Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 KR 330/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 21/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 19. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Kostenerstattung im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Behandlung mit Zahnersatz in der Zeit vom 02.02.2004 bis 08.03.2004.
Die 1961 geborene Klägerin, die bei der Beklagten versichert ist, ließ sich am 20.09.2002 durch Dr.B. im Oberkiefer festsitzende Kronen und eine herausnehmbare Prothese eingliedern. Im Januar 2003 wandte sie sich an die Beklagte, machte starke gesundheitliche Probleme durch die Unverträglichkeit der im Mundraum befindlichen unterschiedlichen Metalle geltend und verwies auf ihren Allergiepass, der eine Unverträglichkeit gegen Nickel und Kupfersulfate beinhaltet. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Zahnarzt Dr.L. , der die Oberkiefermodellgusskonstruktion als nicht passend beurteilte und eine Nachbesserung wegen der vorliegenden Allergie auf Kobalt für nicht sinnvoll hielt. Dr.B. sei zur unentgeltlichen Neuanfertigung in Titan- oder Hochgoldlegierung bereit. Die Klägerin lehnte eine Nachbesserung durch Dr.B. mangels Vertrauen in diesen ab, widersprach dem Gutachten Dr.L. und beantragte eine Oberbegutachtung, da Dr.L. keine Aussage über den festsitzenden Zahnersatz gemacht habe. Dr.L. teilte auf Nachfrage am 29.04.2003 mit, keine allergischen Reaktionen auf den festsitzenden Zahnersatz in Goldlegierung festgestellt zu haben.
Im Auftrag der Beklagten erstellte der Zahnarzt Dr.R. am 03.07.2003 ein Obergutachten. Nach ambulanter Untersuchung hielt er eine Neuanfertigung des herausnehmbaren Ersatzes mit kobaltfreiem Material für notwendig, ebenso das Einschleifen der Kronen. Das hochwertige Material der Kronen habe eine andere Zusammensetzung als die im Unterkieferbereich verwendete Legierung. Objektive Symptome einer Stomatitis seien nicht vorhanden. Ein allergisches Geschehen sei abzuklären. Nachdem die Beklagte der Klägerin das Gutachten am 15.07.2003 übersandt und um einen neuen Heil- und Kostenplan gebeten hatte, legte der Klägerbevollmächtigte am 05.11.2003 eine hautärztliche Bescheinigung Dr.L. vom 22.09.2003 und eine Bescheinigung der HNO-Ärztin K. vom 18.09.2003 vor, wonach die Entfernung der von Dr.B. eingesetzten Prothese notwendig sei. Die Beklagte erneuerte mit Schreiben vom 17.12.2003 ihre Bitte um Vorlage eines neuen Heil- und Kostenplans zur medizinischen Notwendigkeit des Zahnersatzes und wiederholte diese gegenüber dem Klägerbevollmächtigten am 22.12.2003 und 07.01.2004. Der Klägerbevollmächtigte teilte der Beklagten am 12.01.2004 mit, dass kein Zahnarzt die Notwendigkeit der Entfernung und Neuanfertigung der Kronen bescheinigen könne, da es sich um keine zahnärztliche Problematik handele. Es werde um Bestätigung der Befugnis zur Entfernung und Neuanfertigung mit anderen Materialien gebeten. Die Klägerin befinde sich nunmehr bei Dr.F. in Behandlung. Die Beklagte antwortete am 26.01.2004, eine Entscheidung sei ohne neuen Heil- und Kostenplan nicht möglich.
Am 26.04.2004 ging ein Behandlungsplan des Zahnarztes Dr.F. vom 29.01.2004 sowie dessen Rechnung vom 18.03.2004 über 6.563,84 EUR betreffend die Entfernung der Oberkieferkronen, das Einbringen eines Implantats und der Kronenversorgung in der Zeit vom 02.02.2004 bis 08.03.2004 ein.
Die Beklagte lehnte eine Kostenübernahme mit Bescheid vom 30.04.2004 mit der Begründung ab, die Klägerin habe keine Kostenerstattung gewählt. Dem widersprach der Klägerbevollmächtigte am 21.05.2004 mit der Begründung, eine Kostenerstattung sei angesichts der Unaufschiebbarkeit der Versorgung und der ablehnenden Haltung der Beklagten begründet.
