Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 50 AS 291/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 70/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7b AS 8/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 26. September 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind - mit Ausnahme der von der Beklagten im Widerspruchsbescheid anerkannten Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von einem Achtzigstel - nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren (nur noch) streitig, ob dem Kläger ein Anspruch auf das Geld zusteht, das dieser für die Zinsen eines gestundeten Darlehens in der Zeit vom 01.01 bis 31.2005 aufzubringen hätte.
Dem 1947 geborenen Kläger wurden von der Beklagten auf den Antrag vom 15.09.2004 mit Bescheid vom 22.12.2004 für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligt, und zwar für ihn und seine Ehefrau in Höhe von zusammen monatlich 1583,58 EUR. Das Ehepaar bewohnt ein eigenes Haus. Die Wohnfläche beträgt 125 qm, die Gesamtfläche 141 qm. Die Zins- und Tilgungsverpflichtung beliefen sich bei Antragstellung auf 1.347,09 EUR Zinsen und 246,20 EUR Tilgung aus drei Darlehensverträgen. Die Heizkosten betragen 104,50 EUR, die sonstigen Wohnkosten 54,71 EUR und die Nebenkosten 5,40 EUR. Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger am 19.12.2004 mit, dass er die Zinsen für das dritte Darlehen in Höhe von 607,61 EUR nicht zurückzahle, da er dieses bei Fälligkeit einer Vermögensanlage in Form eines Berlin-Darlehens begleichen werde. Der Berechnung der Unterkunftskosten legte die Beklagte Zinszahlungen in Höhe von 739,48 EUR zugrunde.
Gegen den Bescheid vom 22.12.2004 legte der Kläger mit Schreiben vom 26.12.2004 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 17.02.2005 wurde der Kläger durch die Beklagte schriftlich auf die Mietobergrenzen für einen Zwei-Personen-Haushalt in Höhe von 500,00 EUR netto hingewiesen. Der Kläger müsse sich um Senkung der Unterkunftskosten bemühen, da diese sonst nur für sechs Monate in voller Höhe bezahlt würden. Auch gegen dieses Schreiben legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2005 wurde dem Widerspruch des Klägers vom 26.12.2004 hinsichtlich der Kosten der Unterkunft geändert und die Gesamtleistung ab dem 01.01.2005 auf monatlich 1.597,85 EUR festgesetzt. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen und entschieden, dass die notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 1/80 erstattet würden, die Zuziehung eines Rechtsanwalts sei nicht notwendig gewesen. Die Berechnung der Unterkunftskosten sei hinsichtlich der Gebäude-versicherungen, die bereits bei Antragstellung vorgelegt worden seien, fehlerhaft, die Leistungen deshalb monatlich 14,27 EUR höher. Die Schuldzinsen in Höhe von 607,61 EUR, die der Kläger wegen des Berlin-Darlehens nicht zahle, seien nicht berücksichtigungsfähig. Die Hausratsversicherung gehöre nicht zu den Unterkunftskosten. Dem Kläger und seiner Ehefrau sei nach § 21 Abs. 5 SGB II der höchstmögliche Mehrbedarf von jeweils 51,13 EUR gewährt worden. Es bestünden jedoch Zweifel über die Notwendigkeit, da der Kläger und seine Ehefrau Reduktionskost benötigten. Der Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld I würde entfallen, da die Leistungen nach dem SGB II höher seien. Zur Kostenentscheidung wurde ausgeführt, dass bei Zugrundelegung eines geforderten höheren Betrags von 320,00 EUR Alg-Zuschlag, 607,00 EUR Darlehenszinsen, 5,40 EUR Hausratversicherung, 14,27 EUR Gebäudeversicherung, 217,70 EUR Mehrbedarf wegen Behinderung eine Quote von 1/80 anzusetzen sei, da in Höhe von 14,27 EUR abgeholfen wurde.
Mit seiner am 13.06.2005 zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, die Voraussetzungen des § 22 SGB II lägen hinsichtlich der Zinsen in voller Höhe vor. In der Gesetzesbegründung sei ausdrücklich festgeschrieben, dass das angemessene Einfamilienhaus weiterhin als Schonvermögen erhalten bleiben solle. Die gesamten Zinskosten im Zusammenhang mit dem Wohngebäude seien zu übernehmen, da er mit 57 Jahren voraussichtlich bis zum Renteneintritt keine Arbeit mehr aufnehmen werde.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.09.2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach § 22 Abs. 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Bei selbstgenutzten Eigenheimen oder Eigentumswohnungen gehörten zu den tatsächlichen Aufwendungen insbesondere die Schuldzinsen. Die Beklagte habe im streitgegenständlichen Zeitraum die tatsächlich gezahlten Schuldzinsen in voller Höhe übernommen und der Bedarfsberechnung zugrunde gelegt. Die Auffassung des Klägers, auch gestundete Schuldzinsen seien zu bezahlen, widerspreche bereits dem Gesetzeswortlaut, da eine tatsächliche Aufwendung nur das sein könne, was auch tatsächlich gezahlt werden muss und wird.
Die Tilgungskosten seien keine Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II, weil es nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum BSHG nicht Aufgabe von steuerfinanzierten Sozialleistungen sei, zur Bildung des Vermögens beizutragen. Im Hinblick auf die Höhe der Rückzahlungsverpflichtungen, die die angemessenen Unterkunftskosten erheblich überschreiten würden, sei über die Frage der darlehensweisen Gewährung der Tilgungsraten nicht zu entscheiden.
Der Kläger hat gegen das am 12.10.2005 zugestellte Urteil am 09.11.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, das SG habe zu Unrecht entschieden, dass bei einem selbstgenutzten Eigenheim zu den tatsächlichen Aufwendungen nur das gehören könne, was auch tatsächlich gezahlt werden müsse und wird. Auch gestundete Schuldzinsen seien zu bezahlen. Der Wortlaut "tatsächliche Aufwendungen" sage nur, dass eine Verpflichtung bestehe, die in Geldeswert zu messen sei. Hier komme es durch die Zahlung der Schuldzinsen zu einer Verrechnung mit einem später fällig werdenden Guthaben. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ergebe sich für den Kläger ein Negativsaldo. Sein Vermögen werde durch die Schuldzinsen dauerhaft gemindert, da dementsprechend der Auszahlungsbetrag für das Darlehen schrumpfe. Insofern sei es eine Aufwendung, die auch tatsächlich erbracht werde. Nicht tatsächliche Aufwendungen seien beispielsweise Unterhaltsverpflichtungen, denen nicht nachgekommen werde. Der Begriff der Aufwendungen werde im SGB II nicht legaldefiniert. Auch im Bürgerlichen Gesetzbuch finde der Begriff der Aufwendungen nur Erwähnung, so z. B. in § 670 BGB. Nach allgemeiner Auffassung sei in dem Begriff der Aufwendungen ein Vermögensopfer in freiwilliger Form zu sehen. Hier sei die Stundung bzw. Verrechnung als ein solches Vermögensopfer zu qualifizieren, wodurch das Vermögen dauerhaft gemindert werde.
Das SG habe auch zu Unrecht entschieden, dass Tilgungsraten nicht von § 22 Abs. 1 SGB II erfasst seien. Das Argument, der Steuerzahler dürfe nicht zur Vermögensbildung des Sozialleistungsempfängers beitragen, sei unter wirtschaftlicher Betrachtung nicht haltbar. Auch bei den an Vermieter zu zahlenden Mietzahlungen würde sich ein steuerfinanzierter Anteil zu dessen Vermögensbildung bilden. Es sei unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gleichgültig, ob eine Vermögensbildung beim Hilfeempfänger oder beim Vermieter erfolge (Hinweis auf Lang in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, § 22 RdNr. 29). Wie teilweise in der Literatur auch ausgeführt werde, sei die Frage der Übernahme von Tilgungsleistungen anhand des Sinns und Zwecks des SGB II zu beurteilen. Es wäre eine Gewährung der Tilgungsleistungen als Darlehen in Betracht zu ziehen, um die Schuldzinsverpflichtungen zu senken. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sei eine Übernahme der Tilgungskosten sinnvoll, damit die Bedarfsgemeinschaft weiter ihr Eigentum nutzen könne und im Alter ihre Hilfebedürftigkeit gemindert bzw. ausgeschlossen werde.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes München vom 26.09.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 22.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2005 zu verurteilen, ihm und seiner Ehefrau die Zinsschuld für das gestundeten Darlehens für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; denn es sind Leistungen für mehr als 500,00 EUR streitig (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf die gestundeten Zinsbeträge nach dem SGB II zusteht; denn gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Zwar zählen bei selbstgenutzten Eigenheimen oder Eigentumswohnungen zu den Aufwendungen, die von der Beklagten zu übernehmen sind, auch die Schuldzinsen, die für eine Immobilie zu zahlen sind. Zu Recht hat aber die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum nur die tatsächlich vom Kläger gezahlten Schuldzinsen in voller Höhe übernommen und der Bedarfsberechnung zugrunde gelegt. Zutreffend hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass die Auffassung des Klägers, auch gestundete Schuldzinsen seien zu bezahlen, bereits dem Gesetzeswortlaut widerspricht. Eine tatsächliche Aufwendung kann nur das sein, was auch tatsächlich gezahlt werden muss und tatsächlich gezahlt wird. Dass sich bei wirtschaftlicher Betrachtung für den Kläger in Zukunft ein Negativsaldo ergibt, ändert daran nichts; denn das SGB II stellt auf eine zur Zeit bestehende Notlage ab, nicht auf die in der Zukunft möglicherweise bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde zugelassen, weil der Frage, ob die Beklagte auch gestundete Zinsen für Darlehen zu übernehmen hat, grundsätzliche Bedeutung zukommt.
II. Außergerichtliche Kosten sind - mit Ausnahme der von der Beklagten im Widerspruchsbescheid anerkannten Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von einem Achtzigstel - nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren (nur noch) streitig, ob dem Kläger ein Anspruch auf das Geld zusteht, das dieser für die Zinsen eines gestundeten Darlehens in der Zeit vom 01.01 bis 31.2005 aufzubringen hätte.
Dem 1947 geborenen Kläger wurden von der Beklagten auf den Antrag vom 15.09.2004 mit Bescheid vom 22.12.2004 für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligt, und zwar für ihn und seine Ehefrau in Höhe von zusammen monatlich 1583,58 EUR. Das Ehepaar bewohnt ein eigenes Haus. Die Wohnfläche beträgt 125 qm, die Gesamtfläche 141 qm. Die Zins- und Tilgungsverpflichtung beliefen sich bei Antragstellung auf 1.347,09 EUR Zinsen und 246,20 EUR Tilgung aus drei Darlehensverträgen. Die Heizkosten betragen 104,50 EUR, die sonstigen Wohnkosten 54,71 EUR und die Nebenkosten 5,40 EUR. Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger am 19.12.2004 mit, dass er die Zinsen für das dritte Darlehen in Höhe von 607,61 EUR nicht zurückzahle, da er dieses bei Fälligkeit einer Vermögensanlage in Form eines Berlin-Darlehens begleichen werde. Der Berechnung der Unterkunftskosten legte die Beklagte Zinszahlungen in Höhe von 739,48 EUR zugrunde.
Gegen den Bescheid vom 22.12.2004 legte der Kläger mit Schreiben vom 26.12.2004 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 17.02.2005 wurde der Kläger durch die Beklagte schriftlich auf die Mietobergrenzen für einen Zwei-Personen-Haushalt in Höhe von 500,00 EUR netto hingewiesen. Der Kläger müsse sich um Senkung der Unterkunftskosten bemühen, da diese sonst nur für sechs Monate in voller Höhe bezahlt würden. Auch gegen dieses Schreiben legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2005 wurde dem Widerspruch des Klägers vom 26.12.2004 hinsichtlich der Kosten der Unterkunft geändert und die Gesamtleistung ab dem 01.01.2005 auf monatlich 1.597,85 EUR festgesetzt. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen und entschieden, dass die notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 1/80 erstattet würden, die Zuziehung eines Rechtsanwalts sei nicht notwendig gewesen. Die Berechnung der Unterkunftskosten sei hinsichtlich der Gebäude-versicherungen, die bereits bei Antragstellung vorgelegt worden seien, fehlerhaft, die Leistungen deshalb monatlich 14,27 EUR höher. Die Schuldzinsen in Höhe von 607,61 EUR, die der Kläger wegen des Berlin-Darlehens nicht zahle, seien nicht berücksichtigungsfähig. Die Hausratsversicherung gehöre nicht zu den Unterkunftskosten. Dem Kläger und seiner Ehefrau sei nach § 21 Abs. 5 SGB II der höchstmögliche Mehrbedarf von jeweils 51,13 EUR gewährt worden. Es bestünden jedoch Zweifel über die Notwendigkeit, da der Kläger und seine Ehefrau Reduktionskost benötigten. Der Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld I würde entfallen, da die Leistungen nach dem SGB II höher seien. Zur Kostenentscheidung wurde ausgeführt, dass bei Zugrundelegung eines geforderten höheren Betrags von 320,00 EUR Alg-Zuschlag, 607,00 EUR Darlehenszinsen, 5,40 EUR Hausratversicherung, 14,27 EUR Gebäudeversicherung, 217,70 EUR Mehrbedarf wegen Behinderung eine Quote von 1/80 anzusetzen sei, da in Höhe von 14,27 EUR abgeholfen wurde.
Mit seiner am 13.06.2005 zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, die Voraussetzungen des § 22 SGB II lägen hinsichtlich der Zinsen in voller Höhe vor. In der Gesetzesbegründung sei ausdrücklich festgeschrieben, dass das angemessene Einfamilienhaus weiterhin als Schonvermögen erhalten bleiben solle. Die gesamten Zinskosten im Zusammenhang mit dem Wohngebäude seien zu übernehmen, da er mit 57 Jahren voraussichtlich bis zum Renteneintritt keine Arbeit mehr aufnehmen werde.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.09.2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach § 22 Abs. 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Bei selbstgenutzten Eigenheimen oder Eigentumswohnungen gehörten zu den tatsächlichen Aufwendungen insbesondere die Schuldzinsen. Die Beklagte habe im streitgegenständlichen Zeitraum die tatsächlich gezahlten Schuldzinsen in voller Höhe übernommen und der Bedarfsberechnung zugrunde gelegt. Die Auffassung des Klägers, auch gestundete Schuldzinsen seien zu bezahlen, widerspreche bereits dem Gesetzeswortlaut, da eine tatsächliche Aufwendung nur das sein könne, was auch tatsächlich gezahlt werden muss und wird.
Die Tilgungskosten seien keine Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II, weil es nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum BSHG nicht Aufgabe von steuerfinanzierten Sozialleistungen sei, zur Bildung des Vermögens beizutragen. Im Hinblick auf die Höhe der Rückzahlungsverpflichtungen, die die angemessenen Unterkunftskosten erheblich überschreiten würden, sei über die Frage der darlehensweisen Gewährung der Tilgungsraten nicht zu entscheiden.
Der Kläger hat gegen das am 12.10.2005 zugestellte Urteil am 09.11.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, das SG habe zu Unrecht entschieden, dass bei einem selbstgenutzten Eigenheim zu den tatsächlichen Aufwendungen nur das gehören könne, was auch tatsächlich gezahlt werden müsse und wird. Auch gestundete Schuldzinsen seien zu bezahlen. Der Wortlaut "tatsächliche Aufwendungen" sage nur, dass eine Verpflichtung bestehe, die in Geldeswert zu messen sei. Hier komme es durch die Zahlung der Schuldzinsen zu einer Verrechnung mit einem später fällig werdenden Guthaben. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ergebe sich für den Kläger ein Negativsaldo. Sein Vermögen werde durch die Schuldzinsen dauerhaft gemindert, da dementsprechend der Auszahlungsbetrag für das Darlehen schrumpfe. Insofern sei es eine Aufwendung, die auch tatsächlich erbracht werde. Nicht tatsächliche Aufwendungen seien beispielsweise Unterhaltsverpflichtungen, denen nicht nachgekommen werde. Der Begriff der Aufwendungen werde im SGB II nicht legaldefiniert. Auch im Bürgerlichen Gesetzbuch finde der Begriff der Aufwendungen nur Erwähnung, so z. B. in § 670 BGB. Nach allgemeiner Auffassung sei in dem Begriff der Aufwendungen ein Vermögensopfer in freiwilliger Form zu sehen. Hier sei die Stundung bzw. Verrechnung als ein solches Vermögensopfer zu qualifizieren, wodurch das Vermögen dauerhaft gemindert werde.
Das SG habe auch zu Unrecht entschieden, dass Tilgungsraten nicht von § 22 Abs. 1 SGB II erfasst seien. Das Argument, der Steuerzahler dürfe nicht zur Vermögensbildung des Sozialleistungsempfängers beitragen, sei unter wirtschaftlicher Betrachtung nicht haltbar. Auch bei den an Vermieter zu zahlenden Mietzahlungen würde sich ein steuerfinanzierter Anteil zu dessen Vermögensbildung bilden. Es sei unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gleichgültig, ob eine Vermögensbildung beim Hilfeempfänger oder beim Vermieter erfolge (Hinweis auf Lang in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, § 22 RdNr. 29). Wie teilweise in der Literatur auch ausgeführt werde, sei die Frage der Übernahme von Tilgungsleistungen anhand des Sinns und Zwecks des SGB II zu beurteilen. Es wäre eine Gewährung der Tilgungsleistungen als Darlehen in Betracht zu ziehen, um die Schuldzinsverpflichtungen zu senken. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sei eine Übernahme der Tilgungskosten sinnvoll, damit die Bedarfsgemeinschaft weiter ihr Eigentum nutzen könne und im Alter ihre Hilfebedürftigkeit gemindert bzw. ausgeschlossen werde.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes München vom 26.09.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 22.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2005 zu verurteilen, ihm und seiner Ehefrau die Zinsschuld für das gestundeten Darlehens für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; denn es sind Leistungen für mehr als 500,00 EUR streitig (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf die gestundeten Zinsbeträge nach dem SGB II zusteht; denn gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Zwar zählen bei selbstgenutzten Eigenheimen oder Eigentumswohnungen zu den Aufwendungen, die von der Beklagten zu übernehmen sind, auch die Schuldzinsen, die für eine Immobilie zu zahlen sind. Zu Recht hat aber die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum nur die tatsächlich vom Kläger gezahlten Schuldzinsen in voller Höhe übernommen und der Bedarfsberechnung zugrunde gelegt. Zutreffend hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass die Auffassung des Klägers, auch gestundete Schuldzinsen seien zu bezahlen, bereits dem Gesetzeswortlaut widerspricht. Eine tatsächliche Aufwendung kann nur das sein, was auch tatsächlich gezahlt werden muss und tatsächlich gezahlt wird. Dass sich bei wirtschaftlicher Betrachtung für den Kläger in Zukunft ein Negativsaldo ergibt, ändert daran nichts; denn das SGB II stellt auf eine zur Zeit bestehende Notlage ab, nicht auf die in der Zukunft möglicherweise bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde zugelassen, weil der Frage, ob die Beklagte auch gestundete Zinsen für Darlehen zu übernehmen hat, grundsätzliche Bedeutung zukommt.
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