L 10 AL 273/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AL 16/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 273/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.07.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Überbrückungsgeldes (ÜG) streitig.

Der 1972 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 21.07.2005 die Gewährung eines ÜG, da er am 26.07.2005 eine selbstständige Tätigkeit als Steuerberater mit Branchenschwerpunkt Land- und Forstwirtschaft aufnehmen wolle. Er beabsichtige, die Gesellschaftsanteile der Treuhandgesellschaft S. mbH mit Sitz in der B.str., G. , mit Wirkung zum 26.07.2005 zu übernehmen. Die nötige Betriebs- und Geschäftsausstattung einschließlich 12 Mitarbeitern sowie ein Kundenstamm von ca. 500 Mandanten seien vorhanden. Die Tätigkeit werde in gemieteten Räumen betrieben. Nach der fachkundigen Stellungnahme der Treuhandgesellschaft S. Steuerberatung mbH und der in diesem Zusammenhang erstellten Umsatz- und Rentabilitätsvorschau sei zwischen August und Dezember 2005 mit einem Überschuss der Einnahmen über die Kosten von 10.417,00 EUR (= monatlich 2.083,40 EUR) und für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2006 nach Abzug der Kosten mit Einnahmen in Höhe von 61.000,00 EUR (= 5.083,33 EUR im Monat) zu rechnen. Die im Verlaufe des Jahres sich unterschiedlich entwickelnden Einnahmen beruhten darauf, dass in der Zeit zwischen Juli und Dezember überwiegend die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für das abgelaufene Wirtschaftsjahr vorbereitet würden und die endgültige Fertigstellung der Arbeiten schwerpunktmäßig in den Monaten Januar bis Mai erfolge. In dieser Zeit entstünden daher die meisten Vergütungsansprüche.

Mit Bescheid vom 07.10.2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von ÜG ab. Der Kläger sei nur dem üblichen Unternehmerrisiko ausgesetzt, da ein bestehendes Unternehmen mit einem Kundenstamm von ca. 500 Mandanten von ihm übernommen werde und bereits 12 Angestellte beschäftigt würden. Der Lebensunterhalt des Klägers und die Aufwendungen für seine soziale Sicherung seien durch die Einnahmen sichergestellt. Hiergegen trug der Kläger mit Widerspruch vom 24.10.2005 vor, dass ihm lt. der eingereichten Prognose ein monatliches Einkommen von ca. 500,00 EUR verbleibe und für ihn nicht ersichtlich sei, wie er davon den Lebensunterhalt für eine vierköpfige Familie bestreiten könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die im Verlaufe des Jahres sich unterschiedlich entwickelnden Einnahmen beruhten darauf, dass in der Zeit zwischen Juli und Dezember überwiegend die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für das abgelaufene Wirtschaftsjahr vorbereitet würden, die endgültige Fertigstellung der Arbeiten schwerpunktmäßig in den Monaten Januar bis Mai erfolge und daher in dieser Zeit die meisten Vergütungsansprüche entstünden. Hierbei handele es sich jedoch um eine branchenspezifische Besonderheit und nicht um eine gründungsspezifische Entwicklung.

Hiergegen hat der Kläger am 10.01.2006 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Er habe in der Gründungsphase niedrigere Einkünfte bezogen. Ob es sich hierbei um eine branchenspezifische Besonderheit handele, sei unbeachtlich. Mit Urteil vom 27.07.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Unter Berücksichtigung der monatlichen Überschüsse aus der Tätigkeit als Steuerberater und der Tatsache, dass der Kläger eine Steuerkanzlei übernommen habe, die bereits seit Jahren Erträge erwirtschaftet habe, hätten dem Kläger nach der Existenzgründung ausreichende Einnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung zur Verfügung gestanden. Hinzu komme, dass der Kläger über weitere Einnahmen aus der Nebenerwerbslandwirtschaft verfügt habe, sodass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von ÜG nicht vorgelegen hätten.

Hiergegen richtet sich die beim Bayer. Landsozialgericht - Zweigstelle Schweinfurt - am 14.08.2006 eingegangene Berufung des Klägers. Nach der im Antrag eingereichten Umsatz- und Rentabilitätsvorschau hätten seine Einnahmen nach der Übernahme der GmbH in den Anfangsmonaten lediglich 2.083,00 EUR monatlich betragen. Von diesen Einnahmen seien noch die Kosten für die Finanzierung des Kaufpreises (ca. 500,00 EUR/Monat) und die sozialen Lasten mit ca. 1.000,00 EUR (private Krankenversicherung, Beiträge zum Versorgungswerk der Steuerberater) abzuziehen, sodass lediglich 500,00 EUR/Monat zum Unterhalt für seine vierköpfige Familie verblieben. Die Einnahmen aus der Nebenerwerbslandwirtschaft seien vom Gericht weder genau ermittelt worden noch seien sie entscheidungsrelevant. Nach Abschaffung der Ermessensprüfung zum 01.01.2004 gehe der Gesetzgeber davon aus, dass das ÜG zur Sicherung des Lebensunterhalts erforderlich sei. Zur weiteren Begründung werde auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen L 12 AL 134/05 vom 01.03.2006 verwiesen. Nicht relevant sei, ob die Gründung der Existenz durch Neugründung oder Übernahme eines bestehenden Unternehmens geschehe. Eine Überprüfung, ob die Forderung im konkreten Einzelfall notwendig sei, solle seit dem 01.01.2004 nicht mehr stattfinden. Die Höhe seines Geschäftsführergehaltes in Höhe von 6.500,00 EUR/Monat zuzüglich einer betrieblichen Altersversorgung von 1.742,28 EUR/Jahr müsse sich zur Anerkennung des Vertrags durch das Finanzamt an dem orientieren, was die Gesellschaft (GmbH) mit einem fremden Dritten vereinbaren würde. Das Gehalt sei dementsprechend an das Gehalt vor der Übernahme der Gesellschaftsanteile orientiert worden, wobei zu berücksichtigen gewesen sei, dass durch die neue Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer die Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers entfallen sei und damit die Arbeitgeberanteile an der Sozialversicherung ebenfalls vom Arbeitnehmer zu tragen seien. Zusätzlich sei dem gestiegenen Verantwortungsbereich des Geschäftsführers Rechnung getragen worden. Die Vollziehung des Gehaltes in den Anfangsmonaten bis zur Erzielung ausreichender Einnahmen durch die GmbH sei durch die Streckung von betrieblichen Zahlungen sichergestellt worden.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheids vom 07.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.12.2005 dem Kläger ÜG in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialge richts Nürnberg vom 27.07.2006 zurückzuweisen.

Die Fördervoraussetzungen des § 57 SGB III lägen nicht vor. Der Kläger habe ein bereits am Markt existierendes Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl von 12 Personen, einer kompletten Büroausstattung sowie einem bestehenden Kundenstamm in Höhe von ca. 500 Mandanten erworben. Anlaufschwierigkeiten, wie eine Etablierung am Markt oder Kundenakquise, seien nicht nötig gewesen. Eine Ermessensentscheidung sei nicht getroffen worden. Soweit sich der Kläger darauf berufe, er habe eine Kaufpreisrate in Höhe von 500,00 EUR monatlich zu zahlen, sei festzuhalten, dass es sich bei dem ÜG nicht um einen Investitionskostenzuschuss handele, sondern um Hilfe zum Lebensunterhalt. Kosten für die Betriebsübernahme seien hiervon nicht zu decken. Ob die Höhe des Geschäftsführer-Gehaltes auf steuerrechtlichen Erwägungen beruhe, sei unerheblich. Unabhängig davon, dass auch nach der Entscheidung des LSG (aaO) weiterhin an der Voraussetzung für ÜG festgehalten werde, dass die aus dem Betrieb erzielten Einkünfte nicht ausreichten, um in der Anlaufzeit den Lebensunterhalt und die Aufwendungen für soziale Sicherheit des Existenzgründers aufzubringen, bestünden auch große Bedenken, ob es sich um die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit gehandelt habe. Der Kläger habe durchgehend seit dem 03.07.2000 die Geschäfte geführt mit dem einzigen Unterschied, dass er nach Übernahme von Geschäftsanteilen am Gewinn seiner Tätigkeit beteiligt gewesen sei. Nach dem Vortrag des Klägers, wonach für ihn nach einer Übernahme der Gesellschaft keine adäquate Beschäftigung möglich gewesen wäre, stelle sich die Frage, ob hier nicht eine Eigenkündigung zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit vorgelegen habe. Aus § 3 des Geschäftsführervertrages ergebe sich, dass der Kläger bereits ab dem ersten Monat der Übernahme ein Geschäftsführergehalt in Höhe von 6.500,00 EUR brutto zzgl. einer betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 1.742,28 EUR erhalten habe. Daraus sei zu folgern, dass der Kläger das ÜG nicht für seinen Lebensunterhalt und seine soziale Sicherung benötigt habe.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten, des SG sowie den Geschäftsführervertrag und Einkommensteuerbescheid 2005 vom Kläger beigezogen. In der nichtöffentlichen Sitzung vom 03.12.2007 hat das Gericht den Kläger befragt. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung der Berichterstatterin anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung gemäß § 155 Absätze 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 124 Abs 2 SGG erteilt. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 27.07.2006 die Klage gegen den Bescheid vom 07.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.12.2005 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG.

Dem Kläger steht für die Zeit ab dem 26.07.2005 kein Anspruch auf Bewilligung von Überbrückungsgeld (ÜG) nach § 57 SGB III idF vom 19.11.2004 (gültig vom 01.01.2005 bis 30.12.2005) zu. Denn es ist nicht erwiesen, dass der Kläger durch die Aufnahme der selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit Arbeitslosigkeit vermieden hat. Darüber hinaus war ÜG nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Übernahme der Geschäftsanteile an der Steuerberatungsgesellschaft iS des § 57 Abs 1 SGB III (aaO) erforderlich.

Nach Abs 1 dieser Vorschrift haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf ÜG.

ÜG wird nach Abs 2 der Vorschrift geleistet, wenn der Arbeitnehmer 1. in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit oder ... a) Entgeltersatzleistung nach diesem Buch bezogen hat oder einen Anspruch darauf hätte oder ... und 2. eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Trag fähigkeit der Existenzgründung vorgelegt hat; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Keditinstitute.

Im vorliegenden Fall teilt das Gericht zwar aufgrund der Ausgestaltung des Geschäftsführervertrags vom 26.07.2005 nicht die Bedenken der Beklagten und geht davon aus, dass der Kläger vor der Übernahme der Geschäftsanteile an der Gesellschaft nicht selbstständig tätig war. Es ist jedoch nicht erwiesen, dass durch die Aufnahme der selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit Arbeitslosigkeit vermieden worden ist. Dem Kläger ist von seinem Arbeitgeber - wie er in der nichtöffentlichen Sitzung des Gerichts vom 03.12.2007 selbst eingeräumt hat - nicht gekündigt worden. Die Behauptung des Klägers, sein Arbeitsplatz wäre weggefallen, wenn die Gesellschaft an einen Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer bzw. verkauft worden wäre, weil die GmbH bisher immer nur einen Steuerberater getragen habe, ist rein spekulativ. Es ist nicht erwiesen, dass sein Arbeitsplatz keinen Bestand gehabt hätte, wenn der neue Gesellschafter die Stellung eines Geschäftsführers übenommen hätte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Steuerberatungs-GmbH bisher eine typische Ein-Mann-Steuerberatungs-GmbH war. Insoweit weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass noch keine konkretisierten Verkaufsverhandlungen mit Dritten stattgefunden hatten. Zudem hätte der Kläger z.B. auch dann, wenn die Gesellschaft durch einen Rechtsanwalt übernommen worden wäre, nicht zwangsläufig seinen Arbeitsplatz verlieren müssen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger durch die Aufnahme der selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit Arbeitslosigkeit vermieden hat, sind nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des Abs 1 des § 57 SGB III (aaO) liegen aber auch deshalb nicht vor, weil die Aufnahme der selbstständigen hauptberuflichen Tätigkeit nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Übernahme der Geschäftsanteile der Steuerberatungsgesellschaft erforderlich war.

Das Gericht vermochte sich nicht von der Argumentation des Klägers zu überzeugen, dass bei § 57 Abs 1 SGB III nach Abschaffung der Ermessensprüfung ab 01.01.2004 die Voraussetzungen "zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung" ohne rechtliche Relevanz sein soll.

Nach der Fassung des § 57 Abs 1 SGB III vom 23.12.2002 (gültig ab 01.01.2003 bis 31.12.2003) können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung ÜG erhalten.

Zutreffend ist insoweit, dass der Gesetzgeber in den Fassungen des § 57 SGB III vom 23.12.2003 (gültig vom 01.01.2004 bis 30.04.2004) und vom 23.04.2004 (gültig vom 01.05.2004 bis 26.11.2004) die Worte "können ... erhalten" durch "haben ... Anspruch" ersetzt und die Ermessensprüfung abgeschafft hat. Aber auch unter der Berücksichtigung der Auffassung, die aufgrund des Wegfalls der Ermessensprüfung den Schluss zieht, dass eine Überprüfung, ob die Förderung im Einzelfall notwendig ist, seit dem 01.01.2004 nicht mehr stattfinden solle (Winkler in Gagel, Kommentar zum SGB III, Stand Januar 2005, § 57 RdNr 10) ist hier eine Prüfung der Voraussetzung "zur Sicherung des Lebensunterhalts und der sozialen Sicherung" geboten. Ein insoweit maßgebliches Argument hierfür ist, dass die Voraussetzung "zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung" durch die gesetzgeberische Änderung nicht entfallen ist, d.h. nach wie vor Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Abs 1 ist. Dies ergibt sich aus der grammatikalischen und teleologischen Auslegung des Abs 1 des § 57 SGB III. Bereits die grammatikalische Auslegung stellt die finale Beziehung zwischen der Förderung und der zu prüfenden Erforderlichkeit der Förderung her (" ...zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung ..."). Das durch die grammatikalische Auslegung gefundene Ergebnis wird durch die teleologische Auslegung bestätigt. Nach dem Bericht 2005 der Bundesregierung zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt war das ÜG als Mittel zur Beendigung von Arbeitslosigkeit kurz und mittelfristig wirksam. Die Förderung war für den Lebensunterhalt des Antragstellers und seine soziale Sicherung bestimmt. Dieser gesetzgeberische Zweck, nämlich die Förderung bei nicht ausreichenden Einkünften, um in der Anlaufzeit den Lebensunterhalt und die Aufwendungen für die soziale Sicherheit aufzubringen, hat auch nach Wegfall der Ermessensprüfung volle Gültigkeit. Andernfalls wäre die Voraussetzung "zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung" entbehrlich gewesen.

