L 3 U 299/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 41 U 884/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 299/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.03.2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Unfall des Klägers am 30.11.2002 ein Arbeitsunfall ist.

Der am 03.04.1958 geborene Kläger, Kfz-Mechaniker bei der A. AG, erlitt am Samstag, den 30.11.2002, einen Arbeitsunfall, als er im Rahmen von Baumfällarbeiten (Schwarzkiefer von sieben Meter Höhe, Stammdurchmesser von 60 cm) auf dem Nachbargrundstück des K.N. aus einer Höhe von drei Meter von der Leiter fiel. Er erlitt eine Brustwirbelkörper-8-Fraktur.

Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte Auskünfte des K.N. vom 14.07.2003 und des Klägers vom 14.07.2003 sowie einen Befundbericht des T.Lips, Allgemeinarzt, vom 10.07.2003 bei.

Mit Bescheid vom 14.08.2003 lehnte die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ab. Der Kläger sei nicht wie ein Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs.2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) tätig geworden. Eine fremdbestimmte Tätigkeit für den Haushalt des Herrn N. habe nicht vorgelegen, da der Kläger in erster Linie im eigenen Interesse tätig gewesen sei, da der zu fällende Baum auf Grund seiner Größe das Grundstück des Klägers beeinträchtigt habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Hilfeleistung sei im Wesentlichen durch das private Interesse des Klägers an der Beseitigung dieses Baumes bestimmt gewesen und habe hierdurch seinen Charakter erhalten. Sie habe damit nicht einem fremden Unternehmen gedient.

Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 14.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2003 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 30.11.2002 ein Arbeitsunfall ist und den Beklagten zu verurteilen, ihn wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls zu entschädigen.

Das SG hat im Erörterungstermin vom 26.01.2006 den Kläger befragt. Auf die Niederschrift wird verwiesen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.03.2006 hat das SG Herrn N. als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Inhalts der Aussage wird ebenfalls auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Mit Urteil vom 28.03.2006 hat das SG den Bescheid des Beklagten vom 14.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2003 aufgehoben und festgestellt, dass das Ereignis vom 30.11.2002 ein Arbeitsunfall ist sowie den Beklagte dem Grunde nach verurteilt, den Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls zu entschädigen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Zeuge N. habe glaubhaft und eingehend erläutert, dass das Hauptinteresse an der Fällung der Schwarzkiefer auf seiner Seite gelegen habe. Der Kläger habe auch mit dem Willen gehandelt, seinem Nachbarn zu helfen und der Anlass zum Handeln habe nicht allein oder überwiegend in eigenwirtschaftlichen Motiven gelegen, so dass die fremdwirtschaftliche Zweckbestimmung (Handlungstendenz) als subjektives Kriterium der arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit gegeben gewesen sei. Die Tätigkeit des Klägers sei nach Würdigung aller Umstände auch nicht als unternehmerähnlich zu werten.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Die Tätigkeit des Klägers sei auf Grund des sehr guten Kontaktes mit seinem Nachbarn erfolgt und als selbstverständliche Nachbarschaftshilfe zu werten. Darüber hinaus sei der Kläger allenfalls wie ein Unternehmer, nicht aber wie ein Arbeitnehmer tätig geworden. Entscheidend sei, ob die Tätigkeit weisungsgebunden oder selbständig ausgeführt worden sei und ob mit der übernommenen Aufgabe, wenn sie nicht vom Kläger durchgeführt worden wäre, eine entsprechende gewerbliche Firma hätte beauftragt werden müssen. Der konkrete Zeitpunkt für das Fällen des Baumes sei nicht von Herrn N. , sondern vom Kläger bestimmt worden, da dieser die von ihm zugesagte Beseitigung des Baumes nur in dessen arbeitsfreier Zeit vornehmen hätte können und zudem hierfür auch noch auf die Mithilfe seines Sohnes angewiesen gewesen sei. Die Beschaffung der erforderlichen Arbeitskräfte sei aber gerade Aufgabe eines Unternehmers und nicht die eines Arbeitnehmers. Darüber hinaus sei auch das für das Fällen des Baumes erforderliche Arbeitsgerät, nämlich eine Motorsäge, vom Kläger gestellt worden. Die am Unfalltag durchzuführenden Tätigkeiten seien vom Kläger geleitet worden, da dieser über die speziellen erforderlichen Fachkenntnisse verfügt habe. Herr N. habe demgegenüber keinerlei Weisungen erteilt, sondern nur entsprechende Handlangertätigkeiten auf Anweisung des Klägers verrichtet. Dass der Baum schließlich von der Feuerwehr beseitigt worden sei, spreche für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit, da es sich um eine Tätigkeit gehandelt habe, für die ansonsten eine gewerbliche Firma beauftragt hätte werden müssen. Es habe ein Werkvertrag bzw. ein Auftrag mit Werkvertragscharakter vorgelegen mit der Erforderlichkeit der Herbeiführung eines konkreten Erfolges.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.03.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.03.2006 als unbegründet zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.03.2006 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger einen Anspruch auf Feststellung hat, dass der Unfall vom 30.11.2002 ein Arbeitsunfall ist. Bei der zum Unfall führenden Tätigkeit, den Fällarbeiten, stand der Kläger unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Nach § 8 Abs.1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten, infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Eine Versicherung als Beschäftigter nach § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII lag zwar nicht vor, da ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis zu Herrn N. nicht bestanden hat. Der Kläger stand indessen nach § 2 Abs.2 Satz 1 SGB VII - wie ein Beschäftigter - unter Versicherungsschutz. Nach dieser Vorschrift sind Personen versichert, die, wenn auch nur vorübergehend, wie nach § 2 Abs.1 SGB VII Versicherte tätig werden.

