L 8 AL 248/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AL 227/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 248/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11a AL 131/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind Förderungsleistungen für den Studiengang "Schnitt" an der Bayer. Akademie für Fernsehen e.V. in der Zeit vom 01.10.2002 bis 24.07.2003 streitig.

Der 1979 geborene Kläger, dessen Mutter am 28.02.1996 verstorben war, meldete sich am 26.07.2000 in der 12. Klasse des Gymnasiums ab, da eine Zulassung zum Abitur nicht mehr möglich war. Bereits seit Februar 1999 fanden Informationsberatungen des Klägers bei der Beklagten statt, überwiegend im Berufsfeld Film und Fernsehen. Nach der Abmeldung aus dem Gymnasium verrichtete der Kläger 630 DM-Tätigkeiten, überwiegend in einer Videothek. Am 18.09.2000 wurde der Kläger von der Bundeswehr gemustert. Im Dezember 2000 erkrankte er an einem Lebertumor (sonographischer Befund). Am 10.07.2001 fand eine erneute Musterung statt, wobei der Kläger als nicht wehrdienstfähig eingestuft wurde. Vom 05.11. bis 31.12.2001 verrichtete der Kläger ein unentgeltliches Praktikum. Aufgrund der Erkrankung - insbesondere in der Zeit vom 15.01. bis 22.03.2002 -, die sich im weiteren Verlauf als gutartiger Lebertumor herausstellte, konnte er ein geplantes Praktikum an der TVA R. nicht antreten. Vom 02.04. bis 29.04.2002 unterzog er sich einem Computervollzeit-Intensivtraining. Vom 13.05. bis 16.05.2002 nahm der Kläger an einer Fotoshop-Schulung teil. Daran an schloss sich ein erfolgloser Versuch an der Filmhochschule in W ...

Mit Schreiben vom 18.10.2002 (= Antrag) teilte der Kläger der Beklagten seinen Entschluss mit, ab 01.10.2002 den Vollzeitstudiengang "Schnitt" an der Bayer. Akademie für Fernsehen (BAF) aufzunehmen bzw. aufgenommen zu haben. Zwischenzeitlich hat er den Studiengang im Oktober 2003 erfolgreich abgeschlossen und übt seitdem eine berufliche Tätigkeit als Promotion-Producer aus.

Mit Bescheid vom 20.01.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, bei dem beantragten Vollzeitstudiengang handle es sich um keine betriebliche oder überbetriebliche Berufsausbildung, sondern um ein Studium, für das kein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) bestehe. Zudem sei eine Förderung nach den Bestimmungen der §§ 77 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht möglich.

Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, nach einer BAB habe er nicht gefragt. Es bestünden andere Förderungsmöglichkeiten, wie eine Förderung nach § 80 SGB III. Als weitere Förderungsvariante käme das Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit - Art.7 - in Betracht. Im Übrigen könnten die Weiterbildungskosten nach den Richtlinien des Europäischen Sozialfonds (ESF) übernommen werden. Zudem bestehe die Möglichkeit einer freien Förderung nach § 10 SGB III.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Auch die vom Kläger im Widerspruch aufgeführten Förderungsmöglichkeiten würden eine Förderung nicht zulassen.

Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Mit Urteil vom 11.05.2005 hat das SG die Klage abgewiesen und verwies auf die Ausführungen der angefochtenen Bescheide der Beklagten gemäß § 136 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 11.05.2005 sowie des Bescheides vom 20.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2003 zu verpflichten, ihm alle Förderungsleistungen für berufliche Weiterbildung wegen der vom 01.10.2002 bis 24.07.2003 durchgeführten Maßnahme zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass die Ablehnung der Förderung für den Studiengang "Schnitt" in der Zeit vom 01.10.2002 bis 24.07.2003 zu Recht erfolgt ist.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG); ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des SG Landshut vom 11.05.2005 sowie der Bescheid vom 20.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2003 sind nicht zu beanstanden.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Förderungsleistungen zu erbringen. Der Arbeitslose hat, da der Beklagten bei der Anwendung der Vorschriften über die Förderung gemäß §§ 77 ff. SGB III ein Handlungs- und Ermessensspielraum zusteht, keinen Anspruch auf eine bestimmte Leistung (§ 54 Abs.4 SGG), sondern nur Anspruch auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs.1 Satz 2 SGB I), dies aber auch nur und erst dann, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für die Ermessensbetätigungspflicht vorliegen. Dabei ist der Anspruch mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs.1 Satz 1 SGG durchzusetzen.

