Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 676/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 427/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18. Februar 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 9. April 2002 und ihr Widerspruchsbescheid vom 19. September 2002 aufgehoben, soweit es den Rentenanspruch des Klägers für die Zeit vom 1. November 2004 bis 31. Juli 2008 betrifft. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. November 2004 bis 31. Juli 2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung und hierbei im Wesentlichen um den Rentenbeginn.
Der 1960 geborene Kläger war zuletzt von August 1991 bis Juni 2002 als Kraftwagenfahrer und Helfer beschäftigt. Die Tätigkeit wurde vom Arbeitgeber als die eines ungelernten Arbeiters angesehen und tariflich unter Berücksichtigung eines Bewährungsaufstiegs auch als solche eingestuft.
Seinen Rentenantrag vom 25.01.2002 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.04.2002 ab, weil der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden täglich arbeiten könne. Die Beklagte stützte sich dabei auf ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.M. vom 27.03.2002, der beim Kläger neben migräneartigen Kopfschmerzen und wirbelsäulenabhängigen Beschwerden eine rezidivierende depressive Störung diagnostizierte. Zuvor hatte der behandelnde Psychiater Dr.V. im Mai 2001 über eine mittelgradige depressive Episode und deren Wiederauftreten im Dezember 2000 berichtet. Vom 28.08. bis 02.10.2001 hatte der Kläger eine stationäre Heilmaßnahme absolviert, bei der als führende Diagnose eine mittelgradige Episode einer rezidivierenden depressiven Störung festgestellt wurde. Der Kläger könne noch sechs Stunden und mehr leichte bis mittelschwere Arbeiten täglich verrichten. Die untersuchenden Ärzte hatten ausdrücklich das Vorliegen einer Demenz erörtert, eine solche aber ausgeschlossen. Gegen das Gutachten des Dr.M. wandte Dr.V. am 30.04.2002 ein, der Kläger werde von ihm seit 23.10.2000 wegen anhaltender schwerer Depression behandelt. Die therapeutischen Möglichkeiten seien weitgehend ausgeschöpft, die Depression sei als therapieresistent zu bezeichnen. Der Kläger sei nicht in der Lage, in einem wie auch immer gearteten Arbeitsperhältnis drei Stunden täglich zu arbeiten.
Auf den Widerspruch des Klägers ließ die Beklagte ihren Nervenarzt Dr.L. zu den Ausführungen der behandelnden Ärzte des Klägers und weiteren Unterlagen Stellung nehmen. Der beratende Arzt sah darin jedoch keine Veranlassung zu einer anderen Einschätzung der Leistungsfähigkeit.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2002 als unbegründet zurück.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg hat ein klinisch-psychologisches Zusatz-Gutachten vom 22.07.2003 ein dem testenden Psychologen mit psychologischen Mitteln nicht erklärbares Bild ergeben. Der vom Gericht als Sachverständiger gehörte Neurologe und Psychiater R. hat in seinem Gutachten vom 20.08.2003 beim Kläger kein eigenartiges Verhalten und keine eigentliche Persönlichkeitsstörung mehr feststellen können. Er hat neben rezidivierenden Depressionen im Wesentlichen eine chronische Alkoholerkrankung bei langjährigem Alkoholmissbrauch und einen Verdacht auf beginnende hirnorganische Wesensänderung diagnostiziert. Eine sieben- bis achtstündige tägliche Arbeitsleistung sei bei leichten bis mittelschweren Arbeiten mit weiteren Einschränkungen möglich. Nach Vorlage eines testpsychologischen Befundes des Bezirksklinikums R. vom 17.10.2003 ist der Sachverständige in einer gutachterlichen Stellungnahme vom 27.02.2004 bei seiner Einschätzung verblieben.
In einer stationären Behandlung in der F.klinik vom 13.04. bis 23.04.2004 ist ärztlicherseits erstmals die Schilderung wahnhafter Ideen durch den Kläger wiedergegeben. Diagnostiziert wurde eine Pseudodemenz im Rahmen einer Depression. In seiner Stellungnahme hierzu hat der Sachverständige R. im Dezember 2004 auch darin keinen Anlass zu einer Änderung seiner Einschätzung gesehen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.02.2005 als unbegründet abgewiesen und sich dabei auf die von ihm eingeholten Sachverständigengutachten gestützt.
