Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KR 330/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 P 47/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 P 1/08 R
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 24. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Beitragshöhe in der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Die 1944 geborene Klägerin war vom 01.01. bis 30.09.2004 bei der Beklagten wegen Leistungsbezugs nach dem Sozialgesetzbuch III und ist seit 01.10.2004 als Arbeitnehmerin pflichtversichert. Im Mai 1977 hatte der damalige Arbeitgeber der Klägerin für sie bei der N. Lebensversicherung AG eine Lebensversicherung abgeschlossen, die zum 01.05.2004 die Versicherung als Kapitalleistung einer betrieblichen Altersvorsorge (86.331,31 Euro) zahlte. Hiervon unterrichtete die Versicherungsgesellschaft am 21.07.2004 die Beklagte.
Mit Bescheid vom 26.07.2004 stellte die Beklagte fest, dass die Kapitalleistung der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliege. Dabei gelte ein 1/120 der Kapitalleistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, wobei die Kapitalleistung auf zehn Jahre verteilt werde. Der Betrag zur Krankenversicherung belaufe sich monatlich ab 01.05.2004 auf 107,19 Euro und zur Pflegeversicherung auf 12,33 Euro (insgesamt 119,42 Euro). Für die Zeit vom 01.05.2004 bis 30.06.2004 ergebe sich ein Gesamtbetrag von 238,84 Euro, der binnen zweier Wochen zu zahlen sei. Die Klägerin legte hiergegen am 27.07. 2004 Widerspruch ein; die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung seien bisher steuer- und abgabenfrei gewesen, ihr stehe deshalb Bestandsschutz zu.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2004 den Widerspruch zurück. Nach der ab 01.01.2004 geltenden gesetzlichen Neuregelung seien auch Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung beitragspflichtig.
Die Klägerin hat hiergegen am 28.10.2004 beim Sozialgericht Bayreuth (SG) Klage erhoben, mit der sie wieder Bestandsschutz nach der früheren gesetzlichen Regelung fordert und die ungleiche Behandlung mit der Beitragsgestaltung in der privaten Krankenversicherung sowie Rentenversicherung rügt.
Das SG hat mit Urteil vom 24.01.2005 die Klage abgewiesen. Die der Klägerin ausgezahlten Versorgungsbezüge (Renten der betrieblichen Altersversorgung) seien für sie als Pflichtversicherte mit einem 1/120 der Leistung monatlich zu berücksichtigen. Für die Zeit ab 01.05.2004 unterliege der Versorgungsbezug der Klägerin für die Dauer von zehn Jahren der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Eine Aussetzung des Rechtsstreits und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht komme nicht in Betracht, das SG sei nicht von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung überzeugt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bestehe in der Erweiterung der Beitragspflicht auf originäre Kapitalleistungen nicht, sie beseitige viel mehr Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge. Eine Gleichstellung der Klägerin mit privat Versicherten sei nicht geboten; die private Versicherung beruhe auf anderen Prinzipien bei der Beitragsberechnung als die gesetzliche Krankenversicherung. Insgesamt liege eine Grundrechtsverletzung nicht vor. Die Klägerin könne auch nicht mit Recht Bestandsschutz beanspruchen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 23.02. 2005 (L 4 KR 27/05), mit der sie zugleich die Aussetzung von Beitragszahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung aus der Direktversicherung beantragt. Die gesetzliche Regelung verletze den Gleichheitssatz und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Senat hat mit Beschluss vom 21.07.2005 vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt (L 4 KR 92/05 ER). In der mündlichen Verhandlung am 08.09.2005 hat der Klägervertreter den Vorschlag des Senats abgelehnt, dass die Beteiligten sich hinsichtlich der Beitragsforderung zur Pflegeversicherung der zu treffenden Entscheidung in der Krankenversicherung unterwerfen. Daraufhin ist die Streitsache abgetrennt (Beschluss vom 08.09.2005) und an den damals noch für die Beiträge aus der Pflegeversicherung zuständigen 2. Senat abgegeben worden. Aufgrund einer Änderung der richterlichen Geschäftsverteilung ist der 4. Senat ab 01.01.2006 (wieder) für Beitragsangelegenheiten aus dem Recht der Pflegeversicherung zuständig. Die Beteiligten sind zur Entscheidung durch Beschluss gehört worden.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 24.01.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 26.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2004 aufzuheben, soweit er den Beitrag für die Pflegeversicherung betrifft.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen wurden die Akten des SG und der Beklagten. Auf deren Inhalt sowie den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144 Abs. 1 Satz 2, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber unbegründet. Der Senat konnte hier durch Beschluss entscheiden (§ 153 Abs. 4 SGG), da er die Berufung im Anschluss an sein Urteil vom 08.09.2005 (L 4 KR 27/05) zu den Beiträgen aus dem Recht der Krankenversicherung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht mehr für erforderlich hält.