Ein Recht des Klägers auf Förderleistungen im oben genannten Sinne für den von ihm absolvierten Studiengang ergibt sich aus keiner der rechtlich in Betracht kommenden Normen.

Nach § 77 Abs.1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistung von Unterhaltsgeld gefördert werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, 2. die Vorbeschäftigungszeit erfüllt ist, 3. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und 4. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen ist.

§ 77 ist mit Wirkung vom 01.01.1998 durch Art.1 AFRG eingeführt worden. Durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19.12.1998 (BGBl.I 3843) wurde Abs.3 mit Wirkung 01.01.1999 geändert. Abs.4 ist durch das 2. SGB III-ÄndG vom 21.07.1999 (BGBl.I 1648) mit Wirkung vom 01.08.1999 angefügt worden.

Nicht anwendbar ist § 77 SGB III i.d.F. des Gesetzes vom 23.12.2002 (BGBl.I 4607), durch die das Weiterbildungsrecht mit Wirkung 01.01.2003 komprimiert und - nach Einschätzung des Gesetzgebers - vereinfacht worden ist. Dies folgt aus § 422 Abs.1 Nr.3 SGB III, wonach bei Änderungen des SGB III auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme grundsätzlich die Vorschriften in der vor dem Tag des In-Kraft-Tretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden sind, wenn vor diesem Tag die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden ist. Durch dieses grundsätzliche Abstellen auf den Zeitpunkt der Antragstellung wird sichergestellt, dass Leistungsberechtigte, die vor In-Kraft-Treten der neuen Regelungen Leistungen beantragt haben und die bisher erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, die Leistungen nach dem vor dem In-Kraft-Treten der Neuregelungen geltenden und damit einheitlich nach demselben Recht erhalten.

Bei der hier in Frage stehenden Leistung handelt es sich um eine solche der aktiven Arbeitsförderung (§ 3 Abs.1 Nr.5, 6 SGB III) bzw. § 3 Abs.4 SGB III, bei der nur ein Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung zusteht (§ 3 Abs.5 SGB III).

Tatbestandlich folgt aus § 77 Abs.1 SGB III, dass der Gesetzgeber neben der Notwendigkeit der beruflichen Eingliederung Arbeitsloser oder von Arbeitslosigkeit bedrohter als Förderungsvoraussetzung gleichwertig den fehlenden Berufsabschluss festgelegt hat. Der fehlende Berufsabschluss ist somit ein Umstand, der für sich die Zugehörigkeit zum förderungsfähigen Personenkreis begründet, weil die Erlangung eines Berufsabschlusses generell eine sichere Eingliederung für die Zukunft erwarten lässt.

Doch selbst wenn die Voraussetzungen des § 77 Abs.1 Nr.1 SGB III als grundsätzlich gegeben anzusehen sind, fehlt zunächst die gemäß § 77 Abs.1 Nr.2 notwendige Vorbeschäftigungszeit. Insoweit sollen nämlich nur solche Arbeitnehmer gefördert werden, die ihr Interesse an einer Beschäftigung bereits durch bisheriges Verhalten dokumentiert haben. Auch liegen die übrigen Voraussetzungen nach § 77 Abs.1 Nr.3 und 4 erkennbar nicht vor. Hierbei ist insbesondere zu § 77 Abs.1 Nr.3 SGB III festzuhalten, dass bezüglich der vom Kläger selbst ergriffenen Maßnahme keine konkrete Beratung stattgefunden hat.

Auch aus § 77 Abs.2 SGB III ergibt sich kein Anspruch des Klägers. Anerkannt wird nach § 77 Abs.2 SGB III die Notwendigkeit der Weiterbildung bei Arbeitnehmern wegen fehlenden Berufsabschlusses, wenn sie 1. nicht über einen Berufsabschluss verfügen, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist, oder 2. über einen Berufsabschluss verfügen, jedoch aufgrund einer mehr als sechs Jahre ausgeübten Beschäftigung in an- oder ungelernter Tätigkeit eine entsprechende Beschäftigung voraussichtlich nicht mehr ausüben können.