Im Berufungsverfahren hat der Senat ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr.M. vom 16.08.2006 eingeholt. Hierbei hat der Kläger nach Darstellung des Sachverständigen ein neues komplexes Wahngebäude und damit ein neues klinisches Bild wiedergegeben. Der Sachverständige hat von seinem Fachgebiet aus eine organische schizophrenieförmige Störung bei Arachnoidalzyste diagnostiziert. Sie bestehe mindestens seit April 2004. Die im Vorfeld bestehenden Symptome mit den zum damaligen Zeitpunkt gerechtfertigterweise gestellten Diagnosen einer depressiven Episode mit kognitiven Defiziten seien unter ein Prodromalsyndrom der Erkankung, welches in leichter Form bereits seit 1998 mit zunehmender Tendenz bestehe, zusammenzufassen. Der Ausprägungsgrad der psychiatrischen Symptomatik lasse keine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert mehr zu. Es bestehe zwar eine begründete Aussicht auf eine Besserung des Gesundheitszustandes im Rahmen einer notwendigen stationär-psychiatrischen Behandlung, jedoch sei es aufgrund der genannten ungünstigen Prognose unwahrscheinlich, dass die zu erreichende Besserung des klinischen Zustandsbildes auch zu einer Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit führen werde. Eine erneute Beurteilung solle daher nach ausreichender Behandlung frühestens nach einem Jahr erfolgen.
Der Sachverständige führt zur Vorgeschichte aus, es liege eine Entwicklung von der Prodromalphase hin zum Vollbild einer paranoiden Schizophrenie vor. Soweit retrospektiv beurteilbar, bestehe die paranoide Schizophrenie mindestens seit April 2004.
Der beratende Arzt der Beklagten hat hierzu ausgeführt, die Aussage des Sachverständigen sei nachvollziehbar. Als Beginn für die Leistungsminderung nehme der Gutachter den April 2004 an. Dies sei in Anbetracht der vorliegenden Unterlagen nachvollziehbar, der Gutachter berücksichtige hier die sich langsam entwickelnde Symptomtik der beim Kläger vorliegenden Störung. Eine Besserung des Leistungsvermögens sei nicht unwahrscheinlich, insbesondere dann, wenn eine adäquate medikamentöse Behandlung erfolge. Als Zeitraum, der bis zu einer Wiederherstellung des rentenrelevanten Leistungsvermögens für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes notwendig sei, seien zwei Jahre ab Datum der Begutachtung durch Dr.M. anzunehmen.
Die Beklagte hat zur Erledigung des Rechtsstreits, ausgehend von einer vollen Erwerbsminderung seit 15.04.2004, Rente wegenvoller Erwerbsminderung vom 01.11.2004 bis 31.07.2008 angeboten.
Das Angebot ist von der Klägerbevollmächtigten nicht angenommen worden. Sie ist im Wesentlichen der Ansicht, dass bereits die Prodromalsyndrome zur vollen Erwerbsminderung geführt hätten. Der Kläger sei seit 1998 erkrankt und seit 2000 so schwer, dass er nicht mehr in der Lage gewesen sei zu arbeiten. Richtig gewesen seien die ärztlichen Diagnosen, die eine volle Erwerbsminderung des Klägers bereits 2002 festgestellt hätten.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.02.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.04.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2002 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Regensburg in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) besteht nicht.
Die Berufung ist teilweise begründet.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger jedenfalls seit 15.04.2004 voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs.2 Sozialgesetzbuch (SGB) VI ist. Dies ergibt sich auch zur Überzeugung des Gerichts aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr.M ...
Zu prüfen war danach noch, ob für einen Zeitraum davor eine volle oder teilweise Erwerbsminderung vorlag und ob die Rente auf Zeit zu leisten ist.
Das Gericht schließt sich ebenso wie die Beklagte dem Gutachten des Sachverständigen Dr.M. bezüglich des Zeitpunkts des Eintritts der vollen Erwerbsminderung an. Der Sachverständige hat bei seiner Beurteilung die Prodromalsyndrome im Einzelnen festgestellt und gewürdigt und ist von einem neuen klinischen Bild zum Zeitpunkt des erstmaligen Schilderns wahnhafter Ideen durch den Kläger ausgegangen. Hieran hat er den Eintritt der Erwerbsminderung angeknüpft.
