Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 P 6/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 34/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 13/08 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. März 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 31. August 2005.
Der 1988 geborene Kläger, der bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres von seinen Eltern gesetzlich vertreten wurde, leidet an einem hyperkinetischen Syndrom und nächtlichem Einnässen (Enuresis nocturna). Er bezog von der AOK für das Land Brandenburg Leistungen nach der Pflegestufe I. Vom 1. Februar 2002 bis 31. August 2005 war er über seine Mutter bei der Beklagten versichert, die ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 12. Juni 2002 nach Hausbesuch einholte. Danach besteht ein Zeitbedarf für den Bereich der Grundpflege in Höhe von acht Minuten pro Tag (Körperpflege 7 Minuten, Ernährung 0 Minuten, Mobilität 1 Minute), für hauswirtschaftliche Versorgung von 45 Minuten pro Tag. Der Kläger führe die gesamte Grundpflege selbst durch. Die geltend gemachte Beaufsichtigung, Gespräche und psychologische Betreuung seien nicht berücksichtigungsfähig. Bedingt durch die altersentsprechende Entwicklung und die zunehmende Selbstständigkeit habe sich der Hilfebedarf weiter verringert.
Mit Bescheid vom 17. Juni 2002 lehnte die Beklagte Leistungen der häuslichen Pflege ab. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte sie eine erneute Stellungnahme des MDK nach Aktenlage vom 12. August 2002 ein. Zwar falle ein weitaus höherer Beaufsichtigungs- und Betreuungsaufwand an, es seien jedoch keine alltagsrelevanten psychischen oder körperlichen Defizite festgestellt worden. Der hauptsächliche Pflege- und Betreuungsaufwand im Rahmen der psychologischen Betreuung könne bei der Beurteilung von Pflegebedürftigkeit nicht berücksichtigt werden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2002 zurück.
Mit der hiergegen gerichteten Klage zum Sozialgericht Landshut begehrte der Kläger Pflegeleistungen mindestens nach der Pflegestufe I. Das Sozialgericht holte aktuelle Befundberichte ein und zog die Akte des Amtes für Versorgung und Familienförderung L. sowie des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) bei. Es wies die Klage mit Urteil vom 24. März 2006 ab. Wie sich aus den Gutachten des MDK ergebe, erfülle der Kläger die Voraussetzungen mindestens der Pflegestufe I nicht. Ferner bestehe keine Bindung der Beklagten an die Entscheidungen der AOK für das Land Brandenburg. Schließlich sei nicht zu berücksichtigen, dass die Pflegeperson weitere Kinder zu pflegen habe.
Mit der Berufung hat der Kläger geltend gemacht, das Sozialgericht hätte die Akten der AOK für das Land Brandenburg, des Amtes für Soziales und Versorgung F. , des Sozialgerichts Frankfurt/Oder sowie ein Gutachten des MDK für das Land Brandenburg beiziehen müssen. Der Zeitaufwand der Mutter des Klägers betrage mindestens 90 Minuten pro Tag, davon mehr als 45 Minuten für die Grundpflege des Klägers. Dieser sei wegen seiner körperlichen, geistigen und seelischen Erkrankung auf erhebliche Hilfe angewiesen. Für eine sachgerechte Begutachtung müsse eine Woche lang eine entsprechende Begleitung stattfinden. Der Kläger hat einen ärztlichen Bericht der Dres. S./B./S. sowie des Nervenarztes Dr. S. übersandt.
Der Senat hat ein Gutachten der Dr. S. vom 20. September 2007 eingeholt, der u.a. diverse Fremdbefunde sowie ein Pflegetagebuch der Mutter aus den Jahren 2002 und 2004 vorgelegen haben. Die Sachverständige hat nach Hausgesuch vom 31. Juli 2007 vor allem ein hyperkinetisches Syndrom, eine hyperaktive Verhaltensstörung bei Grenzbegabung, Lernstörung mit Verbalisationsstörung, Anpassungsstörung mit dysphorisch depressivem Syndrom, ein autistisches Verhalten mit psychotischen Episoden besonders unter Alkoholeinfluss, Bettnässen bei psychoemotionaler Retardierung und einen Verdacht auf Fettstoffwechselstörung diagnostiziert. Ab Februar 2002 seien nur noch eine gewisse strukturierende Hilfestellung und Motivation erforderlich, die jedoch in der Summe nicht erheblich gewesen seien und in der Ist-Situation bis auf die Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht mehr bestünden. Gegenwärtig bestehe somit kein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege. Davor habe er maximal 20 Minuten betragen (Körperpflege: 12 Minuten; Ernährung: 0 Minuten; Mobilität: 8 Minuten). Inzwischen habe der Kläger auch hinsichtlich der Pflege Einsicht und Selbstständigkeit gewinnen können. Der Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung habe zunächst 45 Minuten, seit 2005 nur mehr 30 Minuten betragen.