Zum anderen ist aber auch nach der Auffassung, wonach eine Überprüfung, ob die Förderung im Einzelfall notwendig ist, seit dem 01.01.2004 nicht mehr stattfinden soll, im vorliegenden Fall eine Prüfung der Voraussetzungen "zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung" erforderlich, denn hier liegt ein konkret zu prüfender Ausnahmefall vor. § 3 des Geschäftsführervertrages ist nämlich zu entnehmen, dass der Kläger bereits ab dem ersten Monat der Übernahme ein Geschäftsführergehalt in Höhe von 6.500,00 EUR brutto zzgl. einer betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 1.742,28 EUR erhalten hat. Schon daraus ergibt sich, dass der Kläger - auch nach Abzug der Arbeitgeberanteile an der Sozialversicherung (Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) - das ÜG nicht für seinen Lebensunterhalt und seine soziale Sicherung benötigte. Ob die Höhe des Gehaltes auf steuerrechtlichen Erwägungen beruhte bzw. warum sich die Einnahmen im Laufe des Jahres unterschiedlich entwickelten, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.

Hinzu kommt, dass der Kläger einen bereits bestehen Betrieb, die Treuhandgesellschaft S. mbH mit einer Mitarbeiterzahl von 12 Personen, einer kompletten Büroausstattung sowie einem bestehenden Kundenstamm in Höhe von ca. 500 Mandanten übernommen hat und daher Anlaufschwierigkeiten, wie sie bei einer Etablierung am Markt oder Kundenakquise vorkommen, nicht erkennbar sind. Auch nach der eingereichten Umsatz- und Rentabilitätsvorschau verblieben dem Kläger Einnahmen in den Anfangsmonaten von 2.083,00 EUR monatlich. Letztlich kann insoweit offen bleiben, ob die Kosten für die Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von 500,00 EUR pro Monat und den sozialen Lasten mit ca. 1.000,00 EUR (private Krankenversicherung, Beiträge zum Versorgungswerk der Steuerberater) abzuziehen sind. Jedenfalls verblieb dem Kläger - auch unter Zugrundelegung seiner eigenen Angaben - zusätzlich zum Geschäftsführergehalt ein monatlicher Betrag in Höhe von mindestens 583,00 EUR monatlich.

Soweit der Kläger hiergegen vorträgt, die Höhe des Geschäftsführergehaltes in Höhe von 6.500,00 EUR pro Monat habe sich zur Anerkennung des Vertrages durch das Finanzamt an dem orientieren müssen, was die Gesellschaft (GmbH) mit einem fremden Dritten vereinbart hätte, das Gehalt sei dementsprechend an das Gehalt vor der Übernahme der Gesellschaftsanteile orientiert worden, ist dies ohne rechtlichen Belang. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Kläger - nach Abzug der Arbeitgeberanteile an der Sozialversicherung - ein Geschäftsführergehalt tatsächlich erhalten hat, dass seinen Lebensunterhalt einschließlich den seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen, sicherstellte.

Ohne rechtliche Relevanz sind auch die Einwendungen des Klägers, mit der Höhe des Geschäftsführergehalts sei dem gestiegenen Verantwortungsbereich des Geschäftsführers Rechnung getragen worden und die Finanzierung des Gehalts sei in den Anfangsmonaten bis zur Erzielung ausreichender Einnahmen durch die GmbH durch die Streckung von betrieblichen Zahlungen sichergestellt worden. Maßgeblich ist vielmehr, dass im vorliegenden Fall das ÜG gemäß § 57 SGB III zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Anlaufphase der selbstständigen Tätigkeit nicht erforderlich war. Hingegen hat das ÜG gemäß § 57 Abs 1 SGB III nicht den Zweck, in der Anfangsphase einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit ein möglichst günstiges wirtschaftliches Ergebnis sicherzustellen.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG. Weder hat die Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 grundsätzliche Bedeutung noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab und beruht auf dieser Abweichung, Nr 2.
Rechtskraft
Aus
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