Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RA 499/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 RA 78/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 60/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 25. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten wegen der Verminderung des Zugangsfaktors auf den Wert 0,877 einer Rente nach Arbeitslosigkeit des am 17.09.1940 geborenen Klägers.
Der Kläger, von Beruf Buchhalter, entrichtete von Mai 1955 bis März 1998 Pflichtbeiträge an die Beklagte im Umfang von 491 Monaten. Ab 01.04.1998 war er arbeitslos gemeldet und bezog nach einer Ruhenszeit gem. § 143 a SGB III von einem Monat wegen der Anrechnung einer Abfindung 33 Monate lang vom 02.05.1998 bis 18.01.2001 Arbeitslosengeld von der Bundesanstalt für Arbeit. Vom 01.03.1999 bis 30.11.2000 war der Kläger 21 Monate geringfügig beschäftigt.
Auf den nach Vollendung des 60. Lebensjahres am 2.10.2000 gestellten Altersrentenantrag des Klägers wegen Arbeitslosigkeit - nach einer Probeberechnung geändert auf einen Rentenbeginn/ Antragstellung zum 01.02.2001 - zahlte die Beklagte mit Bescheid vom 24.11.2000 Altersrente (Nettozahlbetrag: 2348,74 DM). Der Zugangsfaktor ist um 0,123 bzw. 12,3 Prozent für 41 Kalendermonate vorzeitiger Inanspruchnahme vermindert und die Summe aller Entgeltpunkte von 59,7530 auf 52,4034 (bzw. mit Neufeststellungsbescheid vom 23.05.2001 auf 52,4854) herabgesetzt. Es verblieb bei dieser Neufeststellung wegen eines Zuschlags für Arbeitentgelt aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung bei insgesamt 535 Monaten Beitragszeiten und 12 Monaten beitragsfreien Zeiten.
Den gegen die Rentenkürzung und die Nichtanrechnung der Pflichtbeiträge wegen Arbeitslosigkeit im Rahmen der Vertrauensschutzregelung gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2001 zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Er hat insbesondere einen Verstoß des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) wegen der Nichtberücksichtigung seiner während der Arbeitslosigkeit entrichteten Pflichtbeiträge gerügt.
Durch Urteil vom 25.01.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Rechtsanwendung der Beklagten entspreche der zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles geltenden Rechtslage, die mit Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar sei. Dem Hilfsantrag auf Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sei daher nicht stattzugeben. Der Spielraum des Gesetzgebers in der Auswahl von Differenzierungsgründen sei weit gezogen. Der Gesetzgeber habe schon mit dem Rentenreformgesetz 1992 den Plan verfolgt, die Altersgrenzen bis auf das 65. Lebensjahr anzuheben. Auf Grund von Entwicklungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und gesamtwirtschaftlichen Fakten habe sich der Trend zu einem immer früheren Renteneintritt nachhaltig verstärkt, weswegen 1996 ein Vorziehen dieses Planes erforderlich geworden sei. Dabei habe der Gesetzgeber triftige Gründe für die jetzt geltende Vertrauensschutzregelung gehabt, unter die der Kläger - ohne dass dies verfassungswidrig sei - nicht falle. Die neuen Regelungen verstießen auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Die vom Gesetzgeber vorgebrachten Gründe der Neuregelung seien durch Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt und stünden wegen der Dringlichkeit einer möglichst rasch greifenden Verbesserung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung über der Erwartung, bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente weiterhin von Rentenabschlägen verschont zu werden. Das Übergangsrecht sei durch Fortschreibung des bis 1996 geltenden Rechts für langjährig Pflichtversicherte großzügig ausgestaltet und kombiniert mit der Möglichkeit einer Abmilderung des Eingriffs durch eine Beitragsnachzahlung.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und seine bisherige Argumentation wiederholt.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 25.01.2002 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 24.11.2000 in der Fassung des Bescheides vom 23.05. 2001 und des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2001 zu verurteilen, ab 01.02.2001 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit einem Zugangsfaktor von 1,0 zu gewähren, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und die verfassungsrechtliche Frage der Vereinbarkeit der Regelung der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bei Verminderung des Zugangsfaktors mit dem Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags verweist die Beklagte darauf, dass die Rentenberechnung nach den gesetzlichen Bestimmungen erfolgt sei. Die Prüfung, ob und ggf. inwieweit die gesetzlichen Bestimmungen mit dem Grundgesetz vereinbar seien, obliege nicht ihrer Pflicht.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beteiligten genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 153, 151, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG), jedoch unbegründet.
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und sieht daher - insbesondere was die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bzw. die zutreffende Rechtsanwendung der Beklagten betrifft - bis auf das Folgende von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs.2 SGG in der Fassung der Vereinfachungsnovelle vom 11.01.1993, BGBl. I, 50).
Der Anspruch des Klägers auf Altersrente richtet sich aufgrund des zum 01.02.2001 gestellten Antrags und des am 17.09.2000 vollendeten 60. Lebensjahres nach § 237 Abs. 1 SGB VI i.d.F. des Rentenreformgesetzes (RRG) 1999 vom 16.12.1997 (§ 300 Abs. 1, 2 und 4 SGB VI). Die frühere Regelung nach § 41 Abs. 1 SGB VI RRG 1992, mit dem für den Kläger keine Minderung des Zugangsfaktors verbunden gewesen wäre, ist bereits durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (RuStFöG) vom 23.07.1996 durch die stufenweise Anhebung auf das 63. Lebensjahr (§ 41 Abs. 1 a SGB VI i.d.F. des RuStFöG) geändert und später durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 27.09.1996 durch Einfügung der jetzt geltenden Anlage 19 (§ 41 Abs. 1 SGB VI i.d.F. des WFG) durch eine weitergehende Anhebung auf das 65. Lebensjahr - für den Kläger auf 63 Jahre und neun Monate - ersetzt worden. Die inhaltlich unveränderte jetzige Fassung (§ 237 Abs. 1 und 3 SGB VI i.d.F. des RRG 1999) gilt ab 01.01.2000 (vgl. Art 33 Abs. 13 RRG 1999). Danach haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie vor dem 01.01.1952 geboren sind, das 60. Lebensjahr vollendet haben und u.a. bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und sechs Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren, wie es alles beim Kläger vorliegt.
Zu Recht hat die Beklagte für diesen Versicherungsfall (vgl. Art. 33 Abs. 13 RRG 1999) gemäß § 77 SGB VI dauerhaft (vgl. § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) der Berechnung einen reduzierten Zugangsfaktor gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI zugrunde gelegt. Dessen Höhe (Faktor 0,877) entspricht der Sachlage und ist nicht im Streit.
Der Kläger gehört auch nicht zu den vom Vertrauensschutz des § 237 Abs. 4 SGB VI i.d.F. des RRG 1999 umfassten Personenkreises, der vom Vorziehen der Altersgrenzen verschont bleibt. Danach wird die Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit u.a. (der Fall eine Tätigkeit in der Montanindustrie liegt offensichtlich nicht vor) für Versicherte nur in dem durch das RRG 1992 beschränkten Ausmaß angehoben, die bis zum 14.02.1941 geboren sind (§ 237 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI) und - entweder am 14.02.1996 arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben (§ 237 Abs. 4 Nr.1 a SGB VI)
- oder deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem 14.02.1996 erfolgt ist, nach dem 13.02.1996 beendet worden ist und die daran anschließend arbeitslos geworden sind oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben (§ 237 Abs. 4 Nr.1 b SGB VI)
- oder vor dem 01.01.1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei § 55 Abs. 2 SGB VI nicht für Zeiten anzuwenden ist, in denen Versicherte wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe versicherungspflichtig waren (§ 237 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI).
Keiner der obengenannten Vertrauensschutztatbestände ist aber beim Kläger gegeben. Er ist zwar vor dem genannten Stichtag geboren, sein Arbeitsverhältnis wurde aber weder vor dem 14.02. 1996 beendet, noch war er an diesem Tag arbeitslos. Er hat aber auch keine 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. Dabei kommt es nicht auf die bisher umstrittene Frage an, ob dazu auch Zeiten zählen, in den er wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld versicherungspflichtig war. Denn seine gesamte Versicherungszeit erreicht mehr als 540 Monate nur mit sieben Monaten beitragsfreier Zeiten der Arbeitslosigkeit 1987, 1989 und 1990.
Der Senat legt die Vorschriften der §§ 237 Abs. 1, 3 und 4, 77 SGB VI i.d.F. des RRG 1999 seiner Entscheidung zugrunde, denn sie sind mit der Verfassung vereinbar. Daher ist eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1, Satz 1, letzte Alternative Grundgesetz - GG -) nicht angezeigt.
Die vorgezogene Anhebung der Altersgrenzen bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (RuStFöG) vom 23.07.1996 (BGBl I 1996, 1078) und das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (WFG) vom 25.09.1996 (BGBl I 1996, 1461, 1806) verletzen weder die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs. 1 GG noch das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip garantierte Teilhaberecht. Damit teilt der Senat die übereinstimmende Rechtsansicht aller bislang mit dieser Frage befassten Obergerichte (Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 16.07.2003, Az: L 2 RJ 3114/02, LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.01.2003, Az: L 18 KN 118/02, LSG Sachsen-Anhalt vom 16.01. 2003, Az: L 3 RJ 70/0; LSG Sachsen-Anhalt vom 10.07.2003, Az: L 3 RJ 199/01, vom 16.01.2003 - L 3 RJ 68/01 und L 3 RJ 70/01; LSG Baden-Württemberg vom 05.03.2003 - L 13 RA 2511/02, LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.10.2002 - L 4 RA 103/01, LSG Sachsen- Anhalt vom 26.09.2002 - L 3 RJ 23/01 und LSG Celle-Bremen vom 27.06.2002 - L 1 RA 239/01).
Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG verschafft eine Rentenanwartschaft den Versicherten zwar eine Rechtsposition, die vor allem wegen der einkommensbezogenen Beitragsleistungen derjenigen eines Eigentümers gleicht und deshalb auch dem Schutz der Eigentumsgarantie nach Art 14 GG unterliegt (BVerfGE 58, 81, 109; 75, 78, 97; 80, 297, 308-315; 100, 1 ff.). Die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums ergibt sich allerdings erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die Aufgabe des Gesetzgebers ist (Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Der Betroffene muss nur solche Einschränkungen seiner eigentumsrechtlich geschützten Position hinnehmen, die durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind (BVerfGE 31, 275, 290; BVerfGE 75, 78, 97). Dies setzt voraus, dass die Eingriffe zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein müssen, wobei sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten dürfen, d.h. sie müssen zumutbar sein (BVerfGE 75, 78, 98).
Soweit in bestehende Rentenanwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist, weil das Rentenversicherungsverhältnis nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Rechtfertigende Gründe für Eingriffe liegen bei Regelungen vor, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im Interesse aller Versicherten zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (BVerfGE 58, 81, 110 - zur Begrenzung der Bewertung von Ausbildungs-Ausfallzeiten). Dabei tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug des Versicherten zu dieser Berechtigung und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes um so stärker hervor, je höher der zugrundeliegende Anteil eigener Leistung ist. Mit Rücksicht darauf ergibt sich eine gewisse Stufung des Schutzes. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung geht um so weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug steht. Aber auch der Eingriff in eine Position, die beitragsunabhängig eine Vergünstigung gibt, muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen (BVerfGE 58, 81, 114).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das BVerfG noch nicht abschließend dazu Stellung genommen, ab welchem Zeitpunkt und auf welche Weise eine vermögenswerte rentenversicherungsrechtliche Rechtsposition vor Entstehung des Vollrechts und vor Leistungsbeginn derart verfestigt ist, dass sie ebenso wie dieses durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist, insbesondere ob die Schutzwürdigkeit insoweit nach zeitlichen (Nähe zum Versicherungsfall) und/oder "beitragsrechtlichen" Kriterien zu beurteilen ist und ob insoweit in bezug auf den Eigentumsschutz Stufungen vorzunehmen sind. Nach der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG), zu der bislang vom BVerfG noch keine Entscheidung ergangen ist, hat sich das - vermögenswerte - Anwartschaftsrecht mit Vollendung des 55. Lebensjahres und nach Erfüllung der Wartezeit so verfestigt, dass es dem Vollrecht bei Leistungsbeginn gleichzustellen ist. Insoweit ist das Anwartschaftsrecht abzugrenzen gegenüber den nicht verfestigten Vorstufen des Rechts im Rahmen seiner stufenweisen, sukzessiven Entstehung zum Vollrecht. (vgl. hierzu Vorlagebeschlüsse vom 16.12.1999 - B 4 RA 18/99 R, B 4 RA 49/99 R, B 4 RA 49/98 R und B 4 RA 11/99 R). Dabei geht das BSG aber auch davon aus, das dieses geschützte Vollrecht sich auf die Regelaltersrente bezieht, nämlich nach Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses, Beitragszahlung und Erfüllung der allgemeinen Wartezeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres entsteht. Dies entspricht auch einer schon sehr frühen Rechtsprechung des BVerfG, wonach früher als vor Vollendung des 65. Lebensjahres bezogene Renten - wie hier der der Disposition des Versicherten unterliegende Versicherungsfall der Rente nach Arbeitslosigkeit - auf sozialer, staatlicher Gewährung beruhen. Ob das Altersruhegeld vom 60. oder erst vom 65. Lebensjahr an gewährt wird, zählt ebenso wenig wie die Beitrags- und Leistungshöhe zum feststehenden Inhalt einer Anwartschaft. Die Veränderlichkeit der genannten Modalitäten ist von vornherein in der Anwartschaft angelegt; sie entspricht dem Charakter der Sozialversicherung, die auf dem Prinzip der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (vgl. BVerfGE 22, 241, 253 zur Aussicht der saarländischen Versicherten, das Altersruhegeld bereits von der Vollendung des 60. Lebensjahres an beziehen zu können).
Nach der angeführten Rechtsprechung des BSG wird bereits durch Vollendung des 55. Lebensjahres ein staatlich garantiertes - und durch ein Anwartschaftsrecht gesichertes - Recht erworben, entsprechend der in den Entgeltpunkten zum Ausdruck kommenden Rangstelle nach dem Versicherungsfall an den vorhandenen Mitteln (Gesamtäquivalenz von Leistung und Gegenleistung im Rahmen des Generationenvertrages) teilhaben zu dürfen. Der Versicherte wird später bei Eintritt des Versicherungsfalls und Leistungsbeginns entsprechend der prozentualen Rangstelle (angelegt an das dann maßgebliche "Nettodurchschnittsentgelt" der späteren Beitragszahler) an den Mitteln teilnehmen, die dann durch die Beiträge anderer für Renten und Rehabilitation zur Verfügung gestellt werden (vgl. hierzu BSGE 82, 83, 95). Begründet wird dies vor allem mit dem starken personalen Bezug der Rentenanwartschaft in diesem Lebensstadium. Der die "normale" Regelaltersrente in Anspruch nehmende Versicherte soll mithin spätestens mit Vollendung des 55. Lebensjahres, zehn Jahre vor Eintritt in das Rentenalter, eine Grundlage für seine Lebensplanung im Alter haben. Ginge man von einem späteren Zeitpunkt aus, etwa dem 60. Lebensjahr, so wäre der Zeitraum, innerhalb dessen der Versicherte eine ggf. erforderliche weitere Altersvorsorge in ausreichendem Maße treffen könnte, - typisierend betrachtet - zu knapp bemessen (vgl. BSG a. a. O Az.: B 4 RA 11/99 R, Teil B 3.1.).
In dieses Anwartschaftsrecht wird durch die vorgezogene Anhebung der Altersgrenzen eingegriffen, soweit über 55jährige nicht den besonderen Vertrauensschutztatbeständen unterliegen, mit denen sie von einer Anhebung ausgenommen sind. Im Falle des Klägers führt dies zu keiner konkreten Verminderung der mit dem 55. Lebensjahr bis zum 17.09.1995 erworbenen Entgeltpunkte, obwohl durch die Minderung um 12,3 Prozent ein Abschlag von 7,3611 Entgeltpunkte vorgenommen wird. Denn nach diesem Zeitpunkt hat der Kläger durch weitere Beiträge aus versicherter Beschäftigung, auch als geringügig Beschäftigter (0,2279) und als Arbeitsloser (3,7272) seine Anwartschaft vergrößert. Dennoch erfolgt gegenüber ungeminderter Rentenzahlung ein Eingriff, der sich auch noch bei dem jedenfalls mit Vollendung des 65. Lebensjahres geschützten Vollrecht auswirkt, da die Minderung gemäß § 77 SGB VI auch für weitere Versicherungsfälle dauerhaft (vgl. § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) fortgesetzt wird. Allerdings wirkt sich dies erst in einem Lebensalter aus, das über der normalen Lebenserwartung liegt. Durch die vorzeitige Inanspruchnahme wird eine Rücklage gebildet, um quasi nachverlagert den vorzeitigen Rentenbezug zu finanzieren. Das bedeutet bei einer Minderung um 12,3 Prozent über 41 Monate, dass die durch den Bezug von 87,7% der Rente über 41 Monate gebildeten Rücklagen erst nach dreißig Jahren und neun Monaten abgeschmolzen sind. Erst in einem Lebensalter, das im genannten Ausmaß über der auf 63 Jahre und neun Monate (vgl. Anlage 19 zum SGB VI) heraufgesetzten Altersgrenze liegt, findet nach Rentenbezug über 293 Monate eine echte Kürzung statt; mithin beim Kläger nach Vollendung des 88. Lebensjahres.
