Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 272/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 406/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26. September 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, über die Förderung der Ausbildung der Klägerin zur Erzieherin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Förderung der beruflichen Eingliederung streitig.
Die 1976 geborene Klägerin hat nach Erwerb der Fachhochschulreife 1994 bis 1997 die Ausbildung zur Krankenpflegerin absolviert und war vom 01.10. bis 31.12.1997 als Krankenschwester in einer Arztpraxis, anschließend bis 31.03.98 in einer Sozialstation und ab 01.04.1998 in der Altenpflege beschäftigt.
Am 05.12.99 beantragte sie die Förderung der beruflichen Eingliederung und gab an, die bisherige Tätigkeit wegen Rückenbeschwerden nicht mehr ausüben zu können. Sie äußerte den Wunsch, zur staatlich anerkannten Erzieherin umgeschult zu werden.
Sie wurde am 30.11.1999 von Dr.S. vom arbeitsamtsärztlichen Dienst untersucht. In der ergänzenden Stellungnahme vom 25.01.2000 hielt die Sachverständige die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht für geeignet, den Beruf der Erzieherin auszuüben. Die Dipl.-Psychologin K. hielt in ihrem nach Untersuchung erstellten Gutachten vom 19.01.2000 die Klägerin für diesen Beruf für bestens geeignet.
Mit Bescheid vom 27.02.2000 lehnte die Beklagte eine Förderung der Ausbildung zur Erzieherin mit der Begründung ab, sie sei für ihren Berufswunsch wegen der chronischen Wirbelsäulenerkrankung nicht geeignet.
Mit ihrem Widerspruch verwies die Klägerin auf das ärztliche Attest der Dres.J./H. vom 15.02.2000, wonach der Beruf der Erzieherin bei konsequenter Einhaltung einer rückenschonenden Arbeitsweise möglich zu sein scheine, zumal bei mehreren Praktika in Kindergärten keine Beschwerdeverschlechterung eingetreten sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.00 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Im Beruf der Erzieherin sei u.a. in der Behindertenpädagogik zeitweise auch schwere körperliche Arbeit erforderlich, bei Funktionseinschränkungen und chronischen Erkrankungen der Wirbelsäule bestehe voraussichtlich körperliche Nichteignung. Für alternative Berufsrichtungen (z.B. Dipl.-Sozialarbeiterin) habe sie sich nicht aufgeschlossen gezeigt.
Mit ihrer zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin diesen Feststellungen wiedersprochen und ausgeführt, außer den Berufen der Dipl.-Sozialarbeiterin, der Logopädin und der Unterrichtsschwester seien ihr keine Alternativen angeboten worden. Nach eigenen Erkundigungen sei es praktisch unmöglich, einen Arbeitsplatz als Logopädin oder Unterrichtsschwester im Regierungsbezirk Schwaben zu bekommen, weshalb ihr eine solche Berufsausbildung nicht sinnvoll erscheine.
Das SG hat Befundberichte der Allgemeinärzte Dres.J./H. und des Sportmediziniers Dr.O. eingeholt. In seinem Auftrag hat der Facharzt für Orthopädie Dr.L. nach Untersuchung der Klägerin am 08.05.2001 das Gutachten vom 15.05.2001 erstellt. In der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2002 hat die Klägerin angegeben, im September 2000 die Ausbildung zur Erzieherin begonnen und den schulischen Teil erfolgreich abgeschlossen zu haben; seit 01.09.2002 absolviere sie ein Berufspraktikum.
Mit Urteil vom 26.09.02 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen zur beruflichen Rehabilitation nach den gesetzlichen Bestimmungen antragsgemäß zu gewähren. Nach erfolgreicher Ausbildung sei die Klägerin in Kindergärten, Tagesstätten, Kinderheimen, Jugendwohnheimen und Jugendzentren einsetzbar. Bei einem derart weit gefächterten Einsatzgebiet sei nach der Überzeugung des Gerichts die dauerhafte berufliche Eingliederung sichergestellt. Die Klägerin habe nach ihrem bisherigen Werdegang gezeigt, dass sie für den Beruf der Erzieherin geeignet sei.