Auch diese Voraussetzungen liegen beim Kläger erkennbar nicht vor, da er zum Zeitpunkt der Antragstellung weder überhaupt über einen Berufsabschluss verfügte noch eine sechsjährige Beschäftigung aufzuweisen hat.

Nach § 77 Abs.3 SGB III i.d.F. des Gesetzes vom 14.12.1998, wie oben ausgeführt, können Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss, die noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen sind, nur gefördert werden, wenn eine berufliche Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Hier ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger vor der beanspruchten Maßnahme noch nicht drei Jahre beruflich tätig war.

Der Begriff der beruflichen Tätigkeit ist hier zwar weit auszulegen. Grundsätzlich genügt irgendeine auf Dauer ausgerichtete und als Existenzgrundlage geeignete berufliche Tätigkeit, die nach Eintritt in das Berufsleben ausgeübt wird. Langfristige Nebentätigkeiten als Schüler sind dabei aber nicht berücksichtigungsfähig (BSG SozR 3-4100 § 42 Nr.1).

Es besteht weiterhin bei einer Förderung nach § 77 Abs.3 SGB III der Vorrang der Förderung einer Berufsausbildung. Die vom Kläger absolvierte Maßnahme hat jedoch keinen anerkannten Abschluss, nämlich den des Mediengestalters in Bild und Ton zum Ziel, sondern stellt lediglich einen internen Abschluss einer als Vollzeitstudium angebotenen Ausbildung dar. Dies folgt schon allein aus der Tatsache, dass eine derartige Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton eine Ausbildungsdauer von drei Jahren hat.

Darüber hinaus sind auch keine Gründe in der Person des Klägers ersichtlich, weswegen eine berufliche Ausbildung oder berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nicht möglich oder zumutbar wäre. Wegen des Vorliegens "personenbezogene Gründe" und "Zumutbarkeit" kann auf die zu § 121 SGB III (in der Fassung vom 01.08.1999) entwickelten Kriterien verwiesen werden. Danach sind bei den personenbezogenen Gründen die Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Gesundheitszustand und das Alter des Arbeitslosen sowie wirtschaftliche Gründe zu beachten. Personenbezogene Gründe, die eine berufliche Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme für den Kläger unzumutbar gemacht hätten, sind nicht gegeben. Insbesondere sind der frühe Tod der Mutter im Jahr 1996 und die Erkrankung des Klägers keine personenbezogenen Gründe im vorgenannten Sinne. Bei dem Sonographiebefund an der Leber handelte es sich letztlich um keine leistungsbeeinträchtigende Funktionsstörung wie der Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat. Trotz dieser Schicksalsschläge steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger auch und gerade im Hinblick auf sein Alter eine berufliche Ausbildung hätte durchführen können.

Insgesamt besteht somit keine Förderungsmöglichkeit nach § 77 Abs.3 SGB III.

Auch scheidet eine Förderungsmöglichkeit nach § 80 SGB III aus. Danach können Arbeitnehmer, die die Vorbeschäftigungszeit nicht erfüllen, durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden. Voraussetzung ist aber, dass die weiteren allgemeinen Förderungsvoraussetzungen nach § 77 SGB III vorliegen, was hier jedoch (siehe oben) gerade nicht der Fall ist.

Auch liegen die Voraussetzungen einer freien Förderung nach § 10 SGB III nicht vor.

Danach können die Arbeitsämter (jetzt Agenturen für Arbeit) bis zu 10 v.H. der im Eingliederungstitel enthaltenen Mittel für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung einsetzen, um die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten aktiven Arbeitsförderungsleistungen durch freie Leistungen der aktiven Arbeitsförderung zu erweitern. Die freien Leistungen müssen (dabei) den Zielen und Grundsätzen der gesetzlichen Leistungen entsprechen und dürfen nicht gesetzliche Leistungen aufstocken.

Eine freie Förderung würde aber insoweit den Zielen und Grundsätzen der aktiven Arbeitsförderung zuwiderlaufen, da diese den Vorrang der Berufsausbildung haben. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich um eine Erstausbildung und das Ausbildungsziel des gewählten Studiums stellt darüber hinaus keinen anerkannten Ausbildungsberuf dar.

Der Kläger hat des Weiteren keinen Anspruch auf Förderung nach den Richtlinien des Europäischen Sozialfonds (ESF). Für deren Durchführung ist die Beklagte zuständig und damit der Rechtsweg gegegeben.

Als Rechtsgrundlage dient insoweit eine Vereinbarung im Sinne von § 368 Abs.2 SGB III vom 2. Februar 2000 sowie eine am 20. Januar 2000 veröffentlichte Richtlinie (Bundesanzeiger 2000, 1529). Nach § 1 der Richtlinien für aus Mitteln des ESF mitfinanzierte zusätzliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Bereich des Bundes (ESF-BA-Programm) vom 20.01.2000 können (unter Beachtung weiterer Regelungen) aus Mitteln des ESF Leistungen für die Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung und Hilfen bei Beschäftigung erbracht werden.

Die ESF selbst sind zwar keine Rechtsnormen, stellen aber als Bestandteil einer Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Bundesagentur für Arbeit abstrakt generelle Leistungsbestimmungen im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zu Gunsten Dritter dar (vgl. Urteil des BSG vom 5. Februar 2006, Az.: B 7a AL 62/05 R). Als solche können sie keine unmittelbaren Rechtsansprüche begründen. Unabhängig von ihrer dogmatischen Einordnung (vgl. Urteil des BSG vom 26. März 1998, Az.: B 11 AL 37/96) können die von einer Richtlinie begünstigten Personen unter Berufung auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der so genannten Rechtsanwendungsgleichheit verlangen, der Richtlinie entsprechend behandelt zu werden, sofern diese auch in anderen Fällen tatsächlich angewendet wird (vgl. Eicher/Schlegel, SGB III, Arbeitsförderung, Kommentar mit Nebenrecht, § 368, Rn. 38).

Indes liegen entsprechende Voraussetzungen weder nach den Richtlinien noch nach der Rechtspraxis der Beklagten beim Kläger vor. Es handelt sich bei dem Studium "Schnitt" nicht um eine förderungsfähige Maßnahme der beruflichen Qualifizierung.

Als förderungsfähige Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung können nach § 3 Nr.2 der ESF-Richtlinien die Teilnahme an eigenständigen Lehrgängen (Modulen) in Ergänzung oder Begleitung von nach dem SGB III förderbaren berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen oder von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung (als Leistungen) gewährt werden: a) Vermittlung von Sprachkenntnissen, insbesondere in den Sprachen Englisch und Französisch, b) Lehrgänge mit berufsbezogenem allgemeinbildenden Inhalt, c) Auslandspraktika.

Nachdem diese Voraussetzungen hier erkennbar nicht vorliegen, da die Förderung nur im Zusammenhang mit einer nach dem SGB III förderbaren Maßnahme erfolgt, scheidet eine Förderung nach den ESF-Richtlinien ebenfalls aus.

Ebenso wenig liegen die Förderungsvoraussetzungen nach den Richtlinien zur Durchführung des Sofortprogramms zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit - Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung Jugendlicher (Sofortprogramm-Richtlinien - SPR -, BAnz 1998, S.17748 vom 09.12.1998, zuletzt geändert durch die 5. Änderung vom 29.05.2002) vor.

Auch bei den SPR handelt es sich nicht um Rechtsnormen, sondern Richtlinien ohne unmittelbare Außenwirkung (vgl. dazu Eicher/ Schlegel, a.a.O. § 421c, Anm. 20 ff.). Als solche können sie keine unmittelbaren Rechtsansprüche begründen, sondern konkretisieren vielmehr Inhalt und Leistung des in § 421c SGB III genannten Sofortprogramms. Der Unterschied beider Programme liegt in der Kostenträgerschaft (vgl. § 363 bzw. § 421c SGB III).

Den Rechtscharakter der SPR als außerhalb des Systems der aktiven Arbeitsförderung gemäß § 3 SGB III i.V.m. § 22 Abs.1 SGB III stehend, unterstreicht § 370 Abs.2 SGB III (§ 370 SGB III in der Fassung des AFRG vom 24.03.1997, BGBl.I 594; jetzt: § 368 SGB III, der ab 01.01.2004 an die Stelle des bisherigen § 368 SGB III getreten ist). § 370 SGB III normiert die Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit (jetzt Bundesagentur). Nach § 370 Abs.1 SGB III ist die Bundesagentur für die Durchführung der Aufgaben nach diesem Buch der zuständige Verwaltungsträger. § 370 Abs.2 SGB III bestimmt, dass die Bundesregierung der Bundesanstalt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates weitere Aufgaben übertragen kann, die im Zusammenhang mit deren Aufgaben nach diesem Buch stehen. Nach § 370 Abs.2 Satz 2 SGB III kann die Bundesregierung die Durchführung befristeter Arbeitsmarktprogramme der Bundesanstalt durch Verwaltungsvereinbarung übertragen. § 370 Abs.2 Satz 2 SGB III stellt die generelle Rechtsgrundlage für die Übertragung weiterer Aufgaben auf die Bundesagentur durch Verwaltungsvereinbarung (vgl. hierzu grundlegend Schlegel in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts 2003, § 22 Rdnr.11 ff., insbesondere Rdnr.19) dar. Mithin handelt es sich bei dem SPR-Programm um eine durch Verwaltungsvereinbarung im Sinne des § 370 Abs.2 Satz 2 SGB III jeweils zeitlich begrenzte Sonderzuständigkeit der Beklagten, die außerhalb des Regelungszusammenhangs des § 3 i.V.m. § 22 Abs.1 SGB III steht. Das von § 22 Abs.1 SGB III intendierte Nachrangverhältnis der Bundesagentur bei der Leistungsgewährung kommt für diese Sonderprogramme nicht zum Tragen. § 22 Abs.1 SGB III gilt vielmehr ersichtlich nur für die "normalen" Leistungen der aktiven Arbeitsförderung. Dies unterstreicht im Übrigen die zu der Vorgängervorschrift des § 37 AFG ergangene BSG-Rechtsprechung. Auch soweit dort (vgl. insbesondere BSG SozR 3-4100 § 37 Nr.1) ein Vorrangverhältnis von Zuschüssen des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehrverwaltung zu den Lehrgangsgebühren nach §§ 4, 5 und 5a SWG gegenüber Ansprüchen auf Gewährung von Lehrgangskosten nach § 45 AFG postuliert wurde, bestand dieses Randverhältnis jeweils nur im Rahmen gesetzlicher, nach dem AFG vorgesehener, Ansprüche. So hat der 7a. Senat des BSG bereits unter dem AFG entschieden, dass hinsichtlich des ESF-UHG dieses nicht dem "normalen" UHG nach dem AFG entspricht (BSG SozR 3-4100 § 107 Nr.11).

Wie bereits ausgeführt, kann der Kläger auch keinen Anspruch auf SPR-Leistungen direkt ableiten, da auf diese (siehe oben) ein Rechtsanspruch nicht besteht, weil die SPR Bestandteil einer Verwaltungsvereinbarung im Sinne des § 370 Abs.2 SGB III sind, die ihrerseits als öffentlich-rechtlicher Vertrag zugunsten Dritter zu qualifizieren ist. So hat der 7a. Senat des BSG bereits zu den Richtlinien, die zur Durchführung des Sonderprogramms "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose" erlassen worden sind, entschieden, dass diese Richtlinien keine isoliert zu wertenden Verwaltungsvorschriften darstellen, sondern Bestandteil eines öffentlich-rechtlichen Vertrags im Sinne von § 53 Abs.1 Satz 1 SGB X sind (Urteil vom 24.11.1994 - 7 RaR 54/93 = DiBIR Nr.4174a zu § 3 AFG).