Im Widerspruchsbescheid vom 28.07.2004 heißt es, Anhaltspunkte für einen Notfall lägen nicht vor. Die Beklagte habe eine Sachleistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt, da weder ein Heil- und Kostenplan vorgelegt noch die Entscheidung der Kasse abgewartet worden sei. Die Klägerin habe vielmehr bewusst wegen implantologischer Leistungen eine außervertragliche Leistung gewählt.
Im Klageverfahren hat Dr.F. auf Anfrage angegeben, mangels Indikation entsprechend dem Gutachten Dr.R. sei eine Neuanfertigung des festsitzenden Oberkieferersatzes nach Kassenrichtlinien nicht möglich gewesen. Es sei daher ein privatrechtlicher Heil- und Kostenplan erstellt und dieselbe Legierung wie im Unterkieferzahnersatz verwendet worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.01.2005 abgewiesen. Die allein mögliche Anspruchsgrundlage des § 13 Abs.3 SGB V sei nicht erfüllt, da es sich bei der Zahnersatzversorgung um keinen Notfall gehandelt habe und der Kostenerstattungsantrag erst nach Beginn der Maßnahme bei der Beklagten eingegangen sei.
Gegen das Urteil hat die Klägerin am 04.02.2005 Berufung eingelegt. Mit der Übersendung des Gutachtens von Dr.R. sei klar gewesen, dass die Beklagte die Entfernung der Kronen im Oberkiefer ablehnte. Dies sei zu Unrecht geschehen. Wegen der Zunahme der Beschwerden infolge der unverträglichen Kronen sei die privatärztliche Behandlung notwendig geworden. Tatsächlich seien die Hauterscheinungen nach Entfernung der festsitzenden Prothese abgeklungen.
Das Gericht hat einen Befundbericht von Dr.F. und eine ergänzende Stellungnahme Dr.R. eingeholt. Dieser hat am 29.06.2006 mitgeteilt, ungeachtet der Notwendigkeit der Entfernung der Kronen im Oberkiefer sei eine Indikation für eine implantologische Leistung nicht gegeben gewesen. Die für die implantologische Leistung verwendete Titanlegierung hätte sich für die Neuversorgung z.B. als Gerüst für Kronen und als Material für den herausnehmbaren Teil angeboten.
Dagegen ist von Seiten des Klägerbevollmächtigten vorgetragen worden, es sei der Klägerin nicht zumutbar gewesen, erst Gold oder Titan zu probieren, um dann festzustellen, dass diese auch auf diese Materialien allergisch reagiert und dann erst zur Ausnahmeindikation Implantate zurückzukommen. Dieses Material Titan sei auch wesentlich teuerer als die Implantate. Wesentlich sei, dass die Klägerin auf den bisherigen Zahnersatz allergisch reagiert habe und auch Implantate zur Regelversorgung gehörten.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 19.01.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 30.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2004 zu verurteilen, den Kassenanteil an der Rechnung des Dr.F. vom 18.03.2004 zu begleichen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Akte des Sozialgerichts Regensburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 19.01.2005 ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2004. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Behandlung des Dr.F. vom 02.02.2004 bis 08.03.2004 entstanden sind.
Wegen der Sachleistungspflicht - wesentliches Strukturelement des gesamten Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung - darf Kostenerstattung nur in den ausdrücklich im SGB V aufgezählten Fällen erfolgen. Als mögliche Anspruchsgrundlage kommt vorliegend lediglich § 13 Abs.3 SGB V in Betracht. Danach sind Kosten von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbst- beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Dabei ist die Kostenerstattung auf die notwendige Leistung begrenzt (§ 13 Abs.3 Satz 1 SGB V). Die zahnärztliche Behandlung durch Dr.F. war weder unaufschiebbar noch hat die Beklagte die von ihm durchgeführte Leistung zu Unrecht abgelehnt.
