Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 20 SO 122/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 SO 111/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8/9b SO 9/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.12.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) während seines Aufenthaltes im Bezirkskrankenhaus A. (BKH) im Rahmen des Maßregelvollzuges gemäß § 63 Strafgesetzbuch (StGB) in Höhe von 120,- EUR abzüglich des gewährten Justiztaschengeldes zusteht.
Der 1973 geborene Kläger befindet sich seit 22.04.2004 im Rahmen des Maßregelvollzuges im Bezirkskrankenhaus. Er nimmt an einer Arbeitstherapie nicht teil und erhält neben anderen Leistungen sogenanntes Justiztaschengeld in Höhe von 43,50 EUR (Stand Januar 2005).
Mit Schreiben vom 04.01.2005, gerichtet an das Verwaltungsgericht A. und mangels dortiger Zuständigkeit weitergeleitet an das Sozialgericht Nürnberg (SG) - Az: S 20 SO 27/05, beantragte der Kläger ab Januar 2005 die Gewährung eines Taschen-/ Hausgeldes nach Sozialhilferecht in Höhe von 120,- EUR monatlich. Nach Aufforderung durch das SG, das Widerspruchsverfahren nachzuholen, erließ die Regierung von Mittelfranken am 19.09.2006 einen Widerspruchsbescheid, mit dem sie den mit Schreiben vom 04.01.2005 eingelegten "Widerspruch" zurückwies. Angemessenes Taschengeld würde gemäß § 46 Strafvollzugsgesetz gewährt. Sozialhilfeleistungen seien als nur nachrangige Leistungen nicht zu gewähren. Daraufhin erklärte das SG das Verfahren S 20 SO 27/05 am 13.10.2006 auf andere Weise (aaW) für erledigt.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat sich der Kläger mit Schreiben vom 19.09.2006 - eingegangen beim SG am 21.09.2006 - an das SG gewandt. Das SG hat diesbezüglich eine neue - nämlich die streitgegenständliche - Klage - Az: S 20 SO 122/06 - eingetragen und diese mit Urteil vom 08.12.2006 abgewiesen. Der Bedarf des Klägers sei durch die Leistungen nach dem Strafvollzugsgesetz in vollem Umfange gedeckt. Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII bestünden daher nicht. Auf eine vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts A. werde hingewiesen. Zulässiges Rechtsmittel gegen das Urteil sei die Nichtzulassungsbeschwerde.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Das gewährte Justiztaschengeld in Höhe von 44,33 EUR sei zu niedrig. Angemessen sei ein Betrag von 120,- EUR. Jedem Bürger stünde sogar ein Betrag von 345,- EUR zu. Das SG hätte weitere Maßnahmen hinsichtlich des Maßregelvollzuges treffen müssen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.12.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 120,- EUR monatlich abzüglich des gewährten Justiztaschengeldes seit 01.01.2005 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt die "Antragsabweisung".
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind die Akten der Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akte des Verfahrens vor dem SG Nürnberg S 20 SO 27/05.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Gegenstand des Rechtsstreites ist die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem jeweiligen Justiztaschengeld in Höhe von ca. 44,- EUR und dem vom Kläger genannten monatlichen Betrag von 120,- EUR ab 01.01.2005. Damit wird die Summe von 500,- EUR gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG überschritten. Zudem handelt es sich auch um wiederkehrende Leistungen für mehr als einem Jahr (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG), denn der Anspruch hierauf wurde durch den Beklagten abgelehnt (vgl. bei Ablehnung von Leistungen: BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des SG ist - allerdings nur im Ergebnis - zutreffend. Die mit Schreiben vom 19.09.2006 erhobene Klage ist unzulässig, denn eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 war bereits rechtshängig (Verfahren S 20 SO 27/05). Die Klage war daher abzuweisen. Offen bleiben kann dabei, ob es sich bei dem Schreiben vom 19.09.2006 überhaupt um eine neue Klage gehandelt hat. Das SG hat im Rahmen des Verfahrens S 20 SO 27/05 den Beklagten bzw. die Regierung von Mittelfranken veranlasst, die dort wegen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Verbindung mit der Aufstockung des Justiztaschengeldes erhobene Klage zugleich als Widerspruch anzusehen und einen entsprechenden Widerspruchsbescheid zu erlassen, obwohl es bereits an einem Ausgangsbescheid fehlte. Nachdem jedoch der Widerspruchsbescheid erlassen worden ist, ist dieser Gegenstand des bereits rechtshängigen Verfahrens S 20 SO 27/05 geworden. Dieses war zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht auf andere Weise für erledigt erklärt worden (vgl. Leitherer/Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 8.Aufl., § 78 RdNr 3a). Die bereits bestehende Rechtshängigkeit ist ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Prozesshindernis, wobei der Grundsatz der Priorität gilt (Leitherer aaO § 94 RdNr 8). Das Schreiben vom 19.09.2006 ist daher nicht als neue Klageerhebung anzusehen gewesen, sondern auch Gegenstand des bereits rechtshängigen Verfahrens S 20 SO 27/05 geworden. Die dennoch eingetragene Klage ist unzulässig. Sie ist aus diesem Grund abzuweisen gewesen.
