Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AS 642/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 127/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.01.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um eine Leistungskürzung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 28.02.2006.
Die Antragsgegnerin (Ag) bewilligte dem Antragsteller (ASt) mit Bescheid vom 22.08.2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 695,00 EUR monatlich für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 31.03.2006. Mit Änderungsbescheid vom 21.10.2005 kürzte sie diese Leistungen für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.01.2006 um 30 vH und mit weiterem Änderungsbescheid vom 09.11.2005 für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis 28.02.2006 um weitere 30 vH. Der ASt habe eine angebotene und zumutbare Arbeitsaufnahme verweigert.
Dessen Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 21.11.2005), weshalb er am 21.12.2005 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) beantragte, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 28.02.2006 in ungekürzter Höhe zu zahlen. Er habe seine Obliegenheiten nicht verletzt.
Das SG lehnte mit Beschluss vom 03.01.2006 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Bereits ein Anordnungsgrund sei zweifelhalft. Jedenfalls stehe dem ASt kein Anordnungsanspruch zur Seite.
Hiergegen hat der ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Der Anordnungsgrund ergebe sich aus seinen Mietrückständen. Der Vermieter sei zur Kündigung berechtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86 b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelungsanordnung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74; vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiellrechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Sätze 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung -ZPO-; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 86 b RdNr 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage in vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenssichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist gegebenenfalls anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des ASt zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO und vom 22.11.2002 aaO).
Vorliegend fehlt es - wie das SG bereits zutreffend festgestellt hat - bereits an einem Anordnungsgrund. Streitgegenständlich ist hier allein der Zeitraum vom 01.11.2005 bis 28.02.2006 und damit ein in der Vergangenheit liegender Bewilligungszeitraum. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für abgelaufene Bewilligungszeiträume im Wege des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zugesprochen werden, weil solche Mittel nicht dazu dienen, den gegenwärtigen Bedarf des ASt zu decken. Der ASt erhält - Anderes hat er im hier vorliegenden Eilverfahren nicht glaubhaft gemacht - derzeit ungekürzte Mittel nach dem SGB II, mit denen er seinen laufenden Bedarf decken kann.
Sein Hinweis auf die Mietrückstände machen die Rechtssache nicht eilbedürftig im oben angeführten Sinn. Dass die Miete gestundet ist - wovon das SG ausgegangen ist - hat er in seiner Beschwerdeschrift vom 15.02.2006 dahingehend bestätigt, dass er angibt, die "Stundung" sei von der Ag erzwungen worden. Die
bloße (gedachte) Möglichkeit des Vermieters, wegen Mietrückstände zu kündigen, macht die Entscheidung nicht eilbedürftig. Warum der ASt mit den ihm derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten können soll, hat er nicht glaubhaft gemacht.
Dem ASt ist es nach alledem zuzumuten, die hier aufgeworfenen Fragen in einem etwaigen Hauptsacheverfahren zu klären.
Die Beschwerde hat nach alledem insgessamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um eine Leistungskürzung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 28.02.2006.
Die Antragsgegnerin (Ag) bewilligte dem Antragsteller (ASt) mit Bescheid vom 22.08.2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 695,00 EUR monatlich für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 31.03.2006. Mit Änderungsbescheid vom 21.10.2005 kürzte sie diese Leistungen für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.01.2006 um 30 vH und mit weiterem Änderungsbescheid vom 09.11.2005 für den Zeitraum vom 01.12.2005 bis 28.02.2006 um weitere 30 vH. Der ASt habe eine angebotene und zumutbare Arbeitsaufnahme verweigert.
Dessen Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 21.11.2005), weshalb er am 21.12.2005 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) beantragte, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 28.02.2006 in ungekürzter Höhe zu zahlen. Er habe seine Obliegenheiten nicht verletzt.
Das SG lehnte mit Beschluss vom 03.01.2006 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Bereits ein Anordnungsgrund sei zweifelhalft. Jedenfalls stehe dem ASt kein Anordnungsanspruch zur Seite.
Hiergegen hat der ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Der Anordnungsgrund ergebe sich aus seinen Mietrückständen. Der Vermieter sei zur Kündigung berechtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86 b Abs 2 Satz 2 SGG dar.
Hiernach ist eine Regelungsanordnung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74; vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, RdNr 643).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiellrechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Sätze 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung -ZPO-; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 86 b RdNr 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage in vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenssichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist gegebenenfalls anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des ASt zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO und vom 22.11.2002 aaO).
Vorliegend fehlt es - wie das SG bereits zutreffend festgestellt hat - bereits an einem Anordnungsgrund. Streitgegenständlich ist hier allein der Zeitraum vom 01.11.2005 bis 28.02.2006 und damit ein in der Vergangenheit liegender Bewilligungszeitraum. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für abgelaufene Bewilligungszeiträume im Wege des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zugesprochen werden, weil solche Mittel nicht dazu dienen, den gegenwärtigen Bedarf des ASt zu decken. Der ASt erhält - Anderes hat er im hier vorliegenden Eilverfahren nicht glaubhaft gemacht - derzeit ungekürzte Mittel nach dem SGB II, mit denen er seinen laufenden Bedarf decken kann.
Sein Hinweis auf die Mietrückstände machen die Rechtssache nicht eilbedürftig im oben angeführten Sinn. Dass die Miete gestundet ist - wovon das SG ausgegangen ist - hat er in seiner Beschwerdeschrift vom 15.02.2006 dahingehend bestätigt, dass er angibt, die "Stundung" sei von der Ag erzwungen worden. Die
bloße (gedachte) Möglichkeit des Vermieters, wegen Mietrückstände zu kündigen, macht die Entscheidung nicht eilbedürftig. Warum der ASt mit den ihm derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten können soll, hat er nicht glaubhaft gemacht.
Dem ASt ist es nach alledem zuzumuten, die hier aufgeworfenen Fragen in einem etwaigen Hauptsacheverfahren zu klären.
Die Beschwerde hat nach alledem insgessamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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