Voraussetzung für einen Anspruch gemäß der 1. Alternative des § 13 Abs.3 SGB V ist, dass der übliche Beschaffungsweg mit einer für den Berechtigten unvermeidbaren Verzögerung, d.h. mit medizinischen Risiken verbunden ist, der die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des Gesundheitszustands gefährden könnte, so dass es für den Versicherten nicht möglich oder zumutbar ist, sich vor der Leistungsverschaffung mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen (BSG 18.01.1996 BSGE 77, 227; 22.09.2000 SozR 3-2500 § 13 Nr.22). Angesichts der Erstellung des Heil- und Kostenplans durch den Zahnarzt Dr.F. am 29.01.2004 und dem Beginn der Behandlung Tage später, nämlich am 02.02.2004, ist das Vorliegen eines Notfalls ausgeschlossen. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass die Klägerin den privaten Heil- und Kostenplan nicht zeitgerecht der Krankenkasse hätte zuleiten können. § 13 Abs.3 2. Alternative SGB V regelt die Kostenerstattung für den Fall, dass eine Sachleistung zu Unrecht verweigert und der Versicherte dadurch gezwungen wurde, sich die notwendige Leistung selbst zu beschaffen. Zutreffend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass es zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen des § 13 Abs.3 2. Alternative SGB V darauf ankommt, dass zwischen der Ablehnung durch die Krankenkasse und dem eingeschlagenen Beschaffungsweg ein ursächlicher Zusammenhang besteht (BSG 18.01.1996 SozR 3-2500 § 13 Nr.10). Die Kosten dürfen daher erst nach Ablehnung durch die Krankenkasse entstanden sein. Die Klägerin hat hingegen die Erstattung der Kosten im Zusammenhang mit der Behandlung durch den Zahnarzt Dr.F. ab 02.02.2004 erst am 26.04.2004 beantragt. Eine Kausalität zwischen dem ablehnenden Bescheid der Beklagten am 30.04.2004 und der Inanspruchnahme privatärztlicher Behandlung ist daher von vornherein nicht gegeben.
Zwar hat die Klägerin bereits am 05.11.2003 unter Vorlage fachärztlicher Bescheinigungen die Entfernung der von Dr.B. eingesetzten Prothese beantragt. Dieser Antrag war jedoch unvollständig und nicht geeignet, eine Entscheidung der Beklagten über die Art der Neuversorgung herbeizuführen. Der Zahnarzt hat vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien, die gesamte Behandlung der notwendigen Versorgung mit Zahnersatz umfassenden Heil- und Kostenplan zu erstellen (§ 30 Abs.4 Satz 1 SGB V). Hierauf hat die Beklagte wiederholt, nämlich am 15.07.2003, 17.12.2003, 22.12.2003 und 07.01.2004 hingewiesen. Da die Behandlung unteilbar ist, besteht kein Kostenerstattungsanspruch und zwar weder für Einzelleistungen wie die Entfernung der festsitzenden Kronen noch bei isolierter Antragstellung (BSG 16.09.1997 in SozR 3-2500 § 135 Nr.4). Andernfalls würde die vom Gesetzgeber für notwendig gehaltene Kontrolle der Gesamtversorgung unterlaufen. Wenn die Klägerin vorträgt, die Vorlage eines Heil- und Kostenplans durch einen Vertragszahnarzt sei ihr unmöglich gewesen, so ist dies nicht nachvollziehbar. Zwar ist es richtig, dass die Art der von der Klägerin gewählten Versorgung von vornherein nicht genehmigungsfähig war, weil implantologische Leistungen grundsätzlich nicht zur zahnärztlichen Behandlung seitens der gesetzlichen Krankenkassen gehören. Wohl unstreitig liegt nach der ergänzenden Stellungnahme Dr.R. vom 29.06.2006 keine Ausnahmeindikation im Sinn des § 28 Abs.2 Satz 9 SGB V vor. Die Klägerin leidet nicht unter einem besonders schweren Fall der Zahnlosigkeit, bei dem eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist. Selbst wenn unterstellt wird, dass die Klägerin aus allergologischen Gründen die Entfernung der von Dr.B. eingegliederten Kronen verlangen könnte, die Entfernung also