Zusammenfassend ist insoweit festzuhalten, dass sich an der Bewertung der vom Kläger entrichteten Beiträge durch die Vorschriften der §§ 41 Abs. 1 a SGB VI i.d.F. des RuStFöG, 41 Abs. 1 SGB VI i.d.F. des WFG, 237 Abs. 1 und 3 SGB VI i.d.F. des RRG 1999 zwar dem Grunde nach nichts ändert, aber seine Gesamtleistung gegenüber den 1992 getroffenen Regelungen i.S.d. Gesamtäquivalenz geschmälert wird. Es ist aber keine isolierte Betrachtung anzustellen, wie Fuchs und Köhler meinen (vgl. Verfassungswidrigkeit der vorgezogenen Anhebung der Altersgrenzen bei der Rente wegen Arbeitslosigkeit, SGb 2002, 645 ff.), bei der - isoliert - die Anwartschaft auf Rente nach Arbeitslosigkeit eigentumsgleich geschützt wird, sondern es ist die in rentennahen Jahrgängen erworbene Rangstelle im Sinne eines Anwartschaftsrechts (vgl. Beschluss des BSG vom 16.12.1999 - B 4 RA 11/99) in den Schutzbereich des Art. 14 GG einbezogen, das durch weiteren Hinzuerwerb von Entgeltpunkten seit der Rechtsänderung im August 1996 nicht maßgeblich geschmälert und was im Folgenden ausgeführt wird, durch Lohnersatzleistungen und Abfindungsleistungen des Arbeitgebers hinreichend kompensiert wurde (vgl. dazu unten).
Bei der hier vorliegenden Enttäuschung der Erwartung einer bestimmten Art der Alterssicherung sind eher das Gebot der Rechtssicherheit, der Vertrauensschutz und das Rückwirkungsverbot berührt. Bei letzterem kommt eine unechte Rückwirkung in Betracht, wenn auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte (hier Anwartschaften) für die Zukunft eingewirkt und damit die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet wird. Dies ist aber grundsätzlich zulässig. Im Einzelfall können Grundrechte der Betroffenen entgegenstehen, wenn eine unverhältnismäßige Konkretisierung der jeweiligen Grundrechtsschranken gegeben ist. Diese Gesichtspunkte werden dann bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 14 Abs. 1 GG berücksichtigt, wie auch die Einhaltung des Rechtsstaatsprinzips, an das der Gesetzgeber gebunden ist (Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 1 GG). Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG darf der Gesetzgeber Inhalt und Schranken des Eigentums näher bestimmen und eingrenzen, soweit Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dies rechtfertigen (vgl. BVerfGE 100, 14, 37, 40). Die strengen Anforderungen sind maßgeblich an die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu stellen. Sie hat nicht nur geeignet und erforderlich zu sein, sondern muss - im Rahmen der Angemessenheit/Zumutbarkeit - aufgrund eines hohen Gemeinschaftsgutes erfolgen und ausreichende Übergangsvorschriften bzw. Ausgleichsmaßnahmen für besonders betroffene Adressaten vorsehen (vgl. BVerfGE 102, 68 ff., 97, 98). Eine solche Inhalts- und Schrankenbestimmung hat der Gesetzgeber vorliegend mit dem RuStFöG vorgenommen.
Die vorgezogene Anhebung der Altersgrenzen durch das RuStFöG und WFG ist nicht unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber hat die schon im Jahre 1957 eingeführte Rente wegen Arbeitslosigkeit (§ 25 Abs. 1 - 4 AVG, sogenanntes Arbeitslosenruhegeld, AnVNG 1957, BGBl. I S. 96) mit dem 1992 begonnenen, neuen Programm der Anhebung der Altersgrenzen für vor dem 01.01.1952 geborene Jahrgänge nicht völlig gestrichen, sondern als Optionsmodell beibehalten. Versicherte, die bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres ihren Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit geltend machen, müssen mit einer Anhebung der Altersgrenze (§ 237 Abs. 3 SGB VI i.d.F. des RRG 1999) und damit einem verminderten Zugangsfaktor (§ 77 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 SGB VI) rechnen. Die Inanspruchnahme ist in die persönliche Disposition gestellt und unterliegt stufenweisen Anpassungen. Daher bezieht der Kläger drei Jahre und vier Monate länger Rente, als es die für ihn vorgesehene Anhebung vorsieht. Dies ist in einem Gesamtkonzept noch verbunden mit einem faktischen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bereits mit Vollendung des 58. Lebensjahres und einer Lohnersatzleistung, die durch Beitragszahlungen der Bundesanstalt für Arbeit zur Rentenversicherung zu einem weiteren Ausgleich der Minderung des Zugangsfaktors führt (s. o. Negativsaldo insgesamt von 3,6339 Entgeltpunkten). Das entspricht in etwa den Beiträgen, die für einen Durchschnittsverdienst im Zeitraum der vorzeitigen Inanspruchnahme entrichtet worden wären.
Dem Eingriff steht ein zureichender Abwägungsvorgang im obengenannten Sinne entgegen. Dieser ergibt sich aus den Ausführungen zu den beim Gesetzgeber eingebrachten Gesetzesentwürfen, die zwar selbst vom Gesetzesbeschluss nicht umfasst sind, aber als Materialien eine authentische Auslegung ermöglichen und insoweit im Gesetzgebungsverfahren keine Veränderung erfahren haben. Der Gesetzgeber hat eine Einschätzungsprärogative, womit er einen Vertrauensvorsprung bei der oft schwierigen Beurteilung des komplexen empirischen Zusammenhangs zwischen dem Zustand, der durch den Eingriff geschaffen wird, und dem anderen Zustand, in dem der Zweck erreicht ist, genießt. Ebenso hat er bei der Auswahl der Regelungsinstrumentarien eine große Gestaltungsfreiheit (BVerfGE 24, 220, 241; BVerfGE 103, 242 ff.). Daher sieht der Senat, insbesondere auch in Kenntnis des Gutachtens von Fuchs und Köhler (a.a.O.), keine Veranlassung zur weiteren Sachermittlung.
Ziel des WFG war damals allgemein die Sicherung der wirtschaftlichen Fundamente des Sozialstaats, speziell die Vermeidung des weiteren Anstiegs der Lohnzusatzkosten durch erhebliche Beitragssatzerhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung, die aufgrund der negativen Entwicklung des Arbeitsmarkts seit dem 2. Halbjahr 1995 sonst zur Sicherstellung der erforderlichen Einnahmen ab 1997 erforderlich gewesen wären (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs BTDrucks 13/4610, S. 18). Geschützte hohe Gemeinschaftsgüter in diesem Sinne waren die Erhaltung der Finanzierbarkeit und damit Sicherstellung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, die Konsolidierung und Stabilisierung der Finanzentwicklung der Rentenversicherung durch Regelungen, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Spezielle Ziele des RuStFöG (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 13/4336) waren es, einem Missbrauch und einer zweckfremden Wirkung der Rente nach Arbeitslosigkeit (in vielen Großunternehmen gängige Praxis, ältere Arbeitnehmer weit vor Erreichen der regulären Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen) entgegenzusteuern. Dies führte zu einer erheblichen Belastung der Sozialversicherung und des Bundeshaushalts, weil die gesetzliche Rentenversicherung verstärkt gerade auf Grund der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch genommen wurde, was sich in der beständigen Zunahme dieser Renten von rund 21 % im Jahre 1992 auf nahezu 40 % im Jahre 1994 zeigte habe (vgl. BTDrucks. 13/4336, Seite 14). Im Ergebnis sind danach die finanziellen Lasten der Frühverrentung zum weitaus größten Teil nicht von den Unternehmern und den Arbeitnehmern, die vorzeitig in den Ruhestand gehen, getragen worden, sondern über notwendigerweise höhere Beitragssätze zur Sozialversicherung von den Klein- und Mittelbetrieben und ihren Arbeitnehmern. Das RuStFöG hatte weiter das Ziel der Beitragsstabilisierung durch Ausgabensenkung (finanziellen Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung).
Damit sind hinreichend genug hohe Gemeinschaftsgüter beschrieben, die direkt auf die gesetzliche Rentenversicherung einwirken und systemimmanent, ohne Eingriff in die tragenden Prinzipien, auf die Sozialversicherung bezogen sind. Die wirtschaftslenkenden Wirkungen, die einen derartigen Eingriff in das System der Rentenversicherung allein für sich (Wettbewerbslage der deutschen Wirtschaft und Sicherung des Standortes Deutschland bei verschärfter Konkurrenzlage der deutschen Wirtschaft infolge der Globalisierung) nicht rechtfertigen würden, stellen demgemäss nur einen Nebeneffekt dar (vgl. zur Kritik: Fuchs, Köhler, Gutachten im Auftrag der IG Metall, Kurzfassung a.a.O.; dagegen: Brall, Zur Verfassungsmäßigkeit der vorgezogenen Anhebung der Altersgrenze bei der Rente wegen Arbeitslosigkeit, DRV 2003, 133 ff.).