Die Einwendungen der Klägerbevollmächtigten führen zu keiner anderen Einschätzung durch das Gericht. Sie gründen nicht auf medizinischem Sachverstand und stellen das Gutachtensergebnis auch nicht aus anderen Gründen in Frage. Das bloße Vorliegen eines Krankheitsbildes und eines Prodromalsyndroms hat der Sachverständige gerade nicht als bereits die Erwerbsminderung begründend angesehen.
Die Rente war nach § 102 Abs.2 Satz 4 SGB VI zu befristen, weil nicht unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Es besteht begründete Aussicht auf eine Besserung des Gesundheitszustandes im Rahmen einer notwendigen stationärpsychiatrischen Behandlung. In deren Rahmen ist es zwar nach Einschätzung des Sachverständigen Dr.M. unwahrscheinlich, dass die zu erreichende Besserung des klinischen Zustandsbildes auch zu einer Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit führen werde. Der Sachverständige führt jedoch weiter aus, eine erneute Beurteilung solle daher nach ausreichender Behandlung frühestens in einem Jahr erfolgen. Diese Aussage ergibt nur dann einen Sinn, wenn zwar noch nicht nach einer stationärpsychiatrischen Behandlung, wohl aber nach dem längeren Zeitraum eine Besserung der Erwerbsfähigkeit nicht unwahrscheinlich ist. Das Gericht schließt sich hier der Einschätzung durch den beratenden Arzt der Beklagten an. Der Rentenbeginn richtet sich nach § 101 Abs.1 SGB VI.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs.1 SGB VI besteht nicht. Eine entsprechende Einschätzung durch einen Sachverständigen, auf die ein solcher Anspruch begründet werden könnte, liegt nicht vor.
Es besteht auch kein Anspruch nach § 240 SGB VI auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ein solcher Anspruch kann u.a. nur dann bestehen, wenn der Versicherte mit seinem Restleistungsvermögen nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, weil ihm eine Verweisung hierauf wegen der Wertigkeit der zuletzt pflichtversichert ausgeübten Beschäftigung sozial nicht zumutbar ist. Mit seiner zuletzt verrichteten Tätigkeit als ungelernter Arbeiter muss sich der Kläger jedoch auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und orientiert sich an dem Erfolg des Klägers gemessen an seinem Klagebegehren.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung und hierbei im Wesentlichen um den Rentenbeginn.
Der 1960 geborene Kläger war zuletzt von August 1991 bis Juni 2002 als Kraftwagenfahrer und Helfer beschäftigt. Die Tätigkeit wurde vom Arbeitgeber als die eines ungelernten Arbeiters angesehen und tariflich unter Berücksichtigung eines Bewährungsaufstiegs auch als solche eingestuft.
Seinen Rentenantrag vom 25.01.2002 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.04.2002 ab, weil der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden täglich arbeiten könne. Die Beklagte stützte sich dabei auf ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.M. vom 27.03.2002, der beim Kläger neben migräneartigen Kopfschmerzen und wirbelsäulenabhängigen Beschwerden eine rezidivierende depressive Störung diagnostizierte. Zuvor hatte der behandelnde Psychiater Dr.V. im Mai 2001 über eine mittelgradige depressive Episode und deren Wiederauftreten im Dezember 2000 berichtet. Vom 28.08. bis 02.10.2001 hatte der Kläger eine stationäre Heilmaßnahme absolviert, bei der als führende Diagnose eine mittelgradige Episode einer rezidivierenden depressiven Störung festgestellt wurde. Der Kläger könne noch sechs Stunden und mehr leichte bis mittelschwere Arbeiten täglich verrichten. Die untersuchenden Ärzte hatten ausdrücklich das Vorliegen einer Demenz erörtert, eine solche aber ausgeschlossen. Gegen das Gutachten des Dr.M. wandte Dr.V. am 30.04.2002 ein, der Kläger werde von ihm seit 23.10.2000 wegen anhaltender schwerer Depression behandelt. Die therapeutischen Möglichkeiten seien weitgehend ausgeschöpft, die Depression sei als therapieresistent zu bezeichnen. Der Kläger sei nicht in der Lage, in einem wie auch immer gearteten Arbeitsperhältnis drei Stunden täglich zu arbeiten.
