L 13 B 1039/07 R

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 R 52/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 B 1039/07 R
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag der Klägerin, die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Staatskasse aufzuerlegen, wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren schlossen die Beteiligten im Streit um einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung zur Erledigung des Rechtsstreits einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte bereit erklärte, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zur Hälfte zu erstatten. Durch Beschluss vom 8. Februar 2008 hat der erkennende Senat auf die Beschwerde der Klägerin den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 24. August 2007 aufgehoben und entschieden, dass die Kosten für das im Hauptsacheverfahren erstattete Gutachten des Dr. N. vom 24. Juli 2006 auf die Staatskasse übernommen werden. Die Klägerin beantragt nunmehr, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Staatskasse aufzuerlegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten und des SG Landshut, der Berufungsakte sowie der Beschwerdeakte Bezug genommen.

II.

Der Beschluss des Senats vom 8. Februar 2008 bedarf keiner ergänzenden Kostenentscheidung. Die Beteiligten haben sich in einem verfahrensabschließenden Vergleich geeinigt, wer die außergerichtlichen Kosten zu tragen hat. Ausschließlich dieser Vergleich ist die Grundlage für die Kostenfestsetzung (vgl. Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 195 Rndr. 3a).

Die Sozialgerichte entscheiden von Amts wegen über eine Kostenerstattung, wenn der Rechtsstreit durch Endurteil, Gerichtsbescheid oder durch einen einem Urteil gleichgestellten Beschluss (§§ 153 Abs. 4 Satz 1, § 158 Satz 2, § 169 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) endet, wenn durch Beschluss eine Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 160a Abs. 4 Satz 1 SGG) und wenn gemäß § 86b SGG über die Aussetzung oder über den Antrag auf Anordnung der Vollziehung oder nach § 199 Abs. 2 SGG über die Aussetzung sowie über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung oder eine Anhörungsrüge (§ 178a SGG) entschieden wird. Hierbei umfasst nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die jeweilige Entscheidung alle durch den Rechtsstreit und das Vorverfahren entstehenden erstattungsfähigen Kosten. Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kosten-entscheidung ist allgemein anerkannt (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 10; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 193 Rdnr. 2; Hartmann in Baumbach u.a., Zivilprozessordnung - ZPO -, 66. Aufl., § 91 Rndr. 23). Eine gesonderte Kostenentscheidung ergeht in Fällen, in denen am Beschwerdeverfahren Personen beteiligt sind, die nicht Beteiligte des Hauptsacheverfahrens sind bzw. in selbstständigen Antragsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung oder bei der Verhängung von Ordnungsgeldern gegen Zeugen und Sachverständige. Regelmäßig ist aber im Beschwerdeverfahren ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht möglich (Niesel, Der Sozialge-richtsprozess, 4. Aufl., Rndr. 593).

Die Voraussetzungen für eine gesonderte Kostenentscheidung liegen hier nicht vor. § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG begründet die Möglichkeit, auf Antrag die zunächst von dem Kläger geforderten Kosten nachträglich der Staatskasse aufzuerlegen. Damit wird ein in das Ermessen des Gerichts gestellter Kostenerstattungsanspruch eines Klägers gegenüber der Staatskasse normiert. Die Staatskasse, die hier nicht Beteiligte im Sinne des § 193 SGG ist, ist deshalb auch nicht beschwerdebefugt (Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 109 Rdnr. 22). § 193 SGG scheidet also als Grundlage einer gesonderten Kostenentscheidung aus. Sie regelt lediglich die Pflicht zur Erstattung der Kosten zwischen den Beteiligten, nicht also der Staatskasse.

Ein Anspruch auf eine Entscheidung über eine Kostenerstattung ergibt sich auch nicht aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Das RVG beinhaltet keine Vorschriften zu einem Anspruch auf Erstattung von hier geltend gemachten Kosten. Das SGG regelt das Kostenverhältnis zwischen Staat und Beteiligten in den §§ 184 bis 192 SGG und die Kostenerstattung zwischen den Beteiligten in §§ 192 bis 197. Die §§ 184 ff. SGG beinhalten keine Regelung hinsichtlich einer Erstattungspflicht außergerichtlicher Kosten, die im Zuge einer Kostenbeschwerde nach einer Entscheidung gemäß § 109 SGG angefallen sind. Bei Beachtung der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung sind die Kosten für Bevollmächtigte erstattungsfähig, wobei die gesetzliche Vergütung seit dem 1. Juli 2004 nach den Vorschriften des RVG berechnet wird. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG sind im Rahmen des § 193 SGG die entstehenden Betragsrahmengebühren zu erstatten, die der Prozessbevollmächtigte dem erstattungsberechtigten, nach § 183 SGG privilegierten Beteiligten in Rechnung stellen kann (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 193 Rdnr. 9a).

Auch aus den Vorschriften des Vergütungsverzeichnisses (VV) kann der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht abgeleitet werden. Das VV als solches enthält lediglich Vorschriften zum Umfang der gesetzlichen Vergütung, nicht Regelungen für einen Erstattungsanspruch dem Grunde nach. So erfasst z.B. VV 3500 auch Beschwerden im Prozesskostenhilfeantragsverfahren (Gerold/Schmidt-Müller-Raabe, VV 3500 Rn. 5), andererseits schließt § 127 Abs. 4 ZPO die Erstattung von außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus. Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung besteht in Fällen, in denen ein selbstständiger Verfahrensabschnitt abgeschlossen wird. Mit einer Entscheidung über die Tragung der Kosten für einen gemäß § 109 SGG eingeholtes Gutachten wird kein solcher selbstständiger Verfahrensabschnitt abgeschlossen. Dass das Beschwerdeverfahren gebührenrechtlich eine besondere Ange-legenheit im Sinne des § 18 Nr. 5 RVG ist (vgl. Landessozialgerichts Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. August 2006, Az.: L 8 AL 2352/06 B), ändert hieran nichts.

Der Senat folgt hier dem Prinzip, dass Kostenverfahren, die ohnehin lediglich als Annex des Hauptverfahrens anzusehen sind, jedenfalls grundsätzlich nicht zu weiteren Kostenverfahren führen sollen (vgl. Gerold/Schmidt-Müller-Raabe VV 3535 Rdnr. 89). Über die Höhe bzw. über die Anzahl der im Rechtsstreit angefallenen Gebühren ist damit im Rahmen der Kostenfestsetzung zu entscheiden, wobei die angefallene Mehrarbeit bei der Kostenfestsetzung nach § 197 SGG berücksichtigt werden kann (Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl., Rdnr. 593).

Unerheblich ist hierbei, dass über eine Beschwerde wegen einer Kostenübernahme nach § 109 SGG ohne Mitwirkung der Beklagten entschieden wird und trotzdem im Rahmen der in der Hauptsache nach § 193 SGG zu treffenden Kostenentscheidung ein Erstat-tungsanspruch gegen sie entstehen kann. Die Regelungen des SGG geben den prozessualen Maßstab für die Überprüfung eines materiell-rechtlichen Anspruchs gegen einen Sozialversicherungsträger vor und beinhalten auch das diesem durch diese Vorschriften auferlegte Kostenrisiko, welches aus der ablehnenden Verwaltungsentscheidung über den von einem Versicherten geltend gemachten Anspruch resultiert. Sofern aber die Auswertung eines gemäß § 109 SGG eingeholten Sachverständigengutachtens, wenn auch erst nach Durchführung eines Beschwerdeverfahrens, ergibt, dass es wesentlich zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen bzw. die Erledigung des Rechtsstreits gefördert hat, kann es gerechtfertigt sein, außergerichtliche Kosten, die für die Erzielung eines solchen Ergebnisses erforderlich waren, im Rahmen des § 193 SGG zu berücksichtigen. Auch diese Kosten dienten nämlich der Klärung von Ansprüchen aus dem Sozialversicherungsverhältnis zwischen dem Versicherten und dem Sozialversicherungsträger.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 183 SGG) und ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved