L 4 KR 77/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 KR 266/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 77/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 14/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 9. März 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Zahlung von Krankengeld vom 1. November bis 9. Dezember 2003.

Der 1947 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit 14. November 2002 als Arbeitsloser pflichtversichert. Er hatte im Zeitraum von Juli 1993 bis Juli 2003 23 Arbeitsunfähigkeitszeiten gemeldet.

Der Facharzt für Innere Medizin R. S. (R.) erstellte für den Kläger am 01., 15., 23., 29. Oktober sowie 10. November 2003 private Arbeitsunfähigkeitbescheinigungen zur Vorlage beim Arbeitgeber, mit denen er Arbeitsunfähigkeit vom 16. September 2003 bis 14. November 2003 attestierte, nach telefonischer Auskunft der Praxis wegen eines Lendenwirbelsäulen-Syndroms.

Die Bundesanstalt für Arbeit stellte die Leistungen zum 30. Oktober 2003 ein, der Kläger erhielt vom Arbeitsamt das Merkblatt für Arbeitslose (gegen Unterschrift), das ihn darauf hinwies, dass er bei einer längeren Arbeitsunfähigkeit als sechs Wochen von der zuständigen Krankenkasse Krankengeld in Höhe des Betrages der zuletzt bezogenen Leistungen des Arbeitsamts erhalte. Der Kläger meldete sich am 10. Dezember 2003 wieder beim Arbeitsamt.

Die Arztpraxis übersandte am 11. Dezember 2003 mit Fax der Beklagten die genannten Arbeitsunfähigkeitbescheinigungen.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2003 stellte die Beklagte das Ruhen des Krankengeldanspruchs fest, die Bescheinigungen seien außerhalb der gesetzlichen Meldefristen eingegangen. Der Kläger legte hiergegen am 16. Januar 2004 Widerspruch ein, die Bundesanstalt für Arbeit habe sechs Wochen Arbeitslosengeld gezahlt, somit sei die Meldung rechtzeitig erfolgt.

Mit Bescheid vom 28. Januar 2004 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld ab. Sie habe als zuständige Krankenkasse nicht rechtzeitig Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit erhalten, um die gesetzlich erforderlichen Feststellungen treffen zu können. Der behandelnde Arzt habe privatärztliche Bescheinigungen ausgestellt, aus denen nicht hervorgeht, dass eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vom Arzt unverzüglich der Kasse übersandt wird. Nach der telefonischen Auskunft des Arztes habe der Kläger auf die ausdrückliche Frage erklärt, er sei Rentner.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Krankengeldanspruch ruhe, solange die Arbeitsunfähigkeit der Kasse nicht gemeldet wird. Dies gelte auch dann, wenn die Leistungsvoraussetzungen im übrigen zweifelsfrei gegeben waren und dem Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung zur Last gelegt werden konnte. Die Arbeitsunfähigkeit ab 16. September 2003 sei der Beklagten erstmals vom Arzt am 11. Dezember 2003 gemeldet worden.

Der Kläger hat hiergegen 9. Juni 2004 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben. Die Beklagte habe die verspätete Meldung zu verantworten, da der behandelnde Arzt den Versichertenstatus geändert habe.

In der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2004 hat der Kläger auf seine Versicherungskarte hingewiesen, worin ein Versicherungsstatus mit der Kennziffer "1" kodiert ist; die Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat hierzu erklärt, dass bei krankenversicherten Rentnern der Status mit "3" festgestellt wird.

Nach Angaben der Beklagten hätte nach der sechsten Woche die Arbeitsunfähigkeit auf einem Zahlschein für Kranke dokumentiert werden müssen. Ein derartiger Auszahlschein könne jedoch nur ausgestellt werden, wenn die Arbeitsunfähigkeit der Kasse gemeldet worden ist. Es liege im Verantwortungsbereich des Versicherten, dass die Meldung überhaupt und insbesondere innerhalb der Wochenfrist abgegeben wird, also bei der Kasse eingeht. Der Kläger sei durch das Merkblatt des Arbeitsamtes auf die Meldepflichten bei Arbeitsunfähigkeit hingewiesen worden (Schreiben der Beklagten vom 28. Oktober 2004).

Der behandelnde Arzt hat am 27. Oktober 2004 der Beklagten mitgeteilt, der Kläger habe eine Versichertenkarte mit dem Status "1" vorgelegt. Auf ausdrückliche Nachfrage habe er erklärt, dass er Rentner sei, daher habe die Praxis im Computer den Status auf die Kodierung für Rentner geändert. Der Kläger sei auch der deutschen Sprache mächtig. Am 16. September, 23. September und 1. Oktober 2003 sei er lediglich zum "Abholen der Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit" in der Praxis erschienen.

Das SG hat mit Urteil vom 9. März 2005 die Klage abgewiesen. Der Anspruch auf Krankengeld ruhe, solange die Arbeitsunfähigkeit der Kasse nicht bzw. nicht innerhalb einer Woche nach Beginn gemeldet wird. Die Beklagte habe sich auch zu Recht auf diese Ruhensregelung berufen. Grundsätzlich obliege die Meldepflicht dem Verantwortungsbereich des Versicherten. Ein Fehlverhalten des Arztes, das der Risikosphäre der Krankenversicherung zuzurechnen ist, sei nicht gegeben. Der Kläger habe offensichtlich, obwohl aufgrund der ab 1993 mehrmals über sechs Wochen andauernden Arbeitsunfähigkeitszeiten mit Leistungsverpflichtung Krankengeldzahlungen in Anspruch genommen wurden und die Anzeigepflicht hinlänglich bekannt war, bei dem behandelnden Arzt nicht auf die Erteilung bzw. Notwendigkeit von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hingewirkt. Er habe bei dem Arzt vielmehr angegeben, den Status Rentner zu besitzen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 6. April 2005, mit der er geltend macht, er habe sich bei der Arbeitsverwaltung arbeitsunfähig gemeldet. Deswegen habe er die sechswöchige Fortzahlung des Arbeitslosengeldes erhalten. Der Wechsel des Sozialversicherungsträgers dürfe nicht zu seinem Nachteil gehen. Der Senat hat den Versicherungsverlauf des Klägers beigezogen.

Der Klägerbevollmächtigte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.03.2005 und den zugrundeliegenden Bescheid der Beklagten vom 28.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Krankengeld vom 01.11.2003 bis Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Kläger sei die Anzeigepflicht bei der Krankenkasse bekannt gewesen. Selbst wenn der behandelnde Arzt angenommen habe, der Kläger sei Rentner, so wäre es dessen Obliegenheit gewesen, dies richtig zu stellen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist-und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt die Grenze von 500,- Euro, da die Beklagte in ihren Akten den Betrag des Krankengeldes, das für ca. fünf Wochen streitig ist, mit täglich 29,65 Euro angegeben hat.

Die Berufung ist unbegründet; das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden.

Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Krankengeld. Auch wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 30. September 2004 einen Krankengeldanspruch bis 14. November 2003 geltend gemacht hat, ist er deswegen nicht gehindert, aus sachdienlichen Gründen (§ 99 Abs. 1 SGG) den Anspruch auf die Zeit bis zur Meldung beim Arbeitsamt auszudehnen (9. Dezember 2003), zumal auch das Arbeitsamt von dieser Interessenlage des Klägers ausgegangen ist.

Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden.

Grundlegende Voraussetzung für den Anspruch auf Krankengeld ist das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit (§ 44 Abs. 1 SGB V). Arbeitsunfähigkeit in diesem Sinne liegt nach der allgemeinen Begriffsbestimmung der Rechtsprechung vor, wenn der Versicherte seine zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten kann (Kassler Kommentar-Höfler, § 44 SGB V, Rdnr. 10 mit weiteren Nachweisen der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG)). Hierbei kommt es ausschließlich auf den objektiven Gesundheitszustand an, nicht auf die Einschätzung der Gesundheit durch den Versicherten selbst. Ob der Kläger im streitigen Zeitraum tatsächlich arbeitsunfähig ist - die Einwendungen der Beklagten bezüglich der nur dreimaligen ärztliche Behandlungstermine für das LWS-Syndrom in diesem Zeitraum sind nicht von der Hand zu weisen - kann letzlich dahinstehen.

Selbst wenn der Kläger unter Beachtung der Wartezeit für den Beginn der Leistungsverpflichtung durch die Beklagte tatsächlich bis einschließlich 9. Dezember 2003 arbeitsunfähig gewesen sein sollte, hatte er keinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld bis zu diesem Zeitpunkt. Der behandelnde Internist S. hat in den vorliegenden privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitbescheinigungen als letzten Tag der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit den 14. November 2003 angegeben. Für die Zeit danach bis zum 9. Dezember 2003 fehlt eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist jedoch eine grundlegende Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld (§ 46 S. 1 Nr. 2 SGB V). Sie muss in der Regel die Schlussfolgerung aus einer persönlichen ärztlichen Untersuchung sein. Hieran fehlt es, da der behandelnde Arzt der Beklagten mit Schreiben vom 24. Oktober 2004 mitgeteilt hat, dass er den Kläger für die Zeit vom 16. September bis 14. November 2003 für arbeitsunfähig gehalten hat, Behandlungen (Neuraltherapie) aber nur am 16. September, 23. September und 1. Oktober 2003 stattgefunden haben.

Die Beklagte ist im gesamten streitigen Zeitraumes aus einem weiteren Grund nicht zur Zahlung verpflichtet, weil, selbst wenn eine durchgehend ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bestanden haben sollte, der Anspruch geruht hat gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG liegt der Normzweck dieser Ruhensvorschrift darin, der Krankenkasse die Möglichkeit zu geben, durch den Medizinischen Dienst (§ 275 SGB V) das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit überprüfen zu lassen sowie den Behandlungserfolg zu sichern und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einzuleiten. Die Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit soll daher zeitnah möglich sein (Kassler Kommentar-Höfler, § 49 SGB V, Rdnr. 2a m.w.N. der Rechtsprechung des BSG). Die Meldung ist erst dann ordnungsgemäß, wenn die Versicherten auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V hinweisen und diese vorliegen (BSG vom 12. November 1985, SozR 2200 § 216 Nr. 8). Danach gehört zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit notwendig der Hinweis auf die ärztliche Feststellung. Dies ergibt sich daraus, dass diese anspruchsbegründend ist. Ferner wird vorausgesetzt, dass die Meldung der Kasse zugegangen sein muss und dem Versicherten zuzurechnen ist (Kassler Kommentar, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.). Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit ist eine Obliegenheit des Versicherten. Wird diese nicht erfüllt, ruht der Anspruch auf Krankengeld, es sei denn die Meldung wird innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit nachgeholt. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit fällt somit in den Verantwortungsbereich des Versicherten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat die Ausschlusswirkung auch dann bei verspäteter Meldung bejaht, wenn die Voraussetzungen des Anspruchs auf Krankengeld zweifelsfrei vorlagen, selbst wenn ein Verschulden des Versicherten nicht festgestellt werden konnte oder der Vertreter des Versicherten ohne Verschulden an der Meldung verhindert war.

Auch die neuere Rechtsprechung des BSG hat die strenge Einhaltung der Meldung der Arbeitsunfähigkeit betont (BSG vom 8. Februar 2000 SozR 3-2500 § 49 Nr. 4 = BSGE 85, 271; BSG vom 8. November 2005, Die Sozialgerichtsbarkeit 2006, 37). In der erstgenannten Entscheidung hat das BSG ausgeführt, dass die Arbeitsunfähigkeit auch bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit jeweils zu melden ist, wenn wegen der Befristung der bisherigen Krankschreibung über die Weitergewährung des Krankengelds neu zu befinden ist. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden, wenn er das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden will. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung sind grundsätzlich vom Versicherten zu tragen. Die Ausschlussregelung des § 49 Abs. 1 SGB V ist strikt anzuwenden, da die Krankenkasse davon freigestellt werden soll, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen und ihr die Möglichkeit erhalten werden muss, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen, Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Auch in der o.g. Entscheidung vom 8. November 2005 hat das BSG ein weiteres Mal die zwingende Handhabung der Meldevorschrift zur Vermeidung von Leistungsmissbräuchen hervorgehoben. Ausnahmen können nur in engen Grenzen anerkannt werden, wenn die ärztliche Feststellung bzw. die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden ist, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen und nicht dem des Versicherten zuzurechnen sind. So kann sich beispielsweise die Kasse nicht auf den verspäteten Zugang der Meldung berufen, wenn diese auf von ihr zu vertretenden Organisationsmängeln beruht und der Versicherte hiervon weder wusste noch wissen musste. Gleiches gilt, wenn die fehlende Arbeitsunfähigkeitsmeldung auf der unzutreffenden rechtlichen Bewertung der Krankenkasse hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit beruhte.

Die Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitsamt, die zunächst zu einer Leistungsfortzahlung geführt hat, hat den Kläger nicht von der Meldepflicht der weiteren Arbeitsunfähigkeit bei der Beklagten für die folgenden Zeitabschnitte befreit. Denn die Krankenkassen entscheiden über das Krankengeld, ohne an eine Beurteilung eines anderen Leistungsträgers gebunden zu sein, im Anschluss an die ärztlichen Feststellungen, in denen Arbeitsunfähigkeit attestiert wird. Hierbei sind die Vertragsärzte nach den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gehalten, Arbeitsunfähigkeit nur für kurze Zeiträume zu bescheinigen (Nr. 15, 20, 21 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Die Krankenkassen entscheiden also über das Krankengeld aufgrund der ihnen gemeldeten Arbeitsunfähigkeit jeweils neu für bestimmte Zeitabschnitte.

Wie die Beklagte und das SG zu Recht entschieden haben, kann von dem zwingenden Erfordernis der rechtzeitigen Meldung der Arbeitsunfähigkeit nicht aufgrund des § 16 Abs. 2 Sozialgesetzbuch I (SGB I) abgesehen werden. Diese Vorschrift regelt in Satz 1, dass Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten sind. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist. Abgesehen davon, dass es sich bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit nicht um einen Antrag im Rechtssinne handelt, sondern um eine Tatsachenmitteilung und § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I nur die Weiterleitung an den zuständigen Leistungsträger regelt, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung § 16 Abs. 2 SGB I nach seinem Sinn und Zweck nicht dazu bestimmt, die Obliegenheit des Versicherten zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit bei seiner Krankenkasse zu beseitigen. Bereits mit Urteil vom 28. Oktober 1981 hat das BSG unter Bezugnahme auf die frühere ständige Rechtsprechung zu der Vorgängervorschrift des § 216 Abs. 3 Reichsversicherungsordnung ausgeführt, dass die Obliegenheit zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit strikt anzuwenden ist, weil sie die Krankenkasse zum einen vor der Schwierigkeit schützen soll, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen und zum anderen der Krankenkasse auch ermöglichen soll, ihrer gesetzlichen Pflicht zu genügen, die Arbeitsunfähigkeit der Versicherten zur Vermeidung von Missbräuchen zu überprüfen und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (BSGE 52,254 ff.).

Es sind auch keine Gründe gegeben, die das Berufen der Beklagten auf die Einhaltung der Meldung der Arbeitsunfähigkeit als rechtsmissbräuchlich (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch analog) erscheinen lassen. Dies wäre dann der Fall, wenn ein Versicherter 1. alles in seiner Macht Stehende und ihm zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, er 2. daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert wurde und 3. er seine Rechte bei der Kasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht (BSG vom 8. November 2005, a.a.O.). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Denn der Kläger hat von dem behandelnden Vertragsarzt eine privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsmeldung erhalten, weil er dem Arzt auf seine ausdrückliche Nachfrage den Versichertenstatus (Status "3") eines Rentners mitgeteilt hat. Ihm war jedoch aufgrund zahlreicher früherer Krankengeldzahlungen bekannt, dass er nur bei Angabe des Versichertenstatus eines Mitglieds (Status "1") entsprechend dem Vermerk auf dem offiziellen Vordruck damit rechnen konnte, dass die Krankenkasse ohne sein Zutun von der Arbeitsunfähigkeit unterrichtet wird. Die ihm ausgehändigten privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitbescheinigungen haben lediglich hierzu den Hinweis "zur Vorlage beim Arbeitgeber" enthalten. Der Kläger hätte daher sich bei dem behandelnden Vertragsarzt rechtzeitig (jeweils binnen einer Woche) danach erkundigen müssen, weshalb er entgegen der üblichen Verfahrensweise andere Arbeitsunfähigkeitbescheinigungen erhalten hat. Dieses Versäumnis liegt beim Kläger und ist der Beklagten nicht zuzurechnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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