L 5 KR 36/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 R 338/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 36/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 08.01.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 1.138.013,97 festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig sind Beitragsnachforderungen aufgrund einer Betriebsprüfung.

Die Klägerin ist eine in R./Bayern ansässige Gesellschaft mit dem Geschäftsgegenstand Durchführung von Speditionsleistungen jeder Art. Sie ist Teil eines Firmengeflechts, welches der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin aufgebaut hatte. Dieser ist zusammen mit vier weiteren Angeklagten durch ein infolge Rechtsmittelverzicht rechtskräftiges Strafurteil des Landgerichts M. vom 15.10.2001 u.a. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 65 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Grundlage des Strafurteils ist folgender Sachverhalt, der sich insbesondere aus den Geständnissen der Angeklagten ergibt:

Der 1933 in Italien geborene Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin führte in seiner Heimat seit dem 19. Lebensjahr Transporte durch, gründete 1964 in Italien eine Speditionsfirma T. , welche als Kerngeschäft den Straßengütertransport zwischen Deutschland und Italien hatte. Aus dieser Gesellschaft entwickelte sich ein Speditionsgeflecht, bei welchem das operative Transportgeschäft schwerpunktmäßig in Deutschland durchgeführt wurde, während in Italien der Speditionsbereich, die Verwaltung und die Werkstatt angesiedelt waren. Teil des Firmengeflechts waren die Firmen I. in B. , eine weitere Firma D. in der Slowakei sowie belgische Firmen der T.-Europagruppe, welche für den Kernbereich des Speditionsgeschäfts keine Bedeutung hatten, sondern ausschließlich eingesetzt wurden, um verkehrsrechtliche Genehmigungen zu erschleichen und die Beschäftigung slowakischer Billigarbeitskräfte zu verschleiern. Insbesondere wurden Auftragsabwicklung, Disposition oder sonstige unternehmerische Aufgaben von diesen Unternehmen nicht wahrgenommen. Im Jahre 1995 entließ der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin zusammen mit seiner im Urteil des Landgerichts M. vom 15.10.2001 ebenfalls verurteilten Lebensgefährtin R. auf Grund gemeinsamen Planes nahezu sämtliche in Italien beschäftigte Arbeitnehmer, die durch tschechische und slowakische Staatsangehörige ersetzt wurden. Diese waren von der Firma D. in B. eigens zu diesem Zweck angeworben worden. Mit dem Einsatz der slowakischen Arbeitskräfte verlagerte sich das operative Transportgeschäft - die Durchführung der Fahrten - nach Deutschland, welches die Klägerin abwickelte. Die Frachtdisposition erfolgte dabei in T./Italien.

Die tschechischen und slowakischen Fahrer, welche im Heimatland von der mitverurteilten R. durch Zeitungsannoncen angeworben und von dort nach Deutschland zur Einreise gebracht wurden, kamen in R. zum Einsatz, wo ihnen die jeweiligen LKW-Zug-maschinen zugeteilt wurden. Die Fahrer wurden auf deutschen und italienischen, ab 1998 auch auf belgischen LKW-Zügen eingesetzt und erhielten einen Fixbetrag von 300,00 DM, welcher in die Slowakei überwiesen wurde. Ein weiterer Lohnbestandteil wurde auf Bankkonten der ausländischen Fahrer bei der Sparkasse in R. überwiesen oder ihnen dort in bar ausbezahlt. Während deutsche Faher übertariflich zwischen 5.000,00 und 6.000,00 DM/ Monat netto erhalten hatten bei einem tariflichen Stundenlohn von DM 18,14 brutto, erhielten die tschechischen und slowakischen Fahrer einen Stundenlohn von etwa 9,70 DM, ohne dass hierin Vergütungen für Lade- und Standzeiten, Aufenthalte bei Verkehrsstaus oder gesetzliche Ruhezeiten berücksichtigt worden wären. Gezahlt wurde ein Durchschnittslohn von 2.100,00 DM, wobei der Abrechnung eine monatliche Fahrleistung zugrunde gelegt wurde.

Bei dieser Vorgehensweise unterließ der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin bewusst die Anmeldung und Beitragsabführung für die tschechischen und slowakischen Arbeitnehmer, um die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung nicht zahlen zu müssen. Dies korrespondierte insbesondere damit, dass die Klägerin der zuständigen Einzugsstelle 1995 nur zwei, ab 1996 einen weiteren, ab 1997 drei weitere, 1998 und 1999 zwei weitere sowie ab Mai 2000 einen weiteren deutschen Arbeitnehmer gemeldet hatte. Bei der Bezifferung der nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ging das Landgericht M. von 283 beschäftigten Fahrern über den gesamten Tatzeitraum aus, errechnete hiervon durchschnittlich pro Monat beschäftigte 65 Fahrer, welche über den Tatzeitraum von 65 Monaten hinaus beschäftigt worden waren und bei denen eine Fahrleistung von 13.000 km im Durchschnitt anzunehmen war. Das Strafurteil enthält die Feststellung, dass der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin kriminell planmäßig über mehrere Jahre hinweg vorgegangen war, erheblichen finanziellen Schaden angerichtet hatte und die ausländischen Arbeitnehmer zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil ausgenutzt hatte.

In Auswertung der Ermittlungsakten und in Zusammenarbeit mit dem ermittelnden Hauptzollamt R. erließ die Beklagte unter dem 15.05.2001 den streitgegenständlichen Nachforderungsbescheid und machte Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von DM 3.821.315,06 zuzüglich Säumniszuschläge von DM 1.254.743,00 (= EUR 2.595.340,27) geltend. Der Bescheid war an den Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin gerichtet.

Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch und bestritt, dass Sozialversicherungspflicht nach deutschem Recht angenommen werden könne. Denn die 283 Fahrer seien kreuz und quer in den verschiedensten Ländern Europas tätig gewesen, hätten nicht dem Weisungsrecht der Klägerin unterlegen, sondern seien fast ausschließlich von Italien aus entsprechend den dortigen Dispositionen eingesetzt worden. Nicht nachvollziehbar seien die Größen, aus denen sich die Bemessungsgrundlage ergeben solle. Zudem sei das Grundgehalt der Fahrer dem slowakischen Beitragsrecht unterworfen worden. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, einen Summenbescheid zu erlassen und schließlich seien die Beiträge verjährt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2003, gerichtet an die Klägerin, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie sei berechtigt gewesen, auf das Ergebnis des rechtskräftigen Urteils vom 15.10.2001 zurückzugreifen. Die Beschäftigungsverhältnisse der Fahrer seien dem deutschen Sozialversicherungsrecht zu unterwerfen, weil die slowakische Firma D. nicht Arbeitgeberin gewesen sei, sondern nur zur Anwerbung der Fahrer und zur Tarnung der illegalen Beschäftigung eingesetzt worden sei. Die Zuteilung der LKW-Zugmaschinen und die Bezahlung der Fahrer seien in R. erfolgt, so dass deutsches Sozialversicherungsrecht Anwendung finden müsse. Der Nachforderungsbetrag sei ausgehend von den Ergebnissen der strafrechtlichen Ermittlungen geschätzt worden, weil die Klägerin bewusst gegen ihre Aufzeichnungs- und Dokumentierungspflichten verstoßen habe, um so ihr kriminelles Vorgehen zu tarnen. Deshalb habe die Berechtigung bestanden, Schätzungen vorzunehmen und einen Summenbescheid zu erlassen.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München hat die Klägerin geltend gemacht, Beiträge seien nicht vorsätzlich vorenthalten worden, denn die LKW-Fahrer hätten ihr Grundgehalt in der Slowakei bezogen, wo die nach slowakischem Recht zu erhebenden Beiträge abgeführt worden seien. Die Verjährungsfrist von vier Jahren sei abgelaufen, der streitige Bescheid vom 15.05.2001 sei an den falschen Adressaten gerichtet gewesen, so dass gegenüber der Klägerin die Verjährung nicht unterbrochen worden sei. Die Ermittlungen des Hauptzollamtes R. hätten die Beklagte nicht zum Erlass eines Summenbescheides berechtigt, so dass diese gegen ihre Amtsermittlungspflicht verstoßen habe. Die Nachforderungshöhe sei unzutreffend, weil u.a. die Fahrer im August jeden Jahres wegen Betriebsurlaubes der Klägerin und Schließung der Geschäftstätigkeit in diesem Monat kein Entgelt erhalten hätten. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, ausgehend von den im Jahre 2002 bekannt gegebenen Namen und Geburtsdaten sowie Beginn und Ende der Tätigkeit der Fahrer eine individuelle Nachberechnung der Beiträge vorzunehmen.

Die Beklagte hat erwidert, die Klägerin habe aus dem fälschlich adressierten Ausgangsbescheid die Nachforderung entnehmen können. Sie habe gegen ihre gesetzlichen Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten so massiv verstoßen, dass die Nachforderung wie vorgenommen habe berechnet und ein Summenbescheid erlassen werden dürfen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.01.2007 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe in Deutschland slowakische Kraftfahrer als Arbeitnehmer beschäftigt, so dass die vorsätzlich hinterzogenen Sozialversicherungsbeiträge auch für die Vergangenheit bis zu 30 Jahre zurückreichend hätten geltend gemacht werden dürfen. Die Klägerin habe eine komplexe Konstruktion mehrerer Scheinfirmen errichtet, um die wahren Beschäftigungsverhältnisse zu verschleiern und die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu verhindern, so dass sie sich nicht gegen die Nachforderung in einem Summenbescheid sowie gegen die Berechnungsart und Schätzungsweise wenden dürfe. Allerdings sei die Nachforderung nicht hinreichend nachvollziehbar berechnet, so dass ausgehend von einem Vergleichsvorschlag der Beklagten die Gesamtforderung auf EUR 1.138.013,97 zu beschränken sei. Insoweit werde die Entscheidung der Beklagten aufgehoben, die Klage im Übrigen abgewiesen und die Beklagte zur Kostentragung von einem Zwanzigstel verurteilt.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorrangig beantragt, den Rechtsstreit zu vertagen, um ihr Gelegenheit zu geben, die Berufung zu begründen.

In der Sache stellte sie den Antrag, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 08.01.2007 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2003 voll umfänglich aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft beigezogen, welche zwei Umzugskisten umfasst hatten, und diese ausgewertet. Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten sowie das Strafurteil des Landgerichts M ... Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), aber nicht begründet. Die Beitragsnachforderung und die Säumniszuschläge, welche die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 15.05.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2003 geltend gemacht hat, sind rechtmäßig erhoben worden. Insoweit bleibt die Berufung, welche ausschließlich die Klägerin eingelegt hat, gegen den diese Verwaltungsentscheidung abändernden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 08.01.2007 ohne Erfolg.

Der Senat war berechtigt, im Verhandlungstermin in der Sache zu entscheiden. Dem Antrag der Klägerin, die Sache zu vertagen, um ihr eine Begründung der Berufung zu ermöglichen, war nicht zu entsprechen. Die Klägerin hatte die Berufung am 05.02.2007 eingelegt, so dass ein Zeitraum von sieben Monaten zwischen Einlegung der Berufung und der mündlichen Verhandlung festzustellen ist. Die Ladung zum Termin war bei der Klägerin gemäß Empfangsbekenntnis am 16.08.2007 eingegangen und hatte den Hinweis enthalten, dass auch im Falle des Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden könne sowie dass auch eine Entscheidung nach Lage der Akten möglich sei. Angeforderte Kopien aus der Beklagtenakte waren der Klägerin unter dem 30.08.2007 übersandt worden. Ihr war somit insgesamt ausreichend Zeit zur Begründung der Berufung verblieben.

Als Grundlage der sachlichen Entscheidung übernimmt der Senat die Sachverhaltsfeststellung des rechtskräftigen Strafurteils des Landgerichts M. vom 15.10.2001. Der Senat ist dabei berechtigt, dies seiner Entscheidung zugrunde zu legen, weil das Urteil auf umfangreichen detaillierten Ermittlungen beruht, wie in Auswertung der Ermittlungsakten festzustellen war und weil alle fünf Angeklagten, insbesondere auch der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin Geständnisse abgelegt hatten, welche Grundlage der Verurteilung waren und weil sämtliche Angeklagten durch Rechtsmittelverzicht die Rechtskraft des Urteiles am Verkündungstag herbeigeführt haben. Hierbei berücksichtigt der Senat auch, dass der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, also eine langjährige Freiheitsstrafe, welche nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, akzeptiert hat. In Zusammenfassung der Sachverhaltsfeststellungen ergibt sich somit, dass die Klägerin durch langjähriges bewusstes kriminelles Verhalten und in Ausnutzung eines zur Verschleierung errichteten Firmengeflechtes in der Slowakei LKW-Fahrer angeworben hat, um diese in R. einzusetzen und ihnen dort ihr wesentliches Entgelt zukommen zu lassen. Die Firma D. war dabei nicht als Arbeitgeberin eingesetzt, sondern diente nur dazu, die Fahrer anzuwerben und über illegale Einreise nach R. zu schleusen. Beschäftigungsverhältnisse im Sinne von § 7 Abs.1 SGB VI sind somit nur nach deutschem, nicht aber nach slowakischem Recht entstanden. Hieran ändert auch nichts, dass die Fahrer ihre Arbeitsleistung europaweit auf Transportfahrten durch verschiedene Staaten erbracht haben und dass die Disposition von T./Italien aus erfolgt war. Der Mittelpunkt des operativen Geschäftes lag in R. , hier wurden die Fahrzeuge zugeteilt, die Bezahlung veranlasst und die wesentlichen Teile der Entgelte bar ausgezahlt oder auf Konten der Sparkasse R. angewiesen. Damit ist auf die Beschäftigungsverhältnisse deutsches Recht anzuwenden, die Voraussetzungen für eine Einstrahlung insbesondere slowakischen Rechtes sind nicht gegeben, § 5 SGB IV. Falls Beiträge nach slowakischem Recht abgeführt wurden, bleibt dies für die Sozialversicherungspflicht nach deutschem Recht ohne Belang. Im fraglichen Zeitraum war die Slowakei nicht Mitglied der Europäischen Union, ein Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland war nicht abgeschlossen, das deutsche Sozialversicherungsrecht verdrängendes internationales Recht bestand nicht, § 6 SGB IV. Es bleibt somit bei der Anwendung deutschen Rechts nach den Vorschriften über den Beschäftigungsort, § 9 SGB IV.

Die Beklagte hat auch im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 28p Abs.1 Satz 5 SGB IV nach einer Betriebsprüfung die Höhe der in die einzelnen Zweige der Sozialversicherung abzuführenden Beiträge zutreffend festgesetzt. In Würdigung des Strafurteiles ist festzuhalten, dass die Klägerin durch schuldhaftes, geplant rechtswidriges Vorgehen gegen ihre Aufzeichnungspflicht als Arbeitgeberin gemäß § 28f SGB IV grob verstoßen hat, um sich selbst rechtswidrige Vermögensvorteile zu verschaffen, indem die nach § 22 SGB IV entstandenen Beiträge trotz Fälligkeit nach § 23 SGB IV nicht entrichtet wurden.

Die Klägerin hat im fraglichen Zeitraum auch schuldhaft und vorsätzlich ihre Meldepflicht nach § 28a SGB IV und ihre Dokumentationspflicht verletzt, so dass die Beklagte berechtigt war, einen Lohnsummenbescheid nach § 28f Abs.2 Satz 1 SGB IV zu erlassen. Auch die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge, von denen in der Berufung nur noch 1.138.013,97 EUR einschließlich Säumniszuschläge streitig sind, weil die Beklagte kein Rechtsmittel eingelegt hat, begegnet keinen Bedenken. Denn in Auswertung und Würdigung des Strafurteiles kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum vom 01.05.1995 bis 30.09.2000 im Durchschnitt 65 Fahrer beschäftigt hat. Diese waren durchschnittlich 65 Monate für die Klägerin tätig und enthielten ein Entgelt von DM 2.100,00 für durchschnittlich gefahrene Kilometer 13.000/Monat. Das entsprechende Entgelt von 2.100,00 DM ergibt somit eine Entgeltsumme von 8.872.500,000 DM. Ausgehend von einem durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz ergeben sich hieraus Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile von in der Summe DM 3.549.000,00. Dies entspricht EUR 1.814,574,80 und liegt damit deutlich über der streitigen Nachforderungssumme von EUR 1.138.013,97.

Sollte sich im Einzelfall ergeben, dass in Bezug auf einzelne Fahrer unzutreffende Beitragsforderungen geltend gemacht sind, ist die Klägerin auf das Verfahren gemäß § 28f Abs.2 Satz 5 SGB IV zu verweisen, bei welchem sie gegenüber der Einzugsstelle unter Angabe der für die individuellen Beitragsfeststellung erforderlichen Daten eine personenbezogene Beitragsbemessung erreichen kann (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2000 - B 12 KR 12/01 R; LSG Berlin Urteil vom 12.01.2005 - L 9 KR 53/03; Bayer. Landessozialgericht vom 08.05.2007 - L 5 KR 12/04).

Ergänzend ist insoweit lediglich festzustellen, dass die Klägerin durch das vorsätzliche kriminelle Vorgehen der handelnden Personen auch bewusst schuldhaft die Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt hat (§ 25 Abs.1 Satz 2 SGB IV - vgl. BSG-Urteil vom 21.03.2007 - B 11 AL 15/06 R) und somit Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs.1 Satz 1 zu erheben waren. Insoweit galt nicht die vierjährige Verjährungsfrist, sondern die 30-jährige gemäß § 25 Abs.1 Satz 2 SGB IV, denn die handelnden Personen der Klägerin hatten die Beiträge vorsätzlich vorenthalten.

Die Nachforderung der Beklagten in Höhe von EUR 1.138.013,97 ist damit aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin bleibt voll umfänglich ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs.2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Streitwert wird gemäß § 197a SGG in Höhe der strittigen Berufungssumme festgesetzt.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.
Rechtskraft
Aus
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