Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RA 538/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 73/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 102/04 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1948 geborene Klägerin ist gelernte Krankenschwester. Aus einem im Jahre 1994 wegen psychovegetativer Erschöpfung und Wirbelsäulenbeschwerden angetretenen Heilverfahren in der T.klinik Bad S. wurde sie als arbeitsfähig entlassen, jedoch mit dem Hinweis, dass wegen der Beschwerden im Wirbelsäulen- und Schulter-Arm-Bereich links längerfristig mit einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit in dem bisher ausgeübten Beruf zu rechnen sei und daher bereits eingeleitete Umschulungsmaßnahmen unterstützt würden. Dringend indiziert sei die Fortsetzung der ambulanten Psychotherapie. Von Oktober 1995 bis Juli 1997 wurde die Klägerin zur Lehrkraft für Pflegeberufe umgeschult. Die daraufhin aufgenommene Tätigkeit als Altenpflegelehrerin an einer Fachschule für Altenpflege wurde in der Probezeit gekündigt. Seitdem ist die Klägerin arbeitslos.
Ihren am 24.08.1999 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens der Dr. K. (Gutachten vom 10.12.1999, Diagnosen: "neurasthenischer Beschwerdekomplex, Wirbelsäulensyndrom", Leistungsbeurteilung: leichtere körperliche Tätigkeiten als Lehrschwester sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Schichtdienst vollschichtig) mit Bescheid vom 10.01.2000 ab mit der Begründung, dass die Klägerin weiterhin in ihrem bisherigen Berufsbereich vollschichtig tätig sein könne.
Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese Atteste der behandelnden Ärzte vorlegte und auf die Anerkennung einer "Beeinträchtigung der Gehirnfunktion" im Rahmen ihrer Schwerbehinderung durch das Amt für Versorgung und Familienförderung (AVF) Nürnberg (GdB 50) hinwies, wies die Widerspruchsstelle der Beklagten nach Einholung eines psychotherapeutischen Befundberichtes und einer Stellungnahme ihres prüfärztlichen Dienstes mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2000 zurück.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) zog dieses die Schwerbehindertenakten des AVF Nürnberg, die Akte des Arbeitsamtes Nürnberg, ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in Bayern vom 07.02.2001 ("Dysthymie, somatoforme Schmerzstörung"; die Arbeitsunfähigkeit sei in Kürze beendet, es liege ein permanentes Rentenbegehren vor) sowie die Befundberichte und ärztlichen Unterlagen der behandelnden Ärzte bei. Es erhob Beweis über den Gesundheitszustand und die Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem und internistisch-sozialmedizinischem Gebiet. Der Nervenarzt Dr. W. diagnostizierte bei der Klägerin in seinem Gutachten vom 25.09.2001 eine neurasthenisch-depressive Versagensreaktion mit Somatisierungen ohne ausreichenden Anhalt für eine hirnorganische Leistungsstörung. Er hielt die Klägerin wegen der körperlich untrainierten asthenischen Verfassung mit rasch eintretenden Somatisierungen (Rückenschmerzen) sowie wegen der neurasthenisch-depressiven Psyche für nicht mehr in der Lage, als Krankenschwester zu arbeiten, sah aber andere qualifizierte Tätigkeiten wie z.B. die einer Pflegelehrkraft als weiterhin möglich an. Unterbleiben sollten lediglich überdurchschnittliche Lärmbelastung, überdurchschnittlicher Termindruck und Schichtarbeit.
Der Internist und Sozialmediziner Dr. G. erhob im Gutachten vom 09.10.2001 folgende Gesundheitsstörungen: 1. Konstitutionsbedingte Kreislaufdysregulation. 2. Hypercholesterinämie. 3. Geringgradige Hepatopathie. 4. Neurasthenisch-depressive Versagensreaktion mit Somatisierung (laut Gutachten Dr. W.). 5. Sehr geringgradiges Wirbelsäulensyndrom.
Der Sachverständige bezeichnete die Ausführungen des Dr. W. im vorangegangenen Gutachten aufgrund seines Eindrucks der Klägerin als schlüssig; er vertrat ebenfalls die Auffassung, dass sie in der früher ausgeübten Tätigkeit als Krankenschwester nicht mehr vollschichtig einsetzbar sei, wohl aber zu den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes eine vollschichtige Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung ohne übermäßige nervliche Belastungen und besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems verrichten könne, eine abweichende sozialmedizinische Beurteilung gegenüber der Begutachtung im Rentenverfahren ergebe sich nicht.
Das SG wies die auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit gerichtete Klage mit Urteil vom 10.01. 2002 ab und führte zur Begründung aus, nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne von §§ 43, 44 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2000 noch erwerbsgemindert nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung sei. Es stützte sich auf die Aussagen in den Gutachten des Dr. W. und des Dr. G. , wonach die Klägerin trotz der bestehenden psychischen Störungen weiterhin leichteren körperlichen Arbeiten entsprechend ihrem Ausbildungsstand vollschichtig nachgehen könne, wenn übermäßige nervliche Belastungen und besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems vermeidbar seien. Bei der Untersuchung durch Dr. G. sei vor allem eine Kreislaufdysregulation aufgefallen, der aber ein gravierender Krankheitswert nicht zuzuordnen sei, vielmehr sei davon auszugehen, dass entsprechende Trainingsmaßnahmen zu einer deutlichen Besserung führen würden. Seitens des Bewegungsapparates hätten sich nennenswerte Beeinträchtigungen über altersgemäße Befunde hinaus nicht finden lassen, offensichtlich sei keinerlei orthopädische Behandlung notwendig. Auf nervenärztlichem Gebiet bestehe eine depressiv-neurasthenische Entwicklung, hirnorganische Gründe für die von der Klägerin geklagte Leistungsunfähigkeit hätten sich nicht bestätigt. Sie seien letztlich auch von der psychiatrischen Fachklinik in A. in einem Befund vom 04.07.2000 lediglich differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen worden. Trotz der psychischen Störungen sei eine vollschichtige Belastbarkeit entsprechend dem Ausbildungsstand ohne Überforderung oder Gefährdung der Gesundheit der Klägerin möglich. Eventuell bestehende Unterlegenheitsgefühle oder Kränkungssituationen könnten durch eine Erwerbstätigkeit nur profitieren. Auch wenn sie damit als Krankenschwester nicht mehr einsetzbar sei und den Berufsschutz einer Fachangestellten genieße, komme eine Rentengewährung nicht in Betracht, da sie zumutbar auf den Umschulungsberuf einer Lehrkraft für Pflegeberufe verweisbar sei, der ihr auch gesundheitlich zumutbar sei. Die Tatsache, dass ihr in dieser Tätigkeit während der Probezeit gekündigt worden sei, sei rechtlich unerheblich.
Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil und trägt im Wesentlichen vor, sie halte sich für kontinuierliche Tätigkeiten nicht mehr belastbar; dass sie den täglichen Anforderungen in der Praxis nicht gewachsen sei, habe auch die Kündigung ihrer Tätigkeit als Pflegelehrkraft während der Probezeit gezeigt.
Auf ihren Antrag erstellte die Medizinaloberrätin Dr. G. , Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen am Gesundheitsamt N. , gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein fachärztliches Gutachten vom 03.11.2003. Sie diagnostizierte eine depressive Entwicklung mit Somatisierungstendenz sowie ein geringgradiges Wirbelsäulensyndrom und vertrat die Auffassung, die Klägerin könne leichte Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen über acht Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen (keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Beschäftigung an gefährdenden Maschinen, keine Akkord- oder Schichtarbeit, kein Kälte-, Nässe- oder Staubeinfluss, keine besonderen Anforderungen an die psychische Stabilität) ausüben. Die Tätigkeit als Krankenschwester sei wegen der instabilen Psyche sowie der Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule nicht mehr zumutbar, wohl aber eine Tätigkeit als Pflegelehrkraft, da es hier um erwachsene Schüler ohne Disziplinierungsschwierigkeiten gehe. Ausdrücklich stimmte die Gutachterin den Aussagen in den Gutachten des Dr. G. und des Dr. W. im Wesentlichen zu. Die Hinzuziehung eines Arztes für Psychiatrie, die sie im Hinblick auf die im Vordergrund stehenden Beschwerden zunächst in Erwägung gezogen hatte, hielt sie nach der Untersuchung der Klägerin nicht mehr für erforderlich; es sei nicht davon auszugehen, dass eine weitere Begutachtung auf nervenärztlichem Gebiet eine abweichende Beurteilung ergeben würde.