Schließlich sind die Regelungen des RuStFöG und des WFG bzw. die inhaltlich gleichen des RRG 1999 auch zumutbar, weil sie mit ausreichenden Übergangsvorschriften bzw. Ausgleichsmaßnahmen einhergehen. Das RuStFöG enthält mit § 187 a SGB VI eine Regelung zum Ausgleich der Rentenzahlbetragsminderung, die nicht (unmittelbar) auf den Versicherten beschränkt bleibt, sondern auch die Zahlung (mittelbar) durch den Arbeitgeber zulässt, insbesondere aufgrund von arbeitsrechtlichen Vereinbarungen in einem Sozialplan und steuerlichen Anreizen sowie einer Verschonung einer Anrechnung auf das Arbeitslosengeld. Auch dies gelangt in den Gesetzesmaterialien hinreichend zum Ausdruck (BTDrucks 13/4336, S. 16: "II. Rentenrechtliche Regelungen"). Der Ausgleichsbetrag bewegt sich bis höchstens 72.000 EUR, wenn eine monatliche Bruttorente von 1500 EUR und eine Minderung von 18 % vorliegen (vgl. Tabelle der LVA Oberbayern in Aichberger, Sozialgesetzbuch, Rndr. 6/71). Dies entspricht durchaus Abfindungen bei langjähriger Betriebszugehörigkeit, wie sie aus der sog. Frühverrentungspraxis bekannt sind (vgl. Ermittlungen des LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.06. 2002, Az. L 1 RA 239/01).
Schließlich wird durch den Gesetzgeber sichergestellt, das die Anhebung der Altersgrenzen aus Gründen des Vertrauensschutzes entsprechend dem bislang geltenden Recht u.a. bei Versicherten berücksichtigt wird (vgl. BTDrucks 13/4336, "B. Besonderer Teil" S. 24), die - wie der Kläger - vor dem 14.02.1996 das 55. Lebensjahr vollendet haben und deren Arbeitsverhältnis bereits vor diesem Tag - beim Kläger aber erst im Jahre 1998 - durch Kündigung oder Vereinbarung beendet worden ist. Hier greift der Gesetzgeber weit vor den Beginn der Regelaltersrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Er war aber nicht gehalten, noch weitergehende Vertrauensschutztatbestände zu schaffen. Durch die Ausgestaltung der vorgezogenen Anhebung sind weiterhin Versicherte, die bei Beginn dieses Programmes am 01.01.1992 (RRG 1992) bereits 55 Jahre alt waren (geboren vor 1937) und mit keiner Anhebung rechnen mußten (Beginn der Anhebung damals ab Geburtsjahr 1941) gemäß § 237 Abs. 3 SGB VI RRG 99 i.V.m. Anlage 19 des § 237 WFG weiterhin von Anhebungen ausgenommen, da diese erst ab dem Geburtsjahr 1937 beginnt. Der Kläger war 1992 aber erst 51 Jahre alt. Aus sozialen Gründen hat der Gesetzgeber darüber hinaus auch bei Inkrafttreten des Rentenreformgesetz 1992 erst 50 Jahre alten Versicherten (Jahrgänge 42 und älter) unter besonderen Umständen einen Vertrauensschutz eingeräumt. Er verschont Versicherte, die vor dem 01.01.1942 geboren sind (§ 237 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI), wenn sie 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt haben. Damit ist der am 17.09.1940 geborene Kläger keineswegs schutzlos gestellt. Er weist aber keine derart lange Beziehung zur gesetzlichen Rentenversicherung auf, dass er noch unter diesen Vertrauensschutztatbestand fällt. Er hatte seine Altersversorgung nicht ausschließlich auf die gesetzliche Rentenversicherung gegründet, wie es bei einem Versicherten der Fall ist, der mit dem 15. Lebensjahr eintritt und nach 45 Versicherungsjahren das 60. Lebensjahr vollendet. Eine solche Differenzierung zwischen Versicherten, die ihre Altersversorgung ausschließlich auf die gesetzliche Rentenversicherung stützen können und anderen Versicherten, die Lücken in dieser Art der Alterssicherung aufweisen, ist nach Art. 3 GG zulässig (vgl. dazu auch unten). Allerdings hätte der Kläger durch Verzicht auf die Versicherungsfreiheit bei seiner geringfügigen Beschäftigung (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) mittels Aufstockung und eigener Beitragszahlung das Erfordernis von 45 Jahren nicht mehr bis zu einem Alter von 63 Jahre neun Monate erfüllen können, da er erst mit 58 Jahren aus seiner Hauptbeschäftigung ausgeschieden ist und die Möglichkeit der Aufstockung erst seit April 1999 gegeben war.
Auch sonst ist der Gleichheitssatz des Art. 3 GG durch das RuStFöG nicht verletzt. Zum einen war es dem Gesetzgeber unbenommen, weiterhin bei den Altersgrenzen und deren Anhebung zwischen Frauen und Männern zu unterscheiden, wie es in § 41 Abs. 1 und Abs. 1 a SGB VI geschehen ist, wonach die Anhebung der Altersrente erst für Frauen, die nach dem 31.12.1940 geboren sind, erfolgt, bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit aber für alle Versichertenjahrgänge, die nach dem 31.12.1936 geboren sind. Dazu bestehen genügend sachliche Unterschiede in der Erwerbsbiographie der hier angesprochenen Jahrgänge (vgl. dazu auch LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.06.2002, Az.: L 1 RA 239/01).
Darüber hinaus ist auch der allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Diese Vorschrift enthält nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die allgemeine Weisung an den Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Für den Gesetzgeber ergeben sich daraus je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Schranken, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten nachteilig auf die Ausübung grundrechtlicher Freiheiten auswirken kann, umso engere Grenzen sind dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gezogen. Bewegt sich der Gesetzgeber außerhalb des umschriebenen Bereichs, so lässt ihm der Gleichheitssatz weitgehende Freiheit, Lebenssachverhalte je nach Regelungszusammenhang verschieden zu behandeln. Beachten muss er insoweit allein das Willkürverbot (vgl. Urteil des BSG vom 09.09.1998 - B 13 RJ 5/98 R, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG).
Mit dem RuStFöG und der Erweiterung durch das RRG 1999 (3. Schutztatbestand, § 237 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI mit Rückwirkung zum 01.01.1997) hat der Gesetzgeber die Vertrauensschutztatbestände hinreichend differenziert. Er hat sich dabei von sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen und war im Sinne der Effizienz seiner Regelungen nicht gehalten, diese Tatbestände noch weiter auszudehnen. Der Senat weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und sieht unter Hinweis auf die Ausführungen im Urteil des SG auf S. 6 - 11 von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG in der Fassung der Vereinfachungsnovelle vom 11.01.1993, BGBl. I, 50).
Ergänzend wird noch ausgeführt, dass das BVerfG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, dass der Gesetzgeber durch Art. 3 GG grundsätzlich nicht gehindert ist, Stichtage einzuführen. Ungleichheiten, die durch Stichtagsregelungen entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung des Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunkts, orientiert am gegebenen Sachverhalt, sachlich vertretbar ist (vgl. etwa BVerfGE 80, 297, 311; BVerfGE 58, 81, 126). Das ist nach den eingangs aufgeführten Gesichtspunkten, insbesondere im Hinblick auf die dargelegte erhöhte Schutzbedürftigkeit der Versicherten nach Vollendung des 55. Lebensjahres der Fall.
Im Hinblick auf die neuen Regelungen des RuStFöG ist im Übrigen genügend Aufklärung durch die Versicherungsträger und die Presse erfolgt. Schließlich gilt auch der Grundsatz der formellen Publizität von Gesetzen. Schließlich wurde der Kläger durch eine vorangehende Probeberechnung hinsichtlich seiner Disposition über den Versicherungsfall umfassend beraten.
Insgesamt ist daher die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision musste zugelassen werden, weil bislang eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu einem umstrittenen Problem fehlt (grundsätzliche Bedeutung). Die Urteile des BSG vom 30.10.2001 (z.B. Az.: B 4 RA 15/00 R; z.B. SozR 3-2600 § 237 Nr. 1) betreffen Spezialfälle, bei denen es nicht auf die Verfassungsmäßigkeit angekommen ist, weil das BSG die Voraussetzungen der Vertrauensschutztatbestände bejaht hat.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten wegen der Verminderung des Zugangsfaktors auf den Wert 0,877 einer Rente nach Arbeitslosigkeit des am 17.09.1940 geborenen Klägers.