§ 2 Abs.2 SGB VII will aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen den Versicherungsschutz auf Tätigkeiten erstrecken, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (ständige Rechtsprechung vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2005, B 2 U 22/04 R, SozR 4-2700 § 2 Nr.6). Sie muss unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 539 Nr.25 m.w.N.). Nicht erforderlich ist, dass der Verletzte von dem Unternehmer persönlich oder wirtschaftlich abhängig ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 539 Nr.15 und 16).

Von entscheidender Bedeutung ist zudem die mit dem - objektiv arbeitnehmerähnlichen - Verhalten verbundene Handlungstendenz, die vom bloßen Motiv für das Tätigwerden zu unterscheiden ist (vgl. BSG, Urteil vom 05.03.2002, B 2 U 9/01 R, SGb 2002, 441). Es wird damit nicht jede Tätigkeit, die einem fremden Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach sonst üblicherweise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, beschäftigtenähnlich verrichtet. Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich allein eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses tätig.

Dient eine Tätigkeit sowohl eigenen Belangen als auch fremden Zwecken, so sind objektiv erbrachte Leistungen und subjektive Handlungstendenz ihrer Intensität nach jeweils gegeneinander abzuwägen (Kruschinsky in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, gesetzliche Unfallversicherung, § 2 Rdnr.831). Auf den Beweggrund, der eine Person veranlasst, eine bestimmte versicherte Tätigkeit auszuüben, kommt es für den Versicherungsschutz nicht an. Sog. Gefälligkeitsleistungen schließen dementsprechend allein den Versicherungsschutz nicht von vornherein aus.

Vorliegend hat das Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere die Aussage des Zeugen N. ergeben, dass der Kläger hauptsächlich im Interesse seines Nachbarn diesem geholfen hat, den Baum zu fällen. Der Kläger wollte Herrn N. im Rahmen der Nachbarschaftshilfe helfen. Ein eigenes Interesse für das Fällen des Baumes stand demgegenüber im Hintergrund. Diese fremdwirtschaftliche Zweckbestimmung der Tätigkeit ist zwischen den Beteiligten zwischenzeitlich unstreitig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Unfallversicherungsschutz nicht deswegen zu versagen, weil es sich um eine selbstverständliche Nachbarschaftshilfe gehandelt hat. Das Fällen eines großen Baumes stellt keine regelmäßig zu erwartende, typische und damit unversicherte Gefälligkeitshandlung unter Nachbarn und Freunden dar. Auf Grund der Schwierigkeit des Hilfsdienstes kann nicht von einer bloßen Gefälligkeit ausgegangen werden. Dies ergibt sich bereits aus der Art der Tätigkeit und der damit verbundenen Gefahr. Auch wenn es sich vorliegend um ein enges Nachbarschaftsverhältnis gehandelt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich auf Grund der konkreten sozialen Beziehung um einen gerade zu selbstverständlichen, das heißt um einen unter Nachbarn typischen und damit üblicherweise zu erwartenden Hilfsdienst gehandelt hat (vgl. Schlegel in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht, § 14 Rdnr.107).