notwendig wäre, was bislang lediglich durch Atteste nachgewiesen ist, wäre eine vertragsärztliche Versorgung möglich gewesen. Dies ergibt sich aus der überzeugenden ergänzenden Stellungnahme Dr.R. vom 29.06.2006, der sich der Senat anschließt. Dr.R. hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren als Obergutachter persönlich untersucht und die vorhandenen Vorbefunde sorgfältig ausgewertet. Er hat dargelegt, dass als Werkstoff für Implantate in den allermeisten Fällen Titanlegierungen verwendet werden, welche die Klägerin offensichtlich verträgt, so dass eine Neuversorgung mittels dieses Materials z.B. als Gerüst für Kronen und als Material für den abnehmbaren Teil möglich gewesen wäre. In diesem Fall wäre eine kombinierte Versorgung mit Hilfe von festsitzenden und einem abnehmbaren Teil als Sachleistung in Frage gekommen. Ob dieses Material Titan wesentlich teurer ist als die Implantologie, ist nachrangig. Implantologische Leistungen kommen deshalb in keinem Fall in Betracht. Dass die Klägerin eine implantologische Versorgung gewählt hat, kann darin liegen, dass sie von vornherein keinen herausnehmbaren Zahnersatz wollte. Dass sie keine vertragsärztliche Versorgung wählte, kann auch darin liegen, dass sie von einer ablehnenden Haltung der Beklagten hinsichtlich der Entfernung der festsitzenden Prothese ausging. Die Mitteilungen der Beklagten auf ihre entsprechenden Anfragen waren äußerst knapp. Selbst wenn der Beklagten jedoch ein Aufklärungsmangel vorzuhalten wäre, würde dies keinen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin begründen. Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung kann ausschließlich und allein aus § 13 Abs.3 Satz 1 SGB V abgeleitet werden, nicht hingegen aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Unabhängig von der Eilbedürftigkeit besteht der Kostenerstattungsanspruch nur für medizinische Maßnahmen, die ihrer Art nach oder allgemein von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistungen zu erbringen sind. Bei Anwendung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bestünde demgegenüber die Gefahr, die spezifischen systembedingten Eingrenzungen des Kostenerstattungsanspruchs mit der Folge zu unterlaufen, dass die Kostenerstattung für systemfremde Leistungen ermöglicht würde (BSG, Urteil vom 04.04.2006, Az.: B 1 KR 5/05 R mit weiteren Nachweisen).
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Kostenerstattung im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Behandlung mit Zahnersatz in der Zeit vom 02.02.2004 bis 08.03.2004.
Die 1961 geborene Klägerin, die bei der Beklagten versichert ist, ließ sich am 20.09.2002 durch Dr.B. im Oberkiefer festsitzende Kronen und eine herausnehmbare Prothese eingliedern. Im Januar 2003 wandte sie sich an die Beklagte, machte starke gesundheitliche Probleme durch die Unverträglichkeit der im Mundraum befindlichen unterschiedlichen Metalle geltend und verwies auf ihren Allergiepass, der eine Unverträglichkeit gegen Nickel und Kupfersulfate beinhaltet. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Zahnarzt Dr.L. , der die Oberkiefermodellgusskonstruktion als nicht passend beurteilte und eine Nachbesserung wegen der vorliegenden Allergie auf Kobalt für nicht sinnvoll hielt. Dr.B. sei zur unentgeltlichen Neuanfertigung in Titan- oder Hochgoldlegierung bereit. Die Klägerin lehnte eine Nachbesserung durch Dr.B. mangels Vertrauen in diesen ab, widersprach dem Gutachten Dr.L. und beantragte eine Oberbegutachtung, da Dr.L. keine Aussage über den festsitzenden Zahnersatz gemacht habe. Dr.L. teilte auf Nachfrage am 29.04.2003 mit, keine allergischen Reaktionen auf den festsitzenden Zahnersatz in Goldlegierung festgestellt zu haben.
Im Auftrag der Beklagten erstellte der Zahnarzt Dr.R. am 03.07.2003 ein Obergutachten. Nach ambulanter Untersuchung hielt er eine Neuanfertigung des herausnehmbaren Ersatzes mit kobaltfreiem Material für notwendig, ebenso das Einschleifen der Kronen. Das hochwertige Material der Kronen habe eine andere Zusammensetzung als die im Unterkieferbereich verwendete Legierung. Objektive Symptome einer Stomatitis seien nicht vorhanden. Ein allergisches Geschehen sei abzuklären. Nachdem die Beklagte der Klägerin das Gutachten am 15.07.2003 übersandt und um einen neuen Heil- und Kostenplan gebeten hatte, legte der Klägerbevollmächtigte am 05.11.2003 eine hautärztliche Bescheinigung Dr.L. vom 22.09.2003 und eine Bescheinigung der HNO-Ärztin K. vom 18.09.2003 vor, wonach die Entfernung der von Dr.B. eingesetzten Prothese notwendig sei. Die Beklagte erneuerte mit Schreiben vom 17.12.2003 ihre Bitte um Vorlage eines neuen Heil- und Kostenplans zur medizinischen Notwendigkeit des Zahnersatzes und wiederholte diese gegenüber dem Klägerbevollmächtigten am 22.12.2003 und 07.01.2004. Der Klägerbevollmächtigte teilte der Beklagten am 12.01.2004 mit, dass kein Zahnarzt die Notwendigkeit der Entfernung und Neuanfertigung der Kronen bescheinigen könne, da es sich um keine zahnärztliche Problematik handele. Es werde um Bestätigung der Befugnis zur Entfernung und Neuanfertigung mit anderen Materialien gebeten. Die Klägerin befinde sich nunmehr bei Dr.F. in Behandlung. Die Beklagte antwortete am 26.01.2004, eine Entscheidung sei ohne neuen Heil- und Kostenplan nicht möglich.
Am 26.04.2004 ging ein Behandlungsplan des Zahnarztes Dr.F. vom 29.01.2004 sowie dessen Rechnung vom 18.03.2004 über 6.563,84 EUR betreffend die Entfernung der Oberkieferkronen, das Einbringen eines Implantats und der Kronenversorgung in der Zeit vom 02.02.2004 bis 08.03.2004 ein.
Die Beklagte lehnte eine Kostenübernahme mit Bescheid vom 30.04.2004 mit der Begründung ab, die Klägerin habe keine Kostenerstattung gewählt. Dem widersprach der Klägerbevollmächtigte am 21.05.2004 mit der Begründung, eine Kostenerstattung sei angesichts der Unaufschiebbarkeit der Versorgung und der ablehnenden Haltung der Beklagten begründet.
Im Widerspruchsbescheid vom 28.07.2004 heißt es, Anhaltspunkte für einen Notfall lägen nicht vor. Die Beklagte habe eine Sachleistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt, da weder ein Heil- und Kostenplan vorgelegt noch die Entscheidung der Kasse abgewartet worden sei. Die Klägerin habe vielmehr bewusst wegen implantologischer Leistungen eine außervertragliche Leistung gewählt.
Im Klageverfahren hat Dr.F. auf Anfrage angegeben, mangels Indikation entsprechend dem Gutachten Dr.R. sei eine Neuanfertigung des festsitzenden Oberkieferersatzes nach Kassenrichtlinien nicht möglich gewesen. Es sei daher ein privatrechtlicher Heil- und Kostenplan erstellt und dieselbe Legierung wie im Unterkieferzahnersatz verwendet worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.01.2005 abgewiesen. Die allein mögliche Anspruchsgrundlage des § 13 Abs.3 SGB V sei nicht erfüllt, da es sich bei der Zahnersatzversorgung um keinen Notfall gehandelt habe und der Kostenerstattungsantrag erst nach Beginn der Maßnahme bei der Beklagten eingegangen sei.
Gegen das Urteil hat die Klägerin am 04.02.2005 Berufung eingelegt. Mit der Übersendung des Gutachtens von Dr.R. sei klar gewesen, dass die Beklagte die Entfernung der Kronen im Oberkiefer ablehnte. Dies sei zu Unrecht geschehen. Wegen der Zunahme der Beschwerden infolge der unverträglichen Kronen sei die privatärztliche Behandlung notwendig geworden. Tatsächlich seien die Hauterscheinungen nach Entfernung der festsitzenden Prothese abgeklungen.
Das Gericht hat einen Befundbericht von Dr.F. und eine ergänzende Stellungnahme Dr.R. eingeholt. Dieser hat am 29.06.2006 mitgeteilt, ungeachtet der Notwendigkeit der Entfernung der Kronen im Oberkiefer sei eine Indikation für eine implantologische Leistung nicht gegeben gewesen. Die für die implantologische Leistung verwendete Titanlegierung hätte sich für die Neuversorgung z.B. als Gerüst für Kronen und als Material für den herausnehmbaren Teil angeboten.
