L 11 SO 28/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 10 SO 128/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 SO 28/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8/9b SO 29/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 3. April 2006 in Nrn I und II aufgehoben.
II. Die Klage des Klägers gegen den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberfranken vom 16. November 2005 wird abgewiesen.
III. Im Übrigen wird die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.
IV. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen zu tragen.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anrechnung des Kindergeldes im Falle des Bezuges von Leistungen der Grundsicherung nach dem früheren Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) vom 26.06.2001 (BGBl I S.1310), geändert durch Artikel 1 a des Gesetzes vom 27.04.2002 (BGBl I S.1462).

Die 1971 geborene leistungsberechtigte A. F. (Beigeladene) ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100. Ihr sind im Schwerbehindertenausweis vom 28.10.1997 die Merkzeichen "G", "aG", "H" und "RF" zuerkannt worden. Als Betreuerin steht ihr ihre Mutter zur Seite. Aus der Bestallung vom 10.05.1991 ergibt sich der Wirkungskreis der Betreuerin, der die Vermögensverwaltung, Aufenthaltsbestimmung und die Abgabe von Willenserklärungen zur ärztlichen Heilbehandlung umfasst. Die Beigeladene ist seit dem 01.09.1992 in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung der Kreisvereinigung M. W. e.V. tätig. Sie erhält dort weder Lohn, noch Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.

Mit Formblattantrag vom 18.03.2003 beantragte sie beim Kläger Leistungen nach dem früheren GSiG.

Der Kläger bewilligte ihr diese Leistungen ab dem 01.03.2003 in Höhe von monatlich 241,00 EUR mit Bescheid vom 24.04.2003. Die Bewilligung erfolgte vorerst bis 30.06.2003 durch die Auszahlung für den jeweiligen Monat. Eine Weiterbewilligung kündigte der Kläger jeweils für die Zeiträume vom 01.07. bis 30.06. des Folgejahres an, soweit die Voraussetzungen noch vorliegen. Bei der Berechnung der Leistungshöhe, die im Übrigen unstreitig ist, berücksichtigte der Kläger als Abzugsposten das Kindergeld als anrechenbares Einkommen der Beigeladenen in Höhe von monatlich 154,00 EUR.

Hiergegen erhob die Beigeladene Widerspruch. Das Kindergeld erhalte nicht sie, sondern ihre Eltern. Diese seien gemäß § 31 Einkommensteuergesetz (EStG) anspruchsberechtigt. Die Eltern führten ihr das Kindergeld auch nicht zu. Sie seien dazu auch nicht verpflichtet (OVG Koblenz vom 23.05.2002 FEVS 2003, 45). Der Kläger half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn erstmals mit Schreiben vom 14.05.2003 der Regierung von Oberfranken zur Entscheidung vor.

Für den Zeitraum ab dem 01.07.2003 änderte der Kläger mit Bescheid vom 11.08.2003 seinen früheren Bescheid vom 24.04.2003 und bewilligte Leistungen nach dem GSiG in Höhe von monatlich 245,00 EUR auf Grund der Regelsatzanpassung. Diese Bewilligung erfolgte vorerst bis 30.06.2004. Im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen kündigte er wiederum jeweils für die künftigen Zeiträume vom 01.07. bis 30.06. des Folgejahres entsprechende Leistungsgewährung an.

In der Zeit vom 01.03.2003 bis 31.12.2004 erhielt die Beigeladene Wohngeld in Höhe von 46,00 EUR monatlich.

Mit weiterem Bescheid vom 27.01.2005 stellte der Kläger die Zahlungen nach dem GSiG ab dem 31.12.2004 ein und gewährte anstelle dessen ab dem 01.01.2005 Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Höhe von monatlich 244,73 EUR. Auch hierbei berücksichtigte er ab dem 01.01.2005 das Kindergeld als Einkommen der Beigeladenen.

Die Regierung von Oberfranken forderte mit Schreiben vom 28.02.2005 die örtlichen Träger der Sozialhilfe im Regierungsbezirk Oberfranken auf, nach einer vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur Anrechnung des Kindergeldes den anhängigen Widersprüchen in eigener Zuständigkeit abzuhelfen. Der Kläger kam dem nicht nach und legte den Widerspruch der Beigeladenen gegen seinen Bescheid vom 24.04.2003 mit Schreiben vom 27.10.2005 erneut der Regierung zur Entscheidung vor.

Daraufhin hob die Regierung von Oberfranken mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2005 den Bescheid des Klägers vom 24.04.2003 auf und verpflichtete diesen, der Beigeladenen ohne Anrechnung des Kindergeldes Leistungen nach dem GSiG zu gewähren (Nr 1 und 2 des Widerspruchsbescheides). Die Kosten des Widerspruchsverfahrens habe der Kläger zu tragen (Nr 3 des Bescheides), wobei die Zuziehung eines Rechtsanwaltes durch die widerspruchsführende Beigeladene nicht notwendig gewesen sei (Nr 4 des Bescheides). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes sei das den Eltern der Beigeladenen zufließende Kindergeld nicht als Einkommen der Beigeladenen zu sehen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 16.11.2005 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.