Die Tätigkeit des Klägers war auch objektiv arbeitnehmerähnlich. Der Kläger ist insbesondere nicht unternehmerähnlich tätig geworden. Entscheidend ist, ob nach dem Gesamtbild der Tätigkeit diese vom Handelnden "wie ein Beschäftigter" oder "wie ein Unternehmer" ausgeübt wurde (BSG, Urteil vom 05.07.2005, B 2 U 22/04 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 6; BSG, Urteil vom 08.01.1993, 2 B U 118/92 Reg.Nr 20593; Kruschinsky, a.a.O., § 2 Rdnr. 836 ff., Keller, Arbeitnehmerähnliche oder unternehmerähnliche Tätigkeit? Ein Beitrag zur Rechtsanwendung des § 2 Abs. 2 SGB VII, NZS 2001, 188 ff).

Unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles ist vorliegend nach dem Gesamtbild der Tätigkeit eine beschäftigtenähnliche Tätigkeit gegeben, wenngleich nicht alle Merkmale eines Beschäftigtenverhältnisses erfüllt sind, insbesondere eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit nicht vorliegt und somit das damit verbundene Weisungsrecht im Sinne einer umfassenden Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Dauer und Art der Tätigkeit nicht gegeben ist. Die Tätigkeit ähnelt einer Tätigkeit auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses, da der Kläger seine Arbeitskraft seinem Nachbar für die entsprechenden Baumfällarbeiten im Rahmen seines Haushalts, der als Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung anzusehen ist (BSG, Urteil vom 25.11.1992, 2 RU 48/91), zur Verfügung stellte. Das Fällen eines Baumes kann von Personen ausgeführt werden, die als Arbeitnehmer in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zu einem Unternehmer stehen.

Der Kläger ist nicht wie ein Unternehmer tätig geworden. Nach § 136 Abs.3 Nr.1 SGB VII ist Unternehmer derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Ein solches Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung setzt eine planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten voraus, die auf ein einheitliches Ziel gerichtet sind und mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt werden. Grundsätzlich betätigt sich daher nicht als Unternehmer, wer nicht regelmäßig und planmäßig Arbeiten für fremde Personen ausführt (BSG, Urteil vom 27.11.1986, 2 Ru 13/86).

Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entsprechende Arbeiten regelmäßig vorgenommen hat. Allein die Tatsache, dass er des öfteren Nachbarschaftshilfe in verschiedener Form leistet bzw. geleistet hat, kann eine solche Annahme nicht rechtfertigen.

Fehlende Regelmäßigkeit und Planmäßigkeit von Arbeiten für fremde Personen würde die Annahme einer unternehmerähnlichen Tätigkeit nur dann nicht ausschließen, wenn die zum Unfall führende Tätigkeit eher mit einem Auftrag mit Werkvertragscharakter als mit einer abhängigen Beschäftigung vergleichbar wäre oder der Verletzte sein Handeln planerisch gestalten und seine Arbeitszeit frei bestimmen konnte (vgl. BSG, Urteil vom 27.10.1987, 2 Ru 9/87).

Auch diese Voraussetzungen liegen indessen nicht vor. Der Kläger hatte zu keinem Zeitpunkt eine Verpflichtung übernommen, die Baumfällarbeiten eigenständig und in eigener Verantwortung vorzunehmen. Die Herbeiführung eines konkreten Erfolges war gerade nicht vereinbart.

Der Kläger sollte entgegen der Auffassung der Beklagten insbesondere nicht eigenständig zu einem von ihm frei gewählten Zeitpunkt den Baum fällen. Der Kläger hat mit seinem Nachbarn lediglich einen bestimmten Termin vereinbart, weil er auf Grund seiner Berufstätigkeit nicht jederzeit auf Abruf tätig werden konnte. Es war aber gerade nicht vorgesehen, dass der Kläger jederzeit nach seiner eigenen Bestimmung das Grundstück des Herrn N. betreten und den Baum eigenständig fällen hätte sollen. Es wurde vielmehr lediglich eine gemeinsame Terminsabstimmung vorgenommen, um das Vorhaben dann auch gemeinsam durchzuführen. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dahingehend vor, dass zwischen den Beteiligten ein Auftrag mit Werkvertragscharakter vorgelegen hätte. Der Kläger sollte nicht selbständig den Baum fällen, sondern mit seinem Nachbarn gemeinsam die Arbeit verrichten.

Grundsätzlich ist es auch nicht entscheidend, ob der Verletzte allein über die für die Durchführung der erbrachten oder beabsichtigten Tätigkeit erforderlichen Fachkenntnisse verfügt und /oder hierfür benötigtes Werkzeug oder Maschinen zur Verfügung stellt. Ebenso reicht der Umstand, dass der Verletzte im Wesentlichen den technischen Ablauf der Arbeit bestimmt, für die Versagung des Versicherungsschutzes aus § 2 Abs.2 SGB VII nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 27.11.1986, 2 RU 13/86; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22.04.1998, L 2 U 892/97; LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1994, 386, 390; vgl. BSG, Urteil vom 17.03.1992, SozR 3-2200 § 539 Nr.16; Schlegel in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht, § 14 Rdnr.100).