Auf den Widerspruch des Klägers ließ die Beklagte ihren Nervenarzt Dr.L. zu den Ausführungen der behandelnden Ärzte des Klägers und weiteren Unterlagen Stellung nehmen. Der beratende Arzt sah darin jedoch keine Veranlassung zu einer anderen Einschätzung der Leistungsfähigkeit.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2002 als unbegründet zurück.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg hat ein klinisch-psychologisches Zusatz-Gutachten vom 22.07.2003 ein dem testenden Psychologen mit psychologischen Mitteln nicht erklärbares Bild ergeben. Der vom Gericht als Sachverständiger gehörte Neurologe und Psychiater R. hat in seinem Gutachten vom 20.08.2003 beim Kläger kein eigenartiges Verhalten und keine eigentliche Persönlichkeitsstörung mehr feststellen können. Er hat neben rezidivierenden Depressionen im Wesentlichen eine chronische Alkoholerkrankung bei langjährigem Alkoholmissbrauch und einen Verdacht auf beginnende hirnorganische Wesensänderung diagnostiziert. Eine sieben- bis achtstündige tägliche Arbeitsleistung sei bei leichten bis mittelschweren Arbeiten mit weiteren Einschränkungen möglich. Nach Vorlage eines testpsychologischen Befundes des Bezirksklinikums R. vom 17.10.2003 ist der Sachverständige in einer gutachterlichen Stellungnahme vom 27.02.2004 bei seiner Einschätzung verblieben.
In einer stationären Behandlung in der F.klinik vom 13.04. bis 23.04.2004 ist ärztlicherseits erstmals die Schilderung wahnhafter Ideen durch den Kläger wiedergegeben. Diagnostiziert wurde eine Pseudodemenz im Rahmen einer Depression. In seiner Stellungnahme hierzu hat der Sachverständige R. im Dezember 2004 auch darin keinen Anlass zu einer Änderung seiner Einschätzung gesehen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.02.2005 als unbegründet abgewiesen und sich dabei auf die von ihm eingeholten Sachverständigengutachten gestützt.
Im Berufungsverfahren hat der Senat ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr.M. vom 16.08.2006 eingeholt. Hierbei hat der Kläger nach Darstellung des Sachverständigen ein neues komplexes Wahngebäude und damit ein neues klinisches Bild wiedergegeben. Der Sachverständige hat von seinem Fachgebiet aus eine organische schizophrenieförmige Störung bei Arachnoidalzyste diagnostiziert. Sie bestehe mindestens seit April 2004. Die im Vorfeld bestehenden Symptome mit den zum damaligen Zeitpunkt gerechtfertigterweise gestellten Diagnosen einer depressiven Episode mit kognitiven Defiziten seien unter ein Prodromalsyndrom der Erkankung, welches in leichter Form bereits seit 1998 mit zunehmender Tendenz bestehe, zusammenzufassen. Der Ausprägungsgrad der psychiatrischen Symptomatik lasse keine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert mehr zu. Es bestehe zwar eine begründete Aussicht auf eine Besserung des Gesundheitszustandes im Rahmen einer notwendigen stationär-psychiatrischen Behandlung, jedoch sei es aufgrund der genannten ungünstigen Prognose unwahrscheinlich, dass die zu erreichende Besserung des klinischen Zustandsbildes auch zu einer Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit führen werde. Eine erneute Beurteilung solle daher nach ausreichender Behandlung frühestens nach einem Jahr erfolgen.
Der Sachverständige führt zur Vorgeschichte aus, es liege eine Entwicklung von der Prodromalphase hin zum Vollbild einer paranoiden Schizophrenie vor. Soweit retrospektiv beurteilbar, bestehe die paranoide Schizophrenie mindestens seit April 2004.
Der beratende Arzt der Beklagten hat hierzu ausgeführt, die Aussage des Sachverständigen sei nachvollziehbar. Als Beginn für die Leistungsminderung nehme der Gutachter den April 2004 an. Dies sei in Anbetracht der vorliegenden Unterlagen nachvollziehbar, der Gutachter berücksichtige hier die sich langsam entwickelnde Symptomtik der beim Kläger vorliegenden Störung. Eine Besserung des Leistungsvermögens sei nicht unwahrscheinlich, insbesondere dann, wenn eine adäquate medikamentöse Behandlung erfolge. Als Zeitraum, der bis zu einer Wiederherstellung des rentenrelevanten Leistungsvermögens für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes notwendig sei, seien zwei Jahre ab Datum der Begutachtung durch Dr.M. anzunehmen.