Der Kläger, von Beruf Buchhalter, entrichtete von Mai 1955 bis März 1998 Pflichtbeiträge an die Beklagte im Umfang von 491 Monaten. Ab 01.04.1998 war er arbeitslos gemeldet und bezog nach einer Ruhenszeit gem. § 143 a SGB III von einem Monat wegen der Anrechnung einer Abfindung 33 Monate lang vom 02.05.1998 bis 18.01.2001 Arbeitslosengeld von der Bundesanstalt für Arbeit. Vom 01.03.1999 bis 30.11.2000 war der Kläger 21 Monate geringfügig beschäftigt.
Auf den nach Vollendung des 60. Lebensjahres am 2.10.2000 gestellten Altersrentenantrag des Klägers wegen Arbeitslosigkeit - nach einer Probeberechnung geändert auf einen Rentenbeginn/ Antragstellung zum 01.02.2001 - zahlte die Beklagte mit Bescheid vom 24.11.2000 Altersrente (Nettozahlbetrag: 2348,74 DM). Der Zugangsfaktor ist um 0,123 bzw. 12,3 Prozent für 41 Kalendermonate vorzeitiger Inanspruchnahme vermindert und die Summe aller Entgeltpunkte von 59,7530 auf 52,4034 (bzw. mit Neufeststellungsbescheid vom 23.05.2001 auf 52,4854) herabgesetzt. Es verblieb bei dieser Neufeststellung wegen eines Zuschlags für Arbeitentgelt aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung bei insgesamt 535 Monaten Beitragszeiten und 12 Monaten beitragsfreien Zeiten.
Den gegen die Rentenkürzung und die Nichtanrechnung der Pflichtbeiträge wegen Arbeitslosigkeit im Rahmen der Vertrauensschutzregelung gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2001 zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Er hat insbesondere einen Verstoß des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB VI gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) wegen der Nichtberücksichtigung seiner während der Arbeitslosigkeit entrichteten Pflichtbeiträge gerügt.
Durch Urteil vom 25.01.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Rechtsanwendung der Beklagten entspreche der zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles geltenden Rechtslage, die mit Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar sei. Dem Hilfsantrag auf Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sei daher nicht stattzugeben. Der Spielraum des Gesetzgebers in der Auswahl von Differenzierungsgründen sei weit gezogen. Der Gesetzgeber habe schon mit dem Rentenreformgesetz 1992 den Plan verfolgt, die Altersgrenzen bis auf das 65. Lebensjahr anzuheben. Auf Grund von Entwicklungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und gesamtwirtschaftlichen Fakten habe sich der Trend zu einem immer früheren Renteneintritt nachhaltig verstärkt, weswegen 1996 ein Vorziehen dieses Planes erforderlich geworden sei. Dabei habe der Gesetzgeber triftige Gründe für die jetzt geltende Vertrauensschutzregelung gehabt, unter die der Kläger - ohne dass dies verfassungswidrig sei - nicht falle. Die neuen Regelungen verstießen auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Die vom Gesetzgeber vorgebrachten Gründe der Neuregelung seien durch Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt und stünden wegen der Dringlichkeit einer möglichst rasch greifenden Verbesserung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung über der Erwartung, bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente weiterhin von Rentenabschlägen verschont zu werden. Das Übergangsrecht sei durch Fortschreibung des bis 1996 geltenden Rechts für langjährig Pflichtversicherte großzügig ausgestaltet und kombiniert mit der Möglichkeit einer Abmilderung des Eingriffs durch eine Beitragsnachzahlung.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und seine bisherige Argumentation wiederholt.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 25.01.2002 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 24.11.2000 in der Fassung des Bescheides vom 23.05. 2001 und des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2001 zu verurteilen, ab 01.02.2001 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit einem Zugangsfaktor von 1,0 zu gewähren, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und die verfassungsrechtliche Frage der Vereinbarkeit der Regelung der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bei Verminderung des Zugangsfaktors mit dem Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags verweist die Beklagte darauf, dass die Rentenberechnung nach den gesetzlichen Bestimmungen erfolgt sei. Die Prüfung, ob und ggf. inwieweit die gesetzlichen Bestimmungen mit dem Grundgesetz vereinbar seien, obliege nicht ihrer Pflicht.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beteiligten genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 153, 151, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG), jedoch unbegründet.
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und sieht daher - insbesondere was die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bzw. die zutreffende Rechtsanwendung der Beklagten betrifft - bis auf das Folgende von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs.2 SGG in der Fassung der Vereinfachungsnovelle vom 11.01.1993, BGBl. I, 50).
Der Anspruch des Klägers auf Altersrente richtet sich aufgrund des zum 01.02.2001 gestellten Antrags und des am 17.09.2000 vollendeten 60. Lebensjahres nach § 237 Abs. 1 SGB VI i.d.F. des Rentenreformgesetzes (RRG) 1999 vom 16.12.1997 (§ 300 Abs. 1, 2 und 4 SGB VI). Die frühere Regelung nach § 41 Abs. 1 SGB VI RRG 1992, mit dem für den Kläger keine Minderung des Zugangsfaktors verbunden gewesen wäre, ist bereits durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (RuStFöG) vom 23.07.1996 durch die stufenweise Anhebung auf das 63. Lebensjahr (§ 41 Abs. 1 a SGB VI i.d.F. des RuStFöG) geändert und später durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 27.09.1996 durch Einfügung der jetzt geltenden Anlage 19 (§ 41 Abs. 1 SGB VI i.d.F. des WFG) durch eine weitergehende Anhebung auf das 65. Lebensjahr - für den Kläger auf 63 Jahre und neun Monate - ersetzt worden. Die inhaltlich unveränderte jetzige Fassung (§ 237 Abs. 1 und 3 SGB VI i.d.F. des RRG 1999) gilt ab 01.01.2000 (vgl. Art 33 Abs. 13 RRG 1999). Danach haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie vor dem 01.01.1952 geboren sind, das 60. Lebensjahr vollendet haben und u.a. bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und sechs Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren, wie es alles beim Kläger vorliegt.
Zu Recht hat die Beklagte für diesen Versicherungsfall (vgl. Art. 33 Abs. 13 RRG 1999) gemäß § 77 SGB VI dauerhaft (vgl. § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) der Berechnung einen reduzierten Zugangsfaktor gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI zugrunde gelegt. Dessen Höhe (Faktor 0,877) entspricht der Sachlage und ist nicht im Streit.
Der Kläger gehört auch nicht zu den vom Vertrauensschutz des § 237 Abs. 4 SGB VI i.d.F. des RRG 1999 umfassten Personenkreises, der vom Vorziehen der Altersgrenzen verschont bleibt. Danach wird die Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit u.a. (der Fall eine Tätigkeit in der Montanindustrie liegt offensichtlich nicht vor) für Versicherte nur in dem durch das RRG 1992 beschränkten Ausmaß angehoben, die bis zum 14.02.1941 geboren sind (§ 237 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI) und - entweder am 14.02.1996 arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben (§ 237 Abs. 4 Nr.1 a SGB VI)
- oder deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem 14.02.1996 erfolgt ist, nach dem 13.02.1996 beendet worden ist und die daran anschließend arbeitslos geworden sind oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben (§ 237 Abs. 4 Nr.1 b SGB VI)
- oder vor dem 01.01.1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei § 55 Abs. 2 SGB VI nicht für Zeiten anzuwenden ist, in denen Versicherte wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe versicherungspflichtig waren (§ 237 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI).
Keiner der obengenannten Vertrauensschutztatbestände ist aber beim Kläger gegeben. Er ist zwar vor dem genannten Stichtag geboren, sein Arbeitsverhältnis wurde aber weder vor dem 14.02. 1996 beendet, noch war er an diesem Tag arbeitslos. Er hat aber auch keine 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. Dabei kommt es nicht auf die bisher umstrittene Frage an, ob dazu auch Zeiten zählen, in den er wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld versicherungspflichtig war. Denn seine gesamte Versicherungszeit erreicht mehr als 540 Monate nur mit sieben Monaten beitragsfreier Zeiten der Arbeitslosigkeit 1987, 1989 und 1990.
Der Senat legt die Vorschriften der §§ 237 Abs. 1, 3 und 4, 77 SGB VI i.d.F. des RRG 1999 seiner Entscheidung zugrunde, denn sie sind mit der Verfassung vereinbar. Daher ist eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1, Satz 1, letzte Alternative Grundgesetz - GG -) nicht angezeigt.
