Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 RA 225/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 201/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. Juli 2000 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. August 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. April 1997 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist unter den Beteiligten die Rücknahme einer durch Verwaltungsakte der Beklagten erfolgten Zuordnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im Zeitraum zwischen 01.01.1992 und 29.02.1996 im Versicherungsverlauf des Klägers.
Der 1948 geborene Kläger und die 1950 geborene Beigeladene sind die Eltern der Kinder A. (geboren am 1986) und M. (geboren am 1992). Mit Bescheid vom 09.05.1988 hatte die Beklagte nach Erhalt einer von beiden Eltern unterschriebenen Erklärung über die Anrechnung von Erziehungszeiten beim Vater die Zeit vom 01.11. 1986 bis 31.10.1987 als Kindererziehungszeit nach § 2a Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) a.F. für den Sohn A. beim Kläger anerkannt. Am 24.05.1996 beantragte der Kläger auch für das 1992 geborene Kind M. die Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten, ferner eine Berücksichtigungszeit für das Kind A. nach dem inzwischen in Kraft getretenen Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Beigefügt war eine von dem Kläger und der Beigeladenen unterzeichnete - dem Wortlaut nach allerdings nur Kindererziehungszeiten betreffende - Erklärung vom 14.05.1996 über die Zuordnung beim Vater. Der Antrag enthielt den Vermerk "Anträge wurden Mai/Juni 1992 bereits gestellt".
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 11.07.1996 zugunsten des Klägers die Zeit vom 17.10. 1986 bis 30.04.1996 als Berücksichtigungszeit betreffend das Kind A. an und mit weiterem Bescheid vom gleichen Tage die Zeit vom 01.05.1992 bis 30.04. 1995 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 24.04.1992 bis 30.04.1996 als Berücksichtigungszeit betreffend das Kind M ...
Nach Anhörung des Klägers zu der beabsichtigten teilweisen Aufhebung dieser Bescheide nahm die Beklagte mit Bescheid vom 23.08.1996 beide Bescheide vom 11.07.1996 hinsichtlich der Anerkennung von Berücksichtigungszeiten ab 01.01.1992 bis 29.02. 1996 für A. sowie hinsichtlich der Anerkennung von Kindererziehungszeiten ab 01.05.1992 bis 30.04.1995 und von Berücksichtigungszeiten ab 24.04.1992 bis 29.02.1996 für M. gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Zur Begründung hieß es, Zeiten der Kindererziehung ab 01.01.1992 könnten nur für die Zukunft bzw. für zwei Kalendermonate rückwirkend ab Eingang der gemeinsamen Erklärung über die Zuordnung dieser Zeiten zu einem Elternteil (hier am 29.05.1996) zugeordnet werden.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und berief sich zunächst auf eine von ihm schon nach der Geburt des Kindes M. abgegebene identische gemeinsame Erklärung der Ehegatten; später formulierte er, seine Ehefrau habe definitiv seinerzeit die Erklärung bei der Dienststelle der Beklagten in Nürnberg abgegeben, damals aber keine Bestätigung erhalten.
Während des Widerspruchsverfahrens legte die Beklagte eine Versichertenakte unter dem Namen der Ehefrau des Klägers an, in der u.a. die gemeinsame Erklärung vom 14.05.1996 über die Zuordnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten in Kopie abgeheftet wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.1997 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Rücknahmebescheid vom 23.08.1996 unter Darlegung der Voraussetzungen des § 45 SGB X und der Zuordnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten ab 1992 zurückgewiesen. Die Beklagte holte gleichzeitig die bis dahin unterbliebene Ermessensausübung nach und legte dar, dass das Interesse an der Rücknahme der fehlerhaften Bescheide den dem Kläger zustehenden Vertrauensschutz überwiege und die Rücknahme auch keine unbilligen Eingriff in seine persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse darstelle.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) wurde die Ehefrau des Klägers mit Beschluss vom 04.11.1997 gemäß § 75 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Verfahren beigeladen. Der Kläger berief sich weiterhin auf eine bereits im Mai 1992 von der Beigeladenen bei der Beklagten abgegebene gemeinsame Erklärung der Eheleute sowie darauf, dass die Ehefrau bereits seit 1977 im Beamtenverhältnis stehe und Kindererziehungszeiten bei ihr nicht zum Tragen kämen. Die entsprechende Ernennungsurkunde vom 02.03.1977 legte er auf Aufforderung hin vor. Die Ehefrau teilte auf Anfrage mit, sie sei nach der Geburt ihres Sohnes M. vom 17.02.1993 bis 23.04.1995 im Erziehungsurlaub ohne Bezüge und anschließend vom 24.04.1995 bis 31.12.1996 ohne Bezüge beurlaubt gewesen und habe danach halbtags ihre Arbeit wieder aufgenommen.
Der Kläger vertrat die Auffassung, dass bei der Beklagten eine Einheitsakte mit Unterlagen der Beigeladenen aus der Zeit vor 1996 vorhanden sein müsste, die möglicherweise die 1992 abgegebene gemeinsame Erklärung enthalte.
Die Beklagte verwies darauf, dass lediglich zwei gemeinsame Erklärungen der Eheleute aus den Jahren 1987 und 1996 vorhanden seien. Nach der Geburt des Kindes M. habe laut den vorliegenden Unterlagen lediglich am 13.05.1992 eine Anfrage der Beigeladenen stattgefunden, der Eingang einer neuen gemeinsamen Erklärung gehe daraus nicht hervor. Eine Empfangsbestätigung werde über die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung gewöhnlich nicht ausgestellt. Die Erklärungen würden jedoch immer der jeweiligen Akte zugeordnet, wie aus der Akte des Klägers zu ersehen sei, in der sich bereits zwei gemeinsame Erklärungen und der daraufhin jeweils erteilte Bescheid befänden. Bei der Beratung am 13.05.1992 sei kein Bescheid erteilt worden. Dies spreche gegen die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung zum damaligen Zeitpunkt.
Das SG hob mit Urteil vom 27.07.2000 die zugrunde liegenden Bescheide auf, weil diese nach seiner Auffassung nicht rechtswidrig waren, so dass eine Rücknahme nicht hätte erfolgen dürfen. Zwar ging das Gericht in diesem Zusammenhang nicht von einer bereits im Jahre 1992 abgegebenen übereinstimmenden Erklärung der Eheleute betreffend die Zuordnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten aus. Es konnte sich im Hinblick auf die widersprüchlichen Angaben des Klägers zur Abgabe dieser Erklärung sowie im Hinblick auf die nach Aktenlage erfolgte Beratung vom 13.05.1992 ohne Dokumentierung einer gemeinsamen Erklärung und ohne anschließenden Bescheid über die Zuordnung entsprechender Zeiten, ferner im Hinblick auf das anschließende Zuwarten ohne Rückfragen bis zur Abgabe der übereinstimmenden Erklärung vom 14.05.1996 nicht von der Richtigkeit einer entsprechenden Behauptung des Klägers überzeugen. Unter Darlegung der einzelnen Regelungen des § 56 Abs.1, 2 und 4 sowie des § 57 SGB VI und unter Zuhilfenahme von Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (u.a. Urteile des 4. Senats vom 25.02.1992 - 4 RA 34/91 - und vom 25.05.1993 - 4 RA 46/92) arbeitete das SG aber heraus, dass die als Beamtin auf Lebenszeit gemäß § 5 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB VI versicherungsfreie Beigeladene gemäß § 56 Abs.4 Nr.2 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten ausgeschlossen sei und daher die Zuordnung der streitigen Kindererziehungszeiten nur zu dem nicht von der Anrechnung ausgeschlossenen Kläger erfolgen könne.
Gegen dieses Urteil wandte sich die Beklagte mit der Berufung. Die Argumentation des SG sei nicht überzeugend. Zum einen sei die bisher wegen ihrer Beamteneigenschaft von der Zuordnung ausgeschlossene Beigeladene im Falle des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis mit der Folge einer anschließenden Nachversicherung nicht länger von der Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung ausgeschlossen, so dass eine unterbliebene Zuordnung der Zeiten der Kindererziehung beim Kläger für die Beigeladene zumindest "latent" vorteilhaft sei. Zum anderen sei mit dem als Art.8 des Versorgungsreformgesetzes 1998 eingeführten Kindererziehungszuschlagsgesetz (KEZG - vgl. BGBl.I, 1684) auch für Beamte eine an die Regelungen der §§ 56, 249 SGB VI angelehnte Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten möglich geworden; die Beigeladene könne sich also selbst auf der Grundlage dieses Gesetzes Kindererziehungszeiten zuordnen lassen. Dadurch unterscheide sich der vorliegende Fall von den Fallkonstellationen der vom SG für seine Auffassung zitierten BSG-Entscheidungen, in denen es um die Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei mit Angehörigen der US-Armee verheirateten Müttern und damit auch um die Regelungen des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut gegangen sei und die jeweiligen Väter (US-Soldaten) wegen § 56 Abs.4 Nr.1b SGB VI in keinem Fall in den Genuss von Kindererziehungszeiten hätten gelangen können. In den Entscheidungen fehle es an einer ausdrücklichen Begründung dafür, warum nach der Konzeption des § 56 SGB VI der in Abs.4 angeordnete Ausschluss eines Elternteils gleichsam automatisch die Zuordnung der Zeiten der Kindererziehung beim anderen Elternteil nach sich ziehe. Sofern das BSG habe verhindern wollen, dass Kindererziehungszeiten ersatzlos verloren gingen, sei das für den vorliegenden Fall, in dem sich die Kindererziehungszeiten zugunsten der Beigeladenen im Rahmen der Beamtenversorgung über das KEZG bzw. im Falle des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis über die Möglichkeit der Geltendmachung von Kindererziehungszeiten unmittelbar aus § 56 SGB VI auswirkten, kein durchschlagendes Argument. Vielmehr seien die aufgehobenen Bescheide materiell rechtswidrig im Sinne des § 45 Abs.1 SGB VI gewesen. Der Kläger habe im streitigen Zeitraum die Kinder keinesfalls allein im Sinne des § 56 Abs.2 Satz 1 SGB VI erzogen, sondern es liege ein Fall der gemeinsamen Erziehung durch den Kläger und die Beigeladene vor. Die im Mai 1996 abgegebene übereinstimmende Erklärung habe lediglich zur Folge, dass die streitigen Zeiten dem Kläger ab 01.03.1996 zugeordnet werden dürften (§ 56 Abs.2 Satz 5 SGB VI), wobei zu Gunsten des Klägers unterstellt werde, dass die Erklärung nicht nur die Kindererziehungszeiten erfassen sollte, sondern auch die Berücksichtigungszeiten. Für die Zeit vor dem 01.03.1996 sei darauf abzustellen, welcher Elternteil den überwiegenden Erziehungsanteil übernommen habe. Es spreche einiges dafür, dass beide Elternteile mindestens gleichmäßig an der Erziehung der Söhne beteiligt gewesen seien, so dass im Zweifel (§ 56 Abs.2 Satz 8 SGB VI) die Zeiten der Kindererziehung der Beigeladenen zuzuordnen seien.
Mit Beschluss vom 19.03.2001 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Es wurde im Oktober 2001 wieder aufgenommen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.07.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Versichertenakten der Beklagten betreffend den Kläger sowie betreffend die Beigeladene Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie erweist sich auch als begründet.
Entgegen der Auffassung des Erstgerichts ist der angefochtene Rücknahmebescheid vom 23.08.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24.04.1997 nicht fehlerhaft. Die Beklagte war vielmehr berechtigt, die mit den Bescheiden vom 11.07.1996 erfolgte Zuerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung beim Kläger für die Zeit ab 01.01.1992 bis 29.02.1996 gemäß § 45 SGB X zurückzunehmen. Die Anrechnung dieser Zeiten bei ihm als Vater war insoweit rechtswidrig.
Gemäß § 56 Abs.1 SGB VI wird einem Elternteil eine Zeit der Kindererziehung in den ersten drei Lebensjahren des Kindes als Kindererziehungszeit - und entsprechend gemäß § 57 SGB VI die Zeit der Erziehung bis zum vollendeten zehnten Lebensjahre des Kindes als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung - u.a. dann angerechnet, wenn ihm die Erziehungszeit nach § 56 Abs.2 SGB VI zuzuordnen ist und er nicht von der Anerkennung einer Kindererziehungszeit gemäß § 56 Abs.4 SGB VI ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzungen lagen beim Kläger für die streitigen Zeiten von Anfang an nicht vor. Zwar waren Ausschlussgründe im Sinne des Abs.4 bei ihm, der in der streitigen Zeit ab 01.01.1992 versicherungspflichtig beschäftigt war, nicht gegeben, eine Zuordnung der streitigen Erziehungszeiten ab 01.01.1992 an ihn stand aber nicht in Einklang mit den Regelungen des § 56 Abs.2 SGB VI. Wie das SG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.1997 in SozR 3-2600 § 56 Nr.10) zutreffend dargelegt hat, enthält § 56 Abs.2 SGB VI im Falle der gemeinsamen Erziehung eines Kindes durch die Eltern eine grundsätzliche Zuordnung der Kindererziehungszeit an den überwiegend erziehenden Elternteil, wobei jedoch auch die Möglichkeit der Zuordnung an den miterziehenden anderen Elternteil durch entsprechende gemeinsame Erklärung der Eltern besteht. Bei Fehlen einer solchen Erklärung sowie bei bestehenden Zweifeln an der überwiegenden Erziehung eines Elternteils ist die Erziehungszeit in jedem Fall der Mutter zuzuordnen.
Nach dem sich aus den gesamten Akten ergebenden Sachverhalt - der Kläger war laut Versicherungsverlauf in der streitigen Zeit ab 01.01.1992 voll versicherungspflichtig beschäftigt, während sich die im gemeinsamen Haushalt mit ihm und den Kindern lebende Beigeladene nach der Geburt des Kindes M. am 24.04.1992 im Erziehungsurlaub befand und anschließend weiter im Urlaub ohne Bezüge, bis sie im Januar 1997 ihre Beamtentätigkeit in Teilzeit wieder aufnahm - ist von einer gemeinsamen Erziehung der Kinder A. und M. durch beide Elternteile auszugehen, ohne Zweifel überwog jedoch der Anteil der Beigeladenen an der Erziehung.
Eine übereinstimmende Erklärung der Ehegatten bezüglich der Zuordnung der Erziehungszeiten zum Kläger für die Zeit ab 01.01. 1992 bzw. der Geburt von M. am 1992 liegt nicht vor. Die mit dem am 24.05.1996 bei der Beigeladenen eingegangenen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung abgegebene gemeinsame Erklärung mit dem Datum 14.05.1996 konnte gemäß § 56 Abs.2 Satz 6 SGB VI rückwirkend nur für zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen, also für die Zeit ab 01.03.1996. Der Eingang einer früheren entsprechenden Willenserklärung bei der Beklagten ist weder aus der Versichertenakte des Klägers noch aus der erst 1996 angelegten Versichertenakte der Beigeladenen ersichtlich. Auch sonst ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine entsprechende Erklärung tatsächlich rechtswirksam abgegeben worden wäre. Es ist zwar nicht ganz auszuschließen, dass schon vor der erst 1996 angelegten Akte der Beigeladenen weitere auf ihren Namen lautende Aktenvorgänge vorhanden waren, in der theoretisch eine weitere gemeinsame Erklärung der Eheleute hätte abgeheftet sein können. Dagegen spricht allerdings, dass die Versicherungskarten der Beigeladenen aus ihren versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen vor der Beamtentätigkeit in der jetzigen Akte vorhanden sind und im Übrigen die elektronische Datenerfassung der Beklagten für den Monat Mai 1992, in dem der Kläger eine Antragstellung bezüglich der Erziehungszeiten bzw. die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung zu seinen Gunsten behauptet, lediglich eine Anfrage der Beigeladenen vermerkt hat. Ein entsprechender Antrag bzw. die Erklärung zugunsten des Klägers hätte im Übrigen Eingang in seine Versichertenakte finden müssen, wo aber nur die Erklärungen aus den Jahren 1987 und 1996 vorhanden sind und auch unter dem Stichwort Datenerfassung keine weiteren Anträge oder Erklärungen vermerkt sind.
Der Senat hält es für denkbar, dass die Eltern bzw. die Beigeladene seinerzeit bei Vorsprache in der Dienststelle der Beklagten Vordrucke für eine Antragstellung bezüglich der Erziehungszeiten und für eine gemeinsame Erklärung erhielten und möglicherweise auch ausfüllten, dass es aber tatsächlich nicht zu einer Antragstellung durch Abgabe der Formblätter gekommen und dies den Ehegatten heute im Einzelnen nicht mehr erinnerlich ist. Im Übrigen traf deren Auffassung, die Erziehungszeiten kämen bei der Beigeladenen nicht zum Tragen, nicht zu. Bereits das mit Wirkung vom 01.01.1992 in Kraft getretene Gesetz über die Gewährung eines Kindererziehungszuschlags (KEZG, BGBl.I 1989, 2234) sah in seinem § 1 die Berücksichtigung von Zeiten der Erziehung eines oder mehrerer nach dem 31. Dezember 1991 geborenen Kinder bei der Höhe des Ruhegehalts eines Beamten vor, "soweit nicht ein anderer Elternteil in dieser Zeit wegen der Erziehung des Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war". Nach aktueller Rechtslage ist die Erhöhung der Versorgungsbezüge eines Beamten/einer Beamtin durch einen Kindererziehungszuschlag bzw. einen Kindererziehungsergänzungszuschlag für nach dem 31.12.1991 geborene Kinder in den §§ 50a und 50b des Beamtenversorgungsgesetzes in der Fassung des Versorgungsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2001 (BGBl.I, 3926) geregelt.
Auffallend erschien dem Senat auch, dass von Seiten des Klägers oder der Beigeladenen niemals eine Anfrage bezüglich der Bearbeitung ihres Antrages aus dem Jahre 1992 erfolgte, sondern vielmehr im Mai 1996 ein Antragsverfahren in Gang gesetzt wurde, wenn auch mit dem Zusatz "Anträge wurden im Mai/Juni bereits gestellt".
Nach alledem ist der Senat ebenso wenig wie das Erstgericht von einer wirksam erfolgten Antragstellung bzw. der Abgabe einer gemeinsamen Erklärung betreffend die Zuordnung weiterer Erziehungszeiten beim Kläger überzeugt.
Mangels einer nachweisbaren entsprechenden Erklärung ist die im Streit stehende Kindererziehungszeit gemäß § 56 Abs.1 SGB VI für das am 1992 geborene Kind M. ebenso wie die damit verbundene Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung gemäß § 57 SGB VI, ferner eine entsprechende Berücksichtigungszeit betreffend das schon 1986 geborene Kind A. in der Zeit vor dem 01.03.1996 der Beigeladenen "zuzuordnen". Diese ist von der Anrechnung der genannten Zeiten jedoch wegen ihrer Eigenschaft als in der Rentenversicherung gemäß § 5 Abs.1 SGB VI versicherungsfreie Beamtin auf Lebenszeit ausgeschlossen (§ 56 Abs.4 Nr.2 SGB VI). Die Tatsache des Ausschlusses der Beigeladenen von der Anrechnung nach dem SGB VI kann jedoch entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht dazu führen, dass die Erziehungszeiten automatisch bei dem anderen Elternteil, also hier dem Kläger, anzurechnen sind. Dies stünde in Widerspruch zu den in § 56 Abs.1 und 2 SGB VI enthaltenen Regelungen zur Zuordnung der Erziehungszeiten als Voraussetzung für die Anrechnung und macht auch im Hinblick darauf keinen Sinn, dass der Ausschlussregelung die Zugehörigkeit des Betreffenden zu einem Sicherungssystem mit eigenen Regelungen zugrunde liegt. Die Begünstigung mit Erziehungszeiten kann immer nur bei einem Elternteil erfolgen.
Die Beklagte wendet zu Recht ein, dass auch das BSG in seinen vom Erstgericht zitierten Entscheidungen vom 25.02.1992 und 25.05.1993 keine nähere und einleuchtende Begründung für die darin vertretene Auffassung gegeben hat, im Falle des Ausschlusses eines Elternteils von der Anrechnung der Erziehungszeiten seien diese in jedem Fall dem anderen Elternteil zuzurechnen. Dafür besteht zumindest in einem Fall wie dem vorliegenden kein Bedürfnis, da die Zeiten als solche nicht verloren gehen, sondern in jedem Fall zur Berücksichtigung kommen können, wenn auch möglicherweise in einem anderen Versorgungssystem. Soweit dabei im Einzelfall für einen versicherten Elternteil die Anrechnung im Rahmen der Rentenversicherung z.B. wegen der über die Anerkennung von Kindererziehungszeiten hinausgehenden weiteren Wirkungen einer Berücksichtigungszeit nach § 57 SGB VI (Wirkung als Verlängerungstatbestand, Anwartschaftserhaltungszeit bzw. Überbrückungszeit; Berücksichtigung bei der Gesamtleistungsbewertung) günstiger ist als für den einem anderen Sicherungssystem angehörenden anderen Elternteil, besteht bei gemeinsamer Erziehung eines Kindes dann die Möglichkeit, dies durch übereinstimmende Erklärung der Eltern über die Zuordnung zu dem betreffenden Elternteil entsprechend zu regeln. Der Fall eines solchen eindeutigen Vorteils auf Seiten des Klägers liegt hier - wie aus seinem aktuellen Versicherungsverlauf ersichtlich ist - im Übrigen aber nicht vor.
Die streitigen Zeiten können damit nach den gesetzlichen Bestimmungen beim Kläger nicht zur Anrechnung kommen. Ihre Zuerkennung durch die Bescheide vom 11.07.1996 war somit rechtswidrig. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide waren gegeben. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid ausreichend dargelegt, dass das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der die Anrechnung dieser Zeiten zu seinen Gunsten regelnden Bescheide vom 11.07. 1996 unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig ist und hat entsprechendes Ermessen ausgeübt. Die Frist des § 45 Abs.3 SGB X ist gewahrt.
Bei dieser Sachlage war der Berufung der Beklagten stattzugeben, die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen.
II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist unter den Beteiligten die Rücknahme einer durch Verwaltungsakte der Beklagten erfolgten Zuordnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im Zeitraum zwischen 01.01.1992 und 29.02.1996 im Versicherungsverlauf des Klägers.
Der 1948 geborene Kläger und die 1950 geborene Beigeladene sind die Eltern der Kinder A. (geboren am 1986) und M. (geboren am 1992). Mit Bescheid vom 09.05.1988 hatte die Beklagte nach Erhalt einer von beiden Eltern unterschriebenen Erklärung über die Anrechnung von Erziehungszeiten beim Vater die Zeit vom 01.11. 1986 bis 31.10.1987 als Kindererziehungszeit nach § 2a Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) a.F. für den Sohn A. beim Kläger anerkannt. Am 24.05.1996 beantragte der Kläger auch für das 1992 geborene Kind M. die Anerkennung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten, ferner eine Berücksichtigungszeit für das Kind A. nach dem inzwischen in Kraft getretenen Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Beigefügt war eine von dem Kläger und der Beigeladenen unterzeichnete - dem Wortlaut nach allerdings nur Kindererziehungszeiten betreffende - Erklärung vom 14.05.1996 über die Zuordnung beim Vater. Der Antrag enthielt den Vermerk "Anträge wurden Mai/Juni 1992 bereits gestellt".
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 11.07.1996 zugunsten des Klägers die Zeit vom 17.10. 1986 bis 30.04.1996 als Berücksichtigungszeit betreffend das Kind A. an und mit weiterem Bescheid vom gleichen Tage die Zeit vom 01.05.1992 bis 30.04. 1995 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 24.04.1992 bis 30.04.1996 als Berücksichtigungszeit betreffend das Kind M ...
Nach Anhörung des Klägers zu der beabsichtigten teilweisen Aufhebung dieser Bescheide nahm die Beklagte mit Bescheid vom 23.08.1996 beide Bescheide vom 11.07.1996 hinsichtlich der Anerkennung von Berücksichtigungszeiten ab 01.01.1992 bis 29.02. 1996 für A. sowie hinsichtlich der Anerkennung von Kindererziehungszeiten ab 01.05.1992 bis 30.04.1995 und von Berücksichtigungszeiten ab 24.04.1992 bis 29.02.1996 für M. gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Zur Begründung hieß es, Zeiten der Kindererziehung ab 01.01.1992 könnten nur für die Zukunft bzw. für zwei Kalendermonate rückwirkend ab Eingang der gemeinsamen Erklärung über die Zuordnung dieser Zeiten zu einem Elternteil (hier am 29.05.1996) zugeordnet werden.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und berief sich zunächst auf eine von ihm schon nach der Geburt des Kindes M. abgegebene identische gemeinsame Erklärung der Ehegatten; später formulierte er, seine Ehefrau habe definitiv seinerzeit die Erklärung bei der Dienststelle der Beklagten in Nürnberg abgegeben, damals aber keine Bestätigung erhalten.
Während des Widerspruchsverfahrens legte die Beklagte eine Versichertenakte unter dem Namen der Ehefrau des Klägers an, in der u.a. die gemeinsame Erklärung vom 14.05.1996 über die Zuordnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten in Kopie abgeheftet wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.1997 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Rücknahmebescheid vom 23.08.1996 unter Darlegung der Voraussetzungen des § 45 SGB X und der Zuordnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten ab 1992 zurückgewiesen. Die Beklagte holte gleichzeitig die bis dahin unterbliebene Ermessensausübung nach und legte dar, dass das Interesse an der Rücknahme der fehlerhaften Bescheide den dem Kläger zustehenden Vertrauensschutz überwiege und die Rücknahme auch keine unbilligen Eingriff in seine persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse darstelle.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) wurde die Ehefrau des Klägers mit Beschluss vom 04.11.1997 gemäß § 75 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Verfahren beigeladen. Der Kläger berief sich weiterhin auf eine bereits im Mai 1992 von der Beigeladenen bei der Beklagten abgegebene gemeinsame Erklärung der Eheleute sowie darauf, dass die Ehefrau bereits seit 1977 im Beamtenverhältnis stehe und Kindererziehungszeiten bei ihr nicht zum Tragen kämen. Die entsprechende Ernennungsurkunde vom 02.03.1977 legte er auf Aufforderung hin vor. Die Ehefrau teilte auf Anfrage mit, sie sei nach der Geburt ihres Sohnes M. vom 17.02.1993 bis 23.04.1995 im Erziehungsurlaub ohne Bezüge und anschließend vom 24.04.1995 bis 31.12.1996 ohne Bezüge beurlaubt gewesen und habe danach halbtags ihre Arbeit wieder aufgenommen.
Der Kläger vertrat die Auffassung, dass bei der Beklagten eine Einheitsakte mit Unterlagen der Beigeladenen aus der Zeit vor 1996 vorhanden sein müsste, die möglicherweise die 1992 abgegebene gemeinsame Erklärung enthalte.
Die Beklagte verwies darauf, dass lediglich zwei gemeinsame Erklärungen der Eheleute aus den Jahren 1987 und 1996 vorhanden seien. Nach der Geburt des Kindes M. habe laut den vorliegenden Unterlagen lediglich am 13.05.1992 eine Anfrage der Beigeladenen stattgefunden, der Eingang einer neuen gemeinsamen Erklärung gehe daraus nicht hervor. Eine Empfangsbestätigung werde über die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung gewöhnlich nicht ausgestellt. Die Erklärungen würden jedoch immer der jeweiligen Akte zugeordnet, wie aus der Akte des Klägers zu ersehen sei, in der sich bereits zwei gemeinsame Erklärungen und der daraufhin jeweils erteilte Bescheid befänden. Bei der Beratung am 13.05.1992 sei kein Bescheid erteilt worden. Dies spreche gegen die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung zum damaligen Zeitpunkt.
