S 47 AS 135/06

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
47
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 47 AS 135/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 47/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Unterkunftskosten sind dauerhaft nur in einem angemessenen Umfang vom Leistungsträger zu übernehmen - dies gilt auch für die Kosten eines selbst genutzten Eigenheims.
2. Maßstab für die Bewertung der Angemessenheit ist auch in diesem Fall ein unteres Mietniveau.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der vom Beklagten zu übernehmenden Kosten der Unterkunft.

Die Kläger, geboren 1947 bzw. 1948, stellten, nachdem zumindest der Kläger zu 1. zuvor im Leistungsbezug der Bundesagentur für Arbeit gestanden hatte, im August 2004 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) (vgl. Leistungsakte - im Folgenden: LA - Bl. 1ff.). Bezüglich der Unterkunft und Heizung gaben die Kläger an, Eigentümer eines ca. 1971 erbauten Hauses mit vier Zimmern und ca. 100 qm Wohnfläche zu sein, wobei Schuldzinsen in Höhe von 1.064,24 Euro, Heizkosten in Höhe von 135 Euro und sonstige Nebenkosten in Höhe von 27.54 Euro monatlich anfielen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 8 LA Bezug genommen.

Die Agentur für Arbeit H. bewilligte auf dieser Grundlage mit Bescheid vom 28.12.2004 (LA Bl. 19ff.) die beantragte Leistung für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 in Höhe von 1.421,85 Euro. Dabei ordnete sie den in Bedarfsgemeinschaft lebenden Klägern Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 799,85 Euro zu, da sie davon ausging, der nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Sohn der Kläger, T., wohne ebenfalls im Eigenheim der Kläger.

Der Kläger zu 1. legte daraufhin unter dem 02.01.2005 Widerspruch ein (LA Bl.28).

Mit Schreiben vom 08.02.2005 (LA Bl. 36) machten die Kläger zudem die Übernahme von Kosten für eine Einfamilienhausversicherung in Höhe von 490,60 Euro jährlich geltend.

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 17.02.2005 (LA Bl. 29ff.) als unbegründet zurück.

Mit Schreiben vom gleichen Tage forderte er den Kläger zu 1. zur Vorlage verschiedener Unterlagen hinsichtlich der Unterkunfts- und Heizungskosten auf (LA Bl. 34).

Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger zu 1. mit Schreiben vom 20.02.2005 (LA Bl. 39ff.) Einwendungen, insbesondere wohne T. nicht im Hause der Kläger, sondern in B ... Im Zuge weiterer Gespräche und Schreiben legten die Kläger eine Reihe von Nachweisen hinsichtlich der anfallenden Kosten vor, wobei wegen der Einzelheiten insbesondere auf Bl. 47ff. und 69ff. LA Bezug genommen wird.

Der Beklagte erließ am 25.02.2005 einen Änderungsbescheid, wonach ein Anteil des Sohnes T. an den Unterkunftskosten nicht angerechnet werde (LA Bl. 67), und setzte dies durch Bescheid vom 31.03.2005 (LA Bl. 93ff.) um.

Mit einem weiteren Bescheid vom 31.03.2005 (LA Bl. 106ff.) bewilligte der Beklagte zudem die Fortzahlung von Arbeitslosengeld II bis 30.06.2005 für die Kläger in Höhe von 2.435,27 Euro monatlich, wobei Kosten der Unterkunft in Höhe von 1.460,27 Euro zugrunde gelegt wurden.

Mit Schreiben vom gleichen Tage (LA Bl. 91f.), auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, teilte der Beklagte schließlich mit, dass nach seinen Feststellungen die Unterkunftskosten unangemessen hoch seien. Als angemessene Unterkunftskosten werde eine Kaltmiete (bzw. Zinsabtrag) in Höhe von monatlich 555,00 Euro angesehen. Der Kläger zu 1. wurde aufgefordert, sich um eine Reduzierung der Unterkunftskosten zu bemühen, wobei als Frist für die Vorlage entsprechender Nachweise der 30.06.2005 gesetzt wurde.

Gegen dieses Schreiben legte der Kläger zu 1. unter dem 10.04.2005 (LA Bl. 117) Widerspruch ein und begründete diesen mit einem weiteren Schreiben vom 18.04.2005 (LA Bl. 118) ausführlich.

Am 18.05.2005 stellten die Kläger einen zeitlich und hinsichtlich der möglichen Leistungen umfassenden Weitergewährungsantrag (LA Bl. 174).

Mit Bescheid vom 17.06.2005 (LA Bl. 190) bewilligte der Beklagte ihnen für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dabei war (nur) für den Monat 07/05 ein Betrag von 2.374,21 Euro (einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge) ausgewiesen, wobei in die Berechnung Kosten der Unterkunft in Höhe von 1.399,95 Euro, darunter namentlich Schuldzinsen in Höhe von 1.292,81 Euro, eingegangen waren. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 190ff. Bezug genommen. Unter dem 15.07.2005 folgte ein Änderungsbescheid (LA Bl. 195), mit dem die Leistung für den Monat 08/05 auf 2.087,17 Euro (einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge 2.373,43 Euro) festgestellt wurde; in die Berechnung stellte der Beklagte Schuldzinsen von 1.292,03 Euro ein. Die bisher erfolgte Bewilligung wurde gemäß § 48 SGB X aufgehoben. Durch Bescheid vom 17.08.2005 (LA Bl. 202) folgte Entsprechendes für den Monat 09/05 bei einem Leistungsbetrag von 2.086,38 Euro (einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge 2.372,64 Euro).

Gegen den Bescheid vom 17.06.2005 legte der Kläger zu 1. mit Schreiben vom 27.06.2005 Widerspruch ein, gegen den Bescheid vom 15.07.2005 durch Schreiben vom 12.08.2005 (LA Bl. 208) und gegen den Bescheid vom 17.08.2005 durch Schreiben vom 23.08.2005 (LA Bl. 225), wobei er insbesondere bemängelte, die ihm Parallelverfahren S 47 AS 134/06 streitige Bewerbungskostenpauschale sei vom Beklagten nicht berücksichtigt worden.

Mit Bescheid vom 20.09.2005 teilte der Beklagte schließlich mit, ab dem 01.10.2005 würden nur noch die angemessenen Unterkunftskosten bei der Leistungsberechnung berücksichtigt. Als angemessen sei gemäß den maßgeblichen Bestimmungen für den sozialen Wohnungsbau eine Wohnfläche bis maximal 120 qm ausreichend. Insofern sei die Wohnfläche des Hauses mit 100 qm angemessen. Nach dem zugrunde zu legenden aktuellen Mietspiegel für H. sei bei einer anzuerkennenden Wohnraumgröße von 100 qm und unter Berücksichtigung des Baualters des Gebäudes lediglich ein Nettopreis von 5,55 Euro pro Quadratmeter, somit also insgesamt 555,00 Euro Nettomiete bzw. Zinsen als angemessen anzusehen. Die Zinsen von derzeit 1.291,24 Euro seien damit unangemessen hoch. Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf Bl. 236 LA Bezug genommen.

Am folgenden Tage erließ der Beklagte einen entsprechenden Änderungsbescheid (LA Bl. 238ff.) hinsichtlich der bewilligten Leistungen und legte den zu zahlenden Betrag für 10/05 auf 1.350,14 Euro fest. Die bisherige Bewilligung werde gemäß § 48 SGB X aufgehoben. Die Kosten der Unterkunft wurden nur noch in Höhe von 662,14 Euro in die Bedarfsberechnung eingestellt.

Der Kläger zu 1. erhob unter dem 23.09.2005 und nochmals unter dem 26.09.2005 Widerspruch und beantragte gleichzeitig ein Darlehen in Höhe des durch die Minderleistung nicht mehr gedeckten Bedarfs (LA Bl. 244 und 248).

Den Antrag auf Gewährung eines entsprechenden Darlehens lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28.09.2005 (LA Bl. 254f.) ab.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 16.10.2005 Widerspruch ein (LA Bl. 274ff.).

Mit Schreiben vom 28.10.2005 (LA Bl. 280) teilte der Kläger zu 1. mit, dass ab 01.11.2005 keine Leistungen nach dem SGB II mehr beansprucht würden. Zum gleichen Zeitpunkt trat der Kläger zu 1. nach seinen Angaben ein Arbeitsverhältnis an, das etwa im März 2006 wieder geendet habe. Ein neuer Antrag auf Leistungen nach dem SGB II wurde seither nicht gestellt.

Mit Bescheid vom 05.01.2006 (LA Bl. 319) hob der Beklagte die Hilfebewilligung daher ab 01.11.2006 auf, wiederholte diese Aufhebung mit einem weiteren Bescheid vom 05.01.2006 (LA Bl. 321) und forderte die Erstattung der für November 2006 bereits erbrachten Leistungen. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger mit Schreiben vom 29.01.2006 (LA Bl. 365). Das diesbezügliche Klageverfahren ist – nach Zurückweisung des Widerspruchs durch Widerspruchsbescheid vom 23.08.2006 – unter dem Aktenzeichen S 47 AS 904/06 noch anhängig.

Der Beklagte wies anschließend mit Widerspruchsbescheid vom 06.01.2006 (LA Bl. 351) den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.09.2005, mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2006 (LA Bl. 356) den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.09.2005 und mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2005 (LA Bl. 347) sowie mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2006 (LA Bl. 359) den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.09.2005 als unbegründet zurück.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 09.02.2006, eingegangen bei Gericht am 13.02.2006, hat er Klage gegen die Bescheide vom 20.09.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.01.2006 und vom 21.09.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2006 erhoben. Auf dem ebenfalls mit der Klage mitgereichten Widerspruchsbescheid vom 10.01.2006 findet sich dagegen ein Vermerk, die Angelegenheit werde wegen Arbeitsaufnahme nicht weiterverfolgt. Die Kläger sind weiterhin der Auffassung, dass das von ihnen genutzte Hausgrundstück und die diesbezüglichen Aufwendungen als angemessen anzusehen sei und sie als Eigenheimbesitzer nicht auf die Preise von Mietwohnungen verwiesen werden könnten. Auch hätten sie – anders als Mieter – nicht zuletzt auf Grund der durchgeführten Renovierungen eine besondere Bindung zu ihrem Haus; dieses stelle den Mittelpunkt des persönlichen Lebens dar. Nicht zuletzt durch die Renovierung sei auch die Höhe der derzeit noch zu zahlenden Schuldzinsen zu erklären, die allerdings auch zu einer entsprechenden Wertsteigerung geführt hätten, so dass sie Ausdruck einer marktkonformen Bewertung des Vermögensgegenstandes seien. Dies sei bei der Frage nach der Angemessenheit von Unterkunftskosten bei Wohneigentum zu berücksichtigen. Eine Ungleichbehandlung zu Mietern sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Ein Wohnungswechsel sei nicht ohne weiteres möglich und auch nicht zu verlangen. Das Recht auf Eigentum wäre andernfalls nicht mehr geschützt. Insofern sei die von dem Beklagten zitierte Ansicht, ‚wir ziehen niemals aus diesem Haus aus’, auch nicht negativ zu bewerten. Im Übrigen habe der Beklagte die bereits bindend bewilligten Kosten der Unterkunft nicht während des laufenden Bewilligungszeitraumes reduzieren dürfen.

Die Kläger haben den Antrag gestellt,
den Bescheid vom 20.09.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.01.2006 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Bescheid und weist insbesondere darauf hin, dass die Kläger eine Reduzierung der Unterkunftskosten nicht betrieben hätten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der zum Kläger geführten Leistungsakte des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angegriffene Bescheid ist nach Auffassung der Kammer nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die Leistungsbewilligung hinsichtlich der Kosten der Unterkunft zu Recht teilweise aufgehoben.

I. Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zulässig, nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 17.06.2005 – geändert durch die Bescheide vom 15.07.2006 und 17.08.2005 – Leistungen bereits bis einschließlich Dezember 2005 gewährt hatte. Der Umstand, dass der Beklagte – entsprechend einer nach Kenntnis der Kammer von ihm nahezu durchgehend geübten Praxis – im Bescheid vom 17.06.2005 nur einen Leistungsbetrag für den Monat Juli 2005 ausgewiesen hat, ändert daran nichts: Die damit verbundene Unklarheit – Leistungsbewilligung für sechs Monate, ausdrückliche Festsetzung einer Leistungshöhe nur für den ersten Monat – wirkt sich nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund der der Beklagten obliegenden Verantwortlichkeit für die hinreichende Bestimmtheit der Bescheide, § 33 SGB X, wirkt zu Gunsten der Kläger: Diese können sich darauf berufen, der für Juli 2005 genannte Betrag gelte mangels eindeutiger anderweitiger Formulierung auch für die weiteren Monate des Bewilligungszeitraumes. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.09.2005 hat der Beklagte daher während des laufenden Bewilligungszeitraums die von ihm zuvor festgesetzten Aufwendungen für die Unterkunft auf die angemessenen Kosten reduziert. Die Kläger könnten ihr Ziel, nämlich vom Beklagten die Unterkunftskosten weiter in tatsächlicher Höhe erstattet zu bekommen, damit bereits erreichen, wenn der Bescheid vom 20.09.2005 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.01.2006) aufgehoben würde und damit die vorhergehende Leistungsbewilligung wieder wirksam würde. Die Kläger haben ihren Klageantrag daher zutreffend auf einen reinen Anfechtungsantrag beschränkt.

Der Klageantrag ist dabei bei einer an den Interessen der Kläger orientierten Auslegung auch auf den Bescheid vom 21.09.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2006 zu erstrecken, auch wenn dies anders als im Rahmen des schriftlich bei Klageerhebung formulierten Antrags im Wortlaut des in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags nicht zum Ausdruck kommt. Das Klageziel ist erkennbar die Weiterzahlung der bisher geleisteten Unterkunftskosten. Der Umstand, dass der Beklagte am 20.09.2005 erst einen – im Grunde überflüssigen, der Sache nach nur feststellenden – Bescheid über die Höhe der angemessenen Unterkunftskosten erteilt hat und erst mit einem weiteren Bescheid einen Tag später die leistungsrelevanten Konsequenzen daraus gezogen hat, führt nicht dazu, dass – bei einer erkennbar versehentliche Nichterwähnung eines der beiden Bescheide im Rahmen der mündlichen Antragstellung – die Kammer nicht die im Grunde einheitliche Entscheidung auch insgesamt prüfen könnte und müsste.

Dagegen ist der eine Darlehensgewährung betreffende Bescheid vom 28.09.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2006 nicht Gegenstand des Verfahrens: Er wurde weder bei der schriftlichen noch bei der Antragstellung im Rahmen der mündlichen Verhandlung erwähnt, der Vermerk auf dem Widerspruchsbescheid, die Angelegenheit werde nicht weiterverfolgt, macht auch deutlich, dass dies nicht auf Grund eines – im Wege der Auslegung möglicherweise zu korrigierenden – Versehens geschehen ist.

Die Klage ist mit diesem Inhalt statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht sowie nach Durchführung des notwendigen Vorverfahrens beim zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 8, 51 Abs. 1 Nr. 4, 78 Abs. 1 S. 1, 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 90 SGG).

Das Vorverfahren hat auch hinsichtlich der Klägerin zu 2. als durchgeführt zu gelten, obwohl der Widerspruch (nur) durch den Kläger zu 1. erhoben und der Widerspruchsbescheid nur an den Kläger zu 2. adressiert worden ist. Das gesamte Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren ist – aktiv – primär durch den Kläger zu 1. geführt worden, ohne dass einer der beiden Beteiligen zu irgendeinem Zeitpunkt Zweifel daran geäußert hätte, dass, soweit die der Klägerin zu 2. letztlich individuell zustehenden Ansprüche (mit )betroffen sind, der Kläger zu 1. diese nicht vollumfänglich zu vertreten befugt wäre (vgl. dazu auch § 38 SGB II, § 13 Abs. 1 SGB X, wobei die Vollmacht auch konkludent erteilt werden kann, und für das gerichtliche Verfahren § 73 SGG, wobei bei Ehegatten nach § 73 Abs. 2 S. 2 SGG die Vollmacht vermutet werden kann) und dass Schreiben der Beteiligten nicht jeweils auch auf diese Ansprüche zu beziehen wären.

Die Klage ist schließlich auch fristgemäß erhoben. Beide Widerspruchsbescheide, auch der vom 06.01.2006, sind, wie sich aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Einlieferungszetteln ergibt, erst am 11.01.2006 als Einschreiben zur Post gegeben worden. Nach § 4 Abs. 2 S. 2 Bundesverwaltungszustellungsgesetz, das hier über § 85 Abs. 3 SGG anzuwenden ist, gilt der Bescheid damit – zu Gunsten der Betroffenen unwiderleglich – erst drei Tage nach seiner Aufgabe zur Post als zugestellt. Die am 13.02.2006 eingegangene Klage ist daher ohne Rücksicht auf das tatsächliche Zugangsdatum fristgerecht erhoben.

II. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

1. Der Beklagte hat den – im Grunde allein maßgeblichen – Bescheid vom 21.09.2006 zutreffend auf § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X gestützt. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

Dabei war – was zur Anwendung von § 45 SGB X hätte führen müssen – der ursprüngliche Bewilligungsbescheid nicht etwa von Anfang an rechtswidrig, weil der Beklagte sich bei der Bewilligung durch den Bescheid vom 17.06.2005 zunächst für den gesamten Bewilligungszeitraum an den tatsächlichen Kosten der Unterkunft orientiert hat und nicht von vornherein für den hier streitigen Zeitraum nur die angemessenen Kosten der Unterkunft angesetzt hat. Der Leistungsträger ist auch bei absehbaren Veränderungen der Verhältnisse während eines Bewilligungszeitraumes nicht verpflichtet (möglicherweise nicht einmal berechtigt), dies von vornherein bei der Bewilligung zu berücksichtigen, sondern darf (und möglicherweise: muss) sich an den Verhältnissen, die bei Bescheiderteilung herrschen, orientieren und – wenn die Veränderung dann tatsächlich eintritt – den Bescheid über § 48 SGB X korrigieren (vgl. dazu BSG, Urtl. v. 16.09.1998, Az.: B 11 AL 27/98 R m.w.Nw. und Steinwedel, in: Kasseler Kommentar, § 48 SGB X, Rn. 12).

Die Teilaufhebung hinsichtlich der Höhe war, wie bereits ausgeführt, auch notwendig, da zu Gunsten der Kläger der ursprüngliche Bewilligungsbescheid so ausgelegt werden muss, als sei für den gesamten Bewilligungszeitraum der – dem Wortlaut nach nur Juli 2005 angesetzte – Leistungsbetrag maßgeblich.

2. Der bzw. die Bescheid sind zudem formell rechtmäßig.

Eine möglicherweise zunächst fehlende Anhörung (§ 24 SGB X) ist jedenfalls durch die Möglichkeit, sich im Widerspruchsverfahren zu äußern, geheilt (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X), nachdem die angefochtenen Bescheide alle aus Sicht des Beklagten notwendigen Informationen zu den tatsächlichen Grundlagen der Aufhebung enthielten.

Die Bescheide, jedenfalls der hinsichtlich der leistungsrechtlichen Folgen maßgebliche Teilaufhebungsbescheid vom 21.09.2006, sind auch hinreichend bestimmt. Dies gilt sowohl in der Hinsicht, dass dort vom Beklagten eindeutig zum Ausdruck gebracht wird, dass die ursprünglich höhere Hilfebewilligung teilweise aufgehoben wird, der Beklagte also zutreffend erkannt hat, dass er nicht "einfach" die Leistung in geminderte Höhe bewilligen konnte, sondern dazu die vorherige Leistungsbewilligung teilweise beseitigen musste. Dies gilt zum anderen in der Hinsicht, als im Bescheid vom 21.09.2006 hinreichend eindeutig zum Ausdruck kommt, dass auch die der Klägerin zu 2. bewilligten Ansprüche durch die neue Entscheidung des Beklagten betroffen sein sollten.

Die Kammer geht weiter davon aus, dass der Bescheid – wie von § 37 Abs. 1 S. 1 SGB X verlangt – auch der Klägerin zu 2. wirksam bekanntgegeben worden ist. Die Bekanntgabe kann nämlich auch einem Bevollmächtigten gegenüber erfolgen, § 37 Abs. 1 S. 2 SGB X. Nach Auffassung der Kammer ist es dabei unschädlich, dass der Bescheid (wie auch der Widerspruchsbescheid) im Adressfeld nur an den Kläger zu 1. adressiert ist, weil im Bescheid selbst hinreichend klar zum Ausdruck kommt, dass auch die Ansprüche der Klägerin zu 2. betroffen sein sollen. Nachdem weder im Widerspruchsverfahren noch im Klageverfahren, in dem die Kläger rechtskundig vertreten waren, je beanstandet worden ist, dass eine Bekanntgabe an die Klägerin zu 2. nicht (wirksam) erfolgt sei, vielmehr Klage auch im Namen der Klägerin zu 2. erhoben worden ist, ist nach Auffassung der Kammer davon auszugehen, dass der Bescheid von den Klägern als (auch) an die Klägerin zu 2. adressiert und (auch) diese betreffend (zutreffend) verstanden worden ist, insofern also ein formeller Fehler nicht vorliegt.

3. Der Bescheid ist schließlich auch materiell nicht zu beanstanden.

a) Der Ablauf der sechsmonatigen "Regelfrist" für die Übernahme der tatsächlichen Kosten nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II a.E. stellt nach Auffassung der Kammer eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar.

Diese kann auch darin liegen, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse über einen gewissen Zeitraum gerade nicht geändert, wenn sich dadurch eine Veränderung der rechtlichen Beurteilung ergibt (vgl. BSG v. 11.10.1994, Az.: 9 RVs 1/93 zur so genannten Heilungsbewährung und für weitere Sachverhaltskonstellationen nochmals Steinwedel, a.a.O., Rn. 20).

Der Umstand, dass die Kläger bereits seit 01.01.2005 die tatsächlichen Kosten der Unterkunft enthaltende Leistungen erhielten, führt dabei nicht dazu, dass die Bewilligung ab dem 01.07.2005 bereits von Anfang an rechtswidrig gewesen wäre. Vor dem Hintergrund, dass die Kläger erstmals mit Schreiben vom 31.03.2005 schriftlich auf die Obliegenheit zur Senkung der Unterkunftskosten hingewiesen worden sind, durfte der Beklagte sich zunächst noch an die tatsächlichen Kosten halten, wenn er dies nicht sogar musste.

b) Der Bescheid ist rechtswidrig geworden. Die Kläger haben keinen Anspruch (mehr), dass der Beklagte im Rahmen von § 22 Abs. 1 SGB II weiter die bisher bewilligten Kosten für die Unterkunft übernimmt. Nach § 22 Abs. 1 SGB II in seiner hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

aa) Die vom Beklagten bis 30.09.2005 übernommenen tatsächlichen Kosten können nach Auffassung der Kammer nicht als angemessen angesehen werden; der vom Beklagten für die Bemessung der angemessenen Kosten zugrunde gelegte Betrag von 555,- Euro für die übernommenen Zinslasten als Äquivalent zur Nettomiete ist vielmehr nicht zu beanstanden, jedenfalls nicht zu niedrig bemessen.

(1.) Dabei ist die Kammer im Ausgangspunkt der Auffassung, dass die Maßstäbe für die Bewertung der Angemessenheit für bei Mietern und Eigentümern nicht grundsätzlich unterschiedlich sein können (vgl. so auch den Beschl. des Hess. LSG vom 31.10.2006, Az.: L 9 AS 189/06 ER und zwischenzeitlich auch den Beschluss des Hess. LSG vom 10.11.2006, Az.: L 9 AS 222/06 ER). Alleiniger Anknüpfungspunkt für die Angemessenheit ist der für die Unterkunft aufzubringende Geldbetrag. Dabei kommt es nach Wortlaut und Systematik des § 22 SGB II nicht darauf an, ob der Hilfeempfänger Aufwendungen für eine gemietete Wohnung oder für eine selbst genutzte Eigentumswohnung bzw. ein selbst genutztes Eigenheim hat. Ist aber der rechtliche Anknüpfungspunkt bei Leistungen für die Unterkunft allein die Höhe der Aufwendungen, ist eine Differenzierung der zu bewilligenden Leistungen danach, ob dem Hilfeempfänger Mietaufwendungen oder Aufwendungen im Zusammenhang mit einer selbst genutzten eigenen Immobilie entstehen, grundsätzlich nicht zulässig. Namentlich hat der Vermögensschutz für die selbstgenutzte Immobilie aus § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II keine zwingenden Rückwirkungen auf die Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunftskosten: Weder wird der Schutzzweck des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II dadurch unterlaufen, da – etwa im Falle eines vollständig oder weitgehend abgezahlten Eigenheims – keineswegs zwingend oder auch nur typischerweise davon ausgegangen werden müsste, dass die Aufwendungen für ein Eigenheim höher wären als für eine Mietwohnung. Noch ist von den Klägern thematisierte Frage, ob die Aufwendungen für die Unterkunft wertangemessen sind oder nicht, für die Entscheidung relevant, da der Schutz der Eigentumswohnung in § 12 SGB II gerade auch nur zum Zweck hat, den Lebensmittelpunkt der Betroffenen, nicht aber das Vermögensobjekt als solches zu schützen (vgl. Hess. LSG, Beschl. vom 20.09.2006, Az.: L 9 AS 158/06 ER). Die Bewilligung unterschiedlich hoher Leistungen kann danach nur unter Berücksichtigung des Einzelfalles in Betracht kommen, wobei aber eine Differenzierung allein nach der Art der Aufwendungen für die Unterkunft ausscheidet. Letztlich müssen aus Gründen der Gleichbehandlung sowohl Eigentümer als auch Mieter bei der Berechnung der von der Antragsgegnerin zu leistenden Unterkunftskosten bzw. Heizkosten im Wesentlichen nach den gleichen Grundsätzen behandelt werden.

Daher kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, ob das Eigenheim überhaupt dem Verwertungsschutz des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II unterliegt. Zweifel daran ergeben sich schon wegen der tatsächlichen Wohnfläche des Eigenheimes, die nach den Angaben der Kläger ca. 100 Quadratmeter beträgt. Das Bundessozialgericht ist in seinem Urteil vom 07.11.2006 (Az.: B 7b AS 2/05 R; bisher liegt, soweit ersichtlich, nur eine Pressemitteilung vor) offenbar zu dem Ergebnis gelangt, dass im Rahmen des Vermögensschutzes davon auszugehen sei, dass eine Wohnung nicht unangemessen groß ist, wenn die Wohnfläche bei einem Haushalt von vier Personen 120 qm nicht überschreitet. Bei einer geringeren Familiengröße seien typisierend für jede Person Abschläge von 20 qm vorzunehmen; wobei im Regelfall von einer Mindestzahl von zwei Personen auszugehen sei, sodass auch bei Einzelpersonen eine Größe von 80 qm als angemessen anzusehen sei. Nachdem der Vortrag des Klägers zu 1. im Rahmen der mündlichen Verhandlung, es sei u.U. damit zu rechnen, dass in Zukunft (wieder) mehr Personen in dem Haus wohnten, gänzlich unkonkret geblieben ist, spricht viel dafür, dass auch unter dem Gesichtspunkt des § 12 SGB II nicht von einer angemessenen Wohnfläche ausgegangen werden kann. Das kann jedoch offen bleiben, denn jedenfalls gewährt die Vorschrift dem Hilfesuchenden keinen Anspruch auf Leistungen zur Erhaltung des Vermögensgegenstandes. Der Anspruch auf Gewährung der Kosten der Unterkunft folgt ausschließlich aus § 22 SGB II und orientiert sich – jedenfalls außerhalb der Übergangsregelung des § 22 Abs. 1 Satz SGB II – an den angemessenen Kosten. Das bedeutet, dass die tatsächlichen Kosten grundsätzlich nur dann übernommen werden müssen, wenn und soweit sie angemessen sind. Unangemessen hohe Unterkunftskosten, auch wenn sie zur Erhaltung des Wohnungseigentums dienen, sind hingegen von dem Leistungsträger nicht auf Dauer zu finanzieren, wenn die Kosten in zumutbarer Weise gesenkt werden können, sei es durch (Teil)Vermietung oder auch Verkauf (Hess. LSG v., Beschl. v. 31.10.2006, Az.: L 9 AS 189/06 ER, und inzw. Beschl. v. 10.11.2006, Az: L 9 AS 222/06 ER). Der Gefahr, dass ein Eigentümer bei einer nur vorübergehend bestehenden Notlage gezwungen ist, sofort sein Eigentum zu verwerten, wird dadurch begegnet, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II eine Übergangszeit anordnet, während derer die tatsächlichen Unterkunftskosten übernommen werden müssen, auch wenn diese eigentlich unangemessen sind.

(2.) (Auch) Im Falle der Kläger ist daher grundsätzlich von den üblichen Kriterien bei der Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunftskosten auszugehen. Dabei ist – im Hinblick auf die Aufgabe der Hilfe zum Lebensunterhalt, nur den notwendigen Bedarf sicherzustellen – nicht auf den jeweiligen örtlichen Durchschnitt aller gezahlten Mietpreise, sondern auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage eine Mietpreisspanne zu ermitteln (BVerwG, Urteil vom 17.11.1994, Az.: 5 C 11.93, BVerwGE 97,110). Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist als Produkt aus der für den Leistungsempfänger angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro m² zu ermitteln ("Produkttheorie", vgl. für viele Hess. LSG, a.a.O., m.w.Nw.). Dabei muss gewährleistet sein, dass nach der Struktur des örtlichen Wohnungsbestandes die Hilfeempfänger tatsächlich die Möglichkeit haben, mit den als angemessen bestimmten Beträgen eine bedarfsgerechte und menschenwürdige Unterkunft anmieten zu können.

In diesem Rahmen ist nach Auffassung der Kammer ein Mietspiegel grundsätzlich ein gut geeignetes Instrument, um die angemessenen Unterkunftskosten festzustellen.

Die vom Beklagten errechneten 555 Euro sind vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat den Klägern dabei eine Wohnfläche von 100 Quadratmetern zugestanden. Dies ist jedenfalls nicht zu knapp bemessen, geht jedenfalls deutlich über die bei Mietwohnungen auf der Grundlage der Richtlinien zum Sozialen Wohnungsbau (st. Rspr. der Kammer und auch des Hess. LSG, der Sache nach gebilligt durch das Urtl. des BSG v. 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R, auch insoweit liegt nur eine Pressemitteilung vor) für einen Zwei-Personen-Haushalt für angemessen erachteten 60 Quadratmeter und auch über die im Rahmen des Vermögensschutzes vom BSG (s.o.) herangezogenen 80 Quadratmeter hinaus.

Der bis 31.12.2005 und damit für den hier streitigen Zeitraum gültige Mietspiegel (u.a.) für H. vom 01.03.2004 weist in der Baualtersklasse 1981-1990 in der zu Gunsten der Kläger angenommenen (tatsächlichen und angemessenen) Größenklasse von 85-105 Quadratmeter einen Quadratmeterpreis von 5,55 Euro auf. Diesen durfte der Beklagte auch verwenden: Das von den Klägern bewohnte Haus mag auf Grund der von ihnen durchgeführten Renovierung nach Ziff. 5 des Mietspiegels tatsächlich in die Baualtersklasse 1991 bis 2002 einzuordnen sein. Auch insoweit können die Kläger aber wieder nur die Erstattung der im Rahmen des § 22 SGB II als angemessen zu erachtenden Kosten verlangen. Der Leistungsträger darf die zu erstattenden Kosten daher auf die Kosten für eine im Hinblick auf das Jahr der Bezugsfertigkeit und/oder der Ausstattung in einer unteren Kategorie anzusiedelnde Wohnung begrenzen (vgl. BVerwG, Urtl. v. 27.11.1986, Az.: 5 C 2/85). Danach ist der Beklagte berechtigt, bei den angemessenen Kosten von den Quadratmeterpreisen für Gebäude aus der Altersklasse von 1981 bis 1990 auszugehen.

(3.) Auch sonstige Gründe, die von den Klägern aufgebrachten Schuldzinsen und damit der Kosten der Unterkunft im Einzelfall als angemessen anzusehen, sind im Ergebnis nicht ersichtlich.

Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass – wegen der späten Aufforderung zur Unterkunftssenkung zu Recht – der Beklagte für neun Monate und damit länger als die sechsmonatige Regelfrist die tatsächlichen Kosten der Unterkunft übernommen hat.

Auch war und ist nicht ersichtlich, dass die Kosten nur (noch) für einen kurzen Zeitraum zu übernehmen gewesen wären, was zu einer Unangemessenheit der Zahlungsreduzierung hätte führen können. Die Kläger haben zwar Leistungen nur noch für den Oktober 2005 bezogen. Dies war aber zum einen bei Erlass des hier streitigen Bescheides noch nicht absehbar, noch haben die Kläger dem Beklagten mitgeteilt, worauf die Abmeldung aus dem Leistungsbezug konkret beruhte und ob der Beklagte daher damit rechnen konnte und durfte, dass die Kläger dauerhaft aus dem Leistungsbezug ausscheiden. Inzwischen hat der Kläger zu 1. die Beschäftigungsstelle wieder verloren und rechnet nach seinen eigenen Angaben damit, über kurz oder lang wieder einen Leistungsantrag stellen zu müssen. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob die nach Bescheiderteilung aufgenommene Beschäftigung die Beurteilung der Angemessenheit noch beeinflussen könnte.

Schließlich kann nicht übersehen werden, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die Schuldzinsen mehr als doppelt so hoch waren wie regelmäßig angemessenen Kosten, was den Beklagten nach Auffassung der Kammer berechtigt, nur in ganz besonderen Konstellationen über die Regelfrist hinausgehen zu müssen, unter Umständen diese sogar unterschreiten zu dürfen.

(4.) Die Berechnung der als angemessen anzusehenden und damit übernahmefähigen Zinsen mit 555,- Euro ist daher nicht zu beanstanden.

bb) Der Beklagte war auch nicht gehalten, trotz ihrer Unangemessenheit die tatsächlichen Kosten zu übernehmen, wie das namentlich der Fall ist, wenn dem Leistungsempfänger im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung konkret nicht verfügbar und zugänglich war (BVerwG, Urteil v. 28.04.2005, Az.: 5 C 15/04; Berlit, in: LPK-SGB II, 1. Aufl. 2005, § 22 Rn. 31).

(1.) Die Regelfrist des § 22 Abs. 1 S. 2. SGB II war abgelaufen, nachdem die Kläger seit dem 01.01.2005 Leistungen von dem Beklagten unter Einschluss der tatsächlichen Unterkunftskosten erhielten.

(2.) Bemühungen zur Kostensenkung durch die Kläger sind konkret nicht erkennbar. Vielmehr hat sich der Beklagte darauf berufen, der Kläger zu 1. habe im Rahmen eines Gesprächs am 06.05.2005 unmissverständlich klargemacht, nicht aus der Wohnung auszuziehen. Dem sind die Kläger im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.07.2006 nur hinsichtlich der rechtlichen Wertung, nicht aber in der Sache entgegengetreten. Dies deckt sich schließlich mit dem Eindruck der Kammer in der mündlichen Verhandlung, dass jedenfalls der Kläger zu 1., weil fest davon überzeugt, dass sein Rechtsstandpunkt zutrifft, nicht bereit ist, sich um eine Kostensenkung konkret zu bemühen.

Überschreiten aber – wie hier – die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, ist es Sache des bzw. der Hilfeempfänger(s), im Einzelnen darzulegen, dass er bzw. sie sich ernsthaft und intensiv um eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung bemüht hat/haben und es ihm/ihnen trotz seiner/ihrer Bemühungen nicht möglich gewesen ist, eine solche Wohnung zu finden. Nur wenn der Hilfeempfänger ausreichende erfolglose Bemühungen dargelegt – insofern trägt er auch die materielle Beweislast –, sind die Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Das ist hier nicht geschehen.

(3.) Der Beklagte ist nach Auffassung der Kammer auch nicht auf Grund einer unzureichenden Aufforderung zur Kostensenkung verpflichtet, die tatsächlichen Aufwendungen weiterhin zu übernehmen.

Die Notwendigkeit einer – inhaltlich zutreffenden – Aufforderung zur Kostensenkung ergibt sich daraus, dass andernfalls ein Wohnungswechsel oder andere Maßnahmen der Kostensenkung als unzumutbar gelten müssen (vgl. so wohl auch BSG, Urtl. v. 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R).

Hinsichtlich der Höhe der angemessenen Kosten ist das Aufforderungsschreiben vom 31.03.2005 nach Auffassung der Kammer nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass die dort errechneten Beträge deutlich über dem angemessenen Betrag für eine Mietwohnung gelegen hätten, wenn sich die Kläger zu einem Wohnungswechsel entschlossen hätten, führt, da den Betroffenen allenfalls günstig, nicht zur Wirkungslosigkeit der Aufforderung.

Auch der Umstand, dass den Klägern in dem Schreiben eine Frist nur bis zum 30.06.2005 gesetzt worden ist, führt nach Auffassung der Kammer nicht zur Wirkungslosigkeit der Aufforderung, nachdem der Beklagte dann doch (nahezu) eine Frist von nahezu sechs Monaten nach der Aufforderung abgewartet hat. Die Unterschreitung von wenigen Tagen – von der auszugehen ist, wenn man berücksichtigt, dass das Schreiben des Beklagten vom 31.03.2005, ausgehend von einer analogen Anwendung des § 37 Abs. 2 SGB X, erst am 03.04.2005 zugegangen sein dürfte – ist nach Auffassung der Kammer unschädlich, da das Gesetz davon spricht, die höheren Kosten seien regelmäßig "längstens" sechs Monate zu übernehmen.

Es kann nach Auffassung der Kammer auch nicht davon ausgegangen werden, dass die "Warnfunktion" der Aufforderung entfallen wäre, nachdem der Beklagte zunächst nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist weiterhin die tatsächlichen Kosten übernommen hat. Dies allein genügt nach Auffassung der Kammer nicht, um bei den Klägern ein gerechtfertigtes Vertrauen darauf entstehen zu lassen, dass der Beklagte sein Kostensenkungsansinnen gänzlich aufgegeben hätte. Jedenfalls hätten sich die Kläger, wenn sie davon ausgegangen wären, diesbezüglich bei dem Beklagten nochmals rückversichern müssen.

Es kann unter diesen Umständen offen bleiben, ob die Kläger dem Beklagten überhaupt Fehler in dem Aufforderungsschreiben entgegenhalten könnten, nachdem viel dafür spricht, dass sie ohnehin zu einem Auszug unter keinen Umständen bereit gewesen wären.

c) Sonstige Fehler bei der Berechnung der Leistung sind weder erkennbar noch konkret geltend gemacht, so dass nicht ersichtlich ist, dass die Teilaufhebung aus anderen Gründen überhöht sein könnte. Soweit der Kläger in seinen Widersprüchen gegen die Bescheide für Juli, August respektive September 2005 immer wieder das Fehlen einer Bewerbungskostenpauschale gerügt hat, wird auf das Urteil vom gleichen Tage im Verfahren S 47 AS 134/05 Bezug genommen.

d) Da mit dem bzw. den angefochtenen Bescheid(en) die Leistungen nur für die Zukunft, nämlich ab 01.10.2005, reduziert wurden, waren weitere, namentlich subjektive Voraussetzungen für die Teilaufhebung nicht zu beachten.

4. Im Ergebnis erweist bzw. erweisen sich der bzw. die angegriffenen Bescheide damit als rechtmäßig. Die Klage ist daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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