Mit seiner Klage vom 13.12.2005 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) begehrte der Kläger die Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberfranken vom 16.11.2005. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 26.10.2005 sei das Kindergeld in vollem Umfang auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes anzurechnen, wenn nicht die Eltern in gleicher Höhe Naturalunterhalt leisteten. Der Bedarf der leistungsberechtigten Beigeladenen sei durch Grundsicherungsleistungen einschließlich anteiliger Unterkunftskosten bereits voll gedeckt, so dass für anrechenbare Unterhaltsleistungen der Eltern und ein Verbleiben des Kindergeldes bei den Eltern kein Raum bleibe. Der Widerspruchsbescheid sei deshalb rechtsfehlerhaft.

Das SG lud mit Beschluss vom 18.01.2006 die leistungsberechtigte A. F. gemäß § 75 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Verfahren notwendig bei und hob mit Urteil vom 03.04.2006 den gegenüber dem Kläger erlassenen Widerspruchsbescheid vom 10.11.2005 auf. Dem Kläger fehle es an einer Klagebefugnis, es handle sich vorliegend um einen sogenannten In-sich-Prozess. Der Kläger habe im Bereich der Grundsicherung und Sozialhilfe keine eigenen Selbstverwaltungsangelegenheiten, sondern Angelegenheiten des Bundes wahrgenommen. Der verfahrensgegenständliche Bescheid sei gleichwohl aufzuheben, weil er einen fehlerhaften Rechtsschein setze. Soweit die Regierung von Oberfranken im Verfahren in Vertretung des beklagten Freistaats Bayern handle, übersehe sie, dass der beklagte Freistaat Bayern gerade nicht Widerspruchsstelle sei. Darüber hinaus unterliege die Regierung von Oberfranken auch insoweit einem Denkfehler, als sie bei Ausübung dieses Verwaltungshandelns meine, vom Freistaat Bayern vertreten zu werden. Sie gehöre jedoch als Widerspruchsstelle zum "Rechtsbereich der Ausgangsbehörde" und nicht zum Rechtsbereich der staatlichen Aufsicht. Der beklagte Freistaat Bayern habe rechtsirrig nicht im Wege der Selbstkontrolle gehandelt, sondern ausdrücklich als Staatsbehörde, und er übersehe, dass das allgemeine Verwaltungsrecht entgegen seiner Auffassung im Sozialleistungsrecht nicht gelte. Der Beklagte verkenne insbesondere das Wesen der Widerspruchsstelle im Sinne des SGG. Der hier angefochtene Widerspruchsbescheid sei als aufsichtsrechtliche Maßnahme zu sehen und mangels Rechtsgrundlage aufzuheben.

Der Beklagte hat Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 03.04.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat Anschlussberufung des Beklagten zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 03.04.2006 in Nrn II und III aufzuheben und in Nr I insoweit abzuändern, dass der Widerspruchsbescheid vom 10.11.2005 insgesamt aufgehoben werde und der Widerspruch der Beigeladenen zurückgewiesen werde.

Die Beigeladene schließt sich den Berufungsanträgen des Beklagten insoweit an, als dieser beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 03.04.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Kläger und Beklagter treten im Übrigen der Berufung bzw. der Anschlussberufung der Gegenseite entgegen.

Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass rechtsaufsichtliche Maßnahmen nicht erlassen worden sind und auch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites sind. Der Kläger stimmt der Stellungnahme des Beklagten zu formalrechtlichen und prozessualen Fragen ausdrücklich zu. Zwischen den Beteiligten streitig bleibt weiterhin allein die Frage der Anrechnung des Kindergeldes im Falle des Bezuges von Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG bei volljährigen Leistungsberechtigten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen. Im Erörterungstermin vom 30.08.2006 haben alle Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Das gegen die Kostenlastverteilung gerichtete und als Anschlussberufung bezeichnete Rechtsmittel des Klägers ist als unselbstständige Anschlussberufung zulässig (§ 202 SGG iVm § 524 Zivilprozessordnung -ZPO- idF des Zivilprozessreformgesetzes vom 27.07.2003, BGBl I S.1887). Der Kläger kann damit eigene Anträge im Berufungsverfahren des Beklagten stellen; das Berufungsgericht ist nicht an die Anträge des Berufungsführers gebunden (dazu Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Auflage 2005, § 143 RdNr 5 a mwN; BGH NJW 1996, 2659). Durch das Anschlussrechtsmittel kann im Übrigen die Kostenentscheidung allein angegriffen werden (vgl Kopp/Schenke, VwGO, 14.Aufl 2005, § 158 RdNr 3).

Der Beklagte ist im Berufungsverfahren ordnungsgemäß durch die Regierung von Oberfranken vertreten (§ 8 Abs 1 Vertretungsverordnung vom 04.10.1995 - GVBl S.733 - iVm § 54 Abs 1 SGG).