Das SG hob mit Urteil vom 27.07.2000 die zugrunde liegenden Bescheide auf, weil diese nach seiner Auffassung nicht rechtswidrig waren, so dass eine Rücknahme nicht hätte erfolgen dürfen. Zwar ging das Gericht in diesem Zusammenhang nicht von einer bereits im Jahre 1992 abgegebenen übereinstimmenden Erklärung der Eheleute betreffend die Zuordnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten aus. Es konnte sich im Hinblick auf die widersprüchlichen Angaben des Klägers zur Abgabe dieser Erklärung sowie im Hinblick auf die nach Aktenlage erfolgte Beratung vom 13.05.1992 ohne Dokumentierung einer gemeinsamen Erklärung und ohne anschließenden Bescheid über die Zuordnung entsprechender Zeiten, ferner im Hinblick auf das anschließende Zuwarten ohne Rückfragen bis zur Abgabe der übereinstimmenden Erklärung vom 14.05.1996 nicht von der Richtigkeit einer entsprechenden Behauptung des Klägers überzeugen. Unter Darlegung der einzelnen Regelungen des § 56 Abs.1, 2 und 4 sowie des § 57 SGB VI und unter Zuhilfenahme von Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (u.a. Urteile des 4. Senats vom 25.02.1992 - 4 RA 34/91 - und vom 25.05.1993 - 4 RA 46/92) arbeitete das SG aber heraus, dass die als Beamtin auf Lebenszeit gemäß § 5 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB VI versicherungsfreie Beigeladene gemäß § 56 Abs.4 Nr.2 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten ausgeschlossen sei und daher die Zuordnung der streitigen Kindererziehungszeiten nur zu dem nicht von der Anrechnung ausgeschlossenen Kläger erfolgen könne.
Gegen dieses Urteil wandte sich die Beklagte mit der Berufung. Die Argumentation des SG sei nicht überzeugend. Zum einen sei die bisher wegen ihrer Beamteneigenschaft von der Zuordnung ausgeschlossene Beigeladene im Falle des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis mit der Folge einer anschließenden Nachversicherung nicht länger von der Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung ausgeschlossen, so dass eine unterbliebene Zuordnung der Zeiten der Kindererziehung beim Kläger für die Beigeladene zumindest "latent" vorteilhaft sei. Zum anderen sei mit dem als Art.8 des Versorgungsreformgesetzes 1998 eingeführten Kindererziehungszuschlagsgesetz (KEZG - vgl. BGBl.I, 1684) auch für Beamte eine an die Regelungen der §§ 56, 249 SGB VI angelehnte Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten möglich geworden; die Beigeladene könne sich also selbst auf der Grundlage dieses Gesetzes Kindererziehungszeiten zuordnen lassen. Dadurch unterscheide sich der vorliegende Fall von den Fallkonstellationen der vom SG für seine Auffassung zitierten BSG-Entscheidungen, in denen es um die Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei mit Angehörigen der US-Armee verheirateten Müttern und damit auch um die Regelungen des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut gegangen sei und die jeweiligen Väter (US-Soldaten) wegen § 56 Abs.4 Nr.1b SGB VI in keinem Fall in den Genuss von Kindererziehungszeiten hätten gelangen können. In den Entscheidungen fehle es an einer ausdrücklichen Begründung dafür, warum nach der Konzeption des § 56 SGB VI der in Abs.4 angeordnete Ausschluss eines Elternteils gleichsam automatisch die Zuordnung der Zeiten der Kindererziehung beim anderen Elternteil nach sich ziehe. Sofern das BSG habe verhindern wollen, dass Kindererziehungszeiten ersatzlos verloren gingen, sei das für den vorliegenden Fall, in dem sich die Kindererziehungszeiten zugunsten der Beigeladenen im Rahmen der Beamtenversorgung über das KEZG bzw. im Falle des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis über die Möglichkeit der Geltendmachung von Kindererziehungszeiten unmittelbar aus § 56 SGB VI auswirkten, kein durchschlagendes Argument. Vielmehr seien die aufgehobenen Bescheide materiell rechtswidrig im Sinne des § 45 Abs.1 SGB VI gewesen. Der Kläger habe im streitigen Zeitraum die Kinder keinesfalls allein im Sinne des § 56 Abs.2 Satz 1 SGB VI erzogen, sondern es liege ein Fall der gemeinsamen Erziehung durch den Kläger und die Beigeladene vor. Die im Mai 1996 abgegebene übereinstimmende Erklärung habe lediglich zur Folge, dass die streitigen Zeiten dem Kläger ab 01.03.1996 zugeordnet werden dürften (§ 56 Abs.2 Satz 5 SGB VI), wobei zu Gunsten des Klägers unterstellt werde, dass die Erklärung nicht nur die Kindererziehungszeiten erfassen sollte, sondern auch die Berücksichtigungszeiten. Für die Zeit vor dem 01.03.1996 sei darauf abzustellen, welcher Elternteil den überwiegenden Erziehungsanteil übernommen habe. Es spreche einiges dafür, dass beide Elternteile mindestens gleichmäßig an der Erziehung der Söhne beteiligt gewesen seien, so dass im Zweifel (§ 56 Abs.2 Satz 8 SGB VI) die Zeiten der Kindererziehung der Beigeladenen zuzuordnen seien.