Der Kläger hat hiergegen eingewandt, es würde tatsächlich viel mehr Zeit für die Grundpflege benötigt als bei einem normalen Jugendlichen. Er hat auf das Pflegetagebuch 2002/2004 verwiesen. Hieraus ergebe sich für den Bereich Körperpflege ein wesentlich größerer Aufwand, ebenso für das Aufstehen/Zubettgehen, An- und Entkleiden sowie die nächtliche Pflegebereitschaft. Auch seien vom MDK andere Zeitangaben festgestellt worden. Der eigentliche Krankheitswert - eine ständige Stimulation - sei im Gutachten nicht berücksichtigt. Er hat ferner mit Schriftsatz vom 15. Januar 2008 darauf hingewiesen, dass bei seiner Mutter Ende 2007 eine balancierte Chromosomentranslokation festgestellt worden sei. Er hat die humangenetische Beurteilung vom 6. November 2007 vorgelegt. Ob ein derartiger Befund auch bei ihm bestehe, stehe noch nicht fest. Es sei aber davon auszugehen, dass auch die Kinder unter einem Chromosomendefekt litten, der Krankheitswert habe. Er beantrage deshalb die Aussetzung des Verfahrens. Da der Kläger seit August 2005 bei der Techniker Krankenkasse (TKK) versichert sei, hat er ferner die Beiziehung der Akte beantragt.
Ferner hat er mit Schriftsatz vom 15. Januar 2008 die Vorsitzende des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da diese den Entschuldigungsgrund für eine mit Fax vom 15. Januar 2008 beantragte Terminsverlegung nicht anerkannt habe und die Nichtverlegung des Sitzungstermins ein unfreundlicher Akt sei. Der Senat hat die Ablehnung nach Abgabe und Bekanntgabe der dienstlichen Äußerung der Vorsitzenden Richterin S. mit Beschluss vom 16. Januar 2008 als unbegründet erachtet. Ferner hat der Senat dem Antrag auf Vertagung bzw. Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung mit Beschluss vom 16. Januar 2008 nicht stattgegeben. Auf die Niederschrift der Sitzung wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. März 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 31. August 2005 Leistungen nach der Pflegestufe I, nämlich 8.610.- EUR, zu gewähren. Außerdem wird die Einholung eines Gutachtens, Aussetzung des Verfahrens wie im Schriftsatz vom 15. Januar 2008 dargelegt sowie Beiziehen der Akte der TKK beantragt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten, des Amtes für Versorgung und Familienförderung L. , die beigezogen wurde, sowie der Klage- und Berufungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), jedoch unbegründet. Da der Kläger nur bis 31. August 2005 bei der Beklagten pflegeversichert war, ist nur der Zeitraum vom 1. Februar 2002 bis 31. August 2005 entscheidungserheblich. In diesem Zeitraum bestand kein Anspruch auf Leistungen nach der Pflegestufe I.
Dem Vertagungsantrag des Klägers war nicht stattzugeben, wie sich aus der Begründung des Beschlusses vom 16. Januar 2008 ergibt. Soweit die anwesende Prozessbevollmächtigte des Klägers Zweifel daran äußerte, dass der Beerdigungstermin um 13.30 Uhr in G. rechtzeitig hätte erreicht werden können, sind diese unbegründet. Ausweislich der Auskunft der Deutschen Bahn AG beträgt die Fahrzeit von München Hbf nach G. 2 Stunden 57 Minuten (bei Abfahrt um 9.39 Uhr in München Hbf) bzw. 3 Stunden 3 Minuten (bei Abfahrt 10.23 Uhr). Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass bei einer Taxifahrt von Stuttgart Hbf nach G. notwendige Wartezeiten entfallen.
Pflegebedürftige können nach § 37 Abs. 1 S. 1 bis 3 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) Pflegegeld erhalten, wenn sie die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung durch eine Pflegeperson (§ 19 S. 1 SGB XI) in geeigneter Weise sowie dem Umfang des Pflegegeldes entsprechend selbst sicherstellen und mindestens die Pflegestufe I vorliegt.
Maßgebend für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den einzelnen Pflegestufen ist der Umfang des Pflegebedarfs bei denjenigen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, die in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführt und dort in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität (Nrn. 1 bis 3), die zur Grundpflege gehören, sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung (Nr. 4), wie Hilfe bei der Nahrungsbesorgung und -zubereitung, bei der Kleidungspflege sowie bei der Wohnungsreinigung und -beheizung, aufgeteilt sind. Der hierin aufgeführte Katalog der Verrichtungen stellt, nach Ergänzung um die im Gesetz offenbar versehentlich nicht ausdrücklich genannten Verrichtungen Sitzen und Liegen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 14), eine abschließende Regelung dar (BSGE 82, 27), die sich am üblichen Tagesablauf eines gesunden bzw. nicht behinderten Menschen orientiert (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 3).
Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI muss dazu der Zeitaufwand für die erforderlichen Hilfeleistungen der Grundpflege täglich mehr als 45 Minuten (Grundpflegebedarf), für solche der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung zusammen mindestens 90 Minuten (Gesamtpflegebedarf) betragen.
Zur Grundpflege zählen: 1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenent leerung; 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung; 3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppen steigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
Zutreffend ging das Sozialgericht davon aus, dass dem Kläger ab 1. Februar 2002 Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I nicht mehr zustehen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Dies wird auch durch das vom Senat eingeholte Gutachten der Dr. S. bestätigt. Diese gelangte zum einen aufgrund des Hausbesuchs zu dem Ergebnis, dass gegenwärtig kein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege besteht und sich dieser seit 2005 auch für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 30 Minuten reduziert hat. Die zuvor bis zum Schulende im Alter von 15 Jahren noch teilweise erforderliche und von der Sachverständigen berücksichtigte Hilfestellung und Motivation ist nun nicht mehr erforderlich. Dies betraf insbesondere das Duschen, die Zahnpflege, das Herrichten der Kleidung und das Toilettentraining. Inzwischen hat der Kläger auch hinsichtlich der Pflege Einsicht und Selbstständigkeit gewinnen können.
Die medizinische Sachverständige gelangt vor diesem Hintergrund für die Zeit ab 1. Februar 2002 nur zu einem täglich anzusetzenden Zeitbedarf für die Grundpflege in Höhe von maximal 20 Minuten (Waschen: 2 Minuten; Duschen/Baden: 5 Minuten; Zahnpflege: 2 Minuten; Blasenentleerung: 3 Minuten, wobei ein mehrmals wöchentliches Bettnässen nach den Feststellungen der Gutachterin nur bis Oktober 2004 bestand; Aufstehen/Zu-Bett-Gehen: 5 Minuten; An- und Auskleiden: 3 Minuten).
Dabei lag der Gutachterin das Pflegetagebuch für die Wochen vom 14. bis 20. Oktober 2002 und vom 10. bis 25. Oktober 2004 vor. Sie bezieht sich in ihrem Gutachten auch ausdrücklich auf das Pflegetagebuch. Die dort angesetzten Zeiten sind jedoch vielfach nicht berücksichtigungsfähig. Beispielsweise stellte die Sachverständige fest, dass der Kläger mit dem Besteck umgehen kann, so dass sowohl für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung als auch für die Nahrungsaufnahme kein Hilfebedarf anzusetzen ist. Soweit in dem Pflegetagebuch auf die Notwendigkeit der Motivation zur Aufnahme der zubereiteten Nahrung hingewiesen wird, ist dies nicht zu berücksichtigen, da es sich um Zeiten der allgemeinen Aufsicht handelt. Das Bundesssozialgericht (hier zitierte aus: BSG, Beschluss vom 8. Mai 2001, Az.: B 3 P 4/01 B) hat bereits mehrfach entschieden, dass eine allgemeine Aufsicht, die darin besteht zu überwachen, ob die erforderlichen Verrichtungen des täglichen Lebens von dem Pflegebedürftigen ordnungsgemäß ausgeführt werden, und dazu führt, dass dieser gelegentlich - auch wiederholt - zu bestimmten Handlungen aufgefordert werden muss, nicht ausreicht, weil eine nennenswerte Beanspruchung der Pflegeperson damit nicht verbunden ist. Ein Beaufsichtigungsbedarf ist nur zu berücksichtigen, wenn die Pflegeperson dabei nicht nur verfügbar und einsatzbereit, sondern durch die notwendigen Aufsichtsmaßnahmen - wie bei der Übernahme von Verrichtungen - auch zeitlich und örtlich in der Weise gebunden ist, dass sie vorübergehend an der Erledigung anderer Dinge gehindert ist, denen sie sich widmen würde bzw. könnte (z.B. Arbeiten aller Art im Haushalt oder Freizeitgestaltung), wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht bestünde (Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 5 und 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 6). Dementsprechend wurde eine Beaufsichtigung und Kontrolle bei der Nahrungsaufnahme als berücksichtigungsfähige Hilfe eingestuft, wenn sie von einer solchen Intensität ist, dass die Pflegeperson - wie beim Füttern - praktisch an der Erledigung anderer Aufgaben gehindert ist bzw. diese, wenn auch möglicherweise nur kurzzeitig, unterbrechen muss, die Hilfe also über das - gewissermaßen "nebenbei" erfolgende - bloße "Im-Auge-Behalten" des Pflegebedürftigen und das nur vereinzelte, gelegentliche Auffordern bzw. Ermahnen hinausgeht (Urteil des 10. Senats vom 27. August 1998 - B 10 KR 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 7). Das BSG hat ferner zum Pflegebedarf von Menschen mit psychischen Erkrankungen entschieden, dass der allgemeine Aufsichts- und Betreuungsbedarf eines Versicherten, der nicht konkret im Zusammenhang mit einer der im Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI abschließend aufgeführten Verrichtungen anfällt, im Rahmen der §§ 14, 15 SGB XI nicht zu berücksichtigen ist (BSG SozR 3-3300 § 14 Nrn. 5, 6, 8 und 10; BSG SozR 3-3300 § 15 Nrn. 1 und 8; BSG SozR 3-3300 § 43 a Nr. 5).
Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Sachverständige im Bereich der Ernährung keinen Hilfebedarf ansetzte. Das erneute Aufwärmen von Nahrung wegen vorzeitigem Verlassen des Tischs und das Herrichten der Diätkost sind zutreffend der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzurechnen.
Entsprechendes gilt für die in den Pflegetagebüchern ausgewiesene Zeit für eine nächtliche Beaufsichtigung. Die anfallenden Zeiten, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den im Gesetz genannten Tätigkeiten, die der Grundpflege zuzuordnen sind, stehen wie insbesondere das nächtliche Suchen und Nachhausebringen, stellen Zeiten für die allgemeine Beaufsichtigung und ganzheitliche Betreuung des psychisch auffälligen Klägers dar; die notwendige psychologische Betreuung kann jedoch im Rahmen der Pflegeversicherung, die nur auf den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege abstellt, nicht berücksichtigt werden.
Das Gutachten der Dr. S. ist sowohl in der Befunderhebung und Diagnosestellung wie in der Bewertung des zeitlichen Hilfebedarfs gründlich und überzeugend. Es beruht auf einer ambulanten Untersuchung in der häuslichen Umgebung vom 31. Juli 2007 und würdigt die vorliegenden Befunde, den medizinischen Inhalt der Akten sowie die Angaben der Eltern als Pflegepersonen. Eine weitergehende Untersuchung, die sich insbesondere über die Dauer von mehreren Tagen erstreckt, ist nicht erforderlich. Bei der Sachverständigen handelt es sich um eine in der Pflegeversicherung erfahrene Gutachterin. Durch die Berücksichtigung der Angaben der Pflegeperson sowie aufgrund der eigenen Beobachtungen und Befragungen des Klägers in seiner häuslichen Umgebung wird diese in ausreichendem Maße in die Lage versetzt, den notwendigen Hilfebedarf zu ermitteln und den Zeitbedarf einzuschätzen. Ein "Mitleben" neben dem Kläger in dessen häuslicher Umgebung ist hierfür in der Regel für eine Beurteilung nicht erforderlich.
Der Senat konnte darauf verzichten, nach der Diagnose eines abklärungsbedürftigen humangenetischen Befunds bei der Mutter des Klägers ein humangenetisches Gutachten einzuholen. Zum einen handelt es sich ausweislich der vorliegenden humangenetischen Beurteilung mit hoher Wahrscheinlichkeit um häufige Varianten des Genoms ohne klinische Relevanz, zum anderen sind im Rahmen der Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht die Diagnosen maßgeblich, sondern der aufgrund der Gesundheitsbeeinträchtigungen notwendige zeitliche Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung. Hierzu haben das Sozialgericht sowie der Senat, wie dargelegt, umfassende Ermittlungen vorgenommen. Insoweit erübrigte sich auch eine Aussetzung des Verfahrens bis zum Vorliegen des endgültigen humangenetischen Befundes des Klägers.
Unterlagen aus der Zeit vor dem 1. Februar 2002 waren nicht heranzuziehen, da zum einen der medizinische Sachverhalt umfassend aufgeklärt ist, zum anderen nach dem Wechsel der Pflegekasse ein neues Verwaltungsverfahren zu betreiben war (vgl. § 35 SGB XI), bei dem die Beklagte den medizinischen Sachverhalt eigenverantwortlich beurteilen konnte. Hierbei ist allein der aktuelle Hilfebedarf ab Beginn des Versicherungsverhältnisses maßgeblich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Sozialgericht auch die Akten des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) beigezogen hatte. Die Pflegekasse bei der AOK für das Land Brandenburg hatte ferner am 22. Mai 2003 mitgeteilt, nach der Beendigung der Mitgliedschaft sämtliche Fallunterlagen an die Beklagte abgegeben zu haben. Schließlich hat der Senat auch die Schwerbehindertenakte beigezogen, die bis in das Jahr 1996 zurückreicht. Diese Akte lag auch der Sachverständigen vor. Die Akte der TKK, bei der der Kläger seit September 2005 versichert ist, ist ebenfalls nicht heranzuziehen, da es sich auch hierbei um ein neues Verwaltungsverfahren handelt, bei dem die Folgekasse wiederum eigenverantwortlich den medizinischen Sachverhalt zu beurteilen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 31. August 2005.
Der 1988 geborene Kläger, der bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres von seinen Eltern gesetzlich vertreten wurde, leidet an einem hyperkinetischen Syndrom und nächtlichem Einnässen (Enuresis nocturna). Er bezog von der AOK für das Land Brandenburg Leistungen nach der Pflegestufe I. Vom 1. Februar 2002 bis 31. August 2005 war er über seine Mutter bei der Beklagten versichert, die ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 12. Juni 2002 nach Hausbesuch einholte. Danach besteht ein Zeitbedarf für den Bereich der Grundpflege in Höhe von acht Minuten pro Tag (Körperpflege 7 Minuten, Ernährung 0 Minuten, Mobilität 1 Minute), für hauswirtschaftliche Versorgung von 45 Minuten pro Tag. Der Kläger führe die gesamte Grundpflege selbst durch. Die geltend gemachte Beaufsichtigung, Gespräche und psychologische Betreuung seien nicht berücksichtigungsfähig. Bedingt durch die altersentsprechende Entwicklung und die zunehmende Selbstständigkeit habe sich der Hilfebedarf weiter verringert.
Mit Bescheid vom 17. Juni 2002 lehnte die Beklagte Leistungen der häuslichen Pflege ab. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte sie eine erneute Stellungnahme des MDK nach Aktenlage vom 12. August 2002 ein. Zwar falle ein weitaus höherer Beaufsichtigungs- und Betreuungsaufwand an, es seien jedoch keine alltagsrelevanten psychischen oder körperlichen Defizite festgestellt worden. Der hauptsächliche Pflege- und Betreuungsaufwand im Rahmen der psychologischen Betreuung könne bei der Beurteilung von Pflegebedürftigkeit nicht berücksichtigt werden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2002 zurück.
Mit der hiergegen gerichteten Klage zum Sozialgericht Landshut begehrte der Kläger Pflegeleistungen mindestens nach der Pflegestufe I. Das Sozialgericht holte aktuelle Befundberichte ein und zog die Akte des Amtes für Versorgung und Familienförderung L. sowie des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) bei. Es wies die Klage mit Urteil vom 24. März 2006 ab. Wie sich aus den Gutachten des MDK ergebe, erfülle der Kläger die Voraussetzungen mindestens der Pflegestufe I nicht. Ferner bestehe keine Bindung der Beklagten an die Entscheidungen der AOK für das Land Brandenburg. Schließlich sei nicht zu berücksichtigen, dass die Pflegeperson weitere Kinder zu pflegen habe.
Mit der Berufung hat der Kläger geltend gemacht, das Sozialgericht hätte die Akten der AOK für das Land Brandenburg, des Amtes für Soziales und Versorgung F. , des Sozialgerichts Frankfurt/Oder sowie ein Gutachten des MDK für das Land Brandenburg beiziehen müssen. Der Zeitaufwand der Mutter des Klägers betrage mindestens 90 Minuten pro Tag, davon mehr als 45 Minuten für die Grundpflege des Klägers. Dieser sei wegen seiner körperlichen, geistigen und seelischen Erkrankung auf erhebliche Hilfe angewiesen. Für eine sachgerechte Begutachtung müsse eine Woche lang eine entsprechende Begleitung stattfinden. Der Kläger hat einen ärztlichen Bericht der Dres. S./B./S. sowie des Nervenarztes Dr. S. übersandt.
Der Senat hat ein Gutachten der Dr. S. vom 20. September 2007 eingeholt, der u.a. diverse Fremdbefunde sowie ein Pflegetagebuch der Mutter aus den Jahren 2002 und 2004 vorgelegen haben. Die Sachverständige hat nach Hausgesuch vom 31. Juli 2007 vor allem ein hyperkinetisches Syndrom, eine hyperaktive Verhaltensstörung bei Grenzbegabung, Lernstörung mit Verbalisationsstörung, Anpassungsstörung mit dysphorisch depressivem Syndrom, ein autistisches Verhalten mit psychotischen Episoden besonders unter Alkoholeinfluss, Bettnässen bei psychoemotionaler Retardierung und einen Verdacht auf Fettstoffwechselstörung diagnostiziert. Ab Februar 2002 seien nur noch eine gewisse strukturierende Hilfestellung und Motivation erforderlich, die jedoch in der Summe nicht erheblich gewesen seien und in der Ist-Situation bis auf die Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht mehr bestünden. Gegenwärtig bestehe somit kein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege. Davor habe er maximal 20 Minuten betragen (Körperpflege: 12 Minuten; Ernährung: 0 Minuten; Mobilität: 8 Minuten). Inzwischen habe der Kläger auch hinsichtlich der Pflege Einsicht und Selbstständigkeit gewinnen können. Der Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung habe zunächst 45 Minuten, seit 2005 nur mehr 30 Minuten betragen.
Der Kläger hat hiergegen eingewandt, es würde tatsächlich viel mehr Zeit für die Grundpflege benötigt als bei einem normalen Jugendlichen. Er hat auf das Pflegetagebuch 2002/2004 verwiesen. Hieraus ergebe sich für den Bereich Körperpflege ein wesentlich größerer Aufwand, ebenso für das Aufstehen/Zubettgehen, An- und Entkleiden sowie die nächtliche Pflegebereitschaft. Auch seien vom MDK andere Zeitangaben festgestellt worden. Der eigentliche Krankheitswert - eine ständige Stimulation - sei im Gutachten nicht berücksichtigt. Er hat ferner mit Schriftsatz vom 15. Januar 2008 darauf hingewiesen, dass bei seiner Mutter Ende 2007 eine balancierte Chromosomentranslokation festgestellt worden sei. Er hat die humangenetische Beurteilung vom 6. November 2007 vorgelegt. Ob ein derartiger Befund auch bei ihm bestehe, stehe noch nicht fest. Es sei aber davon auszugehen, dass auch die Kinder unter einem Chromosomendefekt litten, der Krankheitswert habe. Er beantrage deshalb die Aussetzung des Verfahrens. Da der Kläger seit August 2005 bei der Techniker Krankenkasse (TKK) versichert sei, hat er ferner die Beiziehung der Akte beantragt.
Ferner hat er mit Schriftsatz vom 15. Januar 2008 die Vorsitzende des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da diese den Entschuldigungsgrund für eine mit Fax vom 15. Januar 2008 beantragte Terminsverlegung nicht anerkannt habe und die Nichtverlegung des Sitzungstermins ein unfreundlicher Akt sei. Der Senat hat die Ablehnung nach Abgabe und Bekanntgabe der dienstlichen Äußerung der Vorsitzenden Richterin S. mit Beschluss vom 16. Januar 2008 als unbegründet erachtet. Ferner hat der Senat dem Antrag auf Vertagung bzw. Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung mit Beschluss vom 16. Januar 2008 nicht stattgegeben. Auf die Niederschrift der Sitzung wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. März 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 31. August 2005 Leistungen nach der Pflegestufe I, nämlich 8.610.- EUR, zu gewähren. Außerdem wird die Einholung eines Gutachtens, Aussetzung des Verfahrens wie im Schriftsatz vom 15. Januar 2008 dargelegt sowie Beiziehen der Akte der TKK beantragt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten, des Amtes für Versorgung und Familienförderung L. , die beigezogen wurde, sowie der Klage- und Berufungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), jedoch unbegründet. Da der Kläger nur bis 31. August 2005 bei der Beklagten pflegeversichert war, ist nur der Zeitraum vom 1. Februar 2002 bis 31. August 2005 entscheidungserheblich. In diesem Zeitraum bestand kein Anspruch auf Leistungen nach der Pflegestufe I.
Dem Vertagungsantrag des Klägers war nicht stattzugeben, wie sich aus der Begründung des Beschlusses vom 16. Januar 2008 ergibt. Soweit die anwesende Prozessbevollmächtigte des Klägers Zweifel daran äußerte, dass der Beerdigungstermin um 13.30 Uhr in G. rechtzeitig hätte erreicht werden können, sind diese unbegründet. Ausweislich der Auskunft der Deutschen Bahn AG beträgt die Fahrzeit von München Hbf nach G. 2 Stunden 57 Minuten (bei Abfahrt um 9.39 Uhr in München Hbf) bzw. 3 Stunden 3 Minuten (bei Abfahrt 10.23 Uhr). Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass bei einer Taxifahrt von Stuttgart Hbf nach G. notwendige Wartezeiten entfallen.
Pflegebedürftige können nach § 37 Abs. 1 S. 1 bis 3 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) Pflegegeld erhalten, wenn sie die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung durch eine Pflegeperson (§ 19 S. 1 SGB XI) in geeigneter Weise sowie dem Umfang des Pflegegeldes entsprechend selbst sicherstellen und mindestens die Pflegestufe I vorliegt.
Maßgebend für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den einzelnen Pflegestufen ist der Umfang des Pflegebedarfs bei denjenigen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, die in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführt und dort in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität (Nrn. 1 bis 3), die zur Grundpflege gehören, sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung (Nr. 4), wie Hilfe bei der Nahrungsbesorgung und -zubereitung, bei der Kleidungspflege sowie bei der Wohnungsreinigung und -beheizung, aufgeteilt sind. Der hierin aufgeführte Katalog der Verrichtungen stellt, nach Ergänzung um die im Gesetz offenbar versehentlich nicht ausdrücklich genannten Verrichtungen Sitzen und Liegen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 14), eine abschließende Regelung dar (BSGE 82, 27), die sich am üblichen Tagesablauf eines gesunden bzw. nicht behinderten Menschen orientiert (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 3).
Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI muss dazu der Zeitaufwand für die erforderlichen Hilfeleistungen der Grundpflege täglich mehr als 45 Minuten (Grundpflegebedarf), für solche der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung zusammen mindestens 90 Minuten (Gesamtpflegebedarf) betragen.
Zur Grundpflege zählen: 1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenent leerung; 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung; 3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppen steigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
Zutreffend ging das Sozialgericht davon aus, dass dem Kläger ab 1. Februar 2002 Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I nicht mehr zustehen. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Dies wird auch durch das vom Senat eingeholte Gutachten der Dr. S. bestätigt. Diese gelangte zum einen aufgrund des Hausbesuchs zu dem Ergebnis, dass gegenwärtig kein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege besteht und sich dieser seit 2005 auch für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 30 Minuten reduziert hat. Die zuvor bis zum Schulende im Alter von 15 Jahren noch teilweise erforderliche und von der Sachverständigen berücksichtigte Hilfestellung und Motivation ist nun nicht mehr erforderlich. Dies betraf insbesondere das Duschen, die Zahnpflege, das Herrichten der Kleidung und das Toilettentraining. Inzwischen hat der Kläger auch hinsichtlich der Pflege Einsicht und Selbstständigkeit gewinnen können.
Die medizinische Sachverständige gelangt vor diesem Hintergrund für die Zeit ab 1. Februar 2002 nur zu einem täglich anzusetzenden Zeitbedarf für die Grundpflege in Höhe von maximal 20 Minuten (Waschen: 2 Minuten; Duschen/Baden: 5 Minuten; Zahnpflege: 2 Minuten; Blasenentleerung: 3 Minuten, wobei ein mehrmals wöchentliches Bettnässen nach den Feststellungen der Gutachterin nur bis Oktober 2004 bestand; Aufstehen/Zu-Bett-Gehen: 5 Minuten; An- und Auskleiden: 3 Minuten).
Dabei lag der Gutachterin das Pflegetagebuch für die Wochen vom 14. bis 20. Oktober 2002 und vom 10. bis 25. Oktober 2004 vor. Sie bezieht sich in ihrem Gutachten auch ausdrücklich auf das Pflegetagebuch. Die dort angesetzten Zeiten sind jedoch vielfach nicht berücksichtigungsfähig. Beispielsweise stellte die Sachverständige fest, dass der Kläger mit dem Besteck umgehen kann, so dass sowohl für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung als auch für die Nahrungsaufnahme kein Hilfebedarf anzusetzen ist. Soweit in dem Pflegetagebuch auf die Notwendigkeit der Motivation zur Aufnahme der zubereiteten Nahrung hingewiesen wird, ist dies nicht zu berücksichtigen, da es sich um Zeiten der allgemeinen Aufsicht handelt. Das Bundesssozialgericht (hier zitierte aus: BSG, Beschluss vom 8. Mai 2001, Az.: B 3 P 4/01 B) hat bereits mehrfach entschieden, dass eine allgemeine Aufsicht, die darin besteht zu überwachen, ob die erforderlichen Verrichtungen des täglichen Lebens von dem Pflegebedürftigen ordnungsgemäß ausgeführt werden, und dazu führt, dass dieser gelegentlich - auch wiederholt - zu bestimmten Handlungen aufgefordert werden muss, nicht ausreicht, weil eine nennenswerte Beanspruchung der Pflegeperson damit nicht verbunden ist. Ein Beaufsichtigungsbedarf ist nur zu berücksichtigen, wenn die Pflegeperson dabei nicht nur verfügbar und einsatzbereit, sondern durch die notwendigen Aufsichtsmaßnahmen - wie bei der Übernahme von Verrichtungen - auch zeitlich und örtlich in der Weise gebunden ist, dass sie vorübergehend an der Erledigung anderer Dinge gehindert ist, denen sie sich widmen würde bzw. könnte (z.B. Arbeiten aller Art im Haushalt oder Freizeitgestaltung), wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht bestünde (Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 5 und 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 6). Dementsprechend wurde eine Beaufsichtigung und Kontrolle bei der Nahrungsaufnahme als berücksichtigungsfähige Hilfe eingestuft, wenn sie von einer solchen Intensität ist, dass die Pflegeperson - wie beim Füttern - praktisch an der Erledigung anderer Aufgaben gehindert ist bzw. diese, wenn auch möglicherweise nur kurzzeitig, unterbrechen muss, die Hilfe also über das - gewissermaßen "nebenbei" erfolgende - bloße "Im-Auge-Behalten" des Pflegebedürftigen und das nur vereinzelte, gelegentliche Auffordern bzw. Ermahnen hinausgeht (Urteil des 10. Senats vom 27. August 1998 - B 10 KR 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 7). Das BSG hat ferner zum Pflegebedarf von Menschen mit psychischen Erkrankungen entschieden, dass der allgemeine Aufsichts- und Betreuungsbedarf eines Versicherten, der nicht konkret im Zusammenhang mit einer der im Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI abschließend aufgeführten Verrichtungen anfällt, im Rahmen der §§ 14, 15 SGB XI nicht zu berücksichtigen ist (BSG SozR 3-3300 § 14 Nrn. 5, 6, 8 und 10; BSG SozR 3-3300 § 15 Nrn. 1 und 8; BSG SozR 3-3300 § 43 a Nr. 5).
Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Sachverständige im Bereich der Ernährung keinen Hilfebedarf ansetzte. Das erneute Aufwärmen von Nahrung wegen vorzeitigem Verlassen des Tischs und das Herrichten der Diätkost sind zutreffend der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzurechnen.
Entsprechendes gilt für die in den Pflegetagebüchern ausgewiesene Zeit für eine nächtliche Beaufsichtigung. Die anfallenden Zeiten, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den im Gesetz genannten Tätigkeiten, die der Grundpflege zuzuordnen sind, stehen wie insbesondere das nächtliche Suchen und Nachhausebringen, stellen Zeiten für die allgemeine Beaufsichtigung und ganzheitliche Betreuung des psychisch auffälligen Klägers dar; die notwendige psychologische Betreuung kann jedoch im Rahmen der Pflegeversicherung, die nur auf den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege abstellt, nicht berücksichtigt werden.
Das Gutachten der Dr. S. ist sowohl in der Befunderhebung und Diagnosestellung wie in der Bewertung des zeitlichen Hilfebedarfs gründlich und überzeugend. Es beruht auf einer ambulanten Untersuchung in der häuslichen Umgebung vom 31. Juli 2007 und würdigt die vorliegenden Befunde, den medizinischen Inhalt der Akten sowie die Angaben der Eltern als Pflegepersonen. Eine weitergehende Untersuchung, die sich insbesondere über die Dauer von mehreren Tagen erstreckt, ist nicht erforderlich. Bei der Sachverständigen handelt es sich um eine in der Pflegeversicherung erfahrene Gutachterin. Durch die Berücksichtigung der Angaben der Pflegeperson sowie aufgrund der eigenen Beobachtungen und Befragungen des Klägers in seiner häuslichen Umgebung wird diese in ausreichendem Maße in die Lage versetzt, den notwendigen Hilfebedarf zu ermitteln und den Zeitbedarf einzuschätzen. Ein "Mitleben" neben dem Kläger in dessen häuslicher Umgebung ist hierfür in der Regel für eine Beurteilung nicht erforderlich.
Der Senat konnte darauf verzichten, nach der Diagnose eines abklärungsbedürftigen humangenetischen Befunds bei der Mutter des Klägers ein humangenetisches Gutachten einzuholen. Zum einen handelt es sich ausweislich der vorliegenden humangenetischen Beurteilung mit hoher Wahrscheinlichkeit um häufige Varianten des Genoms ohne klinische Relevanz, zum anderen sind im Rahmen der Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht die Diagnosen maßgeblich, sondern der aufgrund der Gesundheitsbeeinträchtigungen notwendige zeitliche Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung. Hierzu haben das Sozialgericht sowie der Senat, wie dargelegt, umfassende Ermittlungen vorgenommen. Insoweit erübrigte sich auch eine Aussetzung des Verfahrens bis zum Vorliegen des endgültigen humangenetischen Befundes des Klägers.
Unterlagen aus der Zeit vor dem 1. Februar 2002 waren nicht heranzuziehen, da zum einen der medizinische Sachverhalt umfassend aufgeklärt ist, zum anderen nach dem Wechsel der Pflegekasse ein neues Verwaltungsverfahren zu betreiben war (vgl. § 35 SGB XI), bei dem die Beklagte den medizinischen Sachverhalt eigenverantwortlich beurteilen konnte. Hierbei ist allein der aktuelle Hilfebedarf ab Beginn des Versicherungsverhältnisses maßgeblich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Sozialgericht auch die Akten des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) beigezogen hatte. Die Pflegekasse bei der AOK für das Land Brandenburg hatte ferner am 22. Mai 2003 mitgeteilt, nach der Beendigung der Mitgliedschaft sämtliche Fallunterlagen an die Beklagte abgegeben zu haben. Schließlich hat der Senat auch die Schwerbehindertenakte beigezogen, die bis in das Jahr 1996 zurückreicht. Diese Akte lag auch der Sachverständigen vor. Die Akte der TKK, bei der der Kläger seit September 2005 versichert ist, ist ebenfalls nicht heranzuziehen, da es sich auch hierbei um ein neues Verwaltungsverfahren handelt, bei dem die Folgekasse wiederum eigenverantwortlich den medizinischen Sachverhalt zu beurteilen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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