Die Beklagte hat zur Erledigung des Rechtsstreits, ausgehend von einer vollen Erwerbsminderung seit 15.04.2004, Rente wegenvoller Erwerbsminderung vom 01.11.2004 bis 31.07.2008 angeboten.
Das Angebot ist von der Klägerbevollmächtigten nicht angenommen worden. Sie ist im Wesentlichen der Ansicht, dass bereits die Prodromalsyndrome zur vollen Erwerbsminderung geführt hätten. Der Kläger sei seit 1998 erkrankt und seit 2000 so schwer, dass er nicht mehr in der Lage gewesen sei zu arbeiten. Richtig gewesen seien die ärztlichen Diagnosen, die eine volle Erwerbsminderung des Klägers bereits 2002 festgestellt hätten.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.02.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.04.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2002 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Regensburg in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) besteht nicht.
Die Berufung ist teilweise begründet.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger jedenfalls seit 15.04.2004 voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs.2 Sozialgesetzbuch (SGB) VI ist. Dies ergibt sich auch zur Überzeugung des Gerichts aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr.M ...
Zu prüfen war danach noch, ob für einen Zeitraum davor eine volle oder teilweise Erwerbsminderung vorlag und ob die Rente auf Zeit zu leisten ist.
Das Gericht schließt sich ebenso wie die Beklagte dem Gutachten des Sachverständigen Dr.M. bezüglich des Zeitpunkts des Eintritts der vollen Erwerbsminderung an. Der Sachverständige hat bei seiner Beurteilung die Prodromalsyndrome im Einzelnen festgestellt und gewürdigt und ist von einem neuen klinischen Bild zum Zeitpunkt des erstmaligen Schilderns wahnhafter Ideen durch den Kläger ausgegangen. Hieran hat er den Eintritt der Erwerbsminderung angeknüpft.
Die Einwendungen der Klägerbevollmächtigten führen zu keiner anderen Einschätzung durch das Gericht. Sie gründen nicht auf medizinischem Sachverstand und stellen das Gutachtensergebnis auch nicht aus anderen Gründen in Frage. Das bloße Vorliegen eines Krankheitsbildes und eines Prodromalsyndroms hat der Sachverständige gerade nicht als bereits die Erwerbsminderung begründend angesehen.
Die Rente war nach § 102 Abs.2 Satz 4 SGB VI zu befristen, weil nicht unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Es besteht begründete Aussicht auf eine Besserung des Gesundheitszustandes im Rahmen einer notwendigen stationärpsychiatrischen Behandlung. In deren Rahmen ist es zwar nach Einschätzung des Sachverständigen Dr.M. unwahrscheinlich, dass die zu erreichende Besserung des klinischen Zustandsbildes auch zu einer Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit führen werde. Der Sachverständige führt jedoch weiter aus, eine erneute Beurteilung solle daher nach ausreichender Behandlung frühestens in einem Jahr erfolgen. Diese Aussage ergibt nur dann einen Sinn, wenn zwar noch nicht nach einer stationärpsychiatrischen Behandlung, wohl aber nach dem längeren Zeitraum eine Besserung der Erwerbsfähigkeit nicht unwahrscheinlich ist. Das Gericht schließt sich hier der Einschätzung durch den beratenden Arzt der Beklagten an. Der Rentenbeginn richtet sich nach § 101 Abs.1 SGB VI.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs.1 SGB VI besteht nicht. Eine entsprechende Einschätzung durch einen Sachverständigen, auf die ein solcher Anspruch begründet werden könnte, liegt nicht vor.
Es besteht auch kein Anspruch nach § 240 SGB VI auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ein solcher Anspruch kann u.a. nur dann bestehen, wenn der Versicherte mit seinem Restleistungsvermögen nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, weil ihm eine Verweisung hierauf wegen der Wertigkeit der zuletzt pflichtversichert ausgeübten Beschäftigung sozial nicht zumutbar ist. Mit seiner zuletzt verrichteten Tätigkeit als ungelernter Arbeiter muss sich der Kläger jedoch auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und orientiert sich an dem Erfolg des Klägers gemessen an seinem Klagebegehren.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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