Offen bleiben kann, ob die Erledigung des Verfahrens S 20 SO 27/05 auf andere Weise durch das SG am 13.10.2006 zu Recht erfolgte. Eine Erledigung auf andere Weise ist nicht eingetreten. Hierfür fehlt jeglicher Anlass, eine entsprechende Erklärung des Klägers o.ä. ist nicht ersichtlich. Diesbezüglich ist jedoch eine Zuständigkeit des Bayer.Landessozialgerichts nicht gegeben. Sollte es zu einer Fortsetzung dieses Verfahrens mangels Erledigung auf andere Weise kommen, wird das SG zu berücksichtigen haben, dass es nicht nur an einem - jetzt nachgeholten - Widerspruchsverfahren, sondern bereits an einem Ausgangsbescheid fehlt. Ein solcher war jedoch erforderlich, denn die mit Schreiben vom 04.01.2005 erhobene Klage ist nicht als Widerspruch, sondern als Antrag zu werten, wobei dann zunächst der Beklagte und nicht die Widerspruchsbehörde eine Entscheidung zu treffen hat. Der erlassene Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 ist daher ohne entsprechenden Ausgangsbescheid ergangen. Das SG wird deshalb ggfs. auch zu prüfen haben, welche Bedeutung diesbezüglich der fehlende Ausgangsbescheid hat. Insbesondere wird das SG dann ebenfalls ggfs. berücksichtigen können, dass eine Verweisung auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts A. vom 13.08.2004 - AN 4K 04.01300 - wegen des anderweitigen Streitgegenstandes und geänderter Verhältnisse - Wegfall des Einkommens aus Arbeitstherapie - nicht möglich ist. Ob jedoch das auf andere Weise erledigte Verfahren durch das SG fortgesetzt werden kann, hat das SG zu entscheiden.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) während seines Aufenthaltes im Bezirkskrankenhaus A. (BKH) im Rahmen des Maßregelvollzuges gemäß § 63 Strafgesetzbuch (StGB) in Höhe von 120,- EUR abzüglich des gewährten Justiztaschengeldes zusteht.
Der 1973 geborene Kläger befindet sich seit 22.04.2004 im Rahmen des Maßregelvollzuges im Bezirkskrankenhaus. Er nimmt an einer Arbeitstherapie nicht teil und erhält neben anderen Leistungen sogenanntes Justiztaschengeld in Höhe von 43,50 EUR (Stand Januar 2005).
Mit Schreiben vom 04.01.2005, gerichtet an das Verwaltungsgericht A. und mangels dortiger Zuständigkeit weitergeleitet an das Sozialgericht Nürnberg (SG) - Az: S 20 SO 27/05, beantragte der Kläger ab Januar 2005 die Gewährung eines Taschen-/ Hausgeldes nach Sozialhilferecht in Höhe von 120,- EUR monatlich. Nach Aufforderung durch das SG, das Widerspruchsverfahren nachzuholen, erließ die Regierung von Mittelfranken am 19.09.2006 einen Widerspruchsbescheid, mit dem sie den mit Schreiben vom 04.01.2005 eingelegten "Widerspruch" zurückwies. Angemessenes Taschengeld würde gemäß § 46 Strafvollzugsgesetz gewährt. Sozialhilfeleistungen seien als nur nachrangige Leistungen nicht zu gewähren. Daraufhin erklärte das SG das Verfahren S 20 SO 27/05 am 13.10.2006 auf andere Weise (aaW) für erledigt.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat sich der Kläger mit Schreiben vom 19.09.2006 - eingegangen beim SG am 21.09.2006 - an das SG gewandt. Das SG hat diesbezüglich eine neue - nämlich die streitgegenständliche - Klage - Az: S 20 SO 122/06 - eingetragen und diese mit Urteil vom 08.12.2006 abgewiesen. Der Bedarf des Klägers sei durch die Leistungen nach dem Strafvollzugsgesetz in vollem Umfange gedeckt. Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII bestünden daher nicht. Auf eine vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts A. werde hingewiesen. Zulässiges Rechtsmittel gegen das Urteil sei die Nichtzulassungsbeschwerde.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Das gewährte Justiztaschengeld in Höhe von 44,33 EUR sei zu niedrig. Angemessen sei ein Betrag von 120,- EUR. Jedem Bürger stünde sogar ein Betrag von 345,- EUR zu. Das SG hätte weitere Maßnahmen hinsichtlich des Maßregelvollzuges treffen müssen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.12.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 120,- EUR monatlich abzüglich des gewährten Justiztaschengeldes seit 01.01.2005 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt die "Antragsabweisung".
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind die Akten der Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akte des Verfahrens vor dem SG Nürnberg S 20 SO 27/05.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Gegenstand des Rechtsstreites ist die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem jeweiligen Justiztaschengeld in Höhe von ca. 44,- EUR und dem vom Kläger genannten monatlichen Betrag von 120,- EUR ab 01.01.2005. Damit wird die Summe von 500,- EUR gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG überschritten. Zudem handelt es sich auch um wiederkehrende Leistungen für mehr als einem Jahr (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG), denn der Anspruch hierauf wurde durch den Beklagten abgelehnt (vgl. bei Ablehnung von Leistungen: BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des SG ist - allerdings nur im Ergebnis - zutreffend. Die mit Schreiben vom 19.09.2006 erhobene Klage ist unzulässig, denn eine Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 war bereits rechtshängig (Verfahren S 20 SO 27/05). Die Klage war daher abzuweisen. Offen bleiben kann dabei, ob es sich bei dem Schreiben vom 19.09.2006 überhaupt um eine neue Klage gehandelt hat. Das SG hat im Rahmen des Verfahrens S 20 SO 27/05 den Beklagten bzw. die Regierung von Mittelfranken veranlasst, die dort wegen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Verbindung mit der Aufstockung des Justiztaschengeldes erhobene Klage zugleich als Widerspruch anzusehen und einen entsprechenden Widerspruchsbescheid zu erlassen, obwohl es bereits an einem Ausgangsbescheid fehlte. Nachdem jedoch der Widerspruchsbescheid erlassen worden ist, ist dieser Gegenstand des bereits rechtshängigen Verfahrens S 20 SO 27/05 geworden. Dieses war zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht auf andere Weise für erledigt erklärt worden (vgl. Leitherer/Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 8.Aufl., § 78 RdNr 3a). Die bereits bestehende Rechtshängigkeit ist ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Prozesshindernis, wobei der Grundsatz der Priorität gilt (Leitherer aaO § 94 RdNr 8). Das Schreiben vom 19.09.2006 ist daher nicht als neue Klageerhebung anzusehen gewesen, sondern auch Gegenstand des bereits rechtshängigen Verfahrens S 20 SO 27/05 geworden. Die dennoch eingetragene Klage ist unzulässig. Sie ist aus diesem Grund abzuweisen gewesen.
Offen bleiben kann, ob die Erledigung des Verfahrens S 20 SO 27/05 auf andere Weise durch das SG am 13.10.2006 zu Recht erfolgte. Eine Erledigung auf andere Weise ist nicht eingetreten. Hierfür fehlt jeglicher Anlass, eine entsprechende Erklärung des Klägers o.ä. ist nicht ersichtlich. Diesbezüglich ist jedoch eine Zuständigkeit des Bayer.Landessozialgerichts nicht gegeben. Sollte es zu einer Fortsetzung dieses Verfahrens mangels Erledigung auf andere Weise kommen, wird das SG zu berücksichtigen haben, dass es nicht nur an einem - jetzt nachgeholten - Widerspruchsverfahren, sondern bereits an einem Ausgangsbescheid fehlt. Ein solcher war jedoch erforderlich, denn die mit Schreiben vom 04.01.2005 erhobene Klage ist nicht als Widerspruch, sondern als Antrag zu werten, wobei dann zunächst der Beklagte und nicht die Widerspruchsbehörde eine Entscheidung zu treffen hat. Der erlassene Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 ist daher ohne entsprechenden Ausgangsbescheid ergangen. Das SG wird deshalb ggfs. auch zu prüfen haben, welche Bedeutung diesbezüglich der fehlende Ausgangsbescheid hat. Insbesondere wird das SG dann ebenfalls ggfs. berücksichtigen können, dass eine Verweisung auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts A. vom 13.08.2004 - AN 4K 04.01300 - wegen des anderweitigen Streitgegenstandes und geänderter Verhältnisse - Wegfall des Einkommens aus Arbeitstherapie - nicht möglich ist. Ob jedoch das auf andere Weise erledigte Verfahren durch das SG fortgesetzt werden kann, hat das SG zu entscheiden.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved