L 3 U 217/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 15/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 217/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.06.2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Verfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Feststellung der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 22.06.2001.

Der 1973 geborene Kläger, Metallarbeiter, erlitt am 22.06.2001 einen Arbeitsunfall, als ihm eine ca. 27 kg schwere Metalltür auf den Rücken fiel.

Der Kläger begab sich am Unfalltag in ärztliche Behandlung bei Dr.F./Dr.K. , Kreiskrankenhaus M ... Diese stellten eine Prellung und eine Distorsion der Halswirbelsäule und der Brustwirbelsäule sowie eine Schürfwunde am linken Unterarm fest. Nach der Röntgenbefundung ergab sich kein Anhalt für eine Fraktur.

Ab dem 24.06.2001 arbeitete der Kläger wieder. Am 01.07.2001 begab er sich nochmals in ärztliche Behandlung bei Dr.K. auf Grund erneut bestehender Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule. Diese waren aufgetreten, als er am Vortag beim Kraulschwimmen verstärkt Drehbewegungen des Kopfes ausführte. In der erneuten Röntgenaufnahme der Halswirbelsäule zeigte sich jetzt eine leichte Dorsalverschiebung des fünften Halswirbelkörpers. Der Kläger wurde stationär aufgenommen. In der am 02.07.2001 durchgeführten Kernspintomografie wurde eine Deckplattenkompressionsfraktur des fünften Halswirbelkörpers sowie eine Verletzung der Bandstrukturen im Bereich C 3 bis C 5 festgestellt.

Nachdem der Beklagten von Seiten des Arbeitgebers in der Anlage zur Unfallmeldung vom 14.11.2001 sowie telefonisch der Verdacht eines privaten Badeunfalls bei einem Kopfsprung ins Wasser mitgeteilt worden war, befragte die Beklagte den Kläger und den beim Schwimmen am 30.06.2001 anwesenden Freund des Klägers sowie den erstbehandelnden Arzt Dr.K. im Kreiskrankenhaus M. zu einem eventuellen weiteren Unfallhergang. Das Vorliegen eines Badeunfalls konnte nach deren Angaben nicht bestätigt werden. Auf konkrete Nachfrage der Beklagten teilte der Arbeitgeber ebenfalls mit, dass er seine Erstaussage nicht mehr aufrechterhalten könne.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte die einschlägigen Röntgenaufnahmen - die Aufnahmen vom Unfalltag waren nicht mehr auffindbar - sowie Befundberichte der Berufsgenossenschaftlichen Klinik M. vom 14.11.2001, 30.01.2002, 07.10.2002 und des Dr.P. , Facharzt für Orthopädie, vom 24.06.2002 bei und holte ein Gutachten des Prof.Dr.P. , Facharzt für Radiologie, vom 01.03.2002 und des Dr.M. , Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, vom 10.10.2002 sowie eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr.G. , Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie, vom 20.12.2002 ein.

Prof.Dr.P. stellte fest, dass beim Kläger eine sehr schwere Halswirbelsäulenverletzung vorliege. Es handele sich um eine instabile discoligamentäre HWS-Verletzung mit Kompressionsfraktur des fünften Halswirbelkörpers. Es sei nicht wahrscheinlich, dass diese Verletzung Folge des Ereignisses vom 22.06.2001 sei. Eine derartige Verletzung hätte auch bei den ersten Unfallaufnahmen zumindest als Knickbildung erkennbar gewesen sein müssen. Die Verletzung sei daher eher einem anderen Unfallmechanismus zuzuordnen, der unmittelbar vor dem 02.07.2001 liegen könnte. Anhand der MR-Untersuchung sei es aber nicht möglich, eine genaue zeitliche Festlegung vorzunehmen.

Dr.M. kam zu dem Ergebnis, dass die Impressionsfraktur des fünften Halswirbelkörpers und die Bandverletzung Unfallfolgen seien. Das Unfallereignis sei geeignet gewesen, derartige Verletzungen zu verursachen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätze er auf 20 v.H.

Dr.G. führte aus, dass das Unfallereignis nicht mit dem Verletzungsbefund in Einklang gebracht werden könne. Die festgestellte Kompressionsfraktur des fünften Halswirbelkörper mit den begleitenden Bandzerreißungen entspreche einem Flexionsbruch. Dies erfordere eine massive axiale Stauchung in Flexionsstellung der Wirbelsäule. Man finde solche Frakturformen, wenn eine schwere Last direkt auf den Kopf oder auf die Schultern falle und der Betreffende maximal nach vorne gebeugt sei. Es hätten aber keinerlei äußere Verletzungszeichen nach dem Unfall bestanden. Die Kontusionseinwirkung durch die Türe könne daher nicht so gravierend gewesen sein. Man hätte sonst Prellmarken, Hämatome oder zumindest Schürfwunden im HWS-Bereich finden müssen. Auch der Schmerzverlauf spreche gegen eine derart schwere Verletzung durch den Unfall. Im Erstbefund habe der Kläger lediglich einen Druckschmerz über der mittleren HWS und einen Klopfschmerz über der mittleren BWS angegeben. Nachdem die klinische und radiologische Erstuntersuchung am 22.06.2001 keine wesentlichen Verletzungen an der Halswirbelsäule aufdccken konnte, müsse in der Zwischenzeit bis 01.07.2001 ein weiteres Trauma abgelaufen sein, das Ursache für die jetzt vorliegenden Beschwerden und Verletzungen sei.

Mit Bescheid vom 13.02.2003 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 22.06.2001 als Arbeitsunfall an. Der Bruch am fünften Halswirbelkörper sei nicht Folge dieses Unfalls. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht.

Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass kein weiteres Unfallereignis eingetreten sei, insbesondere sei bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass der Kläger am 30.06.2001 beim Baden keinen Kopfsprung ins Wasser gemacht habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 13.02.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2003 abzuändern und unter Anerkennung der vorliegenden Bandverletzung und der Kompressionsfraktur im Bereich der Halswirbelsäule dem Kläger eine Unfallrente nach einer MdE in Höhe von mindestens 20 v.H. zuzusprechen.

Das SG hat die einschlägigen Röntgenaufnahmen und MRT-Aufnahmen sowie Befundberichte des Dr.F. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 01.03.2004, des Dr.P. vom 13.04.2004 und des Dr.F. , Facharzt für Innere Medizin, vom 05.04.2004 beigezogen und ein Gutachten des Dr.W. , Chirurg, vom 28.05.2004 und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Prof.Dr.R. , Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, vom 08.02.2004 eingeholt.

Dr.W. hat ausgeführt, dass die beim Kläger jetzt vorliegende Halswirbelsäulenverletzung mit Fraktur des fünften Halswirbelkörpers nicht auf das Ereignis vom 22.06.2001 zurückgeführt werden könne. Knöcherne Verletzungen seien am Unfalltag nicht feststellbar gewesen. Auch wenn die Röntgenbilder nicht mehr aufgefunden werden könnten, ergebe sich aus den Befundungen der erstbehandelnden Ärzte, dass röntgenologisch keine knöchernen Verletzungen oder Knickbildungen bzw. Luxationen sichtbar waren. Das Ereignis vom 22.06.2001 sei auch grundsätzlich nicht dazu geeignet gewesen, einen Bruch des fünften Halswirbelkörpers zu verursachen. Eine solche schwere Verletzung der Halswirbelsäule mit Wirbelkörperbruch komme nur bei schweren Verkehrsunfällen oder axialen Stauchungstraumen der Wirbelsäule vor mit Hyperflexion oder Hyperextension der Halswirbelsäule. Mit einem solchen schweren Unfall, bei dem es zu extremen Gewalteinwirkungen auf die Wirbelsäule komme, sei der hier genannte Unfallhergang nicht zu vergleichen. Eine derart schwerwiegende Verletzung entstehe auch unmittelbar durch den Unfall und sei dann sofort auf den Röntgenbildern sichtbar.

Prof.Dr.R. hat ausgeführt, dass es bei dem Unfall vom 22.06.2001 zu einer Gefügelockerung zwischen dem 4. und 5. Halswirbel gekommen sei. Der sog. "Bruch" des Halswirbelkörpers bestehe lediglich in einem Knochenmarksödem als Zeichen einer hier stattgehabten Quetschung mit minimaler Verkürzung der Wirbelvorderkante ohne sichtbaren Einbruch in der Deckplatte dieses Wirbels. Dieser sog. Bruch sei weder auf den Erstaufnahmen am Unfalltag noch auf den normalen Röntgenbildern auch Tage später zu sehen. Die durch eine aus zwei Metern Höhe stürzende 27 kg schwere Metalltür ausgelöste Krafteinwirkung sei groß genug, um eine solche Gefügelockerung in der Halswirbelsäule zu verursachen. Die Frage, ob diese Tür nun auf der ganzen Fläche flach oder mit einer Kante zunächst aufgekommen ist und in welcher Körperhaltung der Kläger sich genau befand, und ob er noch eine Abwehrbewegung mit dem Arm gemacht hat, sei zur Klärung der Zusammenhangsfrage nicht relevant. Anhaltspunkte für ein weiteres Trauma bis zum 01.07.2001 seien nicht gegeben.

Mit Urteil vom 07.06.2005 hat das SG den Bescheid vom 13.02.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2003 insoweit aufgehoben, als nicht mehr als eine Zerrung der Halswirbelsäule und der Brustwirbelsäule als Unfallfolge anerkannt werden und die Beklagte verurteilt, als weitere Unfallfolgen anzuerkennen: Kompressionsfraktur des fünften Halswirbelkörpers mit Zerreißung der lokalen Bandstrukturen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Nach den überzeugenden Feststellungen des Dr.M. und des Prof.Dr.R. habe sich der Kläger die Verletzungen bei dem Unfall zugezogen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie hat sich dabei auf die Ausführungen von Dr.G. , Dr.W. und Prof.Dr.P. gestützt. Auf Grund der vorliegenden Befunde und dem Behandlungsverlauf sei es unwahrscheinlich, dass der Kläger bei dem Ereignis vom 22.06.2001 eine Wirbelkörperfraktur erlitten hat. Eine so schwere Verletzung, wie sie beim Kläger vorgelegen habe, wäre unmittelbar nach dem Unfall entsprechend symptomatisch geworden und auf den Röntgenaufnahmen zu erkennen gewesen. Die grundlegende Annahme von Prof.Dr.R. , der Kläger habe eine Kapsel-Bandzerreißung zwischen dem 4 und 5. Halswirbelkörper mit einer daraus resultierenden Instabilität erlitten, sei rein spekulativ. Die erhobenen Erstbefunde sprächen eindeutig gegen eine solche schwere Verletzung. Aus dem Akteninhalt ergäben sich zudem hinreichende Anhaltspunkte für einen Kopfsprung ins Wasser am 30.06.2001.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2007 den Zeugen B. T. uneidlich vernommen. Es wird insoweit auf den Inhalt der Sitzungniederschrift verwiesen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.06.2005 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 13.02.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2003 abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.06.2005 zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.06.2005 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung der weiteren Unfallfolge "Kompressionsfraktur des fünften Halswirbelkörpers mit Zerreißung der lokalen Bandstrukturen" hat. Diese Unfallfolge ist mit Wahrscheinlichkeit im Sinne einer wesentlichen Ursache auf das Unfallereignis vom 22.06.2001 zurückzuführen.

Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, d. h. nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger am 22.06.2001 einen Arbeitsunfall erlitt, der eine Kompressionsfraktur des fünften Halswirbelkörpers mit Zerreißung der lokalen Bandstrukturen zur Folge hatte.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere aus dem Gutachten von Prof.Dr.R. und Dr.M ... Der Senat verweist insoweit auf die überzeugenden Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs.2 SGG).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die im Berufungsverfahren geltend gemachten Einwände kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Der Unfall vom 22.06.2001 war grundsätzlich dazu geeignet, eine Impressionsfraktur des fünften Halswirbelkörpers mit Zerreißung der lokalen Bandstrukturen zu verursachen. Soweit Dr.G. und Dr.W. darauf hinweisen, dass entsprechende Verletzungen der Halswirbelsäule nur bei Unfällen mit extremen Gewalteinwirkungen entstehen können, beispielsweise bei schweren Verkehrsunfällen, steht dies dem Vorliegen eines geeigneten Unfallhergangs nicht entgegen. Prof.Dr.R. und Dr.M. haben überzeugend dargelegt, dass die beim Unfall einwirkenden Kräfte ausreichend waren, derartige Verletzungen nach sich zu ziehen. Eine Krafteinwirkung, die durch eine aus zwei Metern Höhe stürzende 27 kg schwere Metalltür herrührt, ist groß genug, entsprechende Verletzungen der Halswirbelsäule zu verursachen. Durch die Beschleunigung der Masse kommt es beim Auftreffen auf Nacken und Kopf zu einer wesentlich höheren Krafteinleitung als durch das Eigengewicht der Tür allein. Da der Kläger seine Aufmerksamkeit auf das Herabkurbeln einer Maschine legte, traf ihn die herabstürzende Tür insoweit unvorbereitet. Das Abwehrmanöver mit einem Arm war nach den Ausführungen von Dr.M. unzureichend und als reflexartige Gegenbewegung zu spät.

Dr.G. und Dr.W. ebenso wie Prof.Dr.P. gehen davon aus, dass ein weiteres Unfallereignis bis zum 01.07.2001 eingetreten sein müsse, das mit einer deutlich größeren Gewalteinwirkung verbunden gewesen ist. Ein solches Sekundärereignis ist jedoch nicht gegeben. Insbesondere ein "Badeunfall" ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats nicht erfolgt. Nach den glaubhaften Angaben des Klägers hat er keinen Kopfsprung in das Wasser gemacht. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass dies zutreffend ist. Der Kläger befand sich an dieser Badestelle in Zell zum ersten Mal beim Schwimmen. Das Wasser war zudem gleich zu Beginn sehr tief, so dass ein sofortiges Schwimmen möglich war. Die Aussagen des Klägers werden durch die Angaben des Zeugen B. T. bestätigt. Zudem weist der Senat darauf hin, dass auch beim Vorliegen eines Sekundärereignisses nach den Ausführungen des Dr. G. , auf den sich die Beklagte beruft, äußere Verletzungszeichen erforderlich gewesen sein müssten. Entsprechende äußere Verletzungszeichen, die auf eine schwere Gewalteinwirkung hinweisen würden, sind indessen zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Auch anlässlich der stationären Aufnahme am 01.07.2001 wurden keine derartigen Verletzungszeichen dokumentiert. Darauf weist auch Dr.M. in seinem Gutachten hin. Aus diesem Grund ist der in der Berufung geltend gemachte Einwand, dass entsprechende Verletzungszeichen bei der Erstbehandlung am 22.06.2001 nicht gefunden wurden, nicht weiterführend.

Das Vorbringen der Beklagten, dass die Feststellungen des Prof.Dr.R. zu den vorliegenden Verletzungen rein spekulativ seien, ist nicht nachvollziehbar. Prof.Dr.R. hat darauf hingewiesen, dass auch auf den Röntgenbildern, die neun Tage nach dem Unfall aufgenommen wurden, der sog. Bruch des fünften Halswirbelkörpers nicht erkennbar war. An diesem Tag lag aber der Bruch bereits mit Sicherheit vor. Ob nun Prof. Dr. P. oder eine anderer Fachradiologe dies hätte erkennen können oder müssen, kann dahinstehen. Prof.Dr.R. hat für den Senat überzeugend darauf hingewiesen, dass normale Röntgenaufnahmen nicht ausreichend waren, um die Impressionsfraktur des fünften Halswirbelkörpers zweifelsfrei zu belegen. Auch die Bandverletzung ist in der Folge erst mittels eines Kernspins festgestellt worden und nicht auf der Röntgenaufnahme erkannt worden. Die Kernspintomografie vom 02.07.2001 zeigte jedenfalls eine Deckplattenkompressionsfraktur des fünften Halswirbelkörpers sowie eine Verletzung der Bandstrukturen im Bereich C3 bis C5.

Soweit die Beklagte einwendet, dass der Verlauf der Symptome und der Schmerzhaftigkeit gegen eine Unfallursächlichkeit spreche, kann dies ebenfalls kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Der Verlauf der Symptome mag ungewöhnlich sein, ist aber erklärbar. Prof.Dr.R. hat nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen sich die schwere Verletzung erst am 30.06.2001 manifestiert hat. Es ist nachvollziehbar, dass die durch den Unfall verursachte Instabilität zunächst durch die schmerzhafte Verspannung der mitbetroffenen Hals-/Nackenmuskulatur und die verordnete Stützbandage kaschiert wurde. Diese Stützbandage wurde nach den glaubhaften Angaben des Klägers, bestätigt durch die Angaben des Zeugen, auch mit Ausnahme bestimmter Situationen, wie z.B Autofahren, regelmäßig getragen. Auch hatte der Kläger bei seiner beruflichen Tätigkeit nur körperlich leichte Arbeiten zu verrichten. Nach Abklingen der ersten schmerzhaften Verspannungen und Abnahme der Stützkrawatte manifestierte sich die vorliegende Instabilität am 30.06.2001 durch ein Knacksen in der Halswirbelsäule mit neurologischen Störungen in den Armen. Beschwerdefreiheit bestand für den Kläger nach dem Unfall zu keinem Zeitpunkt. Auch bei der Nachuntersuchung am 28.06.2001 klagte er noch über Schmerzen an der unteren Halswirbelsäule und der oberen Brustwirbelsäule. Dr.M. hat zudem darauf hingewiesen, dass die eigentliche Bandzerreißung keine hoch akuten Schmerzen bedingt, sondern zu einem eher dumpfen Druckgefühl im Nacken führt. Der Kopf kann anschließend selbständig gehalten werden.

Der Senat ist der Überzeugung, dass die beim Kläger aufgetretenen Verletzungen beim Unfall am 22.06.2001 entstanden sind. Ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen ist hinreichend wahrscheinlich.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.06.2005 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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