Die angefochtenen Entscheidungen sind nicht zu beanstanden. Gemäß § 54 Abs. 1 bis 3 Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) werden die Mittel für die Pflegeversicherung durch Beiträge sowie sonstige Einnahmen gedeckt. Die Beiträge werden nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 55 SGB XI) erhoben. § 57 Abs. 1 SGB XI sieht vor, dass bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, für die Beitragsbemessung die §§ 226 und 228 bis 238 und § 244 SGB V sowie die §§ 23a und 23b Abs. 2 bis 4 Sozialgesetzbuch IV gelten. Die gesetzliche Vorschrift enthält den Grundsatz, dass die Beiträge in der Pflegeversicherung sich nach den beitragsrechtlichen Grundsätzen des Krankenversicherungsrechts richten. Damit sind die dem Senatsurteil vom 08.09.2005 (L 4 KR 27/05) genannten gesetzlichen Regelungen des SGB V anzuwenden. Auf diese Entscheidung wird im Übrigen Bezug genommen.
Gemäß §§ 226 Abs. 1 Nr. 3, 232a Abs. 4 Sozialgesetzbuch V (SGB V) werden bei versicherungspflichtig Beschäftigten und auch bei Beziehern von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld oder Winterausfallgeld als beitragspflichtige Einnahmen der Beitragsbemessung auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zu Grunde gelegt. Versorgungsbezüge sind gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Dies gilt auch, wenn Leistungen dieser Art aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung bezogen werden. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, so ist nach der ab 01.01.2004 geltenden Neufassung der gesetzlichen Regelung (Gesetz vom 14.11.2003, BGBl I S. 2190) ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge zugrundezulegen, längstens jedoch für 120 Monate.
Nach diesen gesetzlichen Vorschriften hat die Beklagte zutreffend den ausgezahlten Kapitalbetrag von 86.331,31 Euro durch 120 geteilt und das Ergebnis (719,42 Euro) gleichfalls zur Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung herangezogen.
Diese gesetzlichen Vorschriften sind für die Beklagte und das Gericht bindendes Recht (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG). Die Klägerin kann nicht mit ihrer Ansicht durchdringen, die Beitragsbelastung sei anders zu gestalten oder andere Beteiligte im System der gesetzlichen Krankenversicherung seien höher zu belasten. Denn weder hat das Gericht wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) die Kompetenz, noch ist es dessen Aufgabe, Gesetze zu ändern bzw. Gesetzesänderungen anzuregen. Es geht im Berufungsverfahren um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide und des angefochtenen Urteils. Die verfahrensrechtlich allein in Betracht kommende Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) scheidet aus, da der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung im Rahmen der hier durchgeführten pauschalen Prüfung der Sache- und Rechtslage überzeugt ist.
Ein Verstoß der gesetzlichen Neuregelung gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist bezüglich der Rügen der Klägerin nicht zu erkennen. Der allgemeine Gleichheitssatz ist betroffen, wenn wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird. Darüber hinaus sieht das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß auch in der Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 5, 28 ff. m.w.N.). Eine Beeinträchtigung des Gleichheitsrechts des Betroffenen liegt vor, wenn er durch die Ungleichbehandlung benachteiligt wird. Hier dagegen wird insofern auf Gleichbehandlung geachtet, als alle Pflichtversicherten, zu diesem Personenkreis gehört die Klägerin, in der Pflegeversicherung gleich behandelt werden.
Der Gesetzgeber wollte mit der beitragsrechtlichen Erfassung der Kapitalabfindungen, d.h. der einmaligen Zahlungen zur Abgeltung an sich zustehender laufender Leistungen, gemäß § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V eine Gleichbehandlung aller Kapitalabfindungen erreichen, die Versorgungsbezüge sind. Mit der Änderung des § 229 Abs. 1 SGB V ist jede Kapitalleistung beitragspflichtig, die als Versorgungsbezug zu werten ist, weil sie anstelle von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus früherer Beschäftigung oder Tätigkeit gewährt wird.
Der Gleichheitssatz ist, entgegen der Meinung der Klägerin, auch nicht dadurch verletzt, dass in der privaten Krankenversicherung Versorgungsbezüge bei der Beitragsbemessung nicht erfasst werden. Denn die Beitragsgestaltung in der privaten Krankenversicherung beruht auf anderen Prinzipien als in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Ebenso wenig ist mit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung und der Anwendung auf die Versorgungsbezüge der Klägerin das Rechtstaatsprinzip bzw. der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt (Art. 20 Abs. 2, 3 GG). Denn die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mussten aufgrund der seit langer Zeit eingeleiteten Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung, die auch die Finanzierung der Leistungen der Krankenversicherung betroffen haben, mit einer stärkeren Heranziehung zur Finanzierung der Leistungen rechnen. Außerdem ist das Anliegen des Gesetzgebers, ein höheres Maß an Beitragsgerechtigkeit bei der Behandlung von Kapitalabfindungen zu erreichen, mit dem Grundsatz der solidarischen Finanzierung (§ 1 Abs. 6 SGB XI) und dem Versicherungsprinzip zu vereinbaren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs.2 Nr. 1 SGG zugelassen, da der Senat auch die Revision gegen das o.g. Urteil vom 08.09.2005 zugelassen hat.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Beitragshöhe in der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Die 1944 geborene Klägerin war vom 01.01. bis 30.09.2004 bei der Beklagten wegen Leistungsbezugs nach dem Sozialgesetzbuch III und ist seit 01.10.2004 als Arbeitnehmerin pflichtversichert. Im Mai 1977 hatte der damalige Arbeitgeber der Klägerin für sie bei der N. Lebensversicherung AG eine Lebensversicherung abgeschlossen, die zum 01.05.2004 die Versicherung als Kapitalleistung einer betrieblichen Altersvorsorge (86.331,31 Euro) zahlte. Hiervon unterrichtete die Versicherungsgesellschaft am 21.07.2004 die Beklagte.
Mit Bescheid vom 26.07.2004 stellte die Beklagte fest, dass die Kapitalleistung der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliege. Dabei gelte ein 1/120 der Kapitalleistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, wobei die Kapitalleistung auf zehn Jahre verteilt werde. Der Betrag zur Krankenversicherung belaufe sich monatlich ab 01.05.2004 auf 107,19 Euro und zur Pflegeversicherung auf 12,33 Euro (insgesamt 119,42 Euro). Für die Zeit vom 01.05.2004 bis 30.06.2004 ergebe sich ein Gesamtbetrag von 238,84 Euro, der binnen zweier Wochen zu zahlen sei. Die Klägerin legte hiergegen am 27.07. 2004 Widerspruch ein; die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung seien bisher steuer- und abgabenfrei gewesen, ihr stehe deshalb Bestandsschutz zu.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2004 den Widerspruch zurück. Nach der ab 01.01.2004 geltenden gesetzlichen Neuregelung seien auch Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung beitragspflichtig.
Die Klägerin hat hiergegen am 28.10.2004 beim Sozialgericht Bayreuth (SG) Klage erhoben, mit der sie wieder Bestandsschutz nach der früheren gesetzlichen Regelung fordert und die ungleiche Behandlung mit der Beitragsgestaltung in der privaten Krankenversicherung sowie Rentenversicherung rügt.
Das SG hat mit Urteil vom 24.01.2005 die Klage abgewiesen. Die der Klägerin ausgezahlten Versorgungsbezüge (Renten der betrieblichen Altersversorgung) seien für sie als Pflichtversicherte mit einem 1/120 der Leistung monatlich zu berücksichtigen. Für die Zeit ab 01.05.2004 unterliege der Versorgungsbezug der Klägerin für die Dauer von zehn Jahren der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Eine Aussetzung des Rechtsstreits und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht komme nicht in Betracht, das SG sei nicht von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung überzeugt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bestehe in der Erweiterung der Beitragspflicht auf originäre Kapitalleistungen nicht, sie beseitige viel mehr Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge. Eine Gleichstellung der Klägerin mit privat Versicherten sei nicht geboten; die private Versicherung beruhe auf anderen Prinzipien bei der Beitragsberechnung als die gesetzliche Krankenversicherung. Insgesamt liege eine Grundrechtsverletzung nicht vor. Die Klägerin könne auch nicht mit Recht Bestandsschutz beanspruchen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 23.02. 2005 (L 4 KR 27/05), mit der sie zugleich die Aussetzung von Beitragszahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung aus der Direktversicherung beantragt. Die gesetzliche Regelung verletze den Gleichheitssatz und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Senat hat mit Beschluss vom 21.07.2005 vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt (L 4 KR 92/05 ER). In der mündlichen Verhandlung am 08.09.2005 hat der Klägervertreter den Vorschlag des Senats abgelehnt, dass die Beteiligten sich hinsichtlich der Beitragsforderung zur Pflegeversicherung der zu treffenden Entscheidung in der Krankenversicherung unterwerfen. Daraufhin ist die Streitsache abgetrennt (Beschluss vom 08.09.2005) und an den damals noch für die Beiträge aus der Pflegeversicherung zuständigen 2. Senat abgegeben worden. Aufgrund einer Änderung der richterlichen Geschäftsverteilung ist der 4. Senat ab 01.01.2006 (wieder) für Beitragsangelegenheiten aus dem Recht der Pflegeversicherung zuständig. Die Beteiligten sind zur Entscheidung durch Beschluss gehört worden.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 24.01.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 26.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2004 aufzuheben, soweit er den Beitrag für die Pflegeversicherung betrifft.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen wurden die Akten des SG und der Beklagten. Auf deren Inhalt sowie den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144 Abs. 1 Satz 2, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber unbegründet. Der Senat konnte hier durch Beschluss entscheiden (§ 153 Abs. 4 SGG), da er die Berufung im Anschluss an sein Urteil vom 08.09.2005 (L 4 KR 27/05) zu den Beiträgen aus dem Recht der Krankenversicherung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht mehr für erforderlich hält.
Die angefochtenen Entscheidungen sind nicht zu beanstanden. Gemäß § 54 Abs. 1 bis 3 Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) werden die Mittel für die Pflegeversicherung durch Beiträge sowie sonstige Einnahmen gedeckt. Die Beiträge werden nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 55 SGB XI) erhoben. § 57 Abs. 1 SGB XI sieht vor, dass bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, für die Beitragsbemessung die §§ 226 und 228 bis 238 und § 244 SGB V sowie die §§ 23a und 23b Abs. 2 bis 4 Sozialgesetzbuch IV gelten. Die gesetzliche Vorschrift enthält den Grundsatz, dass die Beiträge in der Pflegeversicherung sich nach den beitragsrechtlichen Grundsätzen des Krankenversicherungsrechts richten. Damit sind die dem Senatsurteil vom 08.09.2005 (L 4 KR 27/05) genannten gesetzlichen Regelungen des SGB V anzuwenden. Auf diese Entscheidung wird im Übrigen Bezug genommen.
Gemäß §§ 226 Abs. 1 Nr. 3, 232a Abs. 4 Sozialgesetzbuch V (SGB V) werden bei versicherungspflichtig Beschäftigten und auch bei Beziehern von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld oder Winterausfallgeld als beitragspflichtige Einnahmen der Beitragsbemessung auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zu Grunde gelegt. Versorgungsbezüge sind gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Dies gilt auch, wenn Leistungen dieser Art aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung bezogen werden. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, so ist nach der ab 01.01.2004 geltenden Neufassung der gesetzlichen Regelung (Gesetz vom 14.11.2003, BGBl I S. 2190) ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge zugrundezulegen, längstens jedoch für 120 Monate.
Nach diesen gesetzlichen Vorschriften hat die Beklagte zutreffend den ausgezahlten Kapitalbetrag von 86.331,31 Euro durch 120 geteilt und das Ergebnis (719,42 Euro) gleichfalls zur Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung herangezogen.
Diese gesetzlichen Vorschriften sind für die Beklagte und das Gericht bindendes Recht (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG). Die Klägerin kann nicht mit ihrer Ansicht durchdringen, die Beitragsbelastung sei anders zu gestalten oder andere Beteiligte im System der gesetzlichen Krankenversicherung seien höher zu belasten. Denn weder hat das Gericht wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) die Kompetenz, noch ist es dessen Aufgabe, Gesetze zu ändern bzw. Gesetzesänderungen anzuregen. Es geht im Berufungsverfahren um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide und des angefochtenen Urteils. Die verfahrensrechtlich allein in Betracht kommende Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 GG) scheidet aus, da der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung im Rahmen der hier durchgeführten pauschalen Prüfung der Sache- und Rechtslage überzeugt ist.
Ein Verstoß der gesetzlichen Neuregelung gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist bezüglich der Rügen der Klägerin nicht zu erkennen. Der allgemeine Gleichheitssatz ist betroffen, wenn wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird. Darüber hinaus sieht das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß auch in der Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (Jarass/Pieroth, GG, Art. 3, Rn. 5, 28 ff. m.w.N.). Eine Beeinträchtigung des Gleichheitsrechts des Betroffenen liegt vor, wenn er durch die Ungleichbehandlung benachteiligt wird. Hier dagegen wird insofern auf Gleichbehandlung geachtet, als alle Pflichtversicherten, zu diesem Personenkreis gehört die Klägerin, in der Pflegeversicherung gleich behandelt werden.
Der Gesetzgeber wollte mit der beitragsrechtlichen Erfassung der Kapitalabfindungen, d.h. der einmaligen Zahlungen zur Abgeltung an sich zustehender laufender Leistungen, gemäß § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V eine Gleichbehandlung aller Kapitalabfindungen erreichen, die Versorgungsbezüge sind. Mit der Änderung des § 229 Abs. 1 SGB V ist jede Kapitalleistung beitragspflichtig, die als Versorgungsbezug zu werten ist, weil sie anstelle von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus früherer Beschäftigung oder Tätigkeit gewährt wird.
Der Gleichheitssatz ist, entgegen der Meinung der Klägerin, auch nicht dadurch verletzt, dass in der privaten Krankenversicherung Versorgungsbezüge bei der Beitragsbemessung nicht erfasst werden. Denn die Beitragsgestaltung in der privaten Krankenversicherung beruht auf anderen Prinzipien als in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Ebenso wenig ist mit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung und der Anwendung auf die Versorgungsbezüge der Klägerin das Rechtstaatsprinzip bzw. der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt (Art. 20 Abs. 2, 3 GG). Denn die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mussten aufgrund der seit langer Zeit eingeleiteten Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung, die auch die Finanzierung der Leistungen der Krankenversicherung betroffen haben, mit einer stärkeren Heranziehung zur Finanzierung der Leistungen rechnen. Außerdem ist das Anliegen des Gesetzgebers, ein höheres Maß an Beitragsgerechtigkeit bei der Behandlung von Kapitalabfindungen zu erreichen, mit dem Grundsatz der solidarischen Finanzierung (§ 1 Abs. 6 SGB XI) und dem Versicherungsprinzip zu vereinbaren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird gemäß § 160 Abs.2 Nr. 1 SGG zugelassen, da der Senat auch die Revision gegen das o.g. Urteil vom 08.09.2005 zugelassen hat.
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