L 7 AS 40/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 148/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 40/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18. August 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht das der Klägerin gezahlte Arbeitslosengeld II (Alg II) nach § 31 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) abgesenkt hat.

Der 1984 geborenen Klägerin, die noch bei ihrer Mutter wohnt, wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 08.12.2004 für die Zeit vom 01.01. bis 31.03.2005 Alg II in Höhe von monatlich 320,08 EUR bewilligt. Am 27.01.2005 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung ab, mit der sich die Klägerin verpflichtete, an allen Maßnahmen zur Eingliederung mitzuwirken. Die Eingliederungsvereinbarung enthielt das Angebot einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung als Verkaufshilfe ab dem 28.01.2005. Die Eingliederungsvereinbarung enthielt den Hinweis auf die Rechtsfolgen bei Nichterfüllung der Rechte und Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung. Es wurde Bezug genommen auf die Rechtsfolgenbelehrung im Anhang der Eingliederungsvereinbarung, die die Rechtsfolgenbelehrung nach § 31 Abs. 1, Abs. 5 und Abs. 6 SGB II enthält. Nach einem Vermerk des zuständigen Sachbearbeiters wurde das Angebot für die N. GmbH in U. am 27.01.2005 persönlich mit der Rechtsfolgenbelehrung zum SGB II ausgehändigt. Am 31.01.2005 wurde nach diesem Vermerk ein weiteres Angebot für ein Versicherungsbüro S. übermittelt.

Die N. GmbH teilte der Beklagten am 08.02.2005 mit, die Klägerin habe sich auf das Stellenangebot vom 27.01.2005 nicht gemeldet. Nach einem Aktenvermerk vom 25.02.2005 gab die Klägerin zum Angebot N. GmbH an, sie habe dort telefonisch niemand erreicht und den Vorschlag dann nicht weiter verfolgt.

Den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 15.03.2005 für die Zeit nach dem 31.03.2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.2005 ab. Die Leistung sei nach § 31 Abs. 5 SGB II ab 01.04.2005 auf die angemessenen Kosten für Unterkunft beschränkt. Wegen des anzurechnenden Kindergeldes bestehe ab 01.04.2005 kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.

Dagegen legte die Klägerin am 24.03.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung machte sie geltend, sie habe Anfang März ein Vorstellungsgespräch als Reinigungskraft beim Versicherungsbüro S. in W. gehabt. Da sie bezüglich der Stelle eine mündliche Zusage erhalten habe, habe sie sich für die Stelle bei der N. GmbH wegen des Ein-Euro-Jobs nicht gemeldet. Sie hätte über die Rechtsfolgen belehrt werden müssen. Der Widerspruch wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2005 zurückgewiesen. Sie sei hinreichend über die Rechtsfolgen belehrt worden.

Mit ihrer am 15.05.2005 zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, es habe sich nur um einen einmaligen Verstoß gehandelt, im Übrigen habe sie ihre Pflichten erfüllt. Gegen die Regelungen des § 31 Abs. 5 und Abs. 6 SGB II bestünden verfassungsrechtliche Bedenken. Das Bewerbungsangebot bei der N. sei nicht schriftlich erfolgt. Deshalb sei auch das Merkblatt mit der Rechtsfolgenbelehrung nicht ausgehändigt worden.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18.08.2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die von der Klägerin unterschriebene Eingliederungsvereinbarung vom 27.01.2005 habe die Pflicht umfasst, sich auf das Angebot einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (§ 16 Abs. 3 SGB II) beim Anbieter ab 28.01.2005 zu melden. Die Klägerin habe nach ihrer Einlassung beim Arbeitsvermittler am 25.02.2005 angegeben, sie habe nur einmal eine telefonische Kontaktaufnahme versucht und dann die Angelegenheit nicht weiter verfolgt. Im Widerspruchsschreiben habe sie sogar angegeben, das Angebot überhaupt nicht weiter verfolgt zu haben, weil sie eine Chance hatte, beim Versicherungsbüro S. in W. eine Beschäftigung zu erhalten. Dieses Verhalten sei als Weigerung, die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflicht zu erfüllen, zu bewerten. Erwerbsfähige Hilfebedürftige müssten alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Sie müssten aktiv an allen Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit mitwirken. Wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich sei, habe der erwerbsfähige Hilfebedürftige eine ihm angebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit zu übernehmen. Aus dieser Vorgabe sei das Tatbestandsmerkmal weigern zu interpretieren. Es umfasse jedes Verhalten, das keine zutreffende Bereitschaft zeige, sich entsprechend den in der Eingliederungsvereinbarung gesetzmäßig getroffenen Regelungen zu verhalten. Es müssten für jeden Tag, für den Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht werden, die jeweiligen Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung erfüllt werden. Die Chance auf eine Stelle beim Versicherungsbüro S. sei nach Einlassung der Klägerin erst nach der Vorstellung Anfang März 2005 entstanden. Die Klägerin sei nicht berechtigt gewesen, nach eigenem Ermessen das Angebot bei der N. GmbH ab 27.01.2005 nicht weiterzuverfolgen. Ein wichtiger Grund für das Verhalten habe nicht vorgelegen. Die Eingliederungsvereinbarung habe die Rechtsfolgenbelehrungen nach § 31 Abs. 1, 5 und 6 SGB II enthalten.

Die Klägerin hat gegen das am 25.08.2005 zugestellte Urteil mit einem am 23.09.2005 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf das Vorbringen in der 1. Instanz Bezug genommen.

Im Erörterungstermin vom 06.04.2006 wurde der zuständige Arbeitsvermittler als Zeuge einvernommen. Dieser hat ausgesagt, er habe der Klägerin am 27.01.2005 den Vermittlungsvorschlag für die N. ausgehändigt. Diesen habe er in ihrer Gegenwart auf dem Computer ausgefüllt und ausgedruckt. Ein Exemplar sei an die N. gegangen, ein Exemplar habe er der Klägerin ausgehändigt. Zudem habe er die Klägerin vor der Unterzeichnung der Eingliederungsvereinbarung auch mündlich auf die Folgen hingewiesen, die entstehen würden, wenn sie sich nicht bei der N. bewerben würde.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 18. August 2005 sowie des Bescheides der Beklagten vom 17. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2005 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 2005 Arbeitslosengeld II zu zahlen.

Die Beklagte hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig; denn die Klägerin begehrt Geldleistungen von mehr als 500 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet, weil der Klägerin für die streitige Zeit kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zusteht.

Das Alg II wird gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b SGB II abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, in der Eingliederungs-vereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen. Nach der Eingliederungsvereinbarung war die Klägerin verpflichtet, sich bei der N. vorzustellen. Diese Verpflichtung hat die Klägerin dadurch verletzt, dass sie nur einmal versucht hat, diese telefonisch zu erreichen. Die Klägerin hatte auch keinen wichtigen Grund für ihr Verhalten. Der Senat schließt sich diesbezüglich gemäß § 153 Abs. 2 SGG den Gründen des angefochtenen Urteils an.

Aufgrund der Zeugenaussage des zuständigen Arbeitsvermittlers steht auch fest, dass die Klägerin über die Rechtsfolgen hinreichend aufgeklärt wurde; denn dieser hat ausgesagt, dass er die Klägerin sowohl schriftlich als auch mündlich auf die Folgen hingewiesen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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