Dass der Kläger vorliegend möglicherweise den Ablauf der Tätigkeit inhaltlich mehr bestimmte bzw. bestimmen sollte, kann daher ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen. Zudem ist auch nicht davon auszugehen, dass der Kläger als KFZ-Mechaniker als Fachmann für entsprechende Baumfällarbeiten ausgewiesen ist. Allein die Tatsache, dass er aufgrund des Fällens von zwei Fichten in seinem Garten bereits Erfahrungen gesammelt hat, kann nicht die Annahme rechtfertigen, dass er allein die erforderlichen Fachkenntnisse innehatte. Auch die Tatsache, dass der Kläger die Baumsäge mitgebracht hat, kann daher nicht ausreichen, um von einer selbständigenähnlichen Tätigkeit auszugehen. Der Kläger hat die Säge lediglich deswegen mitgebracht, weil der Nachbar nicht über dieses Werkzeug verfügt hat. Die übrigen erforderlichen Gerätschaften (Leiter, etc.) hat der Nachbar gestellt.

Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Nachbar nur unbedeutende und nicht ins Gewicht fallende Tätigkeiten vornehmen hätte sollen. Allein die Tatsache, dass der Kläger den technischen Ablauf bestimmen hätte sollen, kann eine solche Annahme nicht nahe legen unter Berücksichtigung des erheblichen Aufwands bei der Beseitigung des Baumes, insbesondere auch bei der Vorbereitung, der erforderlichen Entastung und den Entsorgungs- und Aufräumarbeiten.

Entgegen der Auffassung des Beklagten spricht es nicht für eine unternehmerähnliche Tätigkeit, dass der Baum nach Eintritt des Unfalls mit Hilfe der örtlichen Feuerwehr gefällt wurde und damit diese Tätigkeit ohne Hilfe des Klägers nicht möglich gewesen wäre bzw. eine entsprechende gewerbliche Firma hätte beauftragt werden müssen. Eine Tätigkeit wie ein Beschäftigter setzt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, wie bereits dargelegt, sogar voraus, dass die Tätigkeit ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen. Dies aber wiederum führt dazu, dass die Tätigkeiten, die wie ein Beschäftigter verrichtet werden, in der Regel sonst im Rahmen eines Unternehmens ausgeführt werden (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.1992, 2 RU 22/91, SozR 3-2200 § 539 Nr.16 m.w.N.). Soweit sich die Beklagte insoweit auf ein Urteil des BSG vom 31.05.2005, B 2 U 35/04 R (SozR 4-2700 § 2 Nr.5) beruft, ist der darin zugrunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.

Der Kläger hat dem Zeugen N. im Rahmen einer Nachbarschaftshilfe bei den von diesem beabsichtigten Baumfällarbeiten geholfen. Die Initiative für das Fällen des Nadelbaumes ging vom Zeugen N. aus und nicht vom Kläger. Der Kläger stellte wie ein Beschäftigter seine Arbeitskraft zur Verfügung. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger selbständig den Baum beseitigen sollte einschließlich aller damit verbundenen Arbeiten als versprochenes "Werk" in eigener Verantwortung. Wenn der Verletzte nicht allein tätig wird, sondern zusammen mit demjenigen, dem die Hilfe geleistet wird, kann regelmäßig nicht davon ausgegeangen werden, dass es um die Erbringung eines Arbeitserfolges geht, weil der Tätigwerdende bei einer solchen Sachlage nicht selbst für einen solchen gerade stehen kann (vgl. Keller, aa0, S194 m.w.N.). Dass dem Kläger zusätzlich sein Sohn behilflich war, stellt kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar. Diese weitere nachbarschaftliche Hilfe kann nicht als Begründung für eine Unternehmertätigkeit im Sinne einer Beschaffung von Arbeitskräften gewertet werden.

Der Kläger hat demnach unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit seiner unfallbringenden Handlung wie ein Arbeitnehmer dem Haushalt des Zeugen N. gedient und auch subjektiv mit der Handlungstendenz verrichtet, für diesen Haushalt eine Hilfeleistung zu erbringen.

Der Kläger wollte seinem Nachbarn zusammen mit seinem Sohn helfen, den Baum zu beseitigen. Dass dabei Nachbarschaftshilfe Motiv war, ist für den Versicherungsschutz unschädlich.

Nach dem Gesamtbild der Tätigkeiten und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ist der Kläger wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII tätig geworden.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.03.2006 war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 163 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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