aus verschiedenen Gründen nicht vor. Er führte im einzelnen im wesentlichen folgendes aus: 1. Die Beklagte sei von einem zu hohen Einkommen ausgegangen; es sei eine 25 % Werbepauschale abzusetzen. 2. Auch der Berechnungszeitraum sei unrichtig festgesetzt: die Beklagte habe einen 12-Monats-Zeitraum ab Rentenbeginn, statt des Kalenderjahres zugrundegelegt. 3. Das erzielte Einkommen dürfe auch nicht durch 12 geteilt werden, da während zweier Monate die Verdienstgrenze überschritten werden könne. 4. Der Bescheid vom 18.07.1985 sei nicht von Anfang an unrichtig gewesen, da im Jahr 1985 die Verdienstgrenze nicht überschritten worden sei. 5. Der Kläger sei im übrigen gutgläubig gewesen. Er habe nicht gedacht, daß die tatsächlich monatlich geleistete Arbeitszeit entscheidend sei, auch wenn ihm das dafür zu zahlende Entgelt erst später zufließe. Der Versichertenälteste, Herr ..., habe ihm mehrmals zugesichert, das durchgefühte Procedere führe nicht zur Überschreitung der Verdienstgrenze; er brauche der Beklagten die Nebenbeschäftigung nicht zu melden. Seine Gutgläubigkeit ergebe sich auch daraus, daß er das Einkommen bei der Steuer angegeben habe.
Die Beklagte verwies insbesondere darauf, entscheidend sei der Zeitpunkt der erbrachten Leistung, nicht wann die reguläre Vergütung tatsächlich zufließe. Die vorgenommene Gehaltsauszahlung könne nicht akzeptiert werden. Das formelle Einhalten der Entgeltgrenzen nur aufgrund der gewillkürten Zahlungsmodalitäten stelle ein rechtsmißbräuchliches Verhalten dar und führe dazu, daß die Voraussetzungen für das Altersruhegeld nicht gegeben seien. Arbeitseinkommen im Sinne des § 25 Abs.4 AVG sei der nach den allgemein gegebenen Ermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Die voraussichtlichen Gesamteinkünfte und die voraussichtlichen abzugsfähigen Betriebsausgaben für die dem Rentenbeginn folgenden 12 Monate seien festzustellen. Daraus sei ein mathematischer Durchschnittswert zu bilden. Nach dieser Berechnung habe der Kläger in der Zeit vom 01.07.1985 bis 30.06.1988 die Verdienstgrenze überschritten.
Das SG wies mit Urteil vom 02.08.1995 die Klage ab. Es war der Ansicht, der Kläger sei seit 01/85 bei der Firma ... regelmäßig und durchgehend beschäftigt gewesen und habe aus dieser Erwerbstätigkeit ein Arbeitseinkommen bezogen, das durchschnittlich die zulässige Grenze von monatlich DM 425,00 (bzw. DM 430,00, DM 440,00) überschritten habe. Gemäß § 15 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch - SGB IV -, sei Einkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Mit den Steuerbescheiden für 1986 und 1987 seien Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von DM 12685,00 bzw. DM 11218,00 erwiesen. Bei diesen Einkünften sei bereits begriffsmäßig jede Abzugsmöglichkeit berücksichtigt, da nur der Gewinn erfaßt werde (§ 2 Abs.2 Nr.1 EStG). Aber auch für 1985 und 1988 ergäben die vorliegenden Rechnungen des Klägers, daß die zulässigen Grenzen überschritten seien. Maßgeblich sei die Ausübung der Erwerbstätigkeit, nicht der Zeitpunkt, in dem das Entgelt aus dieser ausgeübten Tätigkeit zufließe, weil ansonsten Manipulationen Tür und Tor geöffnet werde.
Der Kläger sei auch bösgläubig im Sinn des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X gewesen, da er am 15.05.1985 unrichtige oder zumindest unvollständige Angaben gemacht habe. Er habe die ab Januar 1985 begonnene Tätigkeit nicht angegeben. Da der Kläger im Anhörungsverfahren bzw. Widerspruchsverfahren nichts zur Sache vorgetragen habe, hätten auch die Ermessensüberlegungen der Beklagten den gesetzlichen Anforderungen entsprochen (BSG Breithaupt 95/113). Damit sei auch die Geltendmachung der Erstattung nicht zu beanstanden gewesen.
Am 13.09.1995 legte der Kläger Berufung ein. Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 02.08.1995 und den Bescheid der Beklagten vom 26.03.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.1992 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält sein Vorbringen im wesentlichen aufrecht und verweist insbesondere darauf, daß er sich beim Versichertenältesten, Herrn ..., erkundigt und dieser ihm mitgeteilt habe, der Betrag von DM 425,00 sei netto zu verstehen und es komme allein auf die tatsächliche Auszahlung im Monat an, wobei während des Zeitraums von zehn Monaten der Betrag von DM 425,00 nicht überschritten, während in zwei nicht aufeinander folgenden Monaten ein unbegrenzter Betrag erreicht werden dürfe. Im übrigen habe der Kläger die Rentenbeträge verbraucht. Wäre der Kläger gezwungen, den zurückgeforderten Betrag zu erstatten, so wäre er in der Lebensführung erheblich beeinträchtigt. Der Kläger lebe von seinem Altersruhegeld und einer Betriebsrente der Firma ... in Höhe von rund DM 300,00.
Die Beklagte, die den Kläger als bösgläubig ansieht, legte zum Beweis dafür, daß ein Beratungsmangel nicht vorliegt, eine Erklärung des Versichertenältesten ... vom 28.06.1996 vor. Er führte aus, der Name ... sei ihm noch beiläufig in Erinnerung. Er mache sich keine Aufzeichnungen. Er wisse nur noch, daß der Kläger "wirre" Fragen gestellt habe. Weiter verweist die Beklagte insbesondere darauf, daß der Kläger in der Erklärung vom 15.05.1985 wahrheitswidrig seine Tätigkeit bei der Firma ... nicht erwähnt habe, obwohl ihm klar gewesen sei, daß auch eine Tätigkeit als "freier Mitarbeiter" von § 25 Abs.4 AVG erfaßt werde.
Der Senat erhob Beweis durch Beiziehung der Renten- und SG-Akte des 1926 geborenen Kollegen des Klägers, Herrn ..., der ebenfalls während des Bezugs des Altersruhegeldes bei der Firma ... erwerbstätig war. Dieser hatte bei Antragstellung angegeben, er arbeite ab 01.04.1990 weiterhin bei der Firma ..., sein Entgelt betrage aber nur noch DM 1000,00. Nach Bewilligung der Rente hatte die Beklagte diesem Versicherten auf Anfrage mitgeteilt, er könne während des maßgeblichen Jahres in nicht mehr als zwei aufeinander folgenden sowie einen weiteren Kalendermonat oder in nicht mehr als drei einzelnen Monaten den Grenzbetrag überschreiten. Unerheblich sei, ob es sich um eine abhängige oder selbständige Tätigkeit handle. Auch im Falle des Herrn ... hatte die Bezahlung nicht der tatsächlichen Arbeitsleistung entsprochen, vielmehr waren die den Grenzbetrag übersteigenden Beträge zusammengefaßt in zwei Monaten geleistet worden. Die Beklagte hatte den Bewilligungsbescheid aufgehoben; im Rahmen eines vor dem SG Augsburg anhängigen Klageverfahren nahm die Beklagte den Aufhebungsbescheid im erheblichen Umfang zurück.
In den Beweisterminen vom 28.08.1996 und 25.10.1996 wurden der Kläger zur Sache angehört und der Versichertenälteste ..., der frühere Hauptabteilungsleiter Recht und Personal der Firma ..., ..., und der seit 01.07.1989 als Personalleiter beschäftigte ... als Zeugen einvernommen. Auf die Niederschriften wird bezüglich der Aussagen Bezug genommen.
Weiter wurden die Unterlagen des Klägers über die tatsächlich erfolgten Überweisungen in der streitigen Zeit sowie ein Kontoauszug der Firma ... beigezogen, auf die verwiesen wird. Aus den vorliegenden Steuerbescheiden ergeben sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit für 1985 in Höhe von DM 11552,00, 1986 in Höhe von DM 12685,00, 1987 in Höhe von DM 11218,00 und 1988 in Höhe von DM 4615,00.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die beigezogenen Akten der Beklagten, des SG Augsburg, die Rentenakte ..., dessen SG Augsburg-Akte S 13 An 85/92, und die Akte des BayLSG vor.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 SGG zulässige Berufung ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und deswegen aufzuheben. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X liegen nicht vor. Was die Aufhebung für die Zeit vom 01.07.1985 bis 31.12.1987 angeht, so ist die Bewilligung der Rente zwar rechtswidrig, weil der Kläger durch seine Tätigkeit bei der Firma ... die Grenzen des § 25 Abs.4 AVG überschritten hat. Er war aber nicht bösgläubig im Sinne des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 und 3, Abs.3 SGB X. Darüber hinaus hat die Beklagte das ihr bei einer Rücknahme für die Vergangenheit eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Hinsichtlich der Zeit ab 01.01.1988 bis 30.06.1988 scheitert die Rücknahme bereits daran, daß die Bewilligung der Rente nicht rechtswidrig ist, da der Kläger die Einkommensgrenzen in dieser Zeit nicht überschritten hat.
Die Regelung des § 45 Abs.1 SGB X setzt voraus, daß der bewilligende Bescheid unrichtig ist. Abzustellen ist auf den Bescheid vom 18.07.1985 und nicht, wie der Kläger meint, auf denjenigen vom 11.11.1985. Denn mit dem Bescheid vom Juli 1985 wurde die Rente dem Grunde nach gewährt, während der Bescheid vom 11.11.1985 nur eine Abhilfeentscheidung im Rahmen eines Widerspruchs auf Anerkennung einer Ersatzzeit war. Der Bescheid vom 18.07.1985 war von Anfang an rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 25 Abs.4 AVG ab Beginn der Rente am 01.07.1985 bis 31.12.1987 nicht erfüllt waren. Da der gesamte Sachverhalt in der Vergangenheit liegt, ist auf das bei der Entscheidung feststehende Einkommen abzustellen und keine Prognose - wie bei einer Bewilligung notwendig (SozR 2200 § 1248 Nr.22) - anzustellen.
Die Vorschrift des § 25 AVG und nicht § 34 SGB VI kommt zur Anwendung, obwohl der Aufhebungsbescheid nach dem 01.01.1992 ergangen ist, weil das Verfahren zur Neufeststellung bis 31.03.1992 anhängig wurde und der Rentenbeginn und die Leistung nur vor dem 01.01.1992 liegen.
Nach § 25 Abs.4 AVG besteht ein Anspruch auf vorgezogenes Altersruhegeld neben einer Erwerbstätigkeit u.a. nur, wenn als Negativvoraussetzung die Tätigkeit a) nur gelegentlich für eine Zeitdauer, die im Laufe eines Jahres auf nicht mehr als zwei Monate beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch Vertrag beschränkt ist oder b) zwar laufend, aber nur gegen ein Entgelt oder Arbeitseinkommen, das durchschnittlich im Monat eine bestimmte Grenze nicht überschreitet, ausgeübt wird. Für ein vorgezogenes Altersruhegeld betrug die Grenze 1985/86 DM 425,00 (§ 25 Abs.4 AVG), 1987 DM 430,00, 1988 DM 440,00 (§ 8 SGB IV).
Der Kläger hat in der Zeit vom 01.07.1985 bis 31.12.1987 eine rentenschädliche Tätigkeit ausgeübt, da er mit selbständiger Arbeit durchschnittlich mehr, als die Verdienstgrenze betrug, verdient hat. Aus den zwischen der Firma ... und dem Kläger geschlossenen Vereinbarungen, den Angaben des Klägers und den Feststellungen der Einzugsstelle ergibt sich, daß der Kläger seit 15.01.1985 bis 30.06.1988 und darüber hinaus als freier Mitarbeiter durchgehend tätig war und damit - wie auch die Steuerbescheide zeigen - eine selbständige Arbeit im Sinn des Einkommensteuerrechts verrichtete. Weiter steht fest, daß der Kläger laut Steuerbescheid 1985 DM 11552,00, 1986 DM 12685,00, 1987 DM 11218,00, 1988 DM 4615,00 an Einkünften aus dieser Tätigkeit erzielte. Auch festgehalten ist, welche Beträge der Kläger im Monat tatsächlich ausbezahlt erhielt, wieviele Stunden er arbeitete und welcher Betrag der geleisteten Arbeit entsprochen hätte.
Entgegen der Ansicht des Klägers kann von den geleisteten Zahlungen weder Werbungskostenpauschale noch Steuer in Abzug gebracht werden. Es handelt sich bei den Zahlungen um Arbeitseinkommen im Sinne des § 25 Abs.4 AVG, das in § 15 SGB IV definiert ist (u.a. SozR 3-2200 § 1248 Nr.8). Danach ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes - EStG - ermittelte Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit. Grundsätzlich bedeutet dies, daß der Gewinn nach Abzug der Betriebsausgaben, aber vor Abzug der Steuer die Höhe des Einkommens bestimmt (SozR 2100 § 15 Nr.2). Zu den Betriebsausgaben gehören Aufwendungen, die durch die selbständige Tätigkeit veranlaßt sind. Ein Abzug von Werbungskosten wie bei abhängiger Tätigkeit ist nicht vorgesehen.
Dies hat zur Folge, daß die laut Einkommensteuerbescheid erzielten Einkünfte als Gewinn anzusehen sind. Weder das Bruttoeinkommen - wie die Beklagte teilweise verfahren ist - ist anzusetzen noch sind weitere Abzüge vorzunehmen, wie der Kläger meint. Daß bei Ermittlung der Einkünfte steuerrechtliche Vergünstigungen abgezogen wurden, die nach § 15 Satz 2 SGB IV a.F. nicht in Abzug gebracht werden dürften, ist nicht ersichtlich und bei Art und Umfang der Tätigkeit auch nicht naheliegend.
Der Kläger hat mit diesen Einkünften durchschnittlich im Monat mehr als DM 425,00 bzw. DM 430,00 verdient. Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 1248 Nr.22, s.a. Niesel in KassKomm, § 1248 RdNr.31, § 34 SGB VI RdNr.18, Klattenhoff in Hauck-Haines § 34 Nr.8, 9, 14) ist bei Selbständigen für die Berechnung des durchschnittlichen monatlichen Einkommens grundsätzlich das Einkommen während eines Kalenderjahres, geteilt durch 12, zugrunde zu legen, denn sowohl bei der Einkommensteuerfeststellung als auch bei der Bestimmung der Beitragsbemessungsgrenze nach § 1385 Abs.2 Reichsversicherungsordnung - RVO - wird vom Kalenderjahr ausgegangen. Eine Ausnahme vom Kalenderjahr gilt dann, wenn innerhalb des Jahres der selbständige Betrieb aufgenommen oder aufgegeben oder ein Wechsel der Tätigkeit von abhängig in selbständig vorgenommen wird. Wenn in solchen Fällen oder aus anderen Gründen - etwa Bewilligung des Altersruhegeldes wegen Vollendung des 65. Lebensjahres - Beginn oder Ende des vorzeitigen Altersruhegeldes während eines Kalenderjahres eintreten, ist das Einkommen für den entsprechenden Teil des Jahres gesondert festzustellen. Dasselbe gilt, wenn das Altersruhegeld während des Jahres beginnt (SozR 2200 § 1248 Nr.18).
Der Kläger hat 1985 insgesamt steuerliche Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von DM 11552,00 erzielt. Ausbezahlt wurden insgesamt DM 12524,00 und zwar im ersten Halbjahr DM 7900,00 und im zweiten DM 4624,00 (monatlich DM 770,00). Bei diesen Beträgen und dem geringen Unterschied zwischen Einnahmen und Gewinn (insgesamt DM 972,00) sowie dem erheblichen Unterschied zwischen Grenzbetrag DM 425,00 x 6 = DM 2550,00 und den Einnahmen liegt eindeutig ein Überschreiten der Verdienstgrenze vor.
Diese Überschreitung kann auch nicht dadurch vermieden werden, daß die Beträge für Juli und Dezember 1985 (DM 1372,00 und DM 2200,00) in Abzug gebracht werden. Denn dafür besteht bei Anwendung der Vorschrift des § 25 Abs.4 AVG kein Raum. Die Versicherungsträger (Kommentar zur RVO, herausgegeben vom Vorstand der Rentenversicherungsträger VdR Komm - § 1248 S.36) legen die Worte "durchschnittlich überschreiten" wie die gleichen Worte in § 1228 Abs.2b RVO aus, d.h. der Verdienst dürfe "regelmäßig" die genannte Grenze nicht überschreiten, wobei eine Überschreitung in zwei aufeinanderfolgenden Monaten und einem weiteren oder in höchstens drei Einzelmonaten nicht schädlich sei, weshalb die Berechnung pro Kalenderjahr, sei es mit einem gleitenden Jahr, nicht erforderlich sei. Diese Ansicht überzeugt nicht, da dadurch eine unübersichtliche Rechtslage geschaffen wird, die - wie der vorliegende Fall zeigt - zu besonderen Vereinbarungen anregt. Zudem kann gerade bei Selbständigen das Einkommen häufig nicht monatsweise zugeordnet werden, so daß weitere Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Einkommensgrenze entstehen. Zu Recht weisen das BSG und auch vor allem Klattenhoff (s.o.) darauf hin, daß die "Rechnungseinheit" bei Selbständigen der Jahreszeitraum sei und daß deswegen ein Durchschnittswert zu bilden sei. Klattenhoff vertritt diese Ansicht sogar zur Regelung des § 34 SGB VI, der deutlich auf das Einkommen in den einzelnen Monaten abstellt. Auch erscheint das mit der Ansicht der Versicherungsträger erreichte Ergebnis nicht ausgewogen. Denn dabei kann ein Versicherter mit erheblich höherem Einkommen Altersruhegeld beziehen, da der Zusatzverdienst in den zwei Monaten unbegrenzt ist, während ein Versicherter, der ein gleichbleibend, wenn auch nur gering über der Grenze liegendes Einkommen hat, nicht in den Genuß der Rente kommt.
Auch aus der Neuregelung zum Überschreiten der Einkommensgrenzen in § 34 SGB VI kann für die Auslegung nichts anderes hergeleitet werden. Zwar ist jetzt ein zweimaliges Überschreiten vorgesehen, die Höhe des Betrags ist aber auf den doppelten Freibetrag begrenzt. Dieser Betrag kann demnach auch rechnerisch bei einer selbständigen Tätigkeit hinzugeschlagen werden, so daß die mit der Meinung der Versicherungsträger verbundenen Ungleichheiten und Manipulationsmöglichkeiten ausgeschlossen sind.
Es ist demnach vom durchschnittlichen Monatseinkommen des Klägers auszugehen. Bei dieser Rechtsansicht kommt es - jedenfalls für die Frage der Rechtswidrigkeit - nicht darauf an, ob die vom Kläger gewählte Abrechnungsart zulässig ist. Denn selbst wenn sie dies wäre, wäre ein Durchschnitt zu bilden, in den die Spitzenbeträge einfließen müßten.
Ausgehend von dieser Berechnung lag das Einkommen auch 1986 und 1987 eindeutig über dem Grenzbetrag. Da in diesem Fall zwei volle Jahre umfaßt sind, bedarf es keiner Aufteilung. Auszugehen ist von den Einkünften, die laut Steuerbescheid 1986 DM 12685,00 und 1987 DM 11218,00 betrugen. Die Grenze von (monatlich) DM 425,00 und DM 430,00 ist damit eindeutig überschritten.
Im Jahr 1988 hatte der Kläger steuerliche Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von DM 4615,00, Zahlungen der Firma ... wurden im Umfang von DM 5782,00 (durchschnittlich DM 481,00) erbracht. Auszugehen ist von den Einkünften im Steuerbescheid. Der Kläger hat während des gesamten Jahres gearbeitet und auch Rente bezogen, die Erhöhung der Verdienstgrenze wegen Vollendung des 63. Lebensjahres stellt keinen Einschnitt dar, da weiterhin ein von der Einhaltung von Verdienstgrenzen abhängiges Altersruhegeld gewährt wird. Demnach ergibt sich ein monatliches Einkommen von DM 384,50. Dem Kläger stand ab 01.01.1988 bei einem Freibetrag von DM 440,00 demnach Altersruhegeld zu.
Für diese Zeit fehlt es für die Rücknahme des Bescheides vom 18.07.1985 schon an der Rechtswidrigkeit der Bewilligung. Die angefochtenen Bescheide sind insofern bereits deswegen aufzuheben.
Aber auch hinsichtlich der Zeit vom 01.07.1985 bis 31.12.1987 sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Zwar ist der Bescheid vom 18.07.1985 bezüglich dieser Zeit unrichtig, da dem Kläger das Altersruhegeld nicht zustand. Der Kläger war aber nicht bösgläubig im Sinne des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 und 3, Abs.3 SGB X. Die Vorschrift des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X setzt voraus, daß der Kläger wesentliche Angaben vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtig oder unvollständig gemacht hat, während Nr.3 zum Tragen kommt, wenn der Kläger wußte oder grob fahrlässig nicht wußte, daß ihm der Anspruch nicht zustand. Nach der Legaldefinition des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn der Betroffene mit dem relevanten Umstand (z.B. der Rechtswidrigkeit) rechnen mußte (Steinwedel in KassKomm, § 45 SGB X RdNr.39). Vorausgesetzt wird vielmehr, daß er ihn aufgrund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen hätte erkennen können bzw. dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen (BSG SozR 1300 § 48 Nr.39).
Die Abwägung aller Umstände ergibt, daß die Voraussetzungen des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X beim Kläger nicht vorliegen. Daß er die Rechtswidrigkeit des Bescheides kannte, ist nicht ersichtlich; dafür ergibt sich insbesondere nichts aus dem Hinweis des Klägers (enthalten in der Akte des Arbeitsamtes) "da ich aus bekannten Gründen nur DM 425,00 verrechnen kann, bitte ich Sie, mir 12 Stunden gutzuschreiben". Denn dies ist eher ein Hinweis darauf, daß der Kläger davon ausging, die gewählte Verfahrensweise sei zulässig. Eine beabsichtigte Umgehung der Verdienstgrenzen, die er selbst für rechtswidrig hielte, würde ein Versicherter kaum ausdrücklich schriftlich niederlegen. Auch mit den Auskünften des Versicherungsältesten kann vorsätzliche Kenntnis des Klägers nicht begründet werden. Es war aus den schriftlichen und vor allem auch mündlichen Angaben des Herrn ... im Erörterungstermin keine klare Auskunft, insbesondere bezüglich des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit, zu erhalten; dabei ist zudem zu berücksichtigen, daß er konkret nicht mehr angeben konnte, welche Auskunft er dem Kläger persönlich erteilt hatte. Vorsätzliche Kenntnis beim Kläger scheidet demnach aus.
Dasselbe gilt auch für grobe Fahrlässigkeit. Es war nicht aufgrund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen ersichtlich, daß ein Anspruch auf Altersruhegeld nicht bestanden hat. Dabei fällt ins Gewicht, daß sich die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides nicht zweifelsfrei und eindeutig ergibt. Nach der Berechnung des "durchschnittlichen" Einkommens, die der Senat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG vornimmt, steht zwar die Überschreitung der Verdienstgrenzen und damit die Rechtswidrigkeit der Bewilligung des Altersruhegeldes fest; dies gilt aber nicht unter Zugrundelegung der Rechtsansicht der Beklagten. Diese betrachtete nämlich auch bei regelmäßiger Beschäftigung eine Überschreitung in zwei aufeinanderfolgenden Monaten und einem weiteren oder in drei Einzelmonaten nicht als schädlich. Hätte demnach der Kläger eine eindeutige Vereinbarung dahin getroffen, daß er pro Monat nur Anspruch auf DM 424,00 habe und den gesamten Rest auf zwei Monate verteilt, hätte nach Ansicht der Beklagten durchaus Anpruch auf Rente bestehen können, da Arbeitseinkommen erst erzielt ist, wenn es eingenommen, im weitesten Sinne Vermögensbestandteil des Beschäftigten geworden ist (Seewald in KassKomm, § 14 RdNr.10 m.w.N.). Ob im Falle des Klägers eine Vereinbarung dahin getroffen wurde, daß er mehr als DM 424,00 monatlich gar nicht hätte beanspruchen können, ist nicht eindeutig feststellbar. Die vorgenommenen Abrechnungen und auch der Hinweis des Klägers selbst auf die Verdienstgrenze sprechen aber dafür, daß die Beteiligten sich im Rahmen der Verfahrensweise der Beklagten halten wollten. Dies wurde auch vom Zeugen ... grundsätzlich versichert. Der Vermerk des die Abrechnung prüfenden Buchhalters der Firma ... mit Aufstellung der Zahlungen und mit Hinweis auf die mögliche Überschreitung für zwei Monate ist zudem eher ein Anhaltspunkt dafür, daß die Beteiligten das Vorgehen für korrekt hielten, als ein Zeichen dagegen. Ausgehend von der Verfahrensweise der Beklagten ist die gewählte Abrechnung nicht so ungewöhnlich, daß auch ein Laie bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen müßte, daß dies unzulässig ist. Dabei ist weiter in Rechnung zu stellen, daß die Beklagte nicht nur einen unklaren Rechtszustand durch ihre an sich großzügige Auslegung geschaffen hatte, sondern daß auch das dem Bescheid beigefügte Merkblatt nicht ganz richtig und zutreffend war. Die Voraussetzungen des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X sind demnach nicht erfüllt.
Dasselbe gilt für die Vorschrift des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 i.V. Abs.3 SGB X. Fest steht zwar, daß der Kläger seine Tätigkeit bei der Firma ... gegenüber der Beklagten nicht angegeben hat. Darin ist aber kein vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verstoß gegen die Mitteilungspflicht zu sehen. Denn der Kläger mußte nur - und war auch nur darauf hingewiesen - die Aufnahme und Ausübung einer über den Rahmen des § 25 Abs.4a und b AVG hinausgehenden Beschäftigung oder Tätigkeit mitteilen. Nachdem er aber gerade im Hinblick auf die Praxis der Beklagten bezüglich der Verdienstgrenze die Sorgfaltspflicht nicht im besonderen Maße verletzt hat, hat er auch die Mitteilung gemäß § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X nicht grob fahrlässig unterlassen.
Der nicht bösgläubige Kläger genießt, zumal er die Leistung verbraucht hat, Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs.2 Satz 1 und 2 SGB X.
Abschließend ist festzustellen, daß, selbst wenn der Kläger grob fahrlässig gewesen wäre, die angefochtenen Bescheide aufzuheben sind. Denn die Beklagte hat das ihr gemäß § 45 SGB X eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Ihr Hinweis, der Kläger habe zur Ermessensausübung nichts vorgetragen, reicht jedenfalls im vorliegenden Fall - anders als in dem dem Urteil des BSG vom 25.01.1994 zugrundeliegenden (Breithaupt 1995/113 f.) - für eine Ermessensreduzierung auf Null nicht aus. Denn im Hinblick auf die Höhe der Überzahlung und auch die Vorgänge in der Akte des Arbeitsamts wäre im Zusammenhang mit der von der Rechtsprechung des BSG wenn gegebenenfalls auch nicht umfangreiche, Ermessensausübung notwendig gewesen. Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, daß der 13. Senat des BSG - allerdings im Rahmen des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X - die Ansicht vertreten hat, die rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheides dürfe, wenn das Überschreiten der Verdienstgrenze zum Wegfall der Sozialleistung führe, nur in Höhe des Mehrverdienstes erfolgen (SozR 3-2200 § 48 Nr.37). Außerdem sah es das BSG als Argument für die Gutgläubigkeit des Versicherten an, wenn er sich auf den Arbeitgeber verlassen habe, jedenfalls müsse dieser Gesichtspunkt im Rahmen der Ermessensausübung mitgeprüft werden. Für eine Ermessensausübung der Beklagten bestand demnach durchaus Veranlassung.
Die angefochtenen Bescheide sind nach alledem insgesamt rechtswidrig und deswegen aufzuheben.
Die Kostenentscheidung, § 193 SGG, ist darin begründet, daß die Berufung Erfolg hat.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, einen Altersruhegeldbescheid aufzuheben und die eingetretene Überzahlung zurückzufordern.
Der am ...1925 geborene Kläger war bis 31.12.1982 als Verkaufsleiter für Werkzeugmaschinen bei der Firma ... angestellt. Ab 01.01.1983 bis Juli 1985 bezog er Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe. Seit Anfang 1985 war er als freier Mitarbeiter wieder für die Firma ... tätig.
Am 08.02.85 stellte der Kläger Antrag auf Altersruhegeld und gab am 15.05.1985 eine Erklärung dahin ab, daß er seine Beschäftigung zum 31.12.1982 aufgegeben habe. Eine erneute abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit erwähnte er nicht.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 18.07.1985 Altersruhegeld ab 01.07.1985 in Höhe von DM 2353,00 (brutto). Der Bescheid enthielt den Zusatz: "Das Altersruhegeld fällt mit dem Beginn des Monats weg, in dem eine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit aufgenommen wird, die die in den beigefügten Erläuterungen zum Rentenbescheid genannte Zeitdauer oder Entgelts- bzw. Arbeitseinkommensgrenze überschreitet. Es besteht bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, die Aufnahme oder Ausübung einer über den dort genannten Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit unverzüglich mitzuteilen". Im beigefügten Merkblatt war darauf hingewiesen, daß die Möglichkeiten des § 25 Abs.4a und b Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - kombiniert werden könnten und daß auf den Bruttoarbeitsverdienst bzw. das Bruttoarbeitseinkommen abgestellt werde.
Auf Widerspruch des Klägers berechnete die Beklagte unter Berücksichtigung einer Ersatzzeit die Rente neu (Bescheid vom 11.11.1985); auch dieser Bescheid trug den genannten Zusatz zu Dauer, Umfang und Anzeigepflicht einer Erwerbstätigkeit.
Am 31.05.1991 ging bei der Beklagten eine Mitteilung des Arbeitsamtes Kempten - Bearbeitungsstelle zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung - ein. Bei einer Überprüfung der Firma ... seien Unterlagen über eine "freie Mitarbeit" des Klägers gefunden worden. Es handelte sich um Vereinbarungen zwischen der Firma ... und dem Kläger vom 16.01.1985, 10.07.1986 und 23.03.1987 betreffend die ab 15.01.1985 begonnene Tätigkeit. Danach konnte der Kläger die Zeit seiner Tätigkeit frei gestalten und wurde nach Stunden bezahlt. Die Abrechnungen waren so gestaltet, daß der Kläger nicht in jedem Monat den Betrag ausbezahlt erhielt, der seiner geleisteten Stundenzahl entsprach, vielmehr wurde vom 01.07.1985 - 31.12.1987 die Bezahlung dahin geregelt, daß er grundsätzlich unterhalb der Verdienstgrenze blieb und der übrige Betrag zusammen an einem bzw. drei Monaten (nicht zusammenhängend) ausbezahlt wurde. Von Januar bis Juni 1988 entsprachen sich die geleistete Arbeit und die Bezahlung.
Im einzelnen wurden folgende Beträge und Zahlungen zugrundegelegt:
Zeit Stunden gezahlt zugestanden
07/85 85,75 1372,00 1372,00
08/85 - - -
09/85 28,25 452,00 452,00
10/85 24,25 388,00 388,00
11/85 13,25 212,00 212,00
12/85 137,50 2200,00 2200,00
01/86 38,50 424,00 616,00
02/86 36,00 416,00 576,00
03/86 29,50 420,00 472,00
04/86 - - -
05/86 24,50 392,00 392,00
06/86 20,75 332,00 332,00
07/86 99,00 420,00 1584,00
08/86 120,00 412,00 1920,00
09/86 274,00 4384,00 4384,00
10/86 134,25 424,00 2148,00
11/86 74,75 416,00 1196,00
12/86 42,50 424,00 680,00
01/87 18,25 420,00 292,00
02/87 44,00 416,00 704,00
03/87 56,75 4628,00 908,16
04/87 96,00 424,00 2397,00
05/87 60,50 424,50 1545,50
06/87 12,25 220,50 220,50
07/87 79,00 5100,00 2006,00
08/87 - - -
09/87 8,50 136,00 136,00
10/87 10,25 164,00 164,00
11/87 61,25 1666,00 1666,00
12/87 4,75 76,00 76,00
01/88 24,75 396,00 396,00
02/88 42,75 684,00 684,00
03/88 40,00 640,00 640,00
04/88 30,75 492,00 492,00
05/88 29,00 464,00 464,00
06/88 25,50 530,50 530,50
Die Abrechnungen des Klägers wurden von dem Angestellten ... überprüft und gebilligt.
In der vom Arbeitsamt übersandten Akte (bestehend aus bei Firma ... vorgefundenen Unterlagen) findet sich unter dem 03.02.1986 bei der Abrechnung für Januar 1986 folgender Vermerk des Klägers: "Da ich aus bekannten Gründen nur 425,00 verrechnen kann, bitte ich Sie, mir 12 Stunden gutzuschreiben." Außerdem liegt darin eine nicht unterzeichnete Aufstellung über die an den Kläger geleisteten Zahlungen für 1985 mit dem Hinweis: Verdienstgrenze monatlich DM 425,00, zwei Monate voll 07/85 und 12/85. Die Barmer Ersatzkasse stellte als Einzugsstelle nach Überprüfung und Nachfrage durch die Beklagte fest, es habe sich nicht um eine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit gehandelt.
Aufgrund der zwischen der Firma ... und dem Kläger geschlossenen Vereinbarungen vom 16.01.1985, 10.07.1986 und 23.03.1987 und der vorhandenen Abrechnungen kam die Beklagte zum Ergebnis, der Kläger habe die Verdienstgrenzen überschritten mit der Folge, daß er von 01.07.1985 bis 30.06.1988 keinen Anspruch auf Altersrente gehabt habe. Mit Schreiben vom 07.11.1991 teilte die Beklagte dies dem Kläger mit und wies ihn darauf hin, daß er aufgrund der im Bescheid vom 18.07.1985 gegebenen Informationen und der beigefügten Hinweise den Wegfall des Rentenanspruchs hätte erkennen müssen. Es sei beabsichtigt, den Bescheid zurückzunehmen und die eingetretene Überzahlung in Höhe von DM 83199,60 zurückzufordern. Trotz Verlängerung der Äußerungsfrist ging eine Stellungnahme des Klägers nicht ein.
Die Beklagte nahm am 26.03.1992 den Bescheid vom 18.07.1985 gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - für die Zeit vom 01.07.1985 bis 30.06.1988 zurück, da der Kläger die Hinzuverdienstgrenze des § 25 Abs.4 AVG (bis 31.12.1986 DM 425,00, bis 31.12.1987 DM 430,00, bis 30.06.1988 DM 440,00, ab 01.07.1988 DM 1000,00) überschritten habe. Seine durchschnittlichen Verdienste hätten bis 30.06.1986 DM 1009,87, 30.06.1987 DM 1080,11, 30.06.1988 DM 659,71 betragen. Der Kläger habe aufgrund der Bescheidzusätze wissen müssen, daß ihm der Anspruch nicht zustehe. Von der Rücknahme könne auch nicht im Wege des Ermessens abgesehen werden, da besondere Umstände nach Aktenlage nicht bestünden und vom Kläger auch nicht im Rahmen der Anhörung vorgebracht worden seien. Der überzahlte Betrag in Höhe von DM 83199,60 sei zu erstatten. Nach Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse bestünde mit ratenweiser Tilgung Einverständnis. Der vom Kläger am 27.04.1992 erhobene und nicht begründete Widerspruch wurde von der Beklagten ebenfalls ohne nähere Begründung zurückgewiesen (Bescheid vom 02.10.1992).
Mit der am 27.10.1992 zum Sozialgericht (SG) Augsburg erhobenen Klage vertrat der Kläger die Ansicht, die Voraussetzungen des § 45 SGB X lägen aus verschiedenen Gründen nicht vor. Er führte im einzelnen im wesentlichen folgendes aus: 1. Die Beklagte sei von einem zu hohen Einkommen ausgegangen; es sei eine 25 % Werbepauschale abzusetzen. 2. Auch der Berechnungszeitraum sei unrichtig festgesetzt: die Beklagte habe einen 12-Monats-Zeitraum ab Rentenbeginn, statt des Kalenderjahres zugrundegelegt. 3. Das erzielte Einkommen dürfe auch nicht durch 12 geteilt werden, da während zweier Monate die Verdienstgrenze überschritten werden könne. 4. Der Bescheid vom 18.07.1985 sei nicht von Anfang an unrichtig gewesen, da im Jahr 1985 die Verdienstgrenze nicht überschritten worden sei. 5. Der Kläger sei im übrigen gutgläubig gewesen. Er habe nicht gedacht, daß die tatsächlich monatlich geleistete Arbeitszeit entscheidend sei, auch wenn ihm das dafür zu zahlende Entgelt erst später zufließe. Der Versichertenälteste, Herr ..., habe ihm mehrmals zugesichert, das durchgefühte Procedere führe nicht zur Überschreitung der Verdienstgrenze; er brauche der Beklagten die Nebenbeschäftigung nicht zu melden. Seine Gutgläubigkeit ergebe sich auch daraus, daß er das Einkommen bei der Steuer angegeben habe.
Die Beklagte verwies insbesondere darauf, entscheidend sei der Zeitpunkt der erbrachten Leistung, nicht wann die reguläre Vergütung tatsächlich zufließe. Die vorgenommene Gehaltsauszahlung könne nicht akzeptiert werden. Das formelle Einhalten der Entgeltgrenzen nur aufgrund der gewillkürten Zahlungsmodalitäten stelle ein rechtsmißbräuchliches Verhalten dar und führe dazu, daß die Voraussetzungen für das Altersruhegeld nicht gegeben seien. Arbeitseinkommen im Sinne des § 25 Abs.4 AVG sei der nach den allgemein gegebenen Ermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Die voraussichtlichen Gesamteinkünfte und die voraussichtlichen abzugsfähigen Betriebsausgaben für die dem Rentenbeginn folgenden 12 Monate seien festzustellen. Daraus sei ein mathematischer Durchschnittswert zu bilden. Nach dieser Berechnung habe der Kläger in der Zeit vom 01.07.1985 bis 30.06.1988 die Verdienstgrenze überschritten.
Das SG wies mit Urteil vom 02.08.1995 die Klage ab. Es war der Ansicht, der Kläger sei seit 01/85 bei der Firma ... regelmäßig und durchgehend beschäftigt gewesen und habe aus dieser Erwerbstätigkeit ein Arbeitseinkommen bezogen, das durchschnittlich die zulässige Grenze von monatlich DM 425,00 (bzw. DM 430,00, DM 440,00) überschritten habe. Gemäß § 15 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch - SGB IV -, sei Einkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Mit den Steuerbescheiden für 1986 und 1987 seien Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von DM 12685,00 bzw. DM 11218,00 erwiesen. Bei diesen Einkünften sei bereits begriffsmäßig jede Abzugsmöglichkeit berücksichtigt, da nur der Gewinn erfaßt werde (§ 2 Abs.2 Nr.1 EStG). Aber auch für 1985 und 1988 ergäben die vorliegenden Rechnungen des Klägers, daß die zulässigen Grenzen überschritten seien. Maßgeblich sei die Ausübung der Erwerbstätigkeit, nicht der Zeitpunkt, in dem das Entgelt aus dieser ausgeübten Tätigkeit zufließe, weil ansonsten Manipulationen Tür und Tor geöffnet werde.
Der Kläger sei auch bösgläubig im Sinn des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X gewesen, da er am 15.05.1985 unrichtige oder zumindest unvollständige Angaben gemacht habe. Er habe die ab Januar 1985 begonnene Tätigkeit nicht angegeben. Da der Kläger im Anhörungsverfahren bzw. Widerspruchsverfahren nichts zur Sache vorgetragen habe, hätten auch die Ermessensüberlegungen der Beklagten den gesetzlichen Anforderungen entsprochen (BSG Breithaupt 95/113). Damit sei auch die Geltendmachung der Erstattung nicht zu beanstanden gewesen.
Am 13.09.1995 legte der Kläger Berufung ein. Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 02.08.1995 und den Bescheid der Beklagten vom 26.03.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.1992 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält sein Vorbringen im wesentlichen aufrecht und verweist insbesondere darauf, daß er sich beim Versichertenältesten, Herrn ..., erkundigt und dieser ihm mitgeteilt habe, der Betrag von DM 425,00 sei netto zu verstehen und es komme allein auf die tatsächliche Auszahlung im Monat an, wobei während des Zeitraums von zehn Monaten der Betrag von DM 425,00 nicht überschritten, während in zwei nicht aufeinander folgenden Monaten ein unbegrenzter Betrag erreicht werden dürfe. Im übrigen habe der Kläger die Rentenbeträge verbraucht. Wäre der Kläger gezwungen, den zurückgeforderten Betrag zu erstatten, so wäre er in der Lebensführung erheblich beeinträchtigt. Der Kläger lebe von seinem Altersruhegeld und einer Betriebsrente der Firma ... in Höhe von rund DM 300,00.
Die Beklagte, die den Kläger als bösgläubig ansieht, legte zum Beweis dafür, daß ein Beratungsmangel nicht vorliegt, eine Erklärung des Versichertenältesten ... vom 28.06.1996 vor. Er führte aus, der Name ... sei ihm noch beiläufig in Erinnerung. Er mache sich keine Aufzeichnungen. Er wisse nur noch, daß der Kläger "wirre" Fragen gestellt habe. Weiter verweist die Beklagte insbesondere darauf, daß der Kläger in der Erklärung vom 15.05.1985 wahrheitswidrig seine Tätigkeit bei der Firma ... nicht erwähnt habe, obwohl ihm klar gewesen sei, daß auch eine Tätigkeit als "freier Mitarbeiter" von § 25 Abs.4 AVG erfaßt werde.
Der Senat erhob Beweis durch Beiziehung der Renten- und SG-Akte des 1926 geborenen Kollegen des Klägers, Herrn ..., der ebenfalls während des Bezugs des Altersruhegeldes bei der Firma ... erwerbstätig war. Dieser hatte bei Antragstellung angegeben, er arbeite ab 01.04.1990 weiterhin bei der Firma ..., sein Entgelt betrage aber nur noch DM 1000,00. Nach Bewilligung der Rente hatte die Beklagte diesem Versicherten auf Anfrage mitgeteilt, er könne während des maßgeblichen Jahres in nicht mehr als zwei aufeinander folgenden sowie einen weiteren Kalendermonat oder in nicht mehr als drei einzelnen Monaten den Grenzbetrag überschreiten. Unerheblich sei, ob es sich um eine abhängige oder selbständige Tätigkeit handle. Auch im Falle des Herrn ... hatte die Bezahlung nicht der tatsächlichen Arbeitsleistung entsprochen, vielmehr waren die den Grenzbetrag übersteigenden Beträge zusammengefaßt in zwei Monaten geleistet worden. Die Beklagte hatte den Bewilligungsbescheid aufgehoben; im Rahmen eines vor dem SG Augsburg anhängigen Klageverfahren nahm die Beklagte den Aufhebungsbescheid im erheblichen Umfang zurück.
In den Beweisterminen vom 28.08.1996 und 25.10.1996 wurden der Kläger zur Sache angehört und der Versichertenälteste ..., der frühere Hauptabteilungsleiter Recht und Personal der Firma ..., ..., und der seit 01.07.1989 als Personalleiter beschäftigte ... als Zeugen einvernommen. Auf die Niederschriften wird bezüglich der Aussagen Bezug genommen.
Weiter wurden die Unterlagen des Klägers über die tatsächlich erfolgten Überweisungen in der streitigen Zeit sowie ein Kontoauszug der Firma ... beigezogen, auf die verwiesen wird. Aus den vorliegenden Steuerbescheiden ergeben sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit für 1985 in Höhe von DM 11552,00, 1986 in Höhe von DM 12685,00, 1987 in Höhe von DM 11218,00 und 1988 in Höhe von DM 4615,00.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die beigezogenen Akten der Beklagten, des SG Augsburg, die Rentenakte ..., dessen SG Augsburg-Akte S 13 An 85/92, und die Akte des BayLSG vor.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 SGG zulässige Berufung ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und deswegen aufzuheben. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X liegen nicht vor. Was die Aufhebung für die Zeit vom 01.07.1985 bis 31.12.1987 angeht, so ist die Bewilligung der Rente zwar rechtswidrig, weil der Kläger durch seine Tätigkeit bei der Firma ... die Grenzen des § 25 Abs.4 AVG überschritten hat. Er war aber nicht bösgläubig im Sinne des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 und 3, Abs.3 SGB X. Darüber hinaus hat die Beklagte das ihr bei einer Rücknahme für die Vergangenheit eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Hinsichtlich der Zeit ab 01.01.1988 bis 30.06.1988 scheitert die Rücknahme bereits daran, daß die Bewilligung der Rente nicht rechtswidrig ist, da der Kläger die Einkommensgrenzen in dieser Zeit nicht überschritten hat.
Die Regelung des § 45 Abs.1 SGB X setzt voraus, daß der bewilligende Bescheid unrichtig ist. Abzustellen ist auf den Bescheid vom 18.07.1985 und nicht, wie der Kläger meint, auf denjenigen vom 11.11.1985. Denn mit dem Bescheid vom Juli 1985 wurde die Rente dem Grunde nach gewährt, während der Bescheid vom 11.11.1985 nur eine Abhilfeentscheidung im Rahmen eines Widerspruchs auf Anerkennung einer Ersatzzeit war. Der Bescheid vom 18.07.1985 war von Anfang an rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 25 Abs.4 AVG ab Beginn der Rente am 01.07.1985 bis 31.12.1987 nicht erfüllt waren. Da der gesamte Sachverhalt in der Vergangenheit liegt, ist auf das bei der Entscheidung feststehende Einkommen abzustellen und keine Prognose - wie bei einer Bewilligung notwendig (SozR 2200 § 1248 Nr.22) - anzustellen.
Die Vorschrift des § 25 AVG und nicht § 34 SGB VI kommt zur Anwendung, obwohl der Aufhebungsbescheid nach dem 01.01.1992 ergangen ist, weil das Verfahren zur Neufeststellung bis 31.03.1992 anhängig wurde und der Rentenbeginn und die Leistung nur vor dem 01.01.1992 liegen.
Nach § 25 Abs.4 AVG besteht ein Anspruch auf vorgezogenes Altersruhegeld neben einer Erwerbstätigkeit u.a. nur, wenn als Negativvoraussetzung die Tätigkeit a) nur gelegentlich für eine Zeitdauer, die im Laufe eines Jahres auf nicht mehr als zwei Monate beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch Vertrag beschränkt ist oder b) zwar laufend, aber nur gegen ein Entgelt oder Arbeitseinkommen, das durchschnittlich im Monat eine bestimmte Grenze nicht überschreitet, ausgeübt wird. Für ein vorgezogenes Altersruhegeld betrug die Grenze 1985/86 DM 425,00 (§ 25 Abs.4 AVG), 1987 DM 430,00, 1988 DM 440,00 (§ 8 SGB IV).
Der Kläger hat in der Zeit vom 01.07.1985 bis 31.12.1987 eine rentenschädliche Tätigkeit ausgeübt, da er mit selbständiger Arbeit durchschnittlich mehr, als die Verdienstgrenze betrug, verdient hat. Aus den zwischen der Firma ... und dem Kläger geschlossenen Vereinbarungen, den Angaben des Klägers und den Feststellungen der Einzugsstelle ergibt sich, daß der Kläger seit 15.01.1985 bis 30.06.1988 und darüber hinaus als freier Mitarbeiter durchgehend tätig war und damit - wie auch die Steuerbescheide zeigen - eine selbständige Arbeit im Sinn des Einkommensteuerrechts verrichtete. Weiter steht fest, daß der Kläger laut Steuerbescheid 1985 DM 11552,00, 1986 DM 12685,00, 1987 DM 11218,00, 1988 DM 4615,00 an Einkünften aus dieser Tätigkeit erzielte. Auch festgehalten ist, welche Beträge der Kläger im Monat tatsächlich ausbezahlt erhielt, wieviele Stunden er arbeitete und welcher Betrag der geleisteten Arbeit entsprochen hätte.
Entgegen der Ansicht des Klägers kann von den geleisteten Zahlungen weder Werbungskostenpauschale noch Steuer in Abzug gebracht werden. Es handelt sich bei den Zahlungen um Arbeitseinkommen im Sinne des § 25 Abs.4 AVG, das in § 15 SGB IV definiert ist (u.a. SozR 3-2200 § 1248 Nr.8). Danach ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes - EStG - ermittelte Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit. Grundsätzlich bedeutet dies, daß der Gewinn nach Abzug der Betriebsausgaben, aber vor Abzug der Steuer die Höhe des Einkommens bestimmt (SozR 2100 § 15 Nr.2). Zu den Betriebsausgaben gehören Aufwendungen, die durch die selbständige Tätigkeit veranlaßt sind. Ein Abzug von Werbungskosten wie bei abhängiger Tätigkeit ist nicht vorgesehen.
Dies hat zur Folge, daß die laut Einkommensteuerbescheid erzielten Einkünfte als Gewinn anzusehen sind. Weder das Bruttoeinkommen - wie die Beklagte teilweise verfahren ist - ist anzusetzen noch sind weitere Abzüge vorzunehmen, wie der Kläger meint. Daß bei Ermittlung der Einkünfte steuerrechtliche Vergünstigungen abgezogen wurden, die nach § 15 Satz 2 SGB IV a.F. nicht in Abzug gebracht werden dürften, ist nicht ersichtlich und bei Art und Umfang der Tätigkeit auch nicht naheliegend.
Der Kläger hat mit diesen Einkünften durchschnittlich im Monat mehr als DM 425,00 bzw. DM 430,00 verdient. Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 1248 Nr.22, s.a. Niesel in KassKomm, § 1248 RdNr.31, § 34 SGB VI RdNr.18, Klattenhoff in Hauck-Haines § 34 Nr.8, 9, 14) ist bei Selbständigen für die Berechnung des durchschnittlichen monatlichen Einkommens grundsätzlich das Einkommen während eines Kalenderjahres, geteilt durch 12, zugrunde zu legen, denn sowohl bei der Einkommensteuerfeststellung als auch bei der Bestimmung der Beitragsbemessungsgrenze nach § 1385 Abs.2 Reichsversicherungsordnung - RVO - wird vom Kalenderjahr ausgegangen. Eine Ausnahme vom Kalenderjahr gilt dann, wenn innerhalb des Jahres der selbständige Betrieb aufgenommen oder aufgegeben oder ein Wechsel der Tätigkeit von abhängig in selbständig vorgenommen wird. Wenn in solchen Fällen oder aus anderen Gründen - etwa Bewilligung des Altersruhegeldes wegen Vollendung des 65. Lebensjahres - Beginn oder Ende des vorzeitigen Altersruhegeldes während eines Kalenderjahres eintreten, ist das Einkommen für den entsprechenden Teil des Jahres gesondert festzustellen. Dasselbe gilt, wenn das Altersruhegeld während des Jahres beginnt (SozR 2200 § 1248 Nr.18).
Der Kläger hat 1985 insgesamt steuerliche Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von DM 11552,00 erzielt. Ausbezahlt wurden insgesamt DM 12524,00 und zwar im ersten Halbjahr DM 7900,00 und im zweiten DM 4624,00 (monatlich DM 770,00). Bei diesen Beträgen und dem geringen Unterschied zwischen Einnahmen und Gewinn (insgesamt DM 972,00) sowie dem erheblichen Unterschied zwischen Grenzbetrag DM 425,00 x 6 = DM 2550,00 und den Einnahmen liegt eindeutig ein Überschreiten der Verdienstgrenze vor.
Diese Überschreitung kann auch nicht dadurch vermieden werden, daß die Beträge für Juli und Dezember 1985 (DM 1372,00 und DM 2200,00) in Abzug gebracht werden. Denn dafür besteht bei Anwendung der Vorschrift des § 25 Abs.4 AVG kein Raum. Die Versicherungsträger (Kommentar zur RVO, herausgegeben vom Vorstand der Rentenversicherungsträger VdR Komm - § 1248 S.36) legen die Worte "durchschnittlich überschreiten" wie die gleichen Worte in § 1228 Abs.2b RVO aus, d.h. der Verdienst dürfe "regelmäßig" die genannte Grenze nicht überschreiten, wobei eine Überschreitung in zwei aufeinanderfolgenden Monaten und einem weiteren oder in höchstens drei Einzelmonaten nicht schädlich sei, weshalb die Berechnung pro Kalenderjahr, sei es mit einem gleitenden Jahr, nicht erforderlich sei. Diese Ansicht überzeugt nicht, da dadurch eine unübersichtliche Rechtslage geschaffen wird, die - wie der vorliegende Fall zeigt - zu besonderen Vereinbarungen anregt. Zudem kann gerade bei Selbständigen das Einkommen häufig nicht monatsweise zugeordnet werden, so daß weitere Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Einkommensgrenze entstehen. Zu Recht weisen das BSG und auch vor allem Klattenhoff (s.o.) darauf hin, daß die "Rechnungseinheit" bei Selbständigen der Jahreszeitraum sei und daß deswegen ein Durchschnittswert zu bilden sei. Klattenhoff vertritt diese Ansicht sogar zur Regelung des § 34 SGB VI, der deutlich auf das Einkommen in den einzelnen Monaten abstellt. Auch erscheint das mit der Ansicht der Versicherungsträger erreichte Ergebnis nicht ausgewogen. Denn dabei kann ein Versicherter mit erheblich höherem Einkommen Altersruhegeld beziehen, da der Zusatzverdienst in den zwei Monaten unbegrenzt ist, während ein Versicherter, der ein gleichbleibend, wenn auch nur gering über der Grenze liegendes Einkommen hat, nicht in den Genuß der Rente kommt.
Auch aus der Neuregelung zum Überschreiten der Einkommensgrenzen in § 34 SGB VI kann für die Auslegung nichts anderes hergeleitet werden. Zwar ist jetzt ein zweimaliges Überschreiten vorgesehen, die Höhe des Betrags ist aber auf den doppelten Freibetrag begrenzt. Dieser Betrag kann demnach auch rechnerisch bei einer selbständigen Tätigkeit hinzugeschlagen werden, so daß die mit der Meinung der Versicherungsträger verbundenen Ungleichheiten und Manipulationsmöglichkeiten ausgeschlossen sind.
Es ist demnach vom durchschnittlichen Monatseinkommen des Klägers auszugehen. Bei dieser Rechtsansicht kommt es - jedenfalls für die Frage der Rechtswidrigkeit - nicht darauf an, ob die vom Kläger gewählte Abrechnungsart zulässig ist. Denn selbst wenn sie dies wäre, wäre ein Durchschnitt zu bilden, in den die Spitzenbeträge einfließen müßten.
Ausgehend von dieser Berechnung lag das Einkommen auch 1986 und 1987 eindeutig über dem Grenzbetrag. Da in diesem Fall zwei volle Jahre umfaßt sind, bedarf es keiner Aufteilung. Auszugehen ist von den Einkünften, die laut Steuerbescheid 1986 DM 12685,00 und 1987 DM 11218,00 betrugen. Die Grenze von (monatlich) DM 425,00 und DM 430,00 ist damit eindeutig überschritten.
Im Jahr 1988 hatte der Kläger steuerliche Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von DM 4615,00, Zahlungen der Firma ... wurden im Umfang von DM 5782,00 (durchschnittlich DM 481,00) erbracht. Auszugehen ist von den Einkünften im Steuerbescheid. Der Kläger hat während des gesamten Jahres gearbeitet und auch Rente bezogen, die Erhöhung der Verdienstgrenze wegen Vollendung des 63. Lebensjahres stellt keinen Einschnitt dar, da weiterhin ein von der Einhaltung von Verdienstgrenzen abhängiges Altersruhegeld gewährt wird. Demnach ergibt sich ein monatliches Einkommen von DM 384,50. Dem Kläger stand ab 01.01.1988 bei einem Freibetrag von DM 440,00 demnach Altersruhegeld zu.