Mit Beschluss vom 19.03.2001 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Es wurde im Oktober 2001 wieder aufgenommen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.07.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Versichertenakten der Beklagten betreffend den Kläger sowie betreffend die Beigeladene Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie erweist sich auch als begründet.
Entgegen der Auffassung des Erstgerichts ist der angefochtene Rücknahmebescheid vom 23.08.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24.04.1997 nicht fehlerhaft. Die Beklagte war vielmehr berechtigt, die mit den Bescheiden vom 11.07.1996 erfolgte Zuerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung beim Kläger für die Zeit ab 01.01.1992 bis 29.02.1996 gemäß § 45 SGB X zurückzunehmen. Die Anrechnung dieser Zeiten bei ihm als Vater war insoweit rechtswidrig.
Gemäß § 56 Abs.1 SGB VI wird einem Elternteil eine Zeit der Kindererziehung in den ersten drei Lebensjahren des Kindes als Kindererziehungszeit - und entsprechend gemäß § 57 SGB VI die Zeit der Erziehung bis zum vollendeten zehnten Lebensjahre des Kindes als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung - u.a. dann angerechnet, wenn ihm die Erziehungszeit nach § 56 Abs.2 SGB VI zuzuordnen ist und er nicht von der Anerkennung einer Kindererziehungszeit gemäß § 56 Abs.4 SGB VI ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzungen lagen beim Kläger für die streitigen Zeiten von Anfang an nicht vor. Zwar waren Ausschlussgründe im Sinne des Abs.4 bei ihm, der in der streitigen Zeit ab 01.01.1992 versicherungspflichtig beschäftigt war, nicht gegeben, eine Zuordnung der streitigen Erziehungszeiten ab 01.01.1992 an ihn stand aber nicht in Einklang mit den Regelungen des § 56 Abs.2 SGB VI. Wie das SG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.1997 in SozR 3-2600 § 56 Nr.10) zutreffend dargelegt hat, enthält § 56 Abs.2 SGB VI im Falle der gemeinsamen Erziehung eines Kindes durch die Eltern eine grundsätzliche Zuordnung der Kindererziehungszeit an den überwiegend erziehenden Elternteil, wobei jedoch auch die Möglichkeit der Zuordnung an den miterziehenden anderen Elternteil durch entsprechende gemeinsame Erklärung der Eltern besteht. Bei Fehlen einer solchen Erklärung sowie bei bestehenden Zweifeln an der überwiegenden Erziehung eines Elternteils ist die Erziehungszeit in jedem Fall der Mutter zuzuordnen.
Nach dem sich aus den gesamten Akten ergebenden Sachverhalt - der Kläger war laut Versicherungsverlauf in der streitigen Zeit ab 01.01.1992 voll versicherungspflichtig beschäftigt, während sich die im gemeinsamen Haushalt mit ihm und den Kindern lebende Beigeladene nach der Geburt des Kindes M. am 24.04.1992 im Erziehungsurlaub befand und anschließend weiter im Urlaub ohne Bezüge, bis sie im Januar 1997 ihre Beamtentätigkeit in Teilzeit wieder aufnahm - ist von einer gemeinsamen Erziehung der Kinder A. und M. durch beide Elternteile auszugehen, ohne Zweifel überwog jedoch der Anteil der Beigeladenen an der Erziehung.
Eine übereinstimmende Erklärung der Ehegatten bezüglich der Zuordnung der Erziehungszeiten zum Kläger für die Zeit ab 01.01. 1992 bzw. der Geburt von M. am 1992 liegt nicht vor. Die mit dem am 24.05.1996 bei der Beigeladenen eingegangenen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung abgegebene gemeinsame Erklärung mit dem Datum 14.05.1996 konnte gemäß § 56 Abs.2 Satz 6 SGB VI rückwirkend nur für zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen, also für die Zeit ab 01.03.1996. Der Eingang einer früheren entsprechenden Willenserklärung bei der Beklagten ist weder aus der Versichertenakte des Klägers noch aus der erst 1996 angelegten Versichertenakte der Beigeladenen ersichtlich. Auch sonst ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine entsprechende Erklärung tatsächlich rechtswirksam abgegeben worden wäre. Es ist zwar nicht ganz auszuschließen, dass schon vor der erst 1996 angelegten Akte der Beigeladenen weitere auf ihren Namen lautende Aktenvorgänge vorhanden waren, in der theoretisch eine weitere gemeinsame Erklärung der Eheleute hätte abgeheftet sein können. Dagegen spricht allerdings, dass die Versicherungskarten der Beigeladenen aus ihren versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen vor der Beamtentätigkeit in der jetzigen Akte vorhanden sind und im Übrigen die elektronische Datenerfassung der Beklagten für den Monat Mai 1992, in dem der Kläger eine Antragstellung bezüglich der Erziehungszeiten bzw. die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung zu seinen Gunsten behauptet, lediglich eine Anfrage der Beigeladenen vermerkt hat. Ein entsprechender Antrag bzw. die Erklärung zugunsten des Klägers hätte im Übrigen Eingang in seine Versichertenakte finden müssen, wo aber nur die Erklärungen aus den Jahren 1987 und 1996 vorhanden sind und auch unter dem Stichwort Datenerfassung keine weiteren Anträge oder Erklärungen vermerkt sind.
Der Senat hält es für denkbar, dass die Eltern bzw. die Beigeladene seinerzeit bei Vorsprache in der Dienststelle der Beklagten Vordrucke für eine Antragstellung bezüglich der Erziehungszeiten und für eine gemeinsame Erklärung erhielten und möglicherweise auch ausfüllten, dass es aber tatsächlich nicht zu einer Antragstellung durch Abgabe der Formblätter gekommen und dies den Ehegatten heute im Einzelnen nicht mehr erinnerlich ist. Im Übrigen traf deren Auffassung, die Erziehungszeiten kämen bei der Beigeladenen nicht zum Tragen, nicht zu. Bereits das mit Wirkung vom 01.01.1992 in Kraft getretene Gesetz über die Gewährung eines Kindererziehungszuschlags (KEZG, BGBl.I 1989, 2234) sah in seinem § 1 die Berücksichtigung von Zeiten der Erziehung eines oder mehrerer nach dem 31. Dezember 1991 geborenen Kinder bei der Höhe des Ruhegehalts eines Beamten vor, "soweit nicht ein anderer Elternteil in dieser Zeit wegen der Erziehung des Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war". Nach aktueller Rechtslage ist die Erhöhung der Versorgungsbezüge eines Beamten/einer Beamtin durch einen Kindererziehungszuschlag bzw. einen Kindererziehungsergänzungszuschlag für nach dem 31.12.1991 geborene Kinder in den §§ 50a und 50b des Beamtenversorgungsgesetzes in der Fassung des Versorgungsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2001 (BGBl.I, 3926) geregelt.
Auffallend erschien dem Senat auch, dass von Seiten des Klägers oder der Beigeladenen niemals eine Anfrage bezüglich der Bearbeitung ihres Antrages aus dem Jahre 1992 erfolgte, sondern vielmehr im Mai 1996 ein Antragsverfahren in Gang gesetzt wurde, wenn auch mit dem Zusatz "Anträge wurden im Mai/Juni bereits gestellt".
Nach alledem ist der Senat ebenso wenig wie das Erstgericht von einer wirksam erfolgten Antragstellung bzw. der Abgabe einer gemeinsamen Erklärung betreffend die Zuordnung weiterer Erziehungszeiten beim Kläger überzeugt.
Mangels einer nachweisbaren entsprechenden Erklärung ist die im Streit stehende Kindererziehungszeit gemäß § 56 Abs.1 SGB VI für das am 1992 geborene Kind M. ebenso wie die damit verbundene Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung gemäß § 57 SGB VI, ferner eine entsprechende Berücksichtigungszeit betreffend das schon 1986 geborene Kind A. in der Zeit vor dem 01.03.1996 der Beigeladenen "zuzuordnen". Diese ist von der Anrechnung der genannten Zeiten jedoch wegen ihrer Eigenschaft als in der Rentenversicherung gemäß § 5 Abs.1 SGB VI versicherungsfreie Beamtin auf Lebenszeit ausgeschlossen (§ 56 Abs.4 Nr.2 SGB VI). Die Tatsache des Ausschlusses der Beigeladenen von der Anrechnung nach dem SGB VI kann jedoch entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht dazu führen, dass die Erziehungszeiten automatisch bei dem anderen Elternteil, also hier dem Kläger, anzurechnen sind. Dies stünde in Widerspruch zu den in § 56 Abs.1 und 2 SGB VI enthaltenen Regelungen zur Zuordnung der Erziehungszeiten als Voraussetzung für die Anrechnung und macht auch im Hinblick darauf keinen Sinn, dass der Ausschlussregelung die Zugehörigkeit des Betreffenden zu einem Sicherungssystem mit eigenen Regelungen zugrunde liegt. Die Begünstigung mit Erziehungszeiten kann immer nur bei einem Elternteil erfolgen.
Die Beklagte wendet zu Recht ein, dass auch das BSG in seinen vom Erstgericht zitierten Entscheidungen vom 25.02.1992 und 25.05.1993 keine nähere und einleuchtende Begründung für die darin vertretene Auffassung gegeben hat, im Falle des Ausschlusses eines Elternteils von der Anrechnung der Erziehungszeiten seien diese in jedem Fall dem anderen Elternteil zuzurechnen. Dafür besteht zumindest in einem Fall wie dem vorliegenden kein Bedürfnis, da die Zeiten als solche nicht verloren gehen, sondern in jedem Fall zur Berücksichtigung kommen können, wenn auch möglicherweise in einem anderen Versorgungssystem. Soweit dabei im Einzelfall für einen versicherten Elternteil die Anrechnung im Rahmen der Rentenversicherung z.B. wegen der über die Anerkennung von Kindererziehungszeiten hinausgehenden weiteren Wirkungen einer Berücksichtigungszeit nach § 57 SGB VI (Wirkung als Verlängerungstatbestand, Anwartschaftserhaltungszeit bzw. Überbrückungszeit; Berücksichtigung bei der Gesamtleistungsbewertung) günstiger ist als für den einem anderen Sicherungssystem angehörenden anderen Elternteil, besteht bei gemeinsamer Erziehung eines Kindes dann die Möglichkeit, dies durch übereinstimmende Erklärung der Eltern über die Zuordnung zu dem betreffenden Elternteil entsprechend zu regeln. Der Fall eines solchen eindeutigen Vorteils auf Seiten des Klägers liegt hier - wie aus seinem aktuellen Versicherungsverlauf ersichtlich ist - im Übrigen aber nicht vor.
Die streitigen Zeiten können damit nach den gesetzlichen Bestimmungen beim Kläger nicht zur Anrechnung kommen. Ihre Zuerkennung durch die Bescheide vom 11.07.1996 war somit rechtswidrig. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide waren gegeben. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid ausreichend dargelegt, dass das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der die Anrechnung dieser Zeiten zu seinen Gunsten regelnden Bescheide vom 11.07. 1996 unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig ist und hat entsprechendes Ermessen ausgeübt. Die Frist des § 45 Abs.3 SGB X ist gewahrt.
Bei dieser Sachlage war der Berufung der Beklagten stattzugeben, die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Rechtskraft
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