Die Klägerin nahm unter Hinweis auf ihre frühkindliche Entwicklung, ihr verschleißendes Arbeitsleben im Bereich der Medizin und sonstige Erlebnisse (so die für sie nicht geklärten Todesursachen beider Eltern) zu dem Gutachten dahingehend Stellung, dass sie sich nicht arbeitsfähig fühle.
Sie beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils vom 10.01.2002 sowie des Bescheides vom 10.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2000 zu verpflichten, ihr ab 01.09.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen teilweiser oder ganzer Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogene Rentenakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.
Zutreffend hat das Erstgericht die Klage abgewiesen. Die dargelegten Gründe sind auch für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Nach Überprüfung des bisherigen Verfahrensverlaufs und der erneuten Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz gelangt er zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen der vom SG im Einzelnen aufgeführten Vorschriften der §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung sowie des § 43 Abs.1 und 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung auch weiterhin nicht erfüllt sind, ebenso nicht die Voraussetzungen des § 240 Abs.1 und 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung, wonach Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben, wenn sie vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind; dabei ist der Begriff der Berufsunfähigkeit identisch mit dem in § 43 Abs.2 SGB VI a.F.
Die vom Erstgericht beauftragten Gutachter Dr. W. und Dr. G. haben insoweit ausführlich und schlüssig dargelegt, dass die Klägerin in ihrer Erwerbsfähigkeit zwar eingeschränkt und deswegen in ihrem erlernten Beruf einer Krankenschwester nicht mehr einsetzbar ist, wohl aber in sonstigen die Wirbelsäule und die Psyche nicht übermäßig belastenden Tätigkeiten leichterer Art. Dabei fand Dr. W. , der sich ausführlich mit der Vorgeschichte und den vorhandenen Unterlagen der behandelnden Ärzte auseinander setzte, nach klinischer Untersuchung der Klägerin und Durchführung von Zusatzuntersuchungen (EEG, AEP, Farbduplex der Carotiden und Vertebralarterien, MWTB-Test, KAI-Test, TSD-Test) keine Zeichen einer Persönlichkeitsveränderung im Sinne eines cerebralen Abbauprozesses mit beginnender Demenz. Er führte aus, der insoweit beigebrachte MRT-Hirnbefund vom 20.01.2000 enthalte eine relativ stereotype Beschreibung eines physiologischen Prozesses, der nicht durch die entsprechenden psychometrischen Tests gestützt werden könne; nur eindeutige pathologische Leistungstests könnten aber den beschriebenen Befund bekräftigen. Dass die Originalbilder - wie von der Klägerin vorgebracht - offensichtlich nicht mehr auffindbar sind, erscheint im Übrigen angesichts des vorhandenen Arztberichtes vom gleichen Tage, in dem die erhobenen Werte beschrieben sind, von untergeordneter Bedeutung.
Beide Gutachter haben den Umschulungsberuf einer Pflegelehrkraft für die Klägerin als weiterhin zumutbar erachtet. Für den Senat ist in diesem Zusammenhang wesentlich, dass der erfahrene Internist und Sozialmediziner Dr. G. die Ausführungen seines nervenärztlichen Kollegen Dr. W. ausdrücklich als schlüssig bezeichnet hat.
Die sozialmedizinische Beurteilung der Sachverständigen des Erstgerichts wird durch die im Berufungsverfahren gemäß § 109 SGG als Gutachterin des Vertrauens der Klägerin gehörte Dr. G. bestätigt. Diese kam aufgrund der von ihr diagnostizierten depressiven Entwicklung mit Somatisierungstendenz nebst geringgradigem Wirbelsäulensyndrom zu dem Ergebnis eines noch vollschichtigen Leistungsvermögens für leichtere Arbeiten im Stehen, Gehen oder Sitzen mit gewissen qualitativen Einschränkungen (keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an gefährdenden Maschinen, keine Akkord- und Schichtarbeit; kein Einfluss von Kälte, Nässe und Staub). Nicht mehr zumutbar sind Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an die psychische Stabilität stellen. Letzteres wurde von der Sachverständigen für den Senat nachvollziehbar dahingehend erläutert, dass solche Anforderungen jedenfalls dann nicht gefordert seien, wenn es sich um eine Lehrtätigkeit mit erwachsenen Schülern handelt, bei denen Disziplinierungsprobleme nicht zu erwarten seien.
Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an, da auch nach seiner Auffassung bei der lehrbuchmäßigen Vermittlung von Alten- und Krankenpflege besondere Anforderungen an die nervli- che Belastbarkeit regelmäßig nicht gestellt werden. Er verkennt nicht, dass die Klägerin unter erheblichem Leidensdruck steht und sich in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt fühlt. Es scheint so, als sei sie durch problembehaftetes Denken ausgefüllt; dies erfordert sicher eine begleitende/stützende Therapie. Dennoch ist zu sehen, dass alle bisherigen Gutachter, die mit ihrem Fall befasst waren, die Klägerin für leichtere körperliche Tätigkeiten wie die einer Pflegelehrkraft ausreichend belastbar hielten. Dies ist für den Senat entscheidend. Aus den genannten Gründen sieht er auch keine Notwendigkeit zu weiterer Aufklärung von Amts wegen, z.B. durch ein weiteres nervenärztliches Gutachten. Bei der noch vollschichtigen Einsatzfähigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen ist grundsätzlich unerheblich, ob der Klägerin ein entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann. Das Arbeitsplatzrisiko fällt hier nicht in den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern in den der Arbeitslosenversicherung.
Bei dieser Sachlage konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG waren nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1948 geborene Klägerin ist gelernte Krankenschwester. Aus einem im Jahre 1994 wegen psychovegetativer Erschöpfung und Wirbelsäulenbeschwerden angetretenen Heilverfahren in der T.klinik Bad S. wurde sie als arbeitsfähig entlassen, jedoch mit dem Hinweis, dass wegen der Beschwerden im Wirbelsäulen- und Schulter-Arm-Bereich links längerfristig mit einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit in dem bisher ausgeübten Beruf zu rechnen sei und daher bereits eingeleitete Umschulungsmaßnahmen unterstützt würden. Dringend indiziert sei die Fortsetzung der ambulanten Psychotherapie. Von Oktober 1995 bis Juli 1997 wurde die Klägerin zur Lehrkraft für Pflegeberufe umgeschult. Die daraufhin aufgenommene Tätigkeit als Altenpflegelehrerin an einer Fachschule für Altenpflege wurde in der Probezeit gekündigt. Seitdem ist die Klägerin arbeitslos.
Ihren am 24.08.1999 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens der Dr. K. (Gutachten vom 10.12.1999, Diagnosen: "neurasthenischer Beschwerdekomplex, Wirbelsäulensyndrom", Leistungsbeurteilung: leichtere körperliche Tätigkeiten als Lehrschwester sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Schichtdienst vollschichtig) mit Bescheid vom 10.01.2000 ab mit der Begründung, dass die Klägerin weiterhin in ihrem bisherigen Berufsbereich vollschichtig tätig sein könne.
Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese Atteste der behandelnden Ärzte vorlegte und auf die Anerkennung einer "Beeinträchtigung der Gehirnfunktion" im Rahmen ihrer Schwerbehinderung durch das Amt für Versorgung und Familienförderung (AVF) Nürnberg (GdB 50) hinwies, wies die Widerspruchsstelle der Beklagten nach Einholung eines psychotherapeutischen Befundberichtes und einer Stellungnahme ihres prüfärztlichen Dienstes mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2000 zurück.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) zog dieses die Schwerbehindertenakten des AVF Nürnberg, die Akte des Arbeitsamtes Nürnberg, ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen in Bayern vom 07.02.2001 ("Dysthymie, somatoforme Schmerzstörung"; die Arbeitsunfähigkeit sei in Kürze beendet, es liege ein permanentes Rentenbegehren vor) sowie die Befundberichte und ärztlichen Unterlagen der behandelnden Ärzte bei. Es erhob Beweis über den Gesundheitszustand und die Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem und internistisch-sozialmedizinischem Gebiet. Der Nervenarzt Dr. W. diagnostizierte bei der Klägerin in seinem Gutachten vom 25.09.2001 eine neurasthenisch-depressive Versagensreaktion mit Somatisierungen ohne ausreichenden Anhalt für eine hirnorganische Leistungsstörung. Er hielt die Klägerin wegen der körperlich untrainierten asthenischen Verfassung mit rasch eintretenden Somatisierungen (Rückenschmerzen) sowie wegen der neurasthenisch-depressiven Psyche für nicht mehr in der Lage, als Krankenschwester zu arbeiten, sah aber andere qualifizierte Tätigkeiten wie z.B. die einer Pflegelehrkraft als weiterhin möglich an. Unterbleiben sollten lediglich überdurchschnittliche Lärmbelastung, überdurchschnittlicher Termindruck und Schichtarbeit.
Der Internist und Sozialmediziner Dr. G. erhob im Gutachten vom 09.10.2001 folgende Gesundheitsstörungen: 1. Konstitutionsbedingte Kreislaufdysregulation. 2. Hypercholesterinämie. 3. Geringgradige Hepatopathie. 4. Neurasthenisch-depressive Versagensreaktion mit Somatisierung (laut Gutachten Dr. W.). 5. Sehr geringgradiges Wirbelsäulensyndrom.
Der Sachverständige bezeichnete die Ausführungen des Dr. W. im vorangegangenen Gutachten aufgrund seines Eindrucks der Klägerin als schlüssig; er vertrat ebenfalls die Auffassung, dass sie in der früher ausgeübten Tätigkeit als Krankenschwester nicht mehr vollschichtig einsetzbar sei, wohl aber zu den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes eine vollschichtige Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung ohne übermäßige nervliche Belastungen und besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems verrichten könne, eine abweichende sozialmedizinische Beurteilung gegenüber der Begutachtung im Rentenverfahren ergebe sich nicht.
Das SG wies die auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit gerichtete Klage mit Urteil vom 10.01. 2002 ab und führte zur Begründung aus, nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne von §§ 43, 44 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2000 noch erwerbsgemindert nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung sei. Es stützte sich auf die Aussagen in den Gutachten des Dr. W. und des Dr. G. , wonach die Klägerin trotz der bestehenden psychischen Störungen weiterhin leichteren körperlichen Arbeiten entsprechend ihrem Ausbildungsstand vollschichtig nachgehen könne, wenn übermäßige nervliche Belastungen und besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems vermeidbar seien. Bei der Untersuchung durch Dr. G. sei vor allem eine Kreislaufdysregulation aufgefallen, der aber ein gravierender Krankheitswert nicht zuzuordnen sei, vielmehr sei davon auszugehen, dass entsprechende Trainingsmaßnahmen zu einer deutlichen Besserung führen würden. Seitens des Bewegungsapparates hätten sich nennenswerte Beeinträchtigungen über altersgemäße Befunde hinaus nicht finden lassen, offensichtlich sei keinerlei orthopädische Behandlung notwendig. Auf nervenärztlichem Gebiet bestehe eine depressiv-neurasthenische Entwicklung, hirnorganische Gründe für die von der Klägerin geklagte Leistungsunfähigkeit hätten sich nicht bestätigt. Sie seien letztlich auch von der psychiatrischen Fachklinik in A. in einem Befund vom 04.07.2000 lediglich differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen worden. Trotz der psychischen Störungen sei eine vollschichtige Belastbarkeit entsprechend dem Ausbildungsstand ohne Überforderung oder Gefährdung der Gesundheit der Klägerin möglich. Eventuell bestehende Unterlegenheitsgefühle oder Kränkungssituationen könnten durch eine Erwerbstätigkeit nur profitieren. Auch wenn sie damit als Krankenschwester nicht mehr einsetzbar sei und den Berufsschutz einer Fachangestellten genieße, komme eine Rentengewährung nicht in Betracht, da sie zumutbar auf den Umschulungsberuf einer Lehrkraft für Pflegeberufe verweisbar sei, der ihr auch gesundheitlich zumutbar sei. Die Tatsache, dass ihr in dieser Tätigkeit während der Probezeit gekündigt worden sei, sei rechtlich unerheblich.
Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil und trägt im Wesentlichen vor, sie halte sich für kontinuierliche Tätigkeiten nicht mehr belastbar; dass sie den täglichen Anforderungen in der Praxis nicht gewachsen sei, habe auch die Kündigung ihrer Tätigkeit als Pflegelehrkraft während der Probezeit gezeigt.
Auf ihren Antrag erstellte die Medizinaloberrätin Dr. G. , Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen am Gesundheitsamt N. , gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein fachärztliches Gutachten vom 03.11.2003. Sie diagnostizierte eine depressive Entwicklung mit Somatisierungstendenz sowie ein geringgradiges Wirbelsäulensyndrom und vertrat die Auffassung, die Klägerin könne leichte Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen über acht Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen (keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Beschäftigung an gefährdenden Maschinen, keine Akkord- oder Schichtarbeit, kein Kälte-, Nässe- oder Staubeinfluss, keine besonderen Anforderungen an die psychische Stabilität) ausüben. Die Tätigkeit als Krankenschwester sei wegen der instabilen Psyche sowie der Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule nicht mehr zumutbar, wohl aber eine Tätigkeit als Pflegelehrkraft, da es hier um erwachsene Schüler ohne Disziplinierungsschwierigkeiten gehe. Ausdrücklich stimmte die Gutachterin den Aussagen in den Gutachten des Dr. G. und des Dr. W. im Wesentlichen zu. Die Hinzuziehung eines Arztes für Psychiatrie, die sie im Hinblick auf die im Vordergrund stehenden Beschwerden zunächst in Erwägung gezogen hatte, hielt sie nach der Untersuchung der Klägerin nicht mehr für erforderlich; es sei nicht davon auszugehen, dass eine weitere Begutachtung auf nervenärztlichem Gebiet eine abweichende Beurteilung ergeben würde.
Die Klägerin nahm unter Hinweis auf ihre frühkindliche Entwicklung, ihr verschleißendes Arbeitsleben im Bereich der Medizin und sonstige Erlebnisse (so die für sie nicht geklärten Todesursachen beider Eltern) zu dem Gutachten dahingehend Stellung, dass sie sich nicht arbeitsfähig fühle.
Sie beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils vom 10.01.2002 sowie des Bescheides vom 10.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2000 zu verpflichten, ihr ab 01.09.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen teilweiser oder ganzer Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogene Rentenakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.
Zutreffend hat das Erstgericht die Klage abgewiesen. Die dargelegten Gründe sind auch für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Nach Überprüfung des bisherigen Verfahrensverlaufs und der erneuten Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz gelangt er zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen der vom SG im Einzelnen aufgeführten Vorschriften der §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung sowie des § 43 Abs.1 und 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung auch weiterhin nicht erfüllt sind, ebenso nicht die Voraussetzungen des § 240 Abs.1 und 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung, wonach Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben, wenn sie vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind; dabei ist der Begriff der Berufsunfähigkeit identisch mit dem in § 43 Abs.2 SGB VI a.F.
Die vom Erstgericht beauftragten Gutachter Dr. W. und Dr. G. haben insoweit ausführlich und schlüssig dargelegt, dass die Klägerin in ihrer Erwerbsfähigkeit zwar eingeschränkt und deswegen in ihrem erlernten Beruf einer Krankenschwester nicht mehr einsetzbar ist, wohl aber in sonstigen die Wirbelsäule und die Psyche nicht übermäßig belastenden Tätigkeiten leichterer Art. Dabei fand Dr. W. , der sich ausführlich mit der Vorgeschichte und den vorhandenen Unterlagen der behandelnden Ärzte auseinander setzte, nach klinischer Untersuchung der Klägerin und Durchführung von Zusatzuntersuchungen (EEG, AEP, Farbduplex der Carotiden und Vertebralarterien, MWTB-Test, KAI-Test, TSD-Test) keine Zeichen einer Persönlichkeitsveränderung im Sinne eines cerebralen Abbauprozesses mit beginnender Demenz. Er führte aus, der insoweit beigebrachte MRT-Hirnbefund vom 20.01.2000 enthalte eine relativ stereotype Beschreibung eines physiologischen Prozesses, der nicht durch die entsprechenden psychometrischen Tests gestützt werden könne; nur eindeutige pathologische Leistungstests könnten aber den beschriebenen Befund bekräftigen. Dass die Originalbilder - wie von der Klägerin vorgebracht - offensichtlich nicht mehr auffindbar sind, erscheint im Übrigen angesichts des vorhandenen Arztberichtes vom gleichen Tage, in dem die erhobenen Werte beschrieben sind, von untergeordneter Bedeutung.
Beide Gutachter haben den Umschulungsberuf einer Pflegelehrkraft für die Klägerin als weiterhin zumutbar erachtet. Für den Senat ist in diesem Zusammenhang wesentlich, dass der erfahrene Internist und Sozialmediziner Dr. G. die Ausführungen seines nervenärztlichen Kollegen Dr. W. ausdrücklich als schlüssig bezeichnet hat.
Die sozialmedizinische Beurteilung der Sachverständigen des Erstgerichts wird durch die im Berufungsverfahren gemäß § 109 SGG als Gutachterin des Vertrauens der Klägerin gehörte Dr. G. bestätigt. Diese kam aufgrund der von ihr diagnostizierten depressiven Entwicklung mit Somatisierungstendenz nebst geringgradigem Wirbelsäulensyndrom zu dem Ergebnis eines noch vollschichtigen Leistungsvermögens für leichtere Arbeiten im Stehen, Gehen oder Sitzen mit gewissen qualitativen Einschränkungen (keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an gefährdenden Maschinen, keine Akkord- und Schichtarbeit; kein Einfluss von Kälte, Nässe und Staub). Nicht mehr zumutbar sind Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an die psychische Stabilität stellen. Letzteres wurde von der Sachverständigen für den Senat nachvollziehbar dahingehend erläutert, dass solche Anforderungen jedenfalls dann nicht gefordert seien, wenn es sich um eine Lehrtätigkeit mit erwachsenen Schülern handelt, bei denen Disziplinierungsprobleme nicht zu erwarten seien.
Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an, da auch nach seiner Auffassung bei der lehrbuchmäßigen Vermittlung von Alten- und Krankenpflege besondere Anforderungen an die nervli- che Belastbarkeit regelmäßig nicht gestellt werden. Er verkennt nicht, dass die Klägerin unter erheblichem Leidensdruck steht und sich in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt fühlt. Es scheint so, als sei sie durch problembehaftetes Denken ausgefüllt; dies erfordert sicher eine begleitende/stützende Therapie. Dennoch ist zu sehen, dass alle bisherigen Gutachter, die mit ihrem Fall befasst waren, die Klägerin für leichtere körperliche Tätigkeiten wie die einer Pflegelehrkraft ausreichend belastbar hielten. Dies ist für den Senat entscheidend. Aus den genannten Gründen sieht er auch keine Notwendigkeit zu weiterer Aufklärung von Amts wegen, z.B. durch ein weiteres nervenärztliches Gutachten. Bei der noch vollschichtigen Einsatzfähigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen ist grundsätzlich unerheblich, ob der Klägerin ein entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann. Das Arbeitsplatzrisiko fällt hier nicht in den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern in den der Arbeitslosenversicherung.
Bei dieser Sachlage konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG waren nicht ersichtlich.
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