Für diese Zeit fehlt es für die Rücknahme des Bescheides vom 18.07.1985 schon an der Rechtswidrigkeit der Bewilligung. Die angefochtenen Bescheide sind insofern bereits deswegen aufzuheben.
Aber auch hinsichtlich der Zeit vom 01.07.1985 bis 31.12.1987 sind die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Zwar ist der Bescheid vom 18.07.1985 bezüglich dieser Zeit unrichtig, da dem Kläger das Altersruhegeld nicht zustand. Der Kläger war aber nicht bösgläubig im Sinne des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 und 3, Abs.3 SGB X. Die Vorschrift des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X setzt voraus, daß der Kläger wesentliche Angaben vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtig oder unvollständig gemacht hat, während Nr.3 zum Tragen kommt, wenn der Kläger wußte oder grob fahrlässig nicht wußte, daß ihm der Anspruch nicht zustand. Nach der Legaldefinition des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt hat. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn der Betroffene mit dem relevanten Umstand (z.B. der Rechtswidrigkeit) rechnen mußte (Steinwedel in KassKomm, § 45 SGB X RdNr.39). Vorausgesetzt wird vielmehr, daß er ihn aufgrund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen hätte erkennen können bzw. dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen (BSG SozR 1300 § 48 Nr.39).
Die Abwägung aller Umstände ergibt, daß die Voraussetzungen des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X beim Kläger nicht vorliegen. Daß er die Rechtswidrigkeit des Bescheides kannte, ist nicht ersichtlich; dafür ergibt sich insbesondere nichts aus dem Hinweis des Klägers (enthalten in der Akte des Arbeitsamtes) "da ich aus bekannten Gründen nur DM 425,00 verrechnen kann, bitte ich Sie, mir 12 Stunden gutzuschreiben". Denn dies ist eher ein Hinweis darauf, daß der Kläger davon ausging, die gewählte Verfahrensweise sei zulässig. Eine beabsichtigte Umgehung der Verdienstgrenzen, die er selbst für rechtswidrig hielte, würde ein Versicherter kaum ausdrücklich schriftlich niederlegen. Auch mit den Auskünften des Versicherungsältesten kann vorsätzliche Kenntnis des Klägers nicht begründet werden. Es war aus den schriftlichen und vor allem auch mündlichen Angaben des Herrn ... im Erörterungstermin keine klare Auskunft, insbesondere bezüglich des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit, zu erhalten; dabei ist zudem zu berücksichtigen, daß er konkret nicht mehr angeben konnte, welche Auskunft er dem Kläger persönlich erteilt hatte. Vorsätzliche Kenntnis beim Kläger scheidet demnach aus.
Dasselbe gilt auch für grobe Fahrlässigkeit. Es war nicht aufgrund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen ersichtlich, daß ein Anspruch auf Altersruhegeld nicht bestanden hat. Dabei fällt ins Gewicht, daß sich die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides nicht zweifelsfrei und eindeutig ergibt. Nach der Berechnung des "durchschnittlichen" Einkommens, die der Senat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG vornimmt, steht zwar die Überschreitung der Verdienstgrenzen und damit die Rechtswidrigkeit der Bewilligung des Altersruhegeldes fest; dies gilt aber nicht unter Zugrundelegung der Rechtsansicht der Beklagten. Diese betrachtete nämlich auch bei regelmäßiger Beschäftigung eine Überschreitung in zwei aufeinanderfolgenden Monaten und einem weiteren oder in drei Einzelmonaten nicht als schädlich. Hätte demnach der Kläger eine eindeutige Vereinbarung dahin getroffen, daß er pro Monat nur Anspruch auf DM 424,00 habe und den gesamten Rest auf zwei Monate verteilt, hätte nach Ansicht der Beklagten durchaus Anpruch auf Rente bestehen können, da Arbeitseinkommen erst erzielt ist, wenn es eingenommen, im weitesten Sinne Vermögensbestandteil des Beschäftigten geworden ist (Seewald in KassKomm, § 14 RdNr.10 m.w.N.). Ob im Falle des Klägers eine Vereinbarung dahin getroffen wurde, daß er mehr als DM 424,00 monatlich gar nicht hätte beanspruchen können, ist nicht eindeutig feststellbar. Die vorgenommenen Abrechnungen und auch der Hinweis des Klägers selbst auf die Verdienstgrenze sprechen aber dafür, daß die Beteiligten sich im Rahmen der Verfahrensweise der Beklagten halten wollten. Dies wurde auch vom Zeugen ... grundsätzlich versichert. Der Vermerk des die Abrechnung prüfenden Buchhalters der Firma ... mit Aufstellung der Zahlungen und mit Hinweis auf die mögliche Überschreitung für zwei Monate ist zudem eher ein Anhaltspunkt dafür, daß die Beteiligten das Vorgehen für korrekt hielten, als ein Zeichen dagegen. Ausgehend von der Verfahrensweise der Beklagten ist die gewählte Abrechnung nicht so ungewöhnlich, daß auch ein Laie bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen müßte, daß dies unzulässig ist. Dabei ist weiter in Rechnung zu stellen, daß die Beklagte nicht nur einen unklaren Rechtszustand durch ihre an sich großzügige Auslegung geschaffen hatte, sondern daß auch das dem Bescheid beigefügte Merkblatt nicht ganz richtig und zutreffend war. Die Voraussetzungen des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 SGB X sind demnach nicht erfüllt.
Dasselbe gilt für die Vorschrift des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 i.V. Abs.3 SGB X. Fest steht zwar, daß der Kläger seine Tätigkeit bei der Firma ... gegenüber der Beklagten nicht angegeben hat. Darin ist aber kein vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verstoß gegen die Mitteilungspflicht zu sehen. Denn der Kläger mußte nur - und war auch nur darauf hingewiesen - die Aufnahme und Ausübung einer über den Rahmen des § 25 Abs.4a und b AVG hinausgehenden Beschäftigung oder Tätigkeit mitteilen. Nachdem er aber gerade im Hinblick auf die Praxis der Beklagten bezüglich der Verdienstgrenze die Sorgfaltspflicht nicht im besonderen Maße verletzt hat, hat er auch die Mitteilung gemäß § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X nicht grob fahrlässig unterlassen.
Der nicht bösgläubige Kläger genießt, zumal er die Leistung verbraucht hat, Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs.2 Satz 1 und 2 SGB X.
Abschließend ist festzustellen, daß, selbst wenn der Kläger grob fahrlässig gewesen wäre, die angefochtenen Bescheide aufzuheben sind. Denn die Beklagte hat das ihr gemäß § 45 SGB X eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Ihr Hinweis, der Kläger habe zur Ermessensausübung nichts vorgetragen, reicht jedenfalls im vorliegenden Fall - anders als in dem dem Urteil des BSG vom 25.01.1994 zugrundeliegenden (Breithaupt 1995/113 f.) - für eine Ermessensreduzierung auf Null nicht aus. Denn im Hinblick auf die Höhe der Überzahlung und auch die Vorgänge in der Akte des Arbeitsamts wäre im Zusammenhang mit der von der Rechtsprechung des BSG wenn gegebenenfalls auch nicht umfangreiche, Ermessensausübung notwendig gewesen. Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, daß der 13. Senat des BSG - allerdings im Rahmen des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X - die Ansicht vertreten hat, die rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheides dürfe, wenn das Überschreiten der Verdienstgrenze zum Wegfall der Sozialleistung führe, nur in Höhe des Mehrverdienstes erfolgen (SozR 3-2200 § 48 Nr.37). Außerdem sah es das BSG als Argument für die Gutgläubigkeit des Versicherten an, wenn er sich auf den Arbeitgeber verlassen habe, jedenfalls müsse dieser Gesichtspunkt im Rahmen der Ermessensausübung mitgeprüft werden. Für eine Ermessensausübung der Beklagten bestand demnach durchaus Veranlassung.
Die angefochtenen Bescheide sind nach alledem insgesamt rechtswidrig und deswegen aufzuheben.
Die Kostenentscheidung, § 193 SGG, ist darin begründet, daß die Berufung Erfolg hat.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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