Dagegen ist von Seiten des Klägerbevollmächtigten vorgetragen worden, es sei der Klägerin nicht zumutbar gewesen, erst Gold oder Titan zu probieren, um dann festzustellen, dass diese auch auf diese Materialien allergisch reagiert und dann erst zur Ausnahmeindikation Implantate zurückzukommen. Dieses Material Titan sei auch wesentlich teuerer als die Implantate. Wesentlich sei, dass die Klägerin auf den bisherigen Zahnersatz allergisch reagiert habe und auch Implantate zur Regelversorgung gehörten.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 19.01.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 30.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2004 zu verurteilen, den Kassenanteil an der Rechnung des Dr.F. vom 18.03.2004 zu begleichen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Akte des Sozialgerichts Regensburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 19.01.2005 ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 30.04.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2004. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Behandlung des Dr.F. vom 02.02.2004 bis 08.03.2004 entstanden sind.
Wegen der Sachleistungspflicht - wesentliches Strukturelement des gesamten Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung - darf Kostenerstattung nur in den ausdrücklich im SGB V aufgezählten Fällen erfolgen. Als mögliche Anspruchsgrundlage kommt vorliegend lediglich § 13 Abs.3 SGB V in Betracht. Danach sind Kosten von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbst- beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Dabei ist die Kostenerstattung auf die notwendige Leistung begrenzt (§ 13 Abs.3 Satz 1 SGB V). Die zahnärztliche Behandlung durch Dr.F. war weder unaufschiebbar noch hat die Beklagte die von ihm durchgeführte Leistung zu Unrecht abgelehnt.
Voraussetzung für einen Anspruch gemäß der 1. Alternative des § 13 Abs.3 SGB V ist, dass der übliche Beschaffungsweg mit einer für den Berechtigten unvermeidbaren Verzögerung, d.h. mit medizinischen Risiken verbunden ist, der die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des Gesundheitszustands gefährden könnte, so dass es für den Versicherten nicht möglich oder zumutbar ist, sich vor der Leistungsverschaffung mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen (BSG 18.01.1996 BSGE 77, 227; 22.09.2000 SozR 3-2500 § 13 Nr.22). Angesichts der Erstellung des Heil- und Kostenplans durch den Zahnarzt Dr.F. am 29.01.2004 und dem Beginn der Behandlung Tage später, nämlich am 02.02.2004, ist das Vorliegen eines Notfalls ausgeschlossen. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass die Klägerin den privaten Heil- und Kostenplan nicht zeitgerecht der Krankenkasse hätte zuleiten können. § 13 Abs.3 2. Alternative SGB V regelt die Kostenerstattung für den Fall, dass eine Sachleistung zu Unrecht verweigert und der Versicherte dadurch gezwungen wurde, sich die notwendige Leistung selbst zu beschaffen. Zutreffend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass es zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen des § 13 Abs.3 2. Alternative SGB V darauf ankommt, dass zwischen der Ablehnung durch die Krankenkasse und dem eingeschlagenen Beschaffungsweg ein ursächlicher Zusammenhang besteht (BSG 18.01.1996 SozR 3-2500 § 13 Nr.10). Die Kosten dürfen daher erst nach Ablehnung durch die Krankenkasse entstanden sein. Die Klägerin hat hingegen die Erstattung der Kosten im Zusammenhang mit der Behandlung durch den Zahnarzt Dr.F. ab 02.02.2004 erst am 26.04.2004 beantragt. Eine Kausalität zwischen dem ablehnenden Bescheid der Beklagten am 30.04.2004 und der Inanspruchnahme privatärztlicher Behandlung ist daher von vornherein nicht gegeben.
Zwar hat die Klägerin bereits am 05.11.2003 unter Vorlage fachärztlicher Bescheinigungen die Entfernung der von Dr.B. eingesetzten Prothese beantragt. Dieser Antrag war jedoch unvollständig und nicht geeignet, eine Entscheidung der Beklagten über die Art der Neuversorgung herbeizuführen. Der Zahnarzt hat vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien, die gesamte Behandlung der notwendigen Versorgung mit Zahnersatz umfassenden Heil- und Kostenplan zu erstellen (§ 30 Abs.4 Satz 1 SGB V). Hierauf hat die Beklagte wiederholt, nämlich am 15.07.2003, 17.12.2003, 22.12.2003 und 07.01.2004 hingewiesen. Da die Behandlung unteilbar ist, besteht kein Kostenerstattungsanspruch und zwar weder für Einzelleistungen wie die Entfernung der festsitzenden Kronen noch bei isolierter Antragstellung (BSG 16.09.1997 in SozR 3-2500 § 135 Nr.4). Andernfalls würde die vom Gesetzgeber für notwendig gehaltene Kontrolle der Gesamtversorgung unterlaufen. Wenn die Klägerin vorträgt, die Vorlage eines Heil- und Kostenplans durch einen Vertragszahnarzt sei ihr unmöglich gewesen, so ist dies nicht nachvollziehbar. Zwar ist es richtig, dass die Art der von der Klägerin gewählten Versorgung von vornherein nicht genehmigungsfähig war, weil implantologische Leistungen grundsätzlich nicht zur zahnärztlichen Behandlung seitens der gesetzlichen Krankenkassen gehören. Wohl unstreitig liegt nach der ergänzenden Stellungnahme Dr.R. vom 29.06.2006 keine Ausnahmeindikation im Sinn des § 28 Abs.2 Satz 9 SGB V vor. Die Klägerin leidet nicht unter einem besonders schweren Fall der Zahnlosigkeit, bei dem eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist. Selbst wenn unterstellt wird, dass die Klägerin aus allergologischen Gründen die Entfernung der von Dr.B. eingegliederten Kronen verlangen könnte, die Entfernung also notwendig wäre, was bislang lediglich durch Atteste nachgewiesen ist, wäre eine vertragsärztliche Versorgung möglich gewesen. Dies ergibt sich aus der überzeugenden ergänzenden Stellungnahme Dr.R. vom 29.06.2006, der sich der Senat anschließt. Dr.R. hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren als Obergutachter persönlich untersucht und die vorhandenen Vorbefunde sorgfältig ausgewertet. Er hat dargelegt, dass als Werkstoff für Implantate in den allermeisten Fällen Titanlegierungen verwendet werden, welche die Klägerin offensichtlich verträgt, so dass eine Neuversorgung mittels dieses Materials z.B. als Gerüst für Kronen und als Material für den abnehmbaren Teil möglich gewesen wäre. In diesem Fall wäre eine kombinierte Versorgung mit Hilfe von festsitzenden und einem abnehmbaren Teil als Sachleistung in Frage gekommen. Ob dieses Material Titan wesentlich teurer ist als die Implantologie, ist nachrangig. Implantologische Leistungen kommen deshalb in keinem Fall in Betracht. Dass die Klägerin eine implantologische Versorgung gewählt hat, kann darin liegen, dass sie von vornherein keinen herausnehmbaren Zahnersatz wollte. Dass sie keine vertragsärztliche Versorgung wählte, kann auch darin liegen, dass sie von einer ablehnenden Haltung der Beklagten hinsichtlich der Entfernung der festsitzenden Prothese ausging. Die Mitteilungen der Beklagten auf ihre entsprechenden Anfragen waren äußerst knapp. Selbst wenn der Beklagten jedoch ein Aufklärungsmangel vorzuhalten wäre, würde dies keinen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin begründen. Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung kann ausschließlich und allein aus § 13 Abs.3 Satz 1 SGB V abgeleitet werden, nicht hingegen aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Unabhängig von der Eilbedürftigkeit besteht der Kostenerstattungsanspruch nur für medizinische Maßnahmen, die ihrer Art nach oder allgemein von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistungen zu erbringen sind. Bei Anwendung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bestünde demgegenüber die Gefahr, die spezifischen systembedingten Eingrenzungen des Kostenerstattungsanspruchs mit der Folge zu unterlaufen, dass die Kostenerstattung für systemfremde Leistungen ermöglicht würde (BSG, Urteil vom 04.04.2006, Az.: B 1 KR 5/05 R mit weiteren Nachweisen).
Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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