Ohne dass es hier entscheidungserheblich darauf ankommt (Art 17 a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz -GVG-), stellt der Senat fest, dass das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten zutreffend gemäß § 51 Abs 1 Nr 6 a als eröffnet angesehen hat. Das Bundessozialgericht (BSG) bejaht eine einheitliche Zuständigkeit der Sozialgerichte für alle ab 01.01.2005 rechtshängig werdenden Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (dazu BSG vom 13.10.2005 SozR 4-1500 § 51 Nr 1 = FEVS 57,350).

Die zulässige Berufung des Beklagten ist auch begründet, denn das Urteil des SG vom 03.04.2006 ist rechtsfehlerhaft und verletzt den Beklagten in seinen Rechten. Es ist deshalb aufzuheben.

Das Urteil verkennt den Gegenstand der isolierten Anfechtungsklage, wenn es auch das ab dem 01.01.2005 geltende "materielle Sozialhilferecht" seiner Entscheidung zugrunde legt und damit rechtsfehlerhaft zur Unzulässigkeit der Klage des Klägers kommt.

Gegenstand des Klage- und infolgedessen insoweit auch des Berufungsverfahrens ist allein der Widerspruchsbescheid vom 10.11.2005, mit dem die Regierung von Oberfranken den Bewilligungsbescheid des Klägers vom 24.04.2003 zu Gunsten der Beigeladenen abgeändert und der Beigeladenen Leistungen der Grundsicherung nach dem früheren GSiG für den Zeitraum ab dem 01.03.2003 ohne Anrechung der Kindergeldzahlung in Höhe von monatlich 154,00 EUR zugesprochen hat.

Dieser allein streitgegenständliche Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberfranken bedarf der Auslegung, denn er bestimmt weder einen Zeitraum, für den der Kläger die erhöhten Leistungen nach dem GSiG zu erbringen hat (siehe Nr 2 des Widerspruchsbescheides), noch benennt er in seinen Entscheidungsgründen eine Rechtsgrundlage, auf die er sich stützt. Kläger, Beklagter und Beigeladene sind sich dahingehend einig, dass die Anordnungen in Nrn 1 und 2 des hier angefochtenen Widerspruchsbescheides vom 10.11.2005 dahin zu verstehen sind, dass der Bewilligungsbescheid des Klägers vom 24.04.2003 nicht aufgehoben werden, sondern nur im Hinblick auf die Berücksichtigung des Kindergeldes der Höhe nach geändert werden soll. Der Senat schließt sich dieser Auslegung an. Keinesfalls Gegenstand des Verfahrens ist eine irgendwie geartete "aufsichtsrechtliche Weisung in Form eines Verwaltungsaktes", wie es das SG allerdings dargestellt hat. Bei dem Bescheid der Regierung von Oberfranken vom 10.11.2005 handelt es sich um einen Widerspruchsbescheid im Sinne des § 85 Abs 2 Satz 1 Nr 4, Abs 3 SGG. Ein solcher Widerspruchsbescheid wird auch dann nicht zu einer kommunalaufsichtlichen Maßnahme, wenn er Verfahrensvorschriften verletzen sollte oder an einem Zustellungsmangel leiden würde. Entgegen dem Wortlaut des § 95 SGG kann ein solcher Widerspruchsbescheid auch alleiniger Gegenstand einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG sein (dazu ausführlich Leitherer in Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, aaO, § 95 RdNrn 3 ff). Insoweit gilt - entgegen der Auffassung des SG - im SGG nichts anderes als in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), auch wenn das SGG keine mit § 68 Abs 1 Satz 2 Nr 2, § 79 Abs 1 Nr 2 und Abs 2 VwGO vergleichbaren Bestimmungen enthält.

Die so verstandenen Anordnungen in Nrn 1 und 2 des Widerspruchsbescheides betreffen den Leistungszeitraum ab dem 01.03.2003 und ausschließlich solche Leistungen, die nach dem früheren GSiG erbracht worden sind. Der Widerspruchsbescheid enthält zwar weder im Tenor noch in den Gründen Bestimmungen über den Bewilligungszeitraum, für den er die Leistungsverpflichtung des Klägers (neu) regelt. Aus dem Betreff des Verwaltungsaktes und aus dem Wortlaut der Nr 2 des Tenors schließt der Senat - bestätigt durch die Einlassungen der Beteiligten im Klage- und im Berufungsverfahren - aber, dass hier allein Leistungen nach dem "Grundsicherungsgesetz in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung" (neu) festgesetzt worden sind. Der angefochtene Widerspruchsbescheid betrifft damit den Bewilligungsbescheid vom 24.04.2003 und alle bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides ergangenen Änderungsbescheide im Sinne des § 86 SGG. Er entfaltet damit für die Zeit nach dem 31.12.2004 keine Rechtswirkungen. Insbesondere handelt es sich bei dem Bescheid des Klägers vom 27.01.2005 um keinen Änderungsbescheid zum ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 24.04.2003, wie sich bereits aus dessen klarem Wortlaut ergibt (siehe dazu auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 86 RdNr 3). Die Beteiligten weisen in diesem Punkt zu Recht auf ihre Dispositionsbefugnis hin (Leitherer, aaO, § 95 RdNr 5 a f). Für das SG bestand also keine Veranlassung, für das Klageverfahren zu unterstellen, dass sich der Regelungsbereich des Widerspruchsbescheides, gegen den sich die isolierte Anfechtungsklage richtet, in das Jahr 2005 hinein erstreckt.

Letztlich legt der Senat die Rechtsmittel der Beteiligten dahin aus, dass sie die Nr III des Tenors des Urteils des SG vom 03.04.2006 nicht mit Berufung und Anschlussberufung anfechten. Das Urteil setzt in dieser Nr III des Tenors den Streitwert für das Klageverfahren fest. Über den Streitwert ist aber gemäß § 63 Abs 2 Satz 1 iVm § 72 Nr 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in der Fassung des Art 1 KostRModG vom 05.05.2004 (BGBl I S 718), zuletzt geändert durch Art 14 JKomG vom 22.03.2005 (BGBl I S 837), durch Beschluss zu entscheiden, soweit - wie hier - eine Entscheidung nach § 62 Abs 1 GKG nicht ergangen ist. Ein solcher, nach § 68 GKG anfechtbarer Streitwertbeschluss liegt auch vor, wenn die Wertfestsetzung entgegen § 63 Abs 2 Satz 1 GKG in die Urteilsformel des SG aufgenommen worden ist (dazu Hartmann, Kostengesetze, 35.Aufl.2005, § 63 RdNr 26 und § 68 RdNr 3 unter Hinweis auf OLG Brandenburg vom 20.08.2002 zu § 25 GKG aF FamRZ 2004, 962). Die insoweit eingelegten Rechtsmittel der Beteiligten behandelt der Senat als Streitwertbeschwerden und entscheidet hierüber in einem eigenständigen Beschwerdeverfahren.

Die Anfechtungsklage des Klägers gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.11.2005 ist als isolierte Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Die Zulässigkeit der Klage kann insbesondere nicht mit dem Hinweis auf einen "In-sich-Prozess" oder fehlende Klagebefugnis verneint werden.

Das SG verkennt entscheidungserheblich die Rechtsstellung des Klägers, dem verfassungsrechtlich das Recht zur Selbstverwaltung zur Seite steht, und der insoweit einem Sozialversicherungsträger nicht vergleichbar ist (siehe auch BVerfGE 79, 127/143 und 83, 363/381).

Da das SG hinsichtlich der Rechtsstellung des Klägers nicht zwischen den Aufgabenwahrnehmungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), das hier nicht einschlägig ist, nach dem SGB XII und nach dem GSiG differenziert, weist der Senat zur Klarstellung auf Folgendes hin:

Soweit das SG davon ausgegangen ist, dass Leistungen nach dem SGB XII inmitten stehen, hätte es zur Zulässigkeit der Klage kommen müssen. Die durch die Vorschriften des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (GG), der Bayer. Verfassung (BV) und des bayerischen Kommunalrechts geprägte Rechtsstellung der Gemeinden, Landkreise und Bezirke - insbesondere auch gegenüber dem Freistaat Bayern - als mit Aufgaben der Selbstverwaltung betrauten Körperschaften des Öffentlichen Rechts hat sich durch die Einfügung des Rechts der Sozialhilfe in das Sozialgesetzbuch als dessen Zwölftes Buch nicht verändert. Sie hat sich auch nicht etwa deshalb verändert, weil in Rechtsstreitigkeiten aus der Sozialhilfe ab dem 01.01.2005 gemäß § 51 Abs 1 Nr 6 a SGG der Weg zu den Sozialgerichten eröffnet ist. Die Feststellung des SG, der klagende Landkreis nehme im Bereich der Sozialhilfe keine eigenen Selbstverwaltungsangelegenheiten, sondern Angelegenheiten des Bundes wahr, ist schlichtweg falsch. Gemäß Art 83 Abs 1 GG vollziehen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten. Darunter fällt das Recht der Sozialhilfe und im Übrigen auch das Recht der Grundsicherung nach dem früheren GSiG, weil verfassungsrechtlich für das frühere BSHG und das frühere GSiG sowie für das seit dem 01.01.2005 in Kraft getretene SGB XII weder eine Bundesauftragsverwaltung noch der Vollzug als bundeseigene Angelegenheiten bestimmt worden ist. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu den vom SG angesprochenen Sozialversicherungsträgern, wenn diese im Rahmen des Art 86 GG bundeseigene Verwaltungstätigkeit ausüben. Nach Art 84 Abs 1 GG regeln die Länder, wenn sie Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten ausführen, die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen. Demzufolge nimmt der Kläger als örtlicher Träger der Sozialhilfe nicht Aufgaben des Bundes wahr, sondern vollzieht die Sozialhilfe gemäß Art 9 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches (AGSGB) als Aufgabe seines eigenen Wirkungskreises. Das schließt es bereits begrifflich aus, von einem "In-sich-Prozess" zu sprechen, weil sich mithin zwei verschieden Körperschaften des öffentlichen Rechts, ausgestattet mit eigenen Rechtspositionen, gegenüber stehen (ergänzend dazu auch Prandl/Zimmermann/Büchner, Art 119 GO Anm 9 Buchst a; Hölzl/ Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO und BezO, Art 119 Anm 6).

Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen für die Klage des Klägers als Träger der Sozialhilfe sind gegeben. So handelt es sich auch nach dem Verständnis des SGG bei einem Widerspruchsbescheid um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), wenn dieser den ursprünglichen mit Widerspruch angefochtenen Verwaltungsakt geändert hat (vgl dazu Leitherer, aaO, § 95 RdNr 2).

Der Kläger ist gemäß § 54 Abs 1 Satz 2 SGG klagebefugt, ein Fall des § 54 Abs 3 SGG ist nicht gegeben. Das BSG bejaht in ständiger Rechtsprechung - und ausdrücklich in Übereinstimmung mit dem BVerwG - eine Klagebefugnis gemäß § 54 Abs 1 Satz 2 SGG, wenn nach der Behauptung des Klägers der angefochtene Verwaltungsakt möglicherweise in seine rechtlichen Interessen eingreift (BSG vom 06.02.1992 BSGE 70, 99, mwN), also eine Verletzung eigener Rechte des Drittbetroffenen in Betracht kommt. Diese Klagebefugnis des Klägers ergibt sich daraus, dass die (staatliche) Regierung von Oberfranken mit ihrem Widerspruchsbescheid in das Selbstverwaltungsrecht eingreift, das dem Kläger als kommunalen Landkreis zur Seite steht (dazu bereits BVerwG vom 09.07.1964 BVerwGE 19, 121; BayVGH vom 18.12.1962 BayVBl 1963, 216). Die am 01.01.2005 im Recht der Sozialhilfe eingetretenen Rechtsänderungen haben die Grenzen zwischen einer kommunalen Selbstverwaltungskörperschaft und dem Freistaat Bayern nicht verschoben. Ein etwaiger Durchgriff des Bundesgesetzgebers auf die kommunale Ebene (vgl dazu BVerfG vom 18.07.1967 BVerfGE 22, 180 f) ist ausweislich der Begründungen zum Entwurf des Gesetzes zur Einordnung des Rechts der Sozialhilfe in das Sozialgesetzbuch als dessen Zwölftes Buch nicht vorgesehen (siehe dazu oben zu § 85 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGG). Der Kläger kann sich nach wie vor auf die Gewährleistung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Art 28 Abs 2 Satz 2 GG, Art 10 Abs 1 und 2 BV) berufen. Dieses Recht kann ihm nicht dadurch versagt werden, dass ihm anheim gegeben wird, er müsse sich mit der Widerspruchsentscheidung abfinden, ohne von sich aus eine gerichtliche Nachprüfung veranlassen zu können. Für die Mutmaßung des SG, durch Erlass des Widerspruchsbescheides sei die Regierung von Oberfranken zur "Widerspruchsstelle" bei der Ausgangsbehörde - also dem Kläger - geworden, gibt es keine Anhaltspunkte, wie die Ergänzung des § 85 Abs 2 Satz 1 SGG um die Nr 4 durch Art 1 Nr 14 des 7. SGG-Änderungsgesetzes vom 09.12.2004 (BGBl I S 3302) zeigt. Daraus ergibt sich, dass in Selbstverwaltungsangelegenheiten auch andere Behörden als Selbstverwaltungsbehörden mit dem Erlass eines Widerspruchsbescheides betraut werden können (dazu Leitherer, aaO, § 85 RdNr 3 b). Die Begründung zu Art 9 AGSGB, der als landesrechtliche Vorschrift in seinem Absatz 2 Satz 2 die (staatlichen) Regierungen in Angelegenheiten der Sozialhilfe als Widerspruchsbehörden benennt, stellt fest, dass es wegen § 51 SGG erforderlich geworden sei, die Widerspruchsbehörden explizit zu bestimmen. Sachlich und fachlich spreche alles dafür, die Regierungen auf Grund ihrer jahrzehntelangen Erfahrungen mit sozialhilferechtlichen Widersprüchen auch weiterhin damit zu betrauen.

Dem Kläger kann auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis für seine isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid versagt werden. Ein solches Rechtsschutzbedürfnis würde nur dann fehlen, wenn er sein Ziel auf eine andere einfachere, schnellere und effizientere Art und Weise erreichen könnte. Dieser andere Weg müsste jedoch klar vorzugswürdig sein (dazu BGHZ 55, 201/206). Eine solche Fallgestaltung wurde in der Rechtsprechung mitunter dann angenommen, wenn die Streitsache durch eine "gemeinsame Spitze" der beteiligten Rechtsträger entschieden werden konnte (vgl dazu ausführlich BayVGH vom 21.12.2004 BayVBl 2005, 405). Eine solche Fallgestaltung liegt auf Grund der Behördenorganisation im Freistaat Bayern ersichtlich nicht vor, so dass der Senat keine Veranlassung sieht, diese Frage (erneut) weiter zu vertiefen.

Eines neuen Vorverfahrens vor Erhebung der isolierten Anfechtungsklage bedurfte es nicht (BSG vom 15.12.1994 BSGE 75, 262).

Diese Zulässigkeitsfragen sind auch im vorliegenden Berufungsverfahren, in dem es allein um die Aufgabenwahrnehmung des Klägers nach dem früheren GSiG geht, nicht anders zu beantworten. Allerdings - und abweichend vom Recht der Sozialhilfe - hat der Kläger die Aufgaben nach dem GSiG im übertragenen Wirkungskreis wahrgenommen (Art 2 Abs 1 AGGSiG). Gegen einen Widerspruchsbescheid in einer Angelegenheit des übertragenen Wirkungskreises steht der Kommune grundsätzlich kein Klagerecht zu (siehe dazu Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, Art 119 GO Anm 9 Buchst b). Anderes ergibt sich vorliegend aber daraus, dass der Widerspruchsbescheid eine unmittelbare Verpflichtung des Klägers begründet, einem Dritten - der Beigeladenen - aus dem kommunalen Haushalt (höhere) Leistungen zukommen zu lassen (dazu BVerwG vom 22.01.2001 NVwZ-RR 2001, 326 = BayVBl 2001, 477). Ein solcher Eingriff in die eigenverantwortliche Einnahmen und Ausgabenwirtschaft betrifft die Finanzhoheit des Klägers (Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 2.Aufl 1996, § 14 RdNr 134 mit Hinweis auf BVerfGE 26, 228/247 und 71, 25/36). Mithin besteht zumindest die Möglichkeit einer Rechtsverletzung beim Kläger (ausführlich dazu VG Augsburg vom 21.12.2004 Az: Au 3 K 04.1292), die zur Klagebefugnis nach § 54 Abs 1 Satz 2 SGG erforderlich, aber auch ausreichend ist (siehe dazu bereits oben).

Die nach alledem zulässige Klage ist im Ergebnis insgesamt abzuweisen, weil sie jedenfalls nicht begründet ist.

Die Klage richtet sich zwar gegen den richtigen Klagegegner. Der Beklagte ist passivlegitimiert, weil er gemäß § 70 Nr 1 SGG Rechtsträger der handelnden Regierung von Oberfranken ist. Im SGG gilt, ebenso wie in der VwGO, das Rechtsträgerprinzip, das in § 70 Nr 4 SGG bestimmt, dass Behörden nur dann fähig sind, an einem Verfahren vor dem SG beteiligt zu sein, wenn das Landesrecht solches ausdrücklich bestimmt (so auch ausdrücklich BSG vom 28.01.2004 SozR 4-1500 § 70 Nr 1 = Breithaupt 2005, 466). Eine solche landesgesetzliche Bestimmung sehen weder das AGSGB noch andere Verfahrensvorschriften vor (vgl dazu bereits BayLSG vom 18.05.2006 Az: L 11 AS 117/05). Irrig ist die Vorstellung des SG, der beklagte Freistaat Bayern würde dadurch zur Widerspruchsbehörde im Sinne des Art 9 Abs 2 Satz 2 AGSGB. Weder insoweit noch in Fragen des Vertretungsrechtes für den Freistaat Bayern unterliegt die Regierung von Oberfranken dem vom SG behaupteten "Denkfehler".

Die Anfechtungsklage des Klägers ist im Ergebnis unbegründet, weil der hier angefochtene Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberfranken vom 10.11.2005 nicht entscheidungserheblich gegen Verfahrensvorschriften verstößt und materiellrechtlich dem geltenden Recht entspricht. Die im Erörterungstermin zulässigerweise erweiterte Anschlussbeschwerde des Klägers hat insoweit keinen Erfolg.

Der Senat erkennt keine entscheidungserhebliche Verletzung von Verfahrensvorschriften, die den Widerspruchsbescheid für sich genommen rechtswidrig machen würde. Die Regierung von Oberfranken ist für die Entscheidung sachlich zuständig (Art 105 Nr 2 LKrO iVm Art 2 Abs 2 Satz 1 AGGSiG). Denn an dieser Zuständigkeit bis zum 31.12.2004 hat sich durch die Eröffnung des Rechtsweges zu den Sozialgerichten für den hier streitgegenständlichen Zeitraum nichts geändert (vgl im Übrigen auch den neu in das SGG eingefügten § 85 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGG iVm Art 9 Abs 2 Satz 2 AGSGB). Ihre örtliche Zuständigkeit ist unbestritten gegeben. In den Vorschriften des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG), des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und des SGG begründete Formfehler im Widerspruchsverfahren sind nicht zu erkennen. Der Beklagte weist insoweit zwar zutreffend darauf hin, dass es der Gesetzgeber beim Erlass des GSiG unterlassen hat, die Vorschriften des Ersten Kapitels des SGB X für anwendbar zu erklären (siehe dazu Linhart/Adolph, NDV 2003, 137), und dass eine entsprechende Heranziehung dieser Bestimmungen mangels erkennbarer Regelungslücke nicht geboten ist. Der Gesetzgeber hat die Anwendbarkeit dieser Vorschriften auch im Rahmen der Änderungen zum GSiG nicht mehr bestimmt. Gleichwohl sind im Falle einer Klage vor den Sozialgerichten die Vorschriften des SGG über das Vorverfahren zu beachten.

Ein Widerspruchsbescheid muss gemäß § 85 Abs 3 Satz 1 SGG den Beteiligten auch bekannt gegeben werden. Beteiligte sind hier die Widerspruchsführerin und der Träger der Ausgangsbehörde (vgl dazu Leitherer, aaO, § 85 RdNr 8). Die Widerspruchsbehörde muss die Zustellung nicht anordnen, kann es aber, wenn sie es für zweckmäßig hält (§ 85 Abs 3 Satz 2 SGG). Entgegen der Auffassung des SG kann hieraus weder ein Rechtsfehler noch der Wille, einen aufsichtsrechtlichen Verwaltungsakt zu erlassen, hergeleitet werden. Mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides an beide Beteiligte im o.a. Sinne werden daraus nicht zwei eigenständige Bescheide im Sinne des Art 35 BayVwVfG/§ 31 SGB X. Aus diesem Widerspruchsbescheid ergibt sich die (höhere) Leistungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen unmittelbar. Die Frage nach der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung. Sie ist hier nicht entscheidungserheblich, weil die Frist zur Klageerhebung auch im Übrigen gewahrt ist.

Der Widerspruchsbescheid ist auch in der Sache rechtmäßig, weil der Kläger rechtsfehlerhaft im hier streitgegenständlichen Zeitraum das Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR pro Monat als Einkommen der Beigeladenen in Ansatz gebracht hat.

Der Senat schließt sich in diesem Punkt der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte an. Das staatliche Kindergeld dient dem allgemeinen Familienlastenausgleich. Es ist eine öffentliche Sozialleistung, die den Eltern gewährt wird, um ihnen die Unterhaltslast gegenüber den Kindern zu erleichtern. Es steht in diesem Sinne beiden Eltern zu.

Demzufolge handelte es sich bei Kindergeld sozialhilferechtlich um anrechenbares Einkommen im Sinne des früheren § 76 Abs 1 BSHG, weil Kindergeld eine mit der Hilfe zum Lebensunterhalt zweckidentische Leistung im Sinne des § 77 BSHG war (BVerwGE 114, 339/340; BVerwGE 94, 326/328). Abgesehen vom Falle eines Vollwaisen (§ 1 Abs 2 Bundeskindergeldgesetz -BKGG-) war Kindergeld grundsätzlich nicht als Einkommen des Kindes, sondern als Einkommen des Kindergeldberechtigten zu werten (dazu BVerwGE 60, 6/9 mwN; BayVGH vom 09.02.2004 BayVBl 2004, 624). Auch zum Recht der Grundsicherung nach dem früheren GSiG gilt nichts anderes, denn § 3 Abs 2 GSiG verweist zum Einkommenseinsatz auf die §§ 76 ff BSHG. So stellte das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 10.12.2004 (RdLH 2005, 29) fest, dass auch im Recht der Grundsicherung Kindergeld Einkommen dessen sei, an den es ausbezahlt werde.

Im Fall der Beigeladenen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Kindergeldbezieher das Kindergeld an sie bar oder durch Naturalleistungen weitergegeben haben und es so zum Einkommen bei ihr geworden ist. Für eine entsprechende Vermutung der Bedarfsdeckung besteht kein Raum. Eine solche gesetzliche Vermutung, dass der Kindergeldberechtigte das Kindergeld in Form von Naturalunterhalt weitergibt, kann auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 74 Abs 1 Satz 1 EStG hergeleitet werden, wonach das Kindergeld an das Kind ausbezahlt werden kann, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt (siehe dazu BayVGH vom 09.02.2004 aaO). Mithin verbleibt es bei der von der Widerspruchsbehörde vorgenommenen Anrechnung des Kindergeldes beim Bezieher, weil § 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII das volljährige Kind nicht im Auge hat, eine anderweitige gesetzliche Vermutung nicht greift und letztlich auch die besondere Fallgestaltung keine Ausnahme von dem Grundsatz als geboten erscheinen lässt, dass das Kindergeld für die volljährige Beigeladene, die nicht im Haushalt des Kindergeldberechtigten lebt, bei demjenigen anzurechnen ist, der es tatsächlich bezieht.

Letztlich führen auch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Frage der Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhaltsbedarf (BGH vom 26.10.2005 NJW 2006, 57, und vom 01.03.2006 FamRZ 2006, 774) zu keinem anderen Ergebnis. Der BGH nimmt in diesen Entscheidungen Stellung zu der Frage der Berücksichtigung des Kindergeldes im Verhältnis der Kinder zu den unterhaltspflichtigen Eltern oder einem Elternteil gemäß § 1612 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Diese Bestimmung setzt voraus, dass das Kindergeld grundsätzlich den Eltern zusteht (Diedrichsen in Palandt, BGB, 65.Aufl 2006, Einf. vor § 1606 RdNr 45 f) und regelt die Verrechnung mit dem bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruch, weil "erwartet werden kann, dass die Eltern das Kindergeld dem Kind zugute kommen lassen". § 1612 b BGB findet nun seine Funktion darin, das Kindergeld, das die Unterhaltslast aller Unterhaltspflichtigen erleichtern soll, unterhaltsrechtlich und ohne Rücksicht darauf aufzuteilen, an wen es ausbezahlt wird und wer öffentlich-rechtlich als Empfangsberechtiger bestimmt wird (BGH vom 26.10.2005 aaO). Demgegenüber bedarf es im Verhältnis zwischen Leistungsberechtigten und Träger der Leistungen nach dem GSiG insoweit keiner wertenden Betrachtung. Maßgebend ist, was dem Leistungsberechtigten im jeweiligen Bedarfszeitraum an Mitteln tatsächlich zusteht und ob er hieraus seinen gegenwärtigen Bedarf decken kann. Entscheidend für die Beigeladene ist mithin allein, was ihr im jeweiligen Monat tatsächlich zufließt (siehe dazu auch Rothkegel, Sozialhilferecht, 2005, S 114). Für volljährige Kinder besteht damit auch keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke, die eine entsprechende Heranziehung des Gedankens des § 1612 b BGB rechtfertigen könnte. Es verbleibt insoweit bei dem das Recht der Sozialhilfe und der Grundsicherung nach dem GSiG prägenden Zuflussprinzip, das bestimmt, dass Einkommen dort zu u berücksichtigen ist, wo es im jeweiligen Bewilligungszeitraum tatsächlich fließt - hier in Übereinstimmung mit den Vorschriften des BKGG und des EStG. Zu diesem Ergebnis kommt auch der BGH in der vom Kläger zitierten Entscheidung vom 26.10.2005. Er führt dort aus, dass das staatliche Kindergeld zwar unterhaltsrechtlich nicht als Einkommen der unterhaltspflichtigen Eltern zu behandeln sei, denn es werde den Eltern gewährt, um ihre Unterhaltslast gegenüber den Kindern zu erleichtern. Deswegen könne es bei der Bemessung anderer Unterhaltspflichten nicht als Einkommen angesetzt werden. Das schließe es jedoch nicht aus, das Kindergeld als bedarfsdeckendes Einkommen des volljährigen Kindes zu berücksichtigen, wenn das Kind dieses Kindergeld unmittelbar oder über den bezugsberechtigten Elternteil erhält oder wenn ihm im Gegenzug dafür bedarfsdeckende Naturalleistungen zufließen. (Nur) dann sei der Unterhaltsbedarf in diesem Umfang gedeckt und das Kind war noch hinsichtlich des Restbetrages bedürftig (so BGH vom 26.10.2005 NJW 2006, 57).

Daran hat im Übrigen die Einfügung des Rechts der Sozialhilfe in das Sozialgesetzbuch als dessen SGB XII nichts geändert. Der zum 01.01.2005 in Kraft getretene § 82 SGB XII knüpft an die bisherigen Regelungen in § 76 BSHG an. Mit dem neuen Satz 2 des § 82 Abs 1 SGB XII wollte der Gesetzgeber die in der Praxis unterschiedlichen Anrechnungsregelungen für das Kindergeld vereinheitlichen. Die Bestimmung in § 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII betrifft allein das minderjährige Kind, das typischerweise in einem gemeinsam bewirtschaftenden Familienhaushalt lebt. Sie hat zum Ziel, die Sozialhilfebedürftigkeit möglichst vieler Kinder zu beseitigen (so Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 05.09.2003, BT-Drs 15/1514, S.65). Anders verhält es sich folgerichtig mit der Anrechung des Kindergeldes für eine volljähriges Kind (dazu auch LSG Niedersachsen-Bremen vom 20.04.2006 Az: L 8 SO 121/05), weil der Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung hier keine (abweichende) Regelung getroffen hat.

Die Berufung des Beklagten hat mithin in vollem Umfang Erfolg. Die unselbstständige Anschlussberufung des Klägers bleibt hier insoweit ohne Erfolg.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen hat entsprechend § 154 Abs 1 Sätze 1 und 3 VwGO der Kläger zu tragen. Dazu gehören gemäß § 162 Abs 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, weil die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Für die Kostenentscheidung finden die §§ 154 bis 162 VwGO entsprechende Anwendung, weil weder der Kläger noch der Beklagte zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis gehört (§ 197 a Abs 1 Satz 1 SGG). Ein Fall des § 197 a Abs 3 SGG liegt nicht vor, weil der klageführende Träger der Sozialhilfe nicht an einem Erstattungsstreit mit einem anderen Träger beteiligt ist. Für eine Kostenverteilung entsprechend § 155 VwGO gibt es auch im Hinblick auf die Rechtsbehelfsbelehrung im hier angefochtenen Widerspruchsbescheid keine Veranlassung.

Der Streitwertbeschluss in Nr III des Urteilstenors des SG ist - wie oben ausgeführt - nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Die streitgegenständlichen Normen des GSiG sind bereits am 31.12.2004 außer Kraft getreten.
Rechtskraft
Aus
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