Dem aufgezeigten Rechtscharakter der Richtlinien als Rechtsnorm steht auch nicht das Urteil des 11. Senats des BSG vom 26.03.1998 entgegen (BSG SozR 3-4100 § 3 Nr.2; zu den unterschiedlichen Rechtsauffassungen zwischen dem 7. und 11. Senat hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der entsprechenden Richtlinien, vgl. insbesondere Becker in Eicher/Schlegel, SGB III, § 368 Rdnr.36 ff., Stand September 2005). Der 11. Senat hat den zu prüfenden Richtlinien jede Rechtsnormqualität abgesprochen und insofern allenfalls einen Anspruch auf gleichmäßige Verwaltungsausübung im Sinne des Art.3 Abs.1 Grundgesetz anerkannt. Der 11. Senat hat dabei jedoch ausdrücklich dargestellt, dass er sich nicht in Gegensatz zu dem zuvor aufgeführten Urteil des erkennenden Senats (BSG SozR 3-4100 § 3 Nr.2 SGB X) setzt. Insbesondere hat er darauf abgestellt, dass die Richtlinien zur Durchführung der "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose" über ihre zeitliche Geltungsdauer hinaus verlängert worden waren, ohne dass eine entsprechende neue Verwaltungsvereinbarung abgeschlossen worden war. So liegen die Verhältnisse hier indes nicht. Das Jugendsofortprogramm wurde im Herbst 1998 beschlossen, trat zum 01.01.1999 in Kraft und läuft bis 2003, um dann durch das Job-Aktiv-Gesetz zu relevanten Teilen in das SGB III - wie auch geschehen - überführt zu werden. Aufgrund der erleichterten Zugangsvoraussetzungen gegenüber den Regelinstrumenten des SGB III soll das Sofortprogramm Jugendliche schneller aktivieren. Ferner sollen Jugendliche erreicht werden, welche die Anspruchsvoraussetzungen des SGB III (noch) nicht erfüllen. Als Zielgruppen des Programms gelten Jugendliche, die bei den Arbeitsämtern (Agenturen für Arbeit) als ausbildungssuchend bzw. arbeitslos gemeldet sind, aber auch ausbildungs- bzw. arbeitslose Jugendliche, die den Kontakt zu Arbeits- und Sozialämtern weitgehend aufgegeben haben. Entsprechend dieser umfassenden Zielgruppendefinition wurde auch ein breites Bündel an Maßnahmen in die Programmförderung aufgenommen, das an den unterschiedlichen Positionen Jugendlicher im Übergang von der Schule zum Arbeitsmarkt ansetzt.

Trotz der genannten umfangreichen Zielsetzung ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen beim Kläger nicht vorliegen, insbesondere die Fördermöglichkeiten nach Art.7 der SPR.

Maßnahmen nach Art.7 sollen die Vermittlungsfähigkeit Arbeitsloser oder von Arbeitslosigkeit bedrohter Jugendlicher in Arbeit durch eine berufliche Nach- oder Zusatzqualifikation verbessern. Für Jugendliche ohne Berufsabschluss hat die Vermittlung in eine Ausbildungsstelle jedoch Vorrang. Gefördert werden soll vorrangig die Teilnahme an Maßnahmen, die Zeiten betrieblicher Praktika enthalten und die insbesondere der Vermittlung berufspraktischer Fertigkeiten dienen. Soweit die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache nicht vorhanden sind, kann ihre Vermittlung Bestandteil der Maßnahme sein.

Arbeitslose Jugendliche ohne Berufsabschluss, für die eine Berufsvorbereitung oder Berufsausbildung nach den Art.4 bis 6 nicht in Betracht kommen, sollen durch Maßnahmen der Nachqualifizierung einen anerkannten Berufsabschluss oder einen auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Teil einer anerkannten Berufsausbildung erwerben. Die Maßnahmen sollen Qualifikationsbestandteile aus anerkannten Ausbildungsberufen enthalten und Qualifikationen vermitteln, die am Arbeitsmarkt verwertbar sind.

Die aufgezeigten Kriterien belegen eindeutig, dass die Förderung des Studiengangs "Schnitt" auch über Art.7 nicht zu fördern ist. Dies inbesondere deshalb, weil für den Kläger eine Berufsausbildung in Betracht kommt bzw. kam. Denn nochmals ist darauf hinzuweisen, dass für Jugendliche ohne Berufsabschluss die Vermittlung in eine Ausbildungsstelle Vorrang hat.

Damit ist nicht ersichtlich, dass ein dem Ermessen der Beklagten obliegender Anspruch gegeben ist.

Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 11.05.2005 zurückzuweisen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Kläger ist unterlegen (§ 193 SGG).

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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