Die vorgezogene Anhebung der Altersgrenzen bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (RuStFöG) vom 23.07.1996 (BGBl I 1996, 1078) und das Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (WFG) vom 25.09.1996 (BGBl I 1996, 1461, 1806) verletzen weder die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs. 1 GG noch das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip garantierte Teilhaberecht. Damit teilt der Senat die übereinstimmende Rechtsansicht aller bislang mit dieser Frage befassten Obergerichte (Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 16.07.2003, Az: L 2 RJ 3114/02, LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.01.2003, Az: L 18 KN 118/02, LSG Sachsen-Anhalt vom 16.01. 2003, Az: L 3 RJ 70/0; LSG Sachsen-Anhalt vom 10.07.2003, Az: L 3 RJ 199/01, vom 16.01.2003 - L 3 RJ 68/01 und L 3 RJ 70/01; LSG Baden-Württemberg vom 05.03.2003 - L 13 RA 2511/02, LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.10.2002 - L 4 RA 103/01, LSG Sachsen- Anhalt vom 26.09.2002 - L 3 RJ 23/01 und LSG Celle-Bremen vom 27.06.2002 - L 1 RA 239/01).
Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG verschafft eine Rentenanwartschaft den Versicherten zwar eine Rechtsposition, die vor allem wegen der einkommensbezogenen Beitragsleistungen derjenigen eines Eigentümers gleicht und deshalb auch dem Schutz der Eigentumsgarantie nach Art 14 GG unterliegt (BVerfGE 58, 81, 109; 75, 78, 97; 80, 297, 308-315; 100, 1 ff.). Die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums ergibt sich allerdings erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die Aufgabe des Gesetzgebers ist (Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Der Betroffene muss nur solche Einschränkungen seiner eigentumsrechtlich geschützten Position hinnehmen, die durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind (BVerfGE 31, 275, 290; BVerfGE 75, 78, 97). Dies setzt voraus, dass die Eingriffe zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich sein müssen, wobei sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten dürfen, d.h. sie müssen zumutbar sein (BVerfGE 75, 78, 98).
Soweit in bestehende Rentenanwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist, weil das Rentenversicherungsverhältnis nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht. Rechtfertigende Gründe für Eingriffe liegen bei Regelungen vor, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im Interesse aller Versicherten zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (BVerfGE 58, 81, 110 - zur Begrenzung der Bewertung von Ausbildungs-Ausfallzeiten). Dabei tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug des Versicherten zu dieser Berechtigung und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes um so stärker hervor, je höher der zugrundeliegende Anteil eigener Leistung ist. Mit Rücksicht darauf ergibt sich eine gewisse Stufung des Schutzes. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung geht um so weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug steht. Aber auch der Eingriff in eine Position, die beitragsunabhängig eine Vergünstigung gibt, muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen (BVerfGE 58, 81, 114).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das BVerfG noch nicht abschließend dazu Stellung genommen, ab welchem Zeitpunkt und auf welche Weise eine vermögenswerte rentenversicherungsrechtliche Rechtsposition vor Entstehung des Vollrechts und vor Leistungsbeginn derart verfestigt ist, dass sie ebenso wie dieses durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist, insbesondere ob die Schutzwürdigkeit insoweit nach zeitlichen (Nähe zum Versicherungsfall) und/oder "beitragsrechtlichen" Kriterien zu beurteilen ist und ob insoweit in bezug auf den Eigentumsschutz Stufungen vorzunehmen sind. Nach der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG), zu der bislang vom BVerfG noch keine Entscheidung ergangen ist, hat sich das - vermögenswerte - Anwartschaftsrecht mit Vollendung des 55. Lebensjahres und nach Erfüllung der Wartezeit so verfestigt, dass es dem Vollrecht bei Leistungsbeginn gleichzustellen ist. Insoweit ist das Anwartschaftsrecht abzugrenzen gegenüber den nicht verfestigten Vorstufen des Rechts im Rahmen seiner stufenweisen, sukzessiven Entstehung zum Vollrecht. (vgl. hierzu Vorlagebeschlüsse vom 16.12.1999 - B 4 RA 18/99 R, B 4 RA 49/99 R, B 4 RA 49/98 R und B 4 RA 11/99 R). Dabei geht das BSG aber auch davon aus, das dieses geschützte Vollrecht sich auf die Regelaltersrente bezieht, nämlich nach Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses, Beitragszahlung und Erfüllung der allgemeinen Wartezeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres entsteht. Dies entspricht auch einer schon sehr frühen Rechtsprechung des BVerfG, wonach früher als vor Vollendung des 65. Lebensjahres bezogene Renten - wie hier der der Disposition des Versicherten unterliegende Versicherungsfall der Rente nach Arbeitslosigkeit - auf sozialer, staatlicher Gewährung beruhen. Ob das Altersruhegeld vom 60. oder erst vom 65. Lebensjahr an gewährt wird, zählt ebenso wenig wie die Beitrags- und Leistungshöhe zum feststehenden Inhalt einer Anwartschaft. Die Veränderlichkeit der genannten Modalitäten ist von vornherein in der Anwartschaft angelegt; sie entspricht dem Charakter der Sozialversicherung, die auf dem Prinzip der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (vgl. BVerfGE 22, 241, 253 zur Aussicht der saarländischen Versicherten, das Altersruhegeld bereits von der Vollendung des 60. Lebensjahres an beziehen zu können).
Nach der angeführten Rechtsprechung des BSG wird bereits durch Vollendung des 55. Lebensjahres ein staatlich garantiertes - und durch ein Anwartschaftsrecht gesichertes - Recht erworben, entsprechend der in den Entgeltpunkten zum Ausdruck kommenden Rangstelle nach dem Versicherungsfall an den vorhandenen Mitteln (Gesamtäquivalenz von Leistung und Gegenleistung im Rahmen des Generationenvertrages) teilhaben zu dürfen. Der Versicherte wird später bei Eintritt des Versicherungsfalls und Leistungsbeginns entsprechend der prozentualen Rangstelle (angelegt an das dann maßgebliche "Nettodurchschnittsentgelt" der späteren Beitragszahler) an den Mitteln teilnehmen, die dann durch die Beiträge anderer für Renten und Rehabilitation zur Verfügung gestellt werden (vgl. hierzu BSGE 82, 83, 95). Begründet wird dies vor allem mit dem starken personalen Bezug der Rentenanwartschaft in diesem Lebensstadium. Der die "normale" Regelaltersrente in Anspruch nehmende Versicherte soll mithin spätestens mit Vollendung des 55. Lebensjahres, zehn Jahre vor Eintritt in das Rentenalter, eine Grundlage für seine Lebensplanung im Alter haben. Ginge man von einem späteren Zeitpunkt aus, etwa dem 60. Lebensjahr, so wäre der Zeitraum, innerhalb dessen der Versicherte eine ggf. erforderliche weitere Altersvorsorge in ausreichendem Maße treffen könnte, - typisierend betrachtet - zu knapp bemessen (vgl. BSG a. a. O Az.: B 4 RA 11/99 R, Teil B 3.1.).
In dieses Anwartschaftsrecht wird durch die vorgezogene Anhebung der Altersgrenzen eingegriffen, soweit über 55jährige nicht den besonderen Vertrauensschutztatbeständen unterliegen, mit denen sie von einer Anhebung ausgenommen sind. Im Falle des Klägers führt dies zu keiner konkreten Verminderung der mit dem 55. Lebensjahr bis zum 17.09.1995 erworbenen Entgeltpunkte, obwohl durch die Minderung um 12,3 Prozent ein Abschlag von 7,3611 Entgeltpunkte vorgenommen wird. Denn nach diesem Zeitpunkt hat der Kläger durch weitere Beiträge aus versicherter Beschäftigung, auch als geringügig Beschäftigter (0,2279) und als Arbeitsloser (3,7272) seine Anwartschaft vergrößert. Dennoch erfolgt gegenüber ungeminderter Rentenzahlung ein Eingriff, der sich auch noch bei dem jedenfalls mit Vollendung des 65. Lebensjahres geschützten Vollrecht auswirkt, da die Minderung gemäß § 77 SGB VI auch für weitere Versicherungsfälle dauerhaft (vgl. § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) fortgesetzt wird. Allerdings wirkt sich dies erst in einem Lebensalter aus, das über der normalen Lebenserwartung liegt. Durch die vorzeitige Inanspruchnahme wird eine Rücklage gebildet, um quasi nachverlagert den vorzeitigen Rentenbezug zu finanzieren. Das bedeutet bei einer Minderung um 12,3 Prozent über 41 Monate, dass die durch den Bezug von 87,7% der Rente über 41 Monate gebildeten Rücklagen erst nach dreißig Jahren und neun Monaten abgeschmolzen sind. Erst in einem Lebensalter, das im genannten Ausmaß über der auf 63 Jahre und neun Monate (vgl. Anlage 19 zum SGB VI) heraufgesetzten Altersgrenze liegt, findet nach Rentenbezug über 293 Monate eine echte Kürzung statt; mithin beim Kläger nach Vollendung des 88. Lebensjahres.
Zusammenfassend ist insoweit festzuhalten, dass sich an der Bewertung der vom Kläger entrichteten Beiträge durch die Vorschriften der §§ 41 Abs. 1 a SGB VI i.d.F. des RuStFöG, 41 Abs. 1 SGB VI i.d.F. des WFG, 237 Abs. 1 und 3 SGB VI i.d.F. des RRG 1999 zwar dem Grunde nach nichts ändert, aber seine Gesamtleistung gegenüber den 1992 getroffenen Regelungen i.S.d. Gesamtäquivalenz geschmälert wird. Es ist aber keine isolierte Betrachtung anzustellen, wie Fuchs und Köhler meinen (vgl. Verfassungswidrigkeit der vorgezogenen Anhebung der Altersgrenzen bei der Rente wegen Arbeitslosigkeit, SGb 2002, 645 ff.), bei der - isoliert - die Anwartschaft auf Rente nach Arbeitslosigkeit eigentumsgleich geschützt wird, sondern es ist die in rentennahen Jahrgängen erworbene Rangstelle im Sinne eines Anwartschaftsrechts (vgl. Beschluss des BSG vom 16.12.1999 - B 4 RA 11/99) in den Schutzbereich des Art. 14 GG einbezogen, das durch weiteren Hinzuerwerb von Entgeltpunkten seit der Rechtsänderung im August 1996 nicht maßgeblich geschmälert und was im Folgenden ausgeführt wird, durch Lohnersatzleistungen und Abfindungsleistungen des Arbeitgebers hinreichend kompensiert wurde (vgl. dazu unten).
Bei der hier vorliegenden Enttäuschung der Erwartung einer bestimmten Art der Alterssicherung sind eher das Gebot der Rechtssicherheit, der Vertrauensschutz und das Rückwirkungsverbot berührt. Bei letzterem kommt eine unechte Rückwirkung in Betracht, wenn auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte (hier Anwartschaften) für die Zukunft eingewirkt und damit die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet wird. Dies ist aber grundsätzlich zulässig. Im Einzelfall können Grundrechte der Betroffenen entgegenstehen, wenn eine unverhältnismäßige Konkretisierung der jeweiligen Grundrechtsschranken gegeben ist. Diese Gesichtspunkte werden dann bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 14 Abs. 1 GG berücksichtigt, wie auch die Einhaltung des Rechtsstaatsprinzips, an das der Gesetzgeber gebunden ist (Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 1 GG). Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG darf der Gesetzgeber Inhalt und Schranken des Eigentums näher bestimmen und eingrenzen, soweit Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dies rechtfertigen (vgl. BVerfGE 100, 14, 37, 40). Die strengen Anforderungen sind maßgeblich an die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu stellen. Sie hat nicht nur geeignet und erforderlich zu sein, sondern muss - im Rahmen der Angemessenheit/Zumutbarkeit - aufgrund eines hohen Gemeinschaftsgutes erfolgen und ausreichende Übergangsvorschriften bzw. Ausgleichsmaßnahmen für besonders betroffene Adressaten vorsehen (vgl. BVerfGE 102, 68 ff., 97, 98). Eine solche Inhalts- und Schrankenbestimmung hat der Gesetzgeber vorliegend mit dem RuStFöG vorgenommen.
Die vorgezogene Anhebung der Altersgrenzen durch das RuStFöG und WFG ist nicht unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber hat die schon im Jahre 1957 eingeführte Rente wegen Arbeitslosigkeit (§ 25 Abs. 1 - 4 AVG, sogenanntes Arbeitslosenruhegeld, AnVNG 1957, BGBl. I S. 96) mit dem 1992 begonnenen, neuen Programm der Anhebung der Altersgrenzen für vor dem 01.01.1952 geborene Jahrgänge nicht völlig gestrichen, sondern als Optionsmodell beibehalten. Versicherte, die bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres ihren Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit geltend machen, müssen mit einer Anhebung der Altersgrenze (§ 237 Abs. 3 SGB VI i.d.F. des RRG 1999) und damit einem verminderten Zugangsfaktor (§ 77 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 SGB VI) rechnen. Die Inanspruchnahme ist in die persönliche Disposition gestellt und unterliegt stufenweisen Anpassungen. Daher bezieht der Kläger drei Jahre und vier Monate länger Rente, als es die für ihn vorgesehene Anhebung vorsieht. Dies ist in einem Gesamtkonzept noch verbunden mit einem faktischen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bereits mit Vollendung des 58. Lebensjahres und einer Lohnersatzleistung, die durch Beitragszahlungen der Bundesanstalt für Arbeit zur Rentenversicherung zu einem weiteren Ausgleich der Minderung des Zugangsfaktors führt (s. o. Negativsaldo insgesamt von 3,6339 Entgeltpunkten). Das entspricht in etwa den Beiträgen, die für einen Durchschnittsverdienst im Zeitraum der vorzeitigen Inanspruchnahme entrichtet worden wären.
Dem Eingriff steht ein zureichender Abwägungsvorgang im obengenannten Sinne entgegen. Dieser ergibt sich aus den Ausführungen zu den beim Gesetzgeber eingebrachten Gesetzesentwürfen, die zwar selbst vom Gesetzesbeschluss nicht umfasst sind, aber als Materialien eine authentische Auslegung ermöglichen und insoweit im Gesetzgebungsverfahren keine Veränderung erfahren haben. Der Gesetzgeber hat eine Einschätzungsprärogative, womit er einen Vertrauensvorsprung bei der oft schwierigen Beurteilung des komplexen empirischen Zusammenhangs zwischen dem Zustand, der durch den Eingriff geschaffen wird, und dem anderen Zustand, in dem der Zweck erreicht ist, genießt. Ebenso hat er bei der Auswahl der Regelungsinstrumentarien eine große Gestaltungsfreiheit (BVerfGE 24, 220, 241; BVerfGE 103, 242 ff.). Daher sieht der Senat, insbesondere auch in Kenntnis des Gutachtens von Fuchs und Köhler (a.a.O.), keine Veranlassung zur weiteren Sachermittlung.
Ziel des WFG war damals allgemein die Sicherung der wirtschaftlichen Fundamente des Sozialstaats, speziell die Vermeidung des weiteren Anstiegs der Lohnzusatzkosten durch erhebliche Beitragssatzerhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung, die aufgrund der negativen Entwicklung des Arbeitsmarkts seit dem 2. Halbjahr 1995 sonst zur Sicherstellung der erforderlichen Einnahmen ab 1997 erforderlich gewesen wären (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs BTDrucks 13/4610, S. 18). Geschützte hohe Gemeinschaftsgüter in diesem Sinne waren die Erhaltung der Finanzierbarkeit und damit Sicherstellung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, die Konsolidierung und Stabilisierung der Finanzentwicklung der Rentenversicherung durch Regelungen, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Spezielle Ziele des RuStFöG (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 13/4336) waren es, einem Missbrauch und einer zweckfremden Wirkung der Rente nach Arbeitslosigkeit (in vielen Großunternehmen gängige Praxis, ältere Arbeitnehmer weit vor Erreichen der regulären Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen) entgegenzusteuern. Dies führte zu einer erheblichen Belastung der Sozialversicherung und des Bundeshaushalts, weil die gesetzliche Rentenversicherung verstärkt gerade auf Grund der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch genommen wurde, was sich in der beständigen Zunahme dieser Renten von rund 21 % im Jahre 1992 auf nahezu 40 % im Jahre 1994 zeigte habe (vgl. BTDrucks. 13/4336, Seite 14). Im Ergebnis sind danach die finanziellen Lasten der Frühverrentung zum weitaus größten Teil nicht von den Unternehmern und den Arbeitnehmern, die vorzeitig in den Ruhestand gehen, getragen worden, sondern über notwendigerweise höhere Beitragssätze zur Sozialversicherung von den Klein- und Mittelbetrieben und ihren Arbeitnehmern. Das RuStFöG hatte weiter das Ziel der Beitragsstabilisierung durch Ausgabensenkung (finanziellen Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung).
Damit sind hinreichend genug hohe Gemeinschaftsgüter beschrieben, die direkt auf die gesetzliche Rentenversicherung einwirken und systemimmanent, ohne Eingriff in die tragenden Prinzipien, auf die Sozialversicherung bezogen sind. Die wirtschaftslenkenden Wirkungen, die einen derartigen Eingriff in das System der Rentenversicherung allein für sich (Wettbewerbslage der deutschen Wirtschaft und Sicherung des Standortes Deutschland bei verschärfter Konkurrenzlage der deutschen Wirtschaft infolge der Globalisierung) nicht rechtfertigen würden, stellen demgemäss nur einen Nebeneffekt dar (vgl. zur Kritik: Fuchs, Köhler, Gutachten im Auftrag der IG Metall, Kurzfassung a.a.O.; dagegen: Brall, Zur Verfassungsmäßigkeit der vorgezogenen Anhebung der Altersgrenze bei der Rente wegen Arbeitslosigkeit, DRV 2003, 133 ff.).
Schließlich sind die Regelungen des RuStFöG und des WFG bzw. die inhaltlich gleichen des RRG 1999 auch zumutbar, weil sie mit ausreichenden Übergangsvorschriften bzw. Ausgleichsmaßnahmen einhergehen. Das RuStFöG enthält mit § 187 a SGB VI eine Regelung zum Ausgleich der Rentenzahlbetragsminderung, die nicht (unmittelbar) auf den Versicherten beschränkt bleibt, sondern auch die Zahlung (mittelbar) durch den Arbeitgeber zulässt, insbesondere aufgrund von arbeitsrechtlichen Vereinbarungen in einem Sozialplan und steuerlichen Anreizen sowie einer Verschonung einer Anrechnung auf das Arbeitslosengeld. Auch dies gelangt in den Gesetzesmaterialien hinreichend zum Ausdruck (BTDrucks 13/4336, S. 16: "II. Rentenrechtliche Regelungen"). Der Ausgleichsbetrag bewegt sich bis höchstens 72.000 EUR, wenn eine monatliche Bruttorente von 1500 EUR und eine Minderung von 18 % vorliegen (vgl. Tabelle der LVA Oberbayern in Aichberger, Sozialgesetzbuch, Rndr. 6/71). Dies entspricht durchaus Abfindungen bei langjähriger Betriebszugehörigkeit, wie sie aus der sog. Frühverrentungspraxis bekannt sind (vgl. Ermittlungen des LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 27.06. 2002, Az. L 1 RA 239/01).
Schließlich wird durch den Gesetzgeber sichergestellt, das die Anhebung der Altersgrenzen aus Gründen des Vertrauensschutzes entsprechend dem bislang geltenden Recht u.a. bei Versicherten berücksichtigt wird (vgl. BTDrucks 13/4336, "B. Besonderer Teil" S. 24), die - wie der Kläger - vor dem 14.02.1996 das 55. Lebensjahr vollendet haben und deren Arbeitsverhältnis bereits vor diesem Tag - beim Kläger aber erst im Jahre 1998 - durch Kündigung oder Vereinbarung beendet worden ist. Hier greift der Gesetzgeber weit vor den Beginn der Regelaltersrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Er war aber nicht gehalten, noch weitergehende Vertrauensschutztatbestände zu schaffen. Durch die Ausgestaltung der vorgezogenen Anhebung sind weiterhin Versicherte, die bei Beginn dieses Programmes am 01.01.1992 (RRG 1992) bereits 55 Jahre alt waren (geboren vor 1937) und mit keiner Anhebung rechnen mußten (Beginn der Anhebung damals ab Geburtsjahr 1941) gemäß § 237 Abs. 3 SGB VI RRG 99 i.V.m. Anlage 19 des § 237 WFG weiterhin von Anhebungen ausgenommen, da diese erst ab dem Geburtsjahr 1937 beginnt. Der Kläger war 1992 aber erst 51 Jahre alt. Aus sozialen Gründen hat der Gesetzgeber darüber hinaus auch bei Inkrafttreten des Rentenreformgesetz 1992 erst 50 Jahre alten Versicherten (Jahrgänge 42 und älter) unter besonderen Umständen einen Vertrauensschutz eingeräumt. Er verschont Versicherte, die vor dem 01.01.1942 geboren sind (§ 237 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI), wenn sie 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt haben. Damit ist der am 17.09.1940 geborene Kläger keineswegs schutzlos gestellt. Er weist aber keine derart lange Beziehung zur gesetzlichen Rentenversicherung auf, dass er noch unter diesen Vertrauensschutztatbestand fällt. Er hatte seine Altersversorgung nicht ausschließlich auf die gesetzliche Rentenversicherung gegründet, wie es bei einem Versicherten der Fall ist, der mit dem 15. Lebensjahr eintritt und nach 45 Versicherungsjahren das 60. Lebensjahr vollendet. Eine solche Differenzierung zwischen Versicherten, die ihre Altersversorgung ausschließlich auf die gesetzliche Rentenversicherung stützen können und anderen Versicherten, die Lücken in dieser Art der Alterssicherung aufweisen, ist nach Art. 3 GG zulässig (vgl. dazu auch unten). Allerdings hätte der Kläger durch Verzicht auf die Versicherungsfreiheit bei seiner geringfügigen Beschäftigung (§ 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) mittels Aufstockung und eigener Beitragszahlung das Erfordernis von 45 Jahren nicht mehr bis zu einem Alter von 63 Jahre neun Monate erfüllen können, da er erst mit 58 Jahren aus seiner Hauptbeschäftigung ausgeschieden ist und die Möglichkeit der Aufstockung erst seit April 1999 gegeben war.
Auch sonst ist der Gleichheitssatz des Art. 3 GG durch das RuStFöG nicht verletzt. Zum einen war es dem Gesetzgeber unbenommen, weiterhin bei den Altersgrenzen und deren Anhebung zwischen Frauen und Männern zu unterscheiden, wie es in § 41 Abs. 1 und Abs. 1 a SGB VI geschehen ist, wonach die Anhebung der Altersrente erst für Frauen, die nach dem 31.12.1940 geboren sind, erfolgt, bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit aber für alle Versichertenjahrgänge, die nach dem 31.12.1936 geboren sind. Dazu bestehen genügend sachliche Unterschiede in der Erwerbsbiographie der hier angesprochenen Jahrgänge (vgl. dazu auch LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.06.2002, Az.: L 1 RA 239/01).
Darüber hinaus ist auch der allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Diese Vorschrift enthält nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die allgemeine Weisung an den Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Für den Gesetzgeber ergeben sich daraus je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Schranken, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten nachteilig auf die Ausübung grundrechtlicher Freiheiten auswirken kann, umso engere Grenzen sind dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gezogen. Bewegt sich der Gesetzgeber außerhalb des umschriebenen Bereichs, so lässt ihm der Gleichheitssatz weitgehende Freiheit, Lebenssachverhalte je nach Regelungszusammenhang verschieden zu behandeln. Beachten muss er insoweit allein das Willkürverbot (vgl. Urteil des BSG vom 09.09.1998 - B 13 RJ 5/98 R, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BVerfG).
Mit dem RuStFöG und der Erweiterung durch das RRG 1999 (3. Schutztatbestand, § 237 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI mit Rückwirkung zum 01.01.1997) hat der Gesetzgeber die Vertrauensschutztatbestände hinreichend differenziert. Er hat sich dabei von sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen und war im Sinne der Effizienz seiner Regelungen nicht gehalten, diese Tatbestände noch weiter auszudehnen. Der Senat weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und sieht unter Hinweis auf die Ausführungen im Urteil des SG auf S. 6 - 11 von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG in der Fassung der Vereinfachungsnovelle vom 11.01.1993, BGBl. I, 50).
Ergänzend wird noch ausgeführt, dass das BVerfG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, dass der Gesetzgeber durch Art. 3 GG grundsätzlich nicht gehindert ist, Stichtage einzuführen. Ungleichheiten, die durch Stichtagsregelungen entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung des Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunkts, orientiert am gegebenen Sachverhalt, sachlich vertretbar ist (vgl. etwa BVerfGE 80, 297, 311; BVerfGE 58, 81, 126). Das ist nach den eingangs aufgeführten Gesichtspunkten, insbesondere im Hinblick auf die dargelegte erhöhte Schutzbedürftigkeit der Versicherten nach Vollendung des 55. Lebensjahres der Fall.
Im Hinblick auf die neuen Regelungen des RuStFöG ist im Übrigen genügend Aufklärung durch die Versicherungsträger und die Presse erfolgt. Schließlich gilt auch der Grundsatz der formellen Publizität von Gesetzen. Schließlich wurde der Kläger durch eine vorangehende Probeberechnung hinsichtlich seiner Disposition über den Versicherungsfall umfassend beraten.
Insgesamt ist daher die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision musste zugelassen werden, weil bislang eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu einem umstrittenen Problem fehlt (grundsätzliche Bedeutung). Die Urteile des BSG vom 30.10.2001 (z.B. Az.: B 4 RA 15/00 R; z.B. SozR 3-2600 § 237 Nr. 1) betreffen Spezialfälle, bei denen es nicht auf die Verfassungsmäßigkeit angekommen ist, weil das BSG die Voraussetzungen der Vertrauensschutztatbestände bejaht hat.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved