Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 245/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 109/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 51/05 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26. März 2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 26. März 2004 wird wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2002 verurteilt festzustellen, dass vom 1. August 2000 bis 5. Februar 2001 eine Beschäftigung des Klägers vorgelegen hat.
III. Die Beigeladene zu 1) hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Statusfeststellung betreffend den Kläger ab 01.08.2000.
Die Beigeladene zu 1) ist Eigentümerin von bundesweit ca. 320 Getränkemarktfilialen, deren Kernsortiment 300 bis 350 Artikel umfasst. Betrieben werden die Ladengeschäfte von Pächtern, die mit der Beigeladenen zu 1) einen "Handelsvertretervertrag" schließen.
Im Juli 2000 schloss der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) einen solchen "Handelsvertretervertrag" mit der Maßgabe, dass er ab 01.08.2000 - wie davor in Tirschenreuth vom 01.07.1998 bis 29.02.2000 - ein Ladengeschäft in S. pachtete und die Produkte der Beigeladenen zu 1) zu vertreiben hatte. Im Pachtvertrag war geregelt, dass Handelsvertretervertrag und Pachtvertrag eine wirtschaftliche Einheit bildeten und der zu betreibende F. Getränkemarkt gekennzeichnet sei durch den bei der Außen- und Innengestaltung nach Maßgabe von F. zu verwendenden Namen, durch von F. definierte systemtypische Ausstattungen, Designs, Farben und Farbzusammenstellungen für Innen- und Außengestaltung und Werbung, das von F. definierte Warensortiment, das betriebswirtschaftliche Kontrollverfahren von F., Handbücher als Hilfestellung zur Führung des Getränkemarktes und durch eine einheitliche Marktbearbeitungskonzeption. Als Pachtzins wurden monatlich 2,5 % des Umsatzes, mindestens jedoch 2.088,00 DM vereinbart, den die Beigeladene zu 1) monatlich von der zustehenden Provision abzog. Der Kläger trug die Strom- und Telefonanschlusskosten und zahlte für die übrigen Nebenkosten wie Heiz- und Wasserkosten eine monatliche Pauschale von 464,00 DM an den Verpächter. Die Beigeladene zu 1) hatte ein jederzeitiges Betretungsrecht. Im Handelsvertretervertrag heißt es, der Handelsvertreter sei nicht weisungsgebunden, insbesondere sei er zur persönlichen Dienstleistung nicht verpflichtet und könne sich zur Erfüllung seiner Aufgaben Dritter bedienen. Nicht umgeschlagene Artikel seien innerhalb einer bestimmten Frist zurückzugeben, die Waren seien ausschließlich gegen bar im Namen und für Rechnung von F. zu den von F. festgesetzten Preisen zu verkaufen und auszuliefern. Die Einnahmen seien innerhalb von 24 Stunden nach Kassenschluss bar auf ein bestimmtes Konto einzuzahlen. Der Handelsvertreter habe bei der grundsätzlich freien Gestaltung der Öffnungszeiten die örtlichen Wettbewerbsverhältnisse zu prüfen und seine Ladenschluss- bzw. -öffnungszeiten hiernach auszurichten. Die Öffnungszeiten seien dem Verpächter bekannt zu geben und bei etwaigen Änderungen mindestens zwei Wochen vorher mitzuteilen. F. unterstütze den Handelsvertreter durch Einrichtungspläne, Werbepläne und Anforderungs- und Auswahlkriterien zur Personaleinstellung. Bezahlt werde eine Vermittlungsprovision in Höhe von 7 % der aus dem Getränkeabverkauf erzielten Nettoeinnahmen sowie eine Inkassoprovision in Höhe von 3 %. Die Beteiligten vereinbarten bis 31.07.2001 außerhalb des Mustervertrags eine Garantieprovision von 7.200,00 DM. Der Vertrieb anderer Waren in unmittelbarem örtlichen Zusammenhang mit dem Getränkemarkt war zustimmungspflichtig und im Übrigen unterlag der Kläger einem Wettbewerbsverbot. In § 13 war eine regelmäßige Warenbestandsabrechnung festgelegt sowie die Haftung des Klägers für etwaige Fehlbeträge. Der Kläger hielt den Getränkemarkt 58 Stunden geöffnet und beschäftigte ab 15.08.2000 eine Mitarbeiterin (38,5 Stunden wöchentlich).
Am 05.02.2001 kündigte die Beigeladene zu 1) dem Kläger fristlos und vorsorglich ordentlich und erneut am 23.02.2001 außerordentlich. Auf die dagegen erhobene Klage erklärte das Arbeitsgericht Bayreuth den Rechtsweg für unzulässig. Dieser Beschluss wurde auf die sofortige Beschwerde des Klägers mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 17.06.2002 - Az.: 2 Ta 175/01 - aufgehoben und der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Der Kläger sei kein selbständiger Handelsvertreter, da er sich nicht von einem aufgrund Arbeitsvertrags tätigen Verkäufer in einem Filialladen unterscheide. Die Vertragsbedingungen seien durch die Beigeladene zu 1) vorformuliert worden, der Kläger sei weder Vermittlungs- noch Abschlussvertreter im Sinne des Handelsrechts und die vorformulierten Vertragsbedingungen ließen dem Kläger kaum einen Spielraum. So bestimme die Beigeladene zu 1), dass sie einen Telefon- und Telefaxanschluss einrichte und der Kläger hierfür eine Bankeinzugsermächtigung erteile.
Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beigeladenen zu 1) zum Bundesarbeitsgericht blieb erfolglos (Beschluss vom 17.02.2003 - Az.: 5 AZB 37/02 -).
Das Arbeitsgericht Bayreuth wies die Klage gegen die Kündigung mit rechtskräftigem Urteil vom 03.12.2003 ab (Az.: 3 Ca 226/01 H). Das Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten sei durch eine außerordentliche Kündigung beendet worden. In den Entscheidungsgründen heißt es, die Tätigkeit des Klägers sei nicht die eines selbständigen Handelsvertreters, sondern als die eines angestellten Verkäufers einzuordnen. Insoweit folge die Kammer der Begründung des LAG Nürnberg im Beschluss vom 17.06.2002.
Am 10.11.2000 war bei der Beklagten ein Schreiben des Klägers mit der Bitte um Feststellung seines Status eingegangen. Er hatte dies unter anderem damit begründet, vorgegebene Ladenöffnungszeiten zu haben, wöchentlichen Kontrollbesuchen zu unterliegen und laut den monatlichen Abrechnungen ein umsatzunabhängiges gleiches Einkommen in Höhe von 5.800,00 DM zu erhalten. In allen Monaten sei er deutlich unterhalb der Garantieprovision von 7.200,00 DM geblieben.
Mit Bescheid vom 20.03.2002 stellte die Beklagte fest, der Kläger übe seit 01.07.1998 eine selbständige Tätigkeit aus, da er nicht zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet sei, er eine Pachtverpflichtung trage und seine Einnahmen vom Umsatz abhängig seien.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die Größe der Ladenfläche (500 qm) und die Haftung erforderten seine ständige Anwesenheit im Ladenlokal. Wie ein typischer Arbeitnehmer unterliege er engen Vorgaben von Seiten der Beigeladenen zu 1), trage kein unternehmerisches Risiko und habe immer einen Fixbetrag erhalten.
Die Beigeladene zu 1) wies darauf hin, dass laut zahlreicher Arbeitsgerichts- und Zivilgerichtsurteile sowie zahlreicher Entscheidungen von Einzugstellen ihre Handelsvertreter als selbständig zu qualifizieren seien. Der Kernbereich der persönlichen Freiheit des Handelsvertreters werde durch ihre Vorgaben nicht tangiert. Die Vertriebspolitik sei ebenso wie die Preisgestaltung typische Sache des Unternehmers. Die befristete Garantieprovision werde bis zum Aufbau eines eigenen Kundenstamms gewährt.