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, die Klägerin sei im Schwerbehindertenbereich nicht einsetzbar. Die Beklagte sei nach der Rechtsprechung des BSG nicht verpflichtet, die Umschulung in einen Beruf zu fördern, in dem der Bewerber nur in einem Teil des Berufsfeldes einsatzfähig sei. Es lägen auch Einschränkungen im Bereich der vorschulischen Erziehung, also im Rahmen der Tätigkeit als Kindergärtnerin, vor, da Erzieherinnen hier häufig gezwungen seien, Kinder zu heben und ggf. einige Meter zu tragen. Auch das Sitzen auf den kleinen Kinderstühlen stelle eine gewisse Wirbelsäulenbelastung dar.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.09.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Auskünfte des Leiters der Fachakademie für Sozialpädagogik M. S. A. vom 13.11.2003, des Statistischen Bundesamtes vom 26.10.2004, des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 01.12.2004 und des Direktors der Bayerischen Landesschule für Körperbehinderte vom 14.11.2005 eingeholt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgeseztes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als nicht begründet. Allerdings besteht kein Anspruch auf Förderung der Ausbildung zur Erzieherin, da eine Förderung der beruflichen Eingliederung in das Ermessen der Beklagten gestellt ist, weshalb die Beklagte über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden hat.
Gem. § 97 Abs.1 SGB III in der bis 30.06.2001 geltenden Fassung können Behinderten Leistungen zur Förderung der beruflichen Eingliederung erbracht werden, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre berufliche Eingliederung zu sichern. Die Klägerin ist Behinderte in diesem Sinne, da sie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit der Krankenschwester, speziell die Tätigkeit in dem Altenpflegeheim, nicht mehr verrichten konnte. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Gem. § 97 Abs.2 Satz 1 SGB III sind bei der Auswahl der Leisungen Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten ist die Klägerin für die Ausbildung zur Erzieherin und für die Ausübung dieses Berufes geeignet.
Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund des vom SG eingeholten schlüssigen und überzeugenden Gutachtens des Orthopäden Dr.L. vom 15.05.2001. Danach liegt bei der Klägerin eine Bandscheibenvorwölbung in Höhe L5/S1 vor, die bei Ausübung der körperlich schweren Tätigkeit als Krankenschwester speziell in der Altenpflege Beschwerden verursacht hat, die aber inzwischen abgeklungen sind, so dass der von Dr.L. festgestellte Funktionsbefund unauffällig ist. Ein klinisches Krankheitsbild im Sinne eines chronischen Lendenwirbelsäulensyndroms liegt nicht mehr vor. Aufgrund dieser Befunde ist die Klägerin nicht für körperlich schwere Tätigkeiten mit häufigem Heben und Tragen, häufiger gebückter und sonstiger körperlicher Zwangshaltung geeignet, während sie mittelschwere Tätigkeiten ausüben kann.
Damit ist die Klägerin für den Beruf der Erzieherin geeignet. Insbesondere bestehen für den Bereich der vorschulischen Erziehung keine Einschränkungen. Da ein chronisches Wirbelsäulensyndrom nicht vorliegt, ist die Klägerin auch zu Tätigkeiten in gebückter oder sonstiger Zwangshaltung in der Lage, auszuschließen sind lediglich Tätigkeiten, bei denen ständig solche Zwangshaltungen auftreten, was im Beruf der Erzieherin nicht der Fall ist. Keinesfalls sind die hierbei auftretenden Belastungen vergleichbar mit denen im Beruf einer Krankenschwester, insbesondere bei Einsatz in der Altenpflege.
Einsetzbar ist die Klägerin auch im Bereich der Behindertenpädagogik. Hierbei kann dahinstehen, ob von einer Nichteignung im Sinne der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.05.2000, B 11 AL 107/99 R, DBlR 4613, AFG/§ 56) auszugehen wäre, wenn der Klägerin nur ein geringer Prozentsatz des breiten beruflichen Spektrums der Erzieherin verschlossen bliebe; nach der Auskunft des Statistischen Bundesamtes waren im Mai 2003 in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 452.000 Erzieher beschäftigt, davon 417.000 Erzieherinnen; nach der Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 01.12.2004 sind schätzungsweise 9 % der Erzieher/innen mit behinderten Kindern befasst, wobei in den heilpädagogischen Tagesstätten für behinderte Kinder 25 % des betreuenden Personals Erzieher/innen sind. Denn auch in diesem Bereich wäre die Klägerin einsetzbar. Nach der Auskunft des Direktors der Bayerischen Landesschule für Körperbehinderte vom 14.11.2005 lässt es sich zwar meist nicht umgehen, die zu betreuenden Kinder zu heben und zu tragen. Hierzu ist die Klägerin aber, angesichts der Tatsache, dass eine chronische Wirbelsäulenerkrankung nicht vorliegt, in der Lage. Für schwere und mittelschwere Hebetätigkeiten stehen laut der Auskunft vom 14.11.2005 grundsätzlich Lifter zur Verfügung , auch ist im Rahmen der Gruppenarbeit eine Delegation von besonders schweren Hebetätigkeiten möglich.
Zusammenfassend ist zur Überzeugung des Senats die Klägerin auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG in der Lage, das gesamte berufliche Spektrum der Erzieherin abzudecken.
Die Ausbildung zur Erzieherin zählt gem. § 98 Abs.1 Nr.1 i.V.m. § 100 Nr.6 SGB III zu den allgemeinen Leistungen und stellt damit ein förderbares Mittel der beruflichen Eingliederung Behinderter dar. Da die Erbringung dieser Leistungen in das Ermessen der Beklagten gestellt ist, hat diese über die Förderung der Ausbildung zur Erzieherin erneut zu entscheiden und hierbei von der Geeignetheit der Klägerin für diesen Beruf auszugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Förderung der beruflichen Eingliederung streitig.
Die 1976 geborene Klägerin hat nach Erwerb der Fachhochschulreife 1994 bis 1997 die Ausbildung zur Krankenpflegerin absolviert und war vom 01.10. bis 31.12.1997 als Krankenschwester in einer Arztpraxis, anschließend bis 31.03.98 in einer Sozialstation und ab 01.04.1998 in der Altenpflege beschäftigt.
Am 05.12.99 beantragte sie die Förderung der beruflichen Eingliederung und gab an, die bisherige Tätigkeit wegen Rückenbeschwerden nicht mehr ausüben zu können. Sie äußerte den Wunsch, zur staatlich anerkannten Erzieherin umgeschult zu werden.
Sie wurde am 30.11.1999 von Dr.S. vom arbeitsamtsärztlichen Dienst untersucht. In der ergänzenden Stellungnahme vom 25.01.2000 hielt die Sachverständige die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht für geeignet, den Beruf der Erzieherin auszuüben. Die Dipl.-Psychologin K. hielt in ihrem nach Untersuchung erstellten Gutachten vom 19.01.2000 die Klägerin für diesen Beruf für bestens geeignet.
Mit Bescheid vom 27.02.2000 lehnte die Beklagte eine Förderung der Ausbildung zur Erzieherin mit der Begründung ab, sie sei für ihren Berufswunsch wegen der chronischen Wirbelsäulenerkrankung nicht geeignet.
Mit ihrem Widerspruch verwies die Klägerin auf das ärztliche Attest der Dres.J./H. vom 15.02.2000, wonach der Beruf der Erzieherin bei konsequenter Einhaltung einer rückenschonenden Arbeitsweise möglich zu sein scheine, zumal bei mehreren Praktika in Kindergärten keine Beschwerdeverschlechterung eingetreten sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.00 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Im Beruf der Erzieherin sei u.a. in der Behindertenpädagogik zeitweise auch schwere körperliche Arbeit erforderlich, bei Funktionseinschränkungen und chronischen Erkrankungen der Wirbelsäule bestehe voraussichtlich körperliche Nichteignung. Für alternative Berufsrichtungen (z.B. Dipl.-Sozialarbeiterin) habe sie sich nicht aufgeschlossen gezeigt.
Mit ihrer zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin diesen Feststellungen wiedersprochen und ausgeführt, außer den Berufen der Dipl.-Sozialarbeiterin, der Logopädin und der Unterrichtsschwester seien ihr keine Alternativen angeboten worden. Nach eigenen Erkundigungen sei es praktisch unmöglich, einen Arbeitsplatz als Logopädin oder Unterrichtsschwester im Regierungsbezirk Schwaben zu bekommen, weshalb ihr eine solche Berufsausbildung nicht sinnvoll erscheine.
Das SG hat Befundberichte der Allgemeinärzte Dres.J./H. und des Sportmediziniers Dr.O. eingeholt. In seinem Auftrag hat der Facharzt für Orthopädie Dr.L. nach Untersuchung der Klägerin am 08.05.2001 das Gutachten vom 15.05.2001 erstellt. In der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2002 hat die Klägerin angegeben, im September 2000 die Ausbildung zur Erzieherin begonnen und den schulischen Teil erfolgreich abgeschlossen zu haben; seit 01.09.2002 absolviere sie ein Berufspraktikum.
Mit Urteil vom 26.09.02 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen zur beruflichen Rehabilitation nach den gesetzlichen Bestimmungen antragsgemäß zu gewähren. Nach erfolgreicher Ausbildung sei die Klägerin in Kindergärten, Tagesstätten, Kinderheimen, Jugendwohnheimen und Jugendzentren einsetzbar. Bei einem derart weit gefächterten Einsatzgebiet sei nach der Überzeugung des Gerichts die dauerhafte berufliche Eingliederung sichergestellt. Die Klägerin habe nach ihrem bisherigen Werdegang gezeigt, dass sie für den Beruf der Erzieherin geeignet sei.
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, die Klägerin sei im Schwerbehindertenbereich nicht einsetzbar. Die Beklagte sei nach der Rechtsprechung des BSG nicht verpflichtet, die Umschulung in einen Beruf zu fördern, in dem der Bewerber nur in einem Teil des Berufsfeldes einsatzfähig sei. Es lägen auch Einschränkungen im Bereich der vorschulischen Erziehung, also im Rahmen der Tätigkeit als Kindergärtnerin, vor, da Erzieherinnen hier häufig gezwungen seien, Kinder zu heben und ggf. einige Meter zu tragen. Auch das Sitzen auf den kleinen Kinderstühlen stelle eine gewisse Wirbelsäulenbelastung dar.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.09.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Auskünfte des Leiters der Fachakademie für Sozialpädagogik M. S. A. vom 13.11.2003, des Statistischen Bundesamtes vom 26.10.2004, des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 01.12.2004 und des Direktors der Bayerischen Landesschule für Körperbehinderte vom 14.11.2005 eingeholt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgeseztes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als nicht begründet. Allerdings besteht kein Anspruch auf Förderung der Ausbildung zur Erzieherin, da eine Förderung der beruflichen Eingliederung in das Ermessen der Beklagten gestellt ist, weshalb die Beklagte über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden hat.
Gem. § 97 Abs.1 SGB III in der bis 30.06.2001 geltenden Fassung können Behinderten Leistungen zur Förderung der beruflichen Eingliederung erbracht werden, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre berufliche Eingliederung zu sichern. Die Klägerin ist Behinderte in diesem Sinne, da sie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit der Krankenschwester, speziell die Tätigkeit in dem Altenpflegeheim, nicht mehr verrichten konnte. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Gem. § 97 Abs.2 Satz 1 SGB III sind bei der Auswahl der Leisungen Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten ist die Klägerin für die Ausbildung zur Erzieherin und für die Ausübung dieses Berufes geeignet.
Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund des vom SG eingeholten schlüssigen und überzeugenden Gutachtens des Orthopäden Dr.L. vom 15.05.2001. Danach liegt bei der Klägerin eine Bandscheibenvorwölbung in Höhe L5/S1 vor, die bei Ausübung der körperlich schweren Tätigkeit als Krankenschwester speziell in der Altenpflege Beschwerden verursacht hat, die aber inzwischen abgeklungen sind, so dass der von Dr.L. festgestellte Funktionsbefund unauffällig ist. Ein klinisches Krankheitsbild im Sinne eines chronischen Lendenwirbelsäulensyndroms liegt nicht mehr vor. Aufgrund dieser Befunde ist die Klägerin nicht für körperlich schwere Tätigkeiten mit häufigem Heben und Tragen, häufiger gebückter und sonstiger körperlicher Zwangshaltung geeignet, während sie mittelschwere Tätigkeiten ausüben kann.
Damit ist die Klägerin für den Beruf der Erzieherin geeignet. Insbesondere bestehen für den Bereich der vorschulischen Erziehung keine Einschränkungen. Da ein chronisches Wirbelsäulensyndrom nicht vorliegt, ist die Klägerin auch zu Tätigkeiten in gebückter oder sonstiger Zwangshaltung in der Lage, auszuschließen sind lediglich Tätigkeiten, bei denen ständig solche Zwangshaltungen auftreten, was im Beruf der Erzieherin nicht der Fall ist. Keinesfalls sind die hierbei auftretenden Belastungen vergleichbar mit denen im Beruf einer Krankenschwester, insbesondere bei Einsatz in der Altenpflege.
Einsetzbar ist die Klägerin auch im Bereich der Behindertenpädagogik. Hierbei kann dahinstehen, ob von einer Nichteignung im Sinne der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.05.2000, B 11 AL 107/99 R, DBlR 4613, AFG/§ 56) auszugehen wäre, wenn der Klägerin nur ein geringer Prozentsatz des breiten beruflichen Spektrums der Erzieherin verschlossen bliebe; nach der Auskunft des Statistischen Bundesamtes waren im Mai 2003 in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 452.000 Erzieher beschäftigt, davon 417.000 Erzieherinnen; nach der Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 01.12.2004 sind schätzungsweise 9 % der Erzieher/innen mit behinderten Kindern befasst, wobei in den heilpädagogischen Tagesstätten für behinderte Kinder 25 % des betreuenden Personals Erzieher/innen sind. Denn auch in diesem Bereich wäre die Klägerin einsetzbar. Nach der Auskunft des Direktors der Bayerischen Landesschule für Körperbehinderte vom 14.11.2005 lässt es sich zwar meist nicht umgehen, die zu betreuenden Kinder zu heben und zu tragen. Hierzu ist die Klägerin aber, angesichts der Tatsache, dass eine chronische Wirbelsäulenerkrankung nicht vorliegt, in der Lage. Für schwere und mittelschwere Hebetätigkeiten stehen laut der Auskunft vom 14.11.2005 grundsätzlich Lifter zur Verfügung , auch ist im Rahmen der Gruppenarbeit eine Delegation von besonders schweren Hebetätigkeiten möglich.
Zusammenfassend ist zur Überzeugung des Senats die Klägerin auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG in der Lage, das gesamte berufliche Spektrum der Erzieherin abzudecken.
Die Ausbildung zur Erzieherin zählt gem. § 98 Abs.1 Nr.1 i.V.m. § 100 Nr.6 SGB III zu den allgemeinen Leistungen und stellt damit ein förderbares Mittel der beruflichen Eingliederung Behinderter dar. Da die Erbringung dieser Leistungen in das Ermessen der Beklagten gestellt ist, hat diese über die Förderung der Ausbildung zur Erzieherin erneut zu entscheiden und hierbei von der Geeignetheit der Klägerin für diesen Beruf auszugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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