Die Beklagte wies den Widerspruch am 24.07.2002 mit der Begründung zurück, der Kläger unterliege keiner Verpflichtung zur persönlichen Anwesenheit. Ihm stehe daher ein eigener Gestaltungsspielraum zu. Ein erhebliches Unternehmerrisiko liege in der Pflicht zur Tragung von Nebenkosten, Personalkosten sowie der Übernahme der Haftung.
Dagegen hat der Kläger am 23.08.2002 unter Hinweis auf den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg in eigener Sache Klage erhoben. Er hat erneut auf die zahlreichen Vorgaben zur Führung der Filiale bis hin zur Sauberkeit hingewiesen. Demgegenüber hat die Beklagte eingewandt, auch wenn der Kläger kein Handelsvertreter gemäß § 84 HGB sei, sei die S.ständigkeit deshalb zu bejahen, weil er seine Arbeitsleistung nicht selbst zu erbringen habe. Auch die Vereinbarung einer Garantieprovision sei unerheblich, da diese nur in der Anfangsphase zustehe. Die Beigeladene zu 1) hat ergänzt, der Beschluss des Landesarbeitsgerichts sei ein Rechtswegebeschluss und widerspreche der BGH-Rechtsprechung zum Tankstellenpächter und zu Propagandisten.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 26.03.2004 den Bescheid vom 20.03.2002 ebenso wie den Widerspruchsbescheid vom 24.07. 2002 aufgehoben und antragsgemäß festgestellt, dass der Kläger ab 01.08.2000 Arbeitnehmer der Beigeladenen zu 1) gewesen sei. Das sei aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts Bayreuth bindend festgestellt. Im Übrigen bezwecke die Vertragsgestaltung offensichtlich, dass sich die Beigeladene zu 1) ihrer Arbeitgeberpflichten entziehe. Es fehle jeder Bezug zu einer selbständigen Tätigkeit. Es bestehe kein wesentlicher Unterschied zur unselbständigen Tätigkeit als Verkäufer, der Kläger habe kein Unternehmerrisiko getragen und habe genauen Vorgaben von Seiten der Beigeladenen zu 1) unterlegen.
Gegen dieses am 11.05.2004 zugestellte Urteil hat die Beigeladene zu 1) am 12.05.2004 Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts entfalte die Entscheidung des Arbeitsgerichts keine Rechtsbindung. Das Urteil verstoße gegen § 84 HGB und § 7 Abs.4 SGB IV, die als Rechtsgrundlage mit keinem Wort Erwähnung gefunden hätten. Entsprechend den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts zu Kurierdienstfahrern und Kommissionären sowie der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25.10.2004 (Az.: 4 Ta 235/04) sei von der Selbständigkeit des Klägers auszugehen. Sie hat die Behauptung des Klägers bestritten, er habe sich die Ware nicht aussuchen können. Der Kläger habe vielmehr unabhängig von ihren Empfehlungen das Sortiment in einem großen Teil bestimmen können. Die Vorgabe von Absatzkonditionen sei handelsvertretertypisch. Falsch sei auch die Behauptung, mindestens alle zwei Wochen Kontrollbesuche erhalten zu haben und zu einem Vertragsschluss mit Schöller-Eis gedrängt worden zu sein.
Die Beigeladene zu 1) beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26.03.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 20.03.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2002 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26.03.2004 zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 4) schließen sich dem Antrag des Klägers an.
Die Beklagte hat die Entscheidung des Sozialgerichts für überzeugend gehalten und ihre ursprüngliche Haltung revidiert. Sie hat sich der Argumentation des Klägers angeschlossen, die Beigeladene zu 1) habe mit ihrem zwischenzeitlich dem Kläger gegenüber ausgesprochenen Hausverbot für ihre sämtlichen Filialen selbst zum Ausdruck gebracht, nicht den Filialleitern, sondern ihr selbst stehe die faktische Hausmacht zu.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Regensburg sowie der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beigeladenen zu 1) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26.03. 2004 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es den Bescheid der Beklagten vom 20.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2002 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger vom 01.08.2000 bis 5. Februar 2001 bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt war. Da die Statusfeststellung jedoch als Gestaltungsakt der Beklagten obliegt, kann keine Feststellung gemäß § 55 SGG erfolgen, so dass der Tenor entsprechend einer Verpflichtungsklage zu korrigieren war.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Regensburg folgt die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers nicht bereits aus der Rechtskrafterstreckung des Urteils des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 03.12.2003. Streitgegenstand des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Bayreuth war die Wirksamkeit einer Kündigung von Seiten der Beigeladenen zu 1). Die rechtskräftige Klageabweisung ist für das anhängige Verfahren ohne Belang. Zwar bindet die von Amts wegen zu beachtende materielle Rechtskraft die Gerichte aller Gerichtszweige (BSG, SGB 86, 570), sie erfasst grundsätzlich jedoch nur die Urteilsformel (BGHZ 20, 379; allgemeine Meinung). Ist aus der Urteilsformel nicht ersichtlich, was Streitgegenstand des Verfahrens war, sind Tatbestand und Entscheidungsgründe heranzuziehen, um den Streitgegenstand und damit den Umfang der Rechtskraft abzugrenzen. Dabei stimmt der Umfang der Rechtskraft im SGG mit dem nach der ZPO, VWGO und FGO überein (BSG 9, 17; 14, 99; Bayerisches LSG, Breithaupt 78, 20). Für alle Urteile gilt, dass einzelne Elemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen die getroffene Entscheidung aufbaut, von der Rechtskraft nicht erfasst werden (BGH in NJW 1983, 2032, 30, 18). Insbesondere werden Ausführungen über materiell-rechtliche Vorfragen nicht von der Rechtskraft erfasst (Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 141 Rdz.7b). Damit ist mit dem rechtskräftigen Urteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 03.12.2003 allein in Rechtskraft erwachsen, dass die außerordentliche Kündigung der Beigeladenen zu 1) vom 05.02.2001 rechtswirksam war und das Vertragsverhältnis mit dem Kläger beendet hat. Dass dieses Urteil erst nach Bejahung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten und damit nach Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers ergehen konnte, hat für den Umfang der Rechtskraft keine Bedeutung. Es handelt sich dabei um eine typische Vorfrage des Erstverfahrens, die nicht zum Kerngehalt der Urteilsformel gehört.
Entgegen der ursprünglich von der Beklagten in den angegriffenen Bescheiden getroffenen Feststellung der Selbständigkeit war der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) ab 01.08.2000 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs.1 SGB IV in der vom 01.04.1999 bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Nichtselbständigkeit ist das rechtlich entscheidende Merkmal, das die Arbeit zur Beschäftigung im Sinn der Sozialversicherung macht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Einteilung der Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG, Urteil vom 19.08.2003, Az.: B 2 U 38/02 R m.w.N.; BSG in NJW 1994, 2974).
Die versicherungsfreie Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters ist wie nach den Vorschriften des Handelsrechts auch im Recht der Sozialversicherung von der versicherungspflichtigen Beschäftigung eines abhängigen Handlungsgehilfen abzugrenzen (BSG, Urteil vom 29.01.1981, Az.: 12 RK 46/79). Zwar haben die Begriffe der Selbständigkeit und der Abhängigkeit im Handelsrecht eine andere Funktion als im Sozialversicherungsrecht. Trotz dieser unterschiedlichen Funktionen haben die genannten Begriffe im Handels- und im Sozialversicherungsrecht weitgehend den gleichen Inhalt. Das Sozialversicherungsrecht kann daher an die entsprechenden Regeln des Privatrechts anknüpfen und diese zur Abgrenzung auch für seinen Bereich übernehmen.
Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln; selbständig ist dabei, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 Abs.1 HGB). Liegen die letztgenannten Voraussetzungen nicht vor, so ist ein mit der Vermittlung von Geschäften für einen Unternehmer Betrauter dessen Handlungsgehilfe im Sinne des § 59 HGB. Maßgebendes Abgrenzungskriterium zwischen Handelsvertreter und Handlungsgehilfe ist also nicht die Art der zu leistenden Dienste, sondern allein das Maß an persönlicher Freiheit, das dem Dienstpflichtigen bei seiner Tätigkeit eingeräumt ist.
Typisches Abgrenzungsmerkmal des selbständigen Handelsvertreters ist gemäß § 84 Abs.1 Satz 2 die Möglichkeit, im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen zu können, also in der Regel ohne bestimmten Tagesplan, Mindestarbeitszeit, Arbeitspensum zu sein (Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 31. Auflage, § 84 Rdz.35). Dass der Handelsvertreter an Weisungen des Unternehmers gebunden ist, hebt seine rechtliche Selbständigkeit nicht auf. Weisungen des Unternehmers, an welche der Handelsvertreter als Beauftragter gemäß den §§ 662, 665, 675 Abs.1 BGB gebunden ist, sind für ihn normal und sogar essentiell. Er ist in dessen Vertrieb eingeschaltet, nimmt dessen Interessen wahr und ist ihm laufend berichtspflichtig (§ 86 Abs.1, 2 HGB). Zutreffend weist der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1) darauf hin, dass die Bestimmung der Vertriebspolitik ebenso Sache des Unternehmers ist wie die Preisgestaltung, Vertragskonditionen und Zahlungsmodi. Der Unternehmer kann dem Handelsvertreter ferner Weisungen über die Nachrichts- und Rechenschaftspflicht erteilen und ihm Weisungen zur Gewährleistung der im modernen Vertrieb wichtigen Einheitlichkeit der Präsentation geben (Baumbach/Hopt a.a.O. Rdz.38). Insgesamt dürfen die Weisungen aber nicht so eng sein, dass die Tätigkeit vom Beauftragten nicht mehr "im Wesentlichen frei gestaltet" wird (BAG, NZA 95, 649).
Persönliche Selbständigkeit des Handelsvertreters ist jedoch nicht bereits dann zu bejahen, wenn der Unternehmer keine unbeschränkte Verfügungsmacht über dessen Arbeitskraft hat. Insbesondere gehört zur Unternehmereigenschaft des Handelsvertreters das eigene Unternehmerrisiko, das als Gegenstück der unternehmerischen Betätigungsfreiheit im Unternehmerbegriff mitenthalten ist (BSG, Urteil vom 29.01.1981 a.a.O.; Hopt in Baumbach/ Hopt, a.a.O. § 84 Rdz.36).
Nach diesen Grundsätzen war der Kläger ab 01.08.2000 abhängig beschäftigt. Damit stimmt der Senat im Ergebnis den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Beschluss vom 17. Juni 2002 zum Status des Klägers zu.
Zwar war der Kläger nicht wie ein abhängiger Handlungsgehilfe an feste Arbeitszeiten gebunden. Insbesondere war er nicht zur persönlichen Dienstleistung innerhalb bestimmter Ladenöffnungszeiten verpflichtet und konnte sich zur Erfüllung seiner Aufgaben Dritter bedienen (§ 3 Abs.1 des Handelsvertretervertrags). Dies hat der Kläger mit der Beschäftigung einer Vollzeitarbeitskraft auch getan. Er konnte also selbst entscheiden, in welchem zeitlichen Umfang er seine eigene Arbeitskraft einsetzen bzw. sich vertreten lassen wollte. Auf diesen Gesichtspunkt der fehlenden Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung stellen auch die im Sinne der Beigeladenen zu 1) ergangenen Landesarbeitsgerichtsurteile ab (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 25.10.2004, Az.: 4 Ta 235/04; Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 15.12.1999, Az.: 7 Sa 851/99). Auch das Landgericht Nürnberg-Fürth hat im Endurteil vom 12.05.2000 diesen Aspekt für die Bejahung der Selbständigkeit ausreichen lasse (Geschäftsnummer 7 O 612/00). Bei einer Gesamtbetrachtung überwiegen jedoch die Aspekte, die gegen eine selbständige Tätigkeit sprechen.
Entscheidendes Gewicht kommt dem Umstand zu, dass durch die Regelungen im Pachtvertrag und im Handelsvertretervertrag die Befugnisse des Klägers so weit beschränkt waren, dass für echtes unternehmerisches Entscheiden und Handeln kein Platz war. Wegen der Festlegung der Preise, der Gestaltung des Ladenlokals, des Sortiments sowie der Werbung durch die Beigeladene zu 1) und wegen Art und Umfang des Ladengeschäfts waren die Aufgaben des Klägers auf einfache, routinemäßig sich wiederholende Verkaufsgeschäfte beschränkt. Angesichts der diffizilen Regelungen zur Ladenöffnungszeit, Darstellung des Ladenlokals nach außen, Art der Rechnungsstellung gegenüber den Kunden, täglichen Ablieferungspflicht der Einnahmen fallen die dem Kläger verbleibenden Gestaltungsmöglichkeiten nicht wesentlich ins Gewicht. Das Ob und Wie der Tätigkeit des Klägers war in so vielen Einzelheiten geregelt, dass sich seine Tätigkeit nach der Verkehrsanschauung als abhängig darstellte. In diesem Sinn hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 24.09.1981 (SozR 2200 § 165 RVO Nr.63) entschieden, dass der Verwalter einer Sparkassenzweigstelle keine wirkliche Dispositionsfreiheit nach Art eines selbständigen Unternehmers besitzt. Auch der Kläger war nicht wie ein selbständiger Kaufmann, sondern wie ein angestellter Verkäufer in einem fremden Einzelhandelsbetrieb tätig. Der Handelsvertretervertrag war insbesondere nicht darauf angelegt, dem Kläger mittels eigenen Kapitals eine Organisation und einen entsprechenden Firmenwert zu verschaffen. Der Vertrag zielte vielmehr darauf ab, die reibungslose Mitgliedschaft in einem standardisierten System sicherzustellen. Das wird auch daraus deutlich, dass die Beigeladene zu 1) trotz Pachtvertrags das Hausrecht gegenüber Dritten für alle Filialen für sich beansprucht.
Anders als in dem vom Bundessozialgericht am 29.01.1981 entschiedenen Fall zur Versicherungspflicht eines Bausparkassenvertreters (Az.: 12 RK 46/79) besaß der Kläger keine eigene Dispositionsfreiheit, wie sie für einen Unternehmer typisch ist. Typisch für den selbständigen Bausparkassenvertreter ist, dass er seine Tätigkeit durch Geschick und Initiative und mit planmäßiger und intensiver Werbung erfolgreich gestalten kann. Der Gestaltungsspielraum des Klägers war ungleich geringer. Anders als bei Tätigkeiten einfacher Art, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist, und anders als bei Arbeiten mit nachprüfbaren Qualitätsstandards kommt es bei der Verkaufstätigkeit darauf an, ob und in welchem Umfang der Verkäufer eigene Initiative entfaltet. Die Werbetätigkeit setzt besondere persönliche Fähigkeiten voraus, wie zum Beispiel Einfühlungsvermögen, Redegewandtheit, Überzeugungskraft und Geschick, die sich als Gegenstand unternehmerischer Tätigkeit anbieten. In diesem Sinne hat der Senat auch die Selbständigkeit einer Propagandistin für Bettwaren bejaht (L 5 KR 194/03). Vom Kläger selbst wurden derartige Fähigkeiten jedoch nicht verlangt. In Getränkemärkten, wie sie von der Beigeladenen zu 1) betrieben werden, finden in erster Linie anonyme Barverkäufe an Kunden statt, die keinerlei Vermittlungsgespräche, bedürfen. Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht Nürnberg im Beschluss vom 17.06.2002 (Az.: 2 Ta 175/01) daher aus, der Kläger sei weder als Vermittlungs- noch als Abschlussvertreter im Sinne des HGB tätig geworden. Er sei vielmehr wie ein angestellter Verkäufer in einem Einzelhandelsbetrieb tätig gewesen und nicht als sog. Warenvertreter.
Richtig ist, dass das BAG im Zusammenhang mit einem Handelsvertreterausgleichsanspruch das Offenhalten einer Selbstbedienungstankstelle als ausreichende Vermittlungstätigkeit im Sinne des § 84 HGB beurteilt hat (Urteil vom 06.08.1997 in NJW 1998, 66 - 71).Daraus folgert die Beigeladene zu 1), das Offenhalten eines Getränkemarktes genüge, um die Handelsvertretereigenschaft des Filialleiters zu begründen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass in dem vom BAG entschiedenen Fall die Handelsvertretereigenschaft bereits aufgrund eines hinreichend großen eigenen Spielraums zur unabhängigen Geschäftstätigkeit - vorliegend gerade nicht vorhanden, wie oben dargestellt - und der Tätigkeit auf Umsatzprovisionsbasis unstreitig war. Auch die letztgenannte wesentliche Eigenschaft fehlt vorliegend.
Im strittigen Zeitraum, nämlich vom 01.08.2000 bis zur fristlosen Kündigung der Beklagten vom 05.02.2001 hat der Kläger bei weitgehender Fremdbestimmung hinsichtlich Ort, Art und Zeit der Verkaufstätigkeit lediglich ein sehr geringes Unternehmerrisiko getragen. Dieses beschränkte sich auf die mit der Beschäftigung einer Mitarbeiterin verbundenen Lohnfortzahlungsrisiken. Bis 31.07.2001 stand ihm nämlich eine Garantieprovision in Höhe von 7.200,00 DM zu. Dass er gleichzeitig die Unkosten der Geschäftsräume trug, ist irrelevant, da der Abzug einer Pauschale von einer ziffernmäßig höher festgesetzten Provision keine echte Übernahme von Unkosten bedeutet (BSG, Urteil vom 13.07.1978 in SozR 2200 § 1227 RVO Nr.17). Angesichts der tatsächlich erzielten Umsätze müssen die ihm eingeräumten Chancen auf Einkünfte über der Garantieprovision als gering eingestuft werden. Wie oben dargestellt, hatte er nur in sehr beschränktem Umfang Einfluss auf den Geschäftsablauf.
Ob die Bewilligung einer Garantieprovision tatsächlich nur vorübergehend erfolgen sollte, erscheint zweifelhaft, nachdem der Kläger vorgetragen hat, in Tirschenreuth wegen Verlängerung der Garantieprovision niemals auf Umsatzbasis tätig geworden zu sein.
Die beschränkten Verdienstmöglichkeiten des Klägers sind auch der Grund dafür, dass das Recht zur Delegation von Aufgaben nur von untergeordneter Bedeutung ist. Grundsätzlich ist dem Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 04.12.2002 (Az.: 5 AZR 667/01) darin beizupflichten, dass regelmäßig kein Arbeitsvertrg vorliegt, wenn der Dienstverpflichtete nach den tatsächlichen Umständen nicht in der Lage ist, den Vertrag allein zu erfüllen, sondern auf Hilfskräfte angewiesen ist. Allerdings ist es nicht in jedem Fall gerechtfertigt, wegen der bloßen Berechtigung des Vertragspartners, die vertraglich geschuldete Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, ein Arbeitsverhältnis von vornherein auszuschließen (BAG a.a.O.; BAGE 87, 129, 137 f. sowie BGH, NZA 1999, 110). Im vorliegenden Fall hat die Unterbeschäftigung einer Mitarbeiterin ab 15.08. 2000 das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers nicht wesentlich verändert. Die Verdienstmöglichkeiten des Klägers waren immer vom Umfang des Einsatzes seiner eigenen Arbeitskraft abhängig. Nur wenn er diese in vollem Umfang einsetzte, war ihm ein tätigkeitsadäquater Verdienst gewährleistet, der dem eines angestellten Filialleiters entsprach. Leitende Angestellte in Filialgeschäften, die wie der Kläger gemäß ausdrücklicher schriftlicher Vereinbarung für Warenbestand und Inventurdifferenzen einzustehen haben, erhielten laut dem ab 01.05. 1999 gültigen Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern in der Ortsklasse 2 ab 01.01.2000 in der Beschäftigungsgruppe 4 bei einer tariflichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden 4.054,60 DM. Dem Kläger stand abzüglich seiner Unkosten einschließlich Pachtzins ein Betrag von 5.500,00 DM zur Verfügung, hatte jedoch wegen der Ladenöffnungszeiten ohne die Berücksichtigung sicherlich notwendiger zusätzlicher Vor- und Nacharbeitszeiten einen Personalbedarf von mehr als 58 Stunden/Woche. Die rechtliche Möglichkeit, Mitarbeiter zu beschäftigen und den Einsatz der eigenen Arbeitskraft zu beschränken, war daher finanziell nur mittels eigener wirtschaftlich nicht zu vertretender Einkommenseinbußen zu verwirklichen. Die Delegationsmöglichkeit war vielmehr von der Sache her geboten und gewährte ähnlich wie in dem vom Bundessozialgericht vom 13.07.1978 zum Kommissions-Agenturvertrag entschiedenen Fall keine echte unternehmerische Freiheit (SozR 2200 § 1227 Nr.17).
Hinzu kommt, dass der Kläger einem weitreichenden Wettbewerbsverbot unterlag. So ist in § 9 Abs.1 des Handelsvertretervertrags geregelt, dass sich der Handelsvertreter während des bestehenden Vertrags jeglichen Wettbewerbs zu Lasten von F. zu enthalten habe. Zulässig sei lediglich eine Kapitalbeteiligung an konkurrierenden Unternehmen ohne wesentlichen Einfluss auf das geschäftliche Verhalten dieses Unternehmens. Wollte der Handelsvertreter im Getränkemarkt oder in dessen Nähe neben dem F.-Getränkesortiment andere Waren vertreiben bzw. den Absatz anderer Waren vermitteln, so bedurfte er hierzu der vorherigen schriftlichen Zustimmung von F. (§ 8 Abs.2 des Handelsvertretersvertrags). Damit waren die Möglichkeiten des Klägers, unternehmerisch tätig zu werden, deutlich beschränkt.
Der Senat verkennt nicht, dass zahlreiche Beschlüsse und Urteile der Arbeitsgerichtsbarkeit im Sinne der Beigeladenen zu 1) ergangen sind. Allerdings spielt hierbei auch eine wesentliche Rolle, dass das Arbeitsgerichtsverfahren anders als das Sozialgerichtsverfahren nicht vom Untersuchungsgrundsatz (§ 103 SGG), sondern vom Verhandlungsgrundsatz beherrscht wird. Demgemäß gilt für den Arbeitsgerichtsprozess ebenso wie für den Zivilprozess nur ein formeller Wahrheitsbegriff, für den sozialgerichtlichen Prozess hingegen das Prinzip der materiellen Wahrheit. Höchstrichterlich ist jedenfalls nicht geklärt, ob Filialleiter wie der Kläger abhängig beschäftigt oder selbständig sind. Insbesondere kann die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Franchisenehmer - Vertriebspartner mit ähnlichen Einschränkungen der Selbständigkeit wie vorliegend - vom 16.07. 1997 nicht zur Begründung der Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 1) herangezogen werden. Dort hat das Bundesarbeitsgericht lediglich entschieden, dass der Franchisenehmer eine arbeitnehmerähnliche Person ist (BAGE 86, 178 ff.), die Frage nach der Arbeitnehmereigenschaft aber ausdrücklich offen gelassen.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.3 VwGO. § 197a SGG findet Anwendung, da die Berufungsklägerin als Arbeitgeberin nicht zum kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 26. März 2004 wird wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2002 verurteilt festzustellen, dass vom 1. August 2000 bis 5. Februar 2001 eine Beschäftigung des Klägers vorgelegen hat.
III. Die Beigeladene zu 1) hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Statusfeststellung betreffend den Kläger ab 01.08.2000.
Die Beigeladene zu 1) ist Eigentümerin von bundesweit ca. 320 Getränkemarktfilialen, deren Kernsortiment 300 bis 350 Artikel umfasst. Betrieben werden die Ladengeschäfte von Pächtern, die mit der Beigeladenen zu 1) einen "Handelsvertretervertrag" schließen.
Im Juli 2000 schloss der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) einen solchen "Handelsvertretervertrag" mit der Maßgabe, dass er ab 01.08.2000 - wie davor in Tirschenreuth vom 01.07.1998 bis 29.02.2000 - ein Ladengeschäft in S. pachtete und die Produkte der Beigeladenen zu 1) zu vertreiben hatte. Im Pachtvertrag war geregelt, dass Handelsvertretervertrag und Pachtvertrag eine wirtschaftliche Einheit bildeten und der zu betreibende F. Getränkemarkt gekennzeichnet sei durch den bei der Außen- und Innengestaltung nach Maßgabe von F. zu verwendenden Namen, durch von F. definierte systemtypische Ausstattungen, Designs, Farben und Farbzusammenstellungen für Innen- und Außengestaltung und Werbung, das von F. definierte Warensortiment, das betriebswirtschaftliche Kontrollverfahren von F., Handbücher als Hilfestellung zur Führung des Getränkemarktes und durch eine einheitliche Marktbearbeitungskonzeption. Als Pachtzins wurden monatlich 2,5 % des Umsatzes, mindestens jedoch 2.088,00 DM vereinbart, den die Beigeladene zu 1) monatlich von der zustehenden Provision abzog. Der Kläger trug die Strom- und Telefonanschlusskosten und zahlte für die übrigen Nebenkosten wie Heiz- und Wasserkosten eine monatliche Pauschale von 464,00 DM an den Verpächter. Die Beigeladene zu 1) hatte ein jederzeitiges Betretungsrecht. Im Handelsvertretervertrag heißt es, der Handelsvertreter sei nicht weisungsgebunden, insbesondere sei er zur persönlichen Dienstleistung nicht verpflichtet und könne sich zur Erfüllung seiner Aufgaben Dritter bedienen. Nicht umgeschlagene Artikel seien innerhalb einer bestimmten Frist zurückzugeben, die Waren seien ausschließlich gegen bar im Namen und für Rechnung von F. zu den von F. festgesetzten Preisen zu verkaufen und auszuliefern. Die Einnahmen seien innerhalb von 24 Stunden nach Kassenschluss bar auf ein bestimmtes Konto einzuzahlen. Der Handelsvertreter habe bei der grundsätzlich freien Gestaltung der Öffnungszeiten die örtlichen Wettbewerbsverhältnisse zu prüfen und seine Ladenschluss- bzw. -öffnungszeiten hiernach auszurichten. Die Öffnungszeiten seien dem Verpächter bekannt zu geben und bei etwaigen Änderungen mindestens zwei Wochen vorher mitzuteilen. F. unterstütze den Handelsvertreter durch Einrichtungspläne, Werbepläne und Anforderungs- und Auswahlkriterien zur Personaleinstellung. Bezahlt werde eine Vermittlungsprovision in Höhe von 7 % der aus dem Getränkeabverkauf erzielten Nettoeinnahmen sowie eine Inkassoprovision in Höhe von 3 %. Die Beteiligten vereinbarten bis 31.07.2001 außerhalb des Mustervertrags eine Garantieprovision von 7.200,00 DM. Der Vertrieb anderer Waren in unmittelbarem örtlichen Zusammenhang mit dem Getränkemarkt war zustimmungspflichtig und im Übrigen unterlag der Kläger einem Wettbewerbsverbot. In § 13 war eine regelmäßige Warenbestandsabrechnung festgelegt sowie die Haftung des Klägers für etwaige Fehlbeträge. Der Kläger hielt den Getränkemarkt 58 Stunden geöffnet und beschäftigte ab 15.08.2000 eine Mitarbeiterin (38,5 Stunden wöchentlich).
Am 05.02.2001 kündigte die Beigeladene zu 1) dem Kläger fristlos und vorsorglich ordentlich und erneut am 23.02.2001 außerordentlich. Auf die dagegen erhobene Klage erklärte das Arbeitsgericht Bayreuth den Rechtsweg für unzulässig. Dieser Beschluss wurde auf die sofortige Beschwerde des Klägers mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 17.06.2002 - Az.: 2 Ta 175/01 - aufgehoben und der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Der Kläger sei kein selbständiger Handelsvertreter, da er sich nicht von einem aufgrund Arbeitsvertrags tätigen Verkäufer in einem Filialladen unterscheide. Die Vertragsbedingungen seien durch die Beigeladene zu 1) vorformuliert worden, der Kläger sei weder Vermittlungs- noch Abschlussvertreter im Sinne des Handelsrechts und die vorformulierten Vertragsbedingungen ließen dem Kläger kaum einen Spielraum. So bestimme die Beigeladene zu 1), dass sie einen Telefon- und Telefaxanschluss einrichte und der Kläger hierfür eine Bankeinzugsermächtigung erteile.
Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beigeladenen zu 1) zum Bundesarbeitsgericht blieb erfolglos (Beschluss vom 17.02.2003 - Az.: 5 AZB 37/02 -).
Das Arbeitsgericht Bayreuth wies die Klage gegen die Kündigung mit rechtskräftigem Urteil vom 03.12.2003 ab (Az.: 3 Ca 226/01 H). Das Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten sei durch eine außerordentliche Kündigung beendet worden. In den Entscheidungsgründen heißt es, die Tätigkeit des Klägers sei nicht die eines selbständigen Handelsvertreters, sondern als die eines angestellten Verkäufers einzuordnen. Insoweit folge die Kammer der Begründung des LAG Nürnberg im Beschluss vom 17.06.2002.
Am 10.11.2000 war bei der Beklagten ein Schreiben des Klägers mit der Bitte um Feststellung seines Status eingegangen. Er hatte dies unter anderem damit begründet, vorgegebene Ladenöffnungszeiten zu haben, wöchentlichen Kontrollbesuchen zu unterliegen und laut den monatlichen Abrechnungen ein umsatzunabhängiges gleiches Einkommen in Höhe von 5.800,00 DM zu erhalten. In allen Monaten sei er deutlich unterhalb der Garantieprovision von 7.200,00 DM geblieben.
Mit Bescheid vom 20.03.2002 stellte die Beklagte fest, der Kläger übe seit 01.07.1998 eine selbständige Tätigkeit aus, da er nicht zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet sei, er eine Pachtverpflichtung trage und seine Einnahmen vom Umsatz abhängig seien.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, die Größe der Ladenfläche (500 qm) und die Haftung erforderten seine ständige Anwesenheit im Ladenlokal. Wie ein typischer Arbeitnehmer unterliege er engen Vorgaben von Seiten der Beigeladenen zu 1), trage kein unternehmerisches Risiko und habe immer einen Fixbetrag erhalten.
Die Beigeladene zu 1) wies darauf hin, dass laut zahlreicher Arbeitsgerichts- und Zivilgerichtsurteile sowie zahlreicher Entscheidungen von Einzugstellen ihre Handelsvertreter als selbständig zu qualifizieren seien. Der Kernbereich der persönlichen Freiheit des Handelsvertreters werde durch ihre Vorgaben nicht tangiert. Die Vertriebspolitik sei ebenso wie die Preisgestaltung typische Sache des Unternehmers. Die befristete Garantieprovision werde bis zum Aufbau eines eigenen Kundenstamms gewährt.
Die Beklagte wies den Widerspruch am 24.07.2002 mit der Begründung zurück, der Kläger unterliege keiner Verpflichtung zur persönlichen Anwesenheit. Ihm stehe daher ein eigener Gestaltungsspielraum zu. Ein erhebliches Unternehmerrisiko liege in der Pflicht zur Tragung von Nebenkosten, Personalkosten sowie der Übernahme der Haftung.
Dagegen hat der Kläger am 23.08.2002 unter Hinweis auf den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg in eigener Sache Klage erhoben. Er hat erneut auf die zahlreichen Vorgaben zur Führung der Filiale bis hin zur Sauberkeit hingewiesen. Demgegenüber hat die Beklagte eingewandt, auch wenn der Kläger kein Handelsvertreter gemäß § 84 HGB sei, sei die S.ständigkeit deshalb zu bejahen, weil er seine Arbeitsleistung nicht selbst zu erbringen habe. Auch die Vereinbarung einer Garantieprovision sei unerheblich, da diese nur in der Anfangsphase zustehe. Die Beigeladene zu 1) hat ergänzt, der Beschluss des Landesarbeitsgerichts sei ein Rechtswegebeschluss und widerspreche der BGH-Rechtsprechung zum Tankstellenpächter und zu Propagandisten.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 26.03.2004 den Bescheid vom 20.03.2002 ebenso wie den Widerspruchsbescheid vom 24.07. 2002 aufgehoben und antragsgemäß festgestellt, dass der Kläger ab 01.08.2000 Arbeitnehmer der Beigeladenen zu 1) gewesen sei. Das sei aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts Bayreuth bindend festgestellt. Im Übrigen bezwecke die Vertragsgestaltung offensichtlich, dass sich die Beigeladene zu 1) ihrer Arbeitgeberpflichten entziehe. Es fehle jeder Bezug zu einer selbständigen Tätigkeit. Es bestehe kein wesentlicher Unterschied zur unselbständigen Tätigkeit als Verkäufer, der Kläger habe kein Unternehmerrisiko getragen und habe genauen Vorgaben von Seiten der Beigeladenen zu 1) unterlegen.
Gegen dieses am 11.05.2004 zugestellte Urteil hat die Beigeladene zu 1) am 12.05.2004 Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts entfalte die Entscheidung des Arbeitsgerichts keine Rechtsbindung. Das Urteil verstoße gegen § 84 HGB und § 7 Abs.4 SGB IV, die als Rechtsgrundlage mit keinem Wort Erwähnung gefunden hätten. Entsprechend den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts zu Kurierdienstfahrern und Kommissionären sowie der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25.10.2004 (Az.: 4 Ta 235/04) sei von der Selbständigkeit des Klägers auszugehen. Sie hat die Behauptung des Klägers bestritten, er habe sich die Ware nicht aussuchen können. Der Kläger habe vielmehr unabhängig von ihren Empfehlungen das Sortiment in einem großen Teil bestimmen können. Die Vorgabe von Absatzkonditionen sei handelsvertretertypisch. Falsch sei auch die Behauptung, mindestens alle zwei Wochen Kontrollbesuche erhalten zu haben und zu einem Vertragsschluss mit Schöller-Eis gedrängt worden zu sein.
Die Beigeladene zu 1) beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26.03.2004 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 20.03.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2002 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26.03.2004 zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 4) schließen sich dem Antrag des Klägers an.
Die Beklagte hat die Entscheidung des Sozialgerichts für überzeugend gehalten und ihre ursprüngliche Haltung revidiert. Sie hat sich der Argumentation des Klägers angeschlossen, die Beigeladene zu 1) habe mit ihrem zwischenzeitlich dem Kläger gegenüber ausgesprochenen Hausverbot für ihre sämtlichen Filialen selbst zum Ausdruck gebracht, nicht den Filialleitern, sondern ihr selbst stehe die faktische Hausmacht zu.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Regensburg sowie der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beigeladenen zu 1) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26.03. 2004 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es den Bescheid der Beklagten vom 20.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2002 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger vom 01.08.2000 bis 5. Februar 2001 bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt war. Da die Statusfeststellung jedoch als Gestaltungsakt der Beklagten obliegt, kann keine Feststellung gemäß § 55 SGG erfolgen, so dass der Tenor entsprechend einer Verpflichtungsklage zu korrigieren war.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Regensburg folgt die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers nicht bereits aus der Rechtskrafterstreckung des Urteils des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 03.12.2003. Streitgegenstand des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Bayreuth war die Wirksamkeit einer Kündigung von Seiten der Beigeladenen zu 1). Die rechtskräftige Klageabweisung ist für das anhängige Verfahren ohne Belang. Zwar bindet die von Amts wegen zu beachtende materielle Rechtskraft die Gerichte aller Gerichtszweige (BSG, SGB 86, 570), sie erfasst grundsätzlich jedoch nur die Urteilsformel (BGHZ 20, 379; allgemeine Meinung). Ist aus der Urteilsformel nicht ersichtlich, was Streitgegenstand des Verfahrens war, sind Tatbestand und Entscheidungsgründe heranzuziehen, um den Streitgegenstand und damit den Umfang der Rechtskraft abzugrenzen. Dabei stimmt der Umfang der Rechtskraft im SGG mit dem nach der ZPO, VWGO und FGO überein (BSG 9, 17; 14, 99; Bayerisches LSG, Breithaupt 78, 20). Für alle Urteile gilt, dass einzelne Elemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen die getroffene Entscheidung aufbaut, von der Rechtskraft nicht erfasst werden (BGH in NJW 1983, 2032, 30, 18). Insbesondere werden Ausführungen über materiell-rechtliche Vorfragen nicht von der Rechtskraft erfasst (Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 141 Rdz.7b). Damit ist mit dem rechtskräftigen Urteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 03.12.2003 allein in Rechtskraft erwachsen, dass die außerordentliche Kündigung der Beigeladenen zu 1) vom 05.02.2001 rechtswirksam war und das Vertragsverhältnis mit dem Kläger beendet hat. Dass dieses Urteil erst nach Bejahung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten und damit nach Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers ergehen konnte, hat für den Umfang der Rechtskraft keine Bedeutung. Es handelt sich dabei um eine typische Vorfrage des Erstverfahrens, die nicht zum Kerngehalt der Urteilsformel gehört.
Entgegen der ursprünglich von der Beklagten in den angegriffenen Bescheiden getroffenen Feststellung der Selbständigkeit war der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) ab 01.08.2000 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs.1 SGB IV in der vom 01.04.1999 bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Nichtselbständigkeit ist das rechtlich entscheidende Merkmal, das die Arbeit zur Beschäftigung im Sinn der Sozialversicherung macht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Einteilung der Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG, Urteil vom 19.08.2003, Az.: B 2 U 38/02 R m.w.N.; BSG in NJW 1994, 2974).
Die versicherungsfreie Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters ist wie nach den Vorschriften des Handelsrechts auch im Recht der Sozialversicherung von der versicherungspflichtigen Beschäftigung eines abhängigen Handlungsgehilfen abzugrenzen (BSG, Urteil vom 29.01.1981, Az.: 12 RK 46/79). Zwar haben die Begriffe der Selbständigkeit und der Abhängigkeit im Handelsrecht eine andere Funktion als im Sozialversicherungsrecht. Trotz dieser unterschiedlichen Funktionen haben die genannten Begriffe im Handels- und im Sozialversicherungsrecht weitgehend den gleichen Inhalt. Das Sozialversicherungsrecht kann daher an die entsprechenden Regeln des Privatrechts anknüpfen und diese zur Abgrenzung auch für seinen Bereich übernehmen.
Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln; selbständig ist dabei, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 Abs.1 HGB). Liegen die letztgenannten Voraussetzungen nicht vor, so ist ein mit der Vermittlung von Geschäften für einen Unternehmer Betrauter dessen Handlungsgehilfe im Sinne des § 59 HGB. Maßgebendes Abgrenzungskriterium zwischen Handelsvertreter und Handlungsgehilfe ist also nicht die Art der zu leistenden Dienste, sondern allein das Maß an persönlicher Freiheit, das dem Dienstpflichtigen bei seiner Tätigkeit eingeräumt ist.
Typisches Abgrenzungsmerkmal des selbständigen Handelsvertreters ist gemäß § 84 Abs.1 Satz 2 die Möglichkeit, im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen zu können, also in der Regel ohne bestimmten Tagesplan, Mindestarbeitszeit, Arbeitspensum zu sein (Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 31. Auflage, § 84 Rdz.35). Dass der Handelsvertreter an Weisungen des Unternehmers gebunden ist, hebt seine rechtliche Selbständigkeit nicht auf. Weisungen des Unternehmers, an welche der Handelsvertreter als Beauftragter gemäß den §§ 662, 665, 675 Abs.1 BGB gebunden ist, sind für ihn normal und sogar essentiell. Er ist in dessen Vertrieb eingeschaltet, nimmt dessen Interessen wahr und ist ihm laufend berichtspflichtig (§ 86 Abs.1, 2 HGB). Zutreffend weist der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1) darauf hin, dass die Bestimmung der Vertriebspolitik ebenso Sache des Unternehmers ist wie die Preisgestaltung, Vertragskonditionen und Zahlungsmodi. Der Unternehmer kann dem Handelsvertreter ferner Weisungen über die Nachrichts- und Rechenschaftspflicht erteilen und ihm Weisungen zur Gewährleistung der im modernen Vertrieb wichtigen Einheitlichkeit der Präsentation geben (Baumbach/Hopt a.a.O. Rdz.38). Insgesamt dürfen die Weisungen aber nicht so eng sein, dass die Tätigkeit vom Beauftragten nicht mehr "im Wesentlichen frei gestaltet" wird (BAG, NZA 95, 649).
Persönliche Selbständigkeit des Handelsvertreters ist jedoch nicht bereits dann zu bejahen, wenn der Unternehmer keine unbeschränkte Verfügungsmacht über dessen Arbeitskraft hat. Insbesondere gehört zur Unternehmereigenschaft des Handelsvertreters das eigene Unternehmerrisiko, das als Gegenstück der unternehmerischen Betätigungsfreiheit im Unternehmerbegriff mitenthalten ist (BSG, Urteil vom 29.01.1981 a.a.O.; Hopt in Baumbach/ Hopt, a.a.O. § 84 Rdz.36).
Nach diesen Grundsätzen war der Kläger ab 01.08.2000 abhängig beschäftigt. Damit stimmt der Senat im Ergebnis den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Beschluss vom 17. Juni 2002 zum Status des Klägers zu.
Zwar war der Kläger nicht wie ein abhängiger Handlungsgehilfe an feste Arbeitszeiten gebunden. Insbesondere war er nicht zur persönlichen Dienstleistung innerhalb bestimmter Ladenöffnungszeiten verpflichtet und konnte sich zur Erfüllung seiner Aufgaben Dritter bedienen (§ 3 Abs.1 des Handelsvertretervertrags). Dies hat der Kläger mit der Beschäftigung einer Vollzeitarbeitskraft auch getan. Er konnte also selbst entscheiden, in welchem zeitlichen Umfang er seine eigene Arbeitskraft einsetzen bzw. sich vertreten lassen wollte. Auf diesen Gesichtspunkt der fehlenden Verpflichtung zur persönlichen Arbeitsleistung stellen auch die im Sinne der Beigeladenen zu 1) ergangenen Landesarbeitsgerichtsurteile ab (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 25.10.2004, Az.: 4 Ta 235/04; Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 15.12.1999, Az.: 7 Sa 851/99). Auch das Landgericht Nürnberg-Fürth hat im Endurteil vom 12.05.2000 diesen Aspekt für die Bejahung der Selbständigkeit ausreichen lasse (Geschäftsnummer 7 O 612/00). Bei einer Gesamtbetrachtung überwiegen jedoch die Aspekte, die gegen eine selbständige Tätigkeit sprechen.
Entscheidendes Gewicht kommt dem Umstand zu, dass durch die Regelungen im Pachtvertrag und im Handelsvertretervertrag die Befugnisse des Klägers so weit beschränkt waren, dass für echtes unternehmerisches Entscheiden und Handeln kein Platz war. Wegen der Festlegung der Preise, der Gestaltung des Ladenlokals, des Sortiments sowie der Werbung durch die Beigeladene zu 1) und wegen Art und Umfang des Ladengeschäfts waren die Aufgaben des Klägers auf einfache, routinemäßig sich wiederholende Verkaufsgeschäfte beschränkt. Angesichts der diffizilen Regelungen zur Ladenöffnungszeit, Darstellung des Ladenlokals nach außen, Art der Rechnungsstellung gegenüber den Kunden, täglichen Ablieferungspflicht der Einnahmen fallen die dem Kläger verbleibenden Gestaltungsmöglichkeiten nicht wesentlich ins Gewicht. Das Ob und Wie der Tätigkeit des Klägers war in so vielen Einzelheiten geregelt, dass sich seine Tätigkeit nach der Verkehrsanschauung als abhängig darstellte. In diesem Sinn hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 24.09.1981 (SozR 2200 § 165 RVO Nr.63) entschieden, dass der Verwalter einer Sparkassenzweigstelle keine wirkliche Dispositionsfreiheit nach Art eines selbständigen Unternehmers besitzt. Auch der Kläger war nicht wie ein selbständiger Kaufmann, sondern wie ein angestellter Verkäufer in einem fremden Einzelhandelsbetrieb tätig. Der Handelsvertretervertrag war insbesondere nicht darauf angelegt, dem Kläger mittels eigenen Kapitals eine Organisation und einen entsprechenden Firmenwert zu verschaffen. Der Vertrag zielte vielmehr darauf ab, die reibungslose Mitgliedschaft in einem standardisierten System sicherzustellen. Das wird auch daraus deutlich, dass die Beigeladene zu 1) trotz Pachtvertrags das Hausrecht gegenüber Dritten für alle Filialen für sich beansprucht.
Anders als in dem vom Bundessozialgericht am 29.01.1981 entschiedenen Fall zur Versicherungspflicht eines Bausparkassenvertreters (Az.: 12 RK 46/79) besaß der Kläger keine eigene Dispositionsfreiheit, wie sie für einen Unternehmer typisch ist. Typisch für den selbständigen Bausparkassenvertreter ist, dass er seine Tätigkeit durch Geschick und Initiative und mit planmäßiger und intensiver Werbung erfolgreich gestalten kann. Der Gestaltungsspielraum des Klägers war ungleich geringer. Anders als bei Tätigkeiten einfacher Art, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist, und anders als bei Arbeiten mit nachprüfbaren Qualitätsstandards kommt es bei der Verkaufstätigkeit darauf an, ob und in welchem Umfang der Verkäufer eigene Initiative entfaltet. Die Werbetätigkeit setzt besondere persönliche Fähigkeiten voraus, wie zum Beispiel Einfühlungsvermögen, Redegewandtheit, Überzeugungskraft und Geschick, die sich als Gegenstand unternehmerischer Tätigkeit anbieten. In diesem Sinne hat der Senat auch die Selbständigkeit einer Propagandistin für Bettwaren bejaht (L 5 KR 194/03). Vom Kläger selbst wurden derartige Fähigkeiten jedoch nicht verlangt. In Getränkemärkten, wie sie von der Beigeladenen zu 1) betrieben werden, finden in erster Linie anonyme Barverkäufe an Kunden statt, die keinerlei Vermittlungsgespräche, bedürfen. Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht Nürnberg im Beschluss vom 17.06.2002 (Az.: 2 Ta 175/01) daher aus, der Kläger sei weder als Vermittlungs- noch als Abschlussvertreter im Sinne des HGB tätig geworden. Er sei vielmehr wie ein angestellter Verkäufer in einem Einzelhandelsbetrieb tätig gewesen und nicht als sog. Warenvertreter.
Richtig ist, dass das BAG im Zusammenhang mit einem Handelsvertreterausgleichsanspruch das Offenhalten einer Selbstbedienungstankstelle als ausreichende Vermittlungstätigkeit im Sinne des § 84 HGB beurteilt hat (Urteil vom 06.08.1997 in NJW 1998, 66 - 71).Daraus folgert die Beigeladene zu 1), das Offenhalten eines Getränkemarktes genüge, um die Handelsvertretereigenschaft des Filialleiters zu begründen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass in dem vom BAG entschiedenen Fall die Handelsvertretereigenschaft bereits aufgrund eines hinreichend großen eigenen Spielraums zur unabhängigen Geschäftstätigkeit - vorliegend gerade nicht vorhanden, wie oben dargestellt - und der Tätigkeit auf Umsatzprovisionsbasis unstreitig war. Auch die letztgenannte wesentliche Eigenschaft fehlt vorliegend.
Im strittigen Zeitraum, nämlich vom 01.08.2000 bis zur fristlosen Kündigung der Beklagten vom 05.02.2001 hat der Kläger bei weitgehender Fremdbestimmung hinsichtlich Ort, Art und Zeit der Verkaufstätigkeit lediglich ein sehr geringes Unternehmerrisiko getragen. Dieses beschränkte sich auf die mit der Beschäftigung einer Mitarbeiterin verbundenen Lohnfortzahlungsrisiken. Bis 31.07.2001 stand ihm nämlich eine Garantieprovision in Höhe von 7.200,00 DM zu. Dass er gleichzeitig die Unkosten der Geschäftsräume trug, ist irrelevant, da der Abzug einer Pauschale von einer ziffernmäßig höher festgesetzten Provision keine echte Übernahme von Unkosten bedeutet (BSG, Urteil vom 13.07.1978 in SozR 2200 § 1227 RVO Nr.17). Angesichts der tatsächlich erzielten Umsätze müssen die ihm eingeräumten Chancen auf Einkünfte über der Garantieprovision als gering eingestuft werden. Wie oben dargestellt, hatte er nur in sehr beschränktem Umfang Einfluss auf den Geschäftsablauf.
Ob die Bewilligung einer Garantieprovision tatsächlich nur vorübergehend erfolgen sollte, erscheint zweifelhaft, nachdem der Kläger vorgetragen hat, in Tirschenreuth wegen Verlängerung der Garantieprovision niemals auf Umsatzbasis tätig geworden zu sein.
Die beschränkten Verdienstmöglichkeiten des Klägers sind auch der Grund dafür, dass das Recht zur Delegation von Aufgaben nur von untergeordneter Bedeutung ist. Grundsätzlich ist dem Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 04.12.2002 (Az.: 5 AZR 667/01) darin beizupflichten, dass regelmäßig kein Arbeitsvertrg vorliegt, wenn der Dienstverpflichtete nach den tatsächlichen Umständen nicht in der Lage ist, den Vertrag allein zu erfüllen, sondern auf Hilfskräfte angewiesen ist. Allerdings ist es nicht in jedem Fall gerechtfertigt, wegen der bloßen Berechtigung des Vertragspartners, die vertraglich geschuldete Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, ein Arbeitsverhältnis von vornherein auszuschließen (BAG a.a.O.; BAGE 87, 129, 137 f. sowie BGH, NZA 1999, 110). Im vorliegenden Fall hat die Unterbeschäftigung einer Mitarbeiterin ab 15.08. 2000 das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers nicht wesentlich verändert. Die Verdienstmöglichkeiten des Klägers waren immer vom Umfang des Einsatzes seiner eigenen Arbeitskraft abhängig. Nur wenn er diese in vollem Umfang einsetzte, war ihm ein tätigkeitsadäquater Verdienst gewährleistet, der dem eines angestellten Filialleiters entsprach. Leitende Angestellte in Filialgeschäften, die wie der Kläger gemäß ausdrücklicher schriftlicher Vereinbarung für Warenbestand und Inventurdifferenzen einzustehen haben, erhielten laut dem ab 01.05. 1999 gültigen Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern in der Ortsklasse 2 ab 01.01.2000 in der Beschäftigungsgruppe 4 bei einer tariflichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden 4.054,60 DM. Dem Kläger stand abzüglich seiner Unkosten einschließlich Pachtzins ein Betrag von 5.500,00 DM zur Verfügung, hatte jedoch wegen der Ladenöffnungszeiten ohne die Berücksichtigung sicherlich notwendiger zusätzlicher Vor- und Nacharbeitszeiten einen Personalbedarf von mehr als 58 Stunden/Woche. Die rechtliche Möglichkeit, Mitarbeiter zu beschäftigen und den Einsatz der eigenen Arbeitskraft zu beschränken, war daher finanziell nur mittels eigener wirtschaftlich nicht zu vertretender Einkommenseinbußen zu verwirklichen. Die Delegationsmöglichkeit war vielmehr von der Sache her geboten und gewährte ähnlich wie in dem vom Bundessozialgericht vom 13.07.1978 zum Kommissions-Agenturvertrag entschiedenen Fall keine echte unternehmerische Freiheit (SozR 2200 § 1227 Nr.17).
Hinzu kommt, dass der Kläger einem weitreichenden Wettbewerbsverbot unterlag. So ist in § 9 Abs.1 des Handelsvertretervertrags geregelt, dass sich der Handelsvertreter während des bestehenden Vertrags jeglichen Wettbewerbs zu Lasten von F. zu enthalten habe. Zulässig sei lediglich eine Kapitalbeteiligung an konkurrierenden Unternehmen ohne wesentlichen Einfluss auf das geschäftliche Verhalten dieses Unternehmens. Wollte der Handelsvertreter im Getränkemarkt oder in dessen Nähe neben dem F.-Getränkesortiment andere Waren vertreiben bzw. den Absatz anderer Waren vermitteln, so bedurfte er hierzu der vorherigen schriftlichen Zustimmung von F. (§ 8 Abs.2 des Handelsvertretersvertrags). Damit waren die Möglichkeiten des Klägers, unternehmerisch tätig zu werden, deutlich beschränkt.
Der Senat verkennt nicht, dass zahlreiche Beschlüsse und Urteile der Arbeitsgerichtsbarkeit im Sinne der Beigeladenen zu 1) ergangen sind. Allerdings spielt hierbei auch eine wesentliche Rolle, dass das Arbeitsgerichtsverfahren anders als das Sozialgerichtsverfahren nicht vom Untersuchungsgrundsatz (§ 103 SGG), sondern vom Verhandlungsgrundsatz beherrscht wird. Demgemäß gilt für den Arbeitsgerichtsprozess ebenso wie für den Zivilprozess nur ein formeller Wahrheitsbegriff, für den sozialgerichtlichen Prozess hingegen das Prinzip der materiellen Wahrheit. Höchstrichterlich ist jedenfalls nicht geklärt, ob Filialleiter wie der Kläger abhängig beschäftigt oder selbständig sind. Insbesondere kann die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Franchisenehmer - Vertriebspartner mit ähnlichen Einschränkungen der Selbständigkeit wie vorliegend - vom 16.07. 1997 nicht zur Begründung der Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 1) herangezogen werden. Dort hat das Bundesarbeitsgericht lediglich entschieden, dass der Franchisenehmer eine arbeitnehmerähnliche Person ist (BAGE 86, 178 ff.), die Frage nach der Arbeitnehmereigenschaft aber ausdrücklich offen gelassen.
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.3 VwGO. § 197a SGG findet Anwendung, da die Berufungsklägerin als Arbeitgeberin nicht zum kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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