Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 50 AS 1344/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 27/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 39/08 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren durch Rücknahme der Berufung erledigt ist.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Be-willigung des Arbeitslosengeldes II (Alg II) für die Zeit ab dem 01.05.2006 zu Recht aufgehoben hat und die Erstattung der für Mai 2006 gezahlten Leistungen fordert.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 10.04. 2006 für die Zeit vom 01.02. bis 31.07.2006 Alg II in Höhe von monatlich 593 EUR. Diese hatte zu diesem Zeitpunkt ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S ... Am 23.05.2006 teilte die Beigeladene der Beklagten mit, die Klägerin sei zum 01.05. 2006 nach N. verzogen. Die Beklagte hob daraufhin die Bewilligung des Alg II mit Bescheid vom 19.06.2006 mit Wirkung zum 30.04.2006 auf, weil ab dem 01.05.2006 nicht mehr sie, sondern die Beigeladene für die Leistungsgewährung zuständig sei. Der bereits zur Auszahlung angewiesene Betrag für den Monat Juni 2006 wurde von der Beklagten per Bankrückruf zurückgeholt. Mit weiterem Bescheid vom 19.06.2006 forderte die Beklagte für den Mai 2006 die Erstattung von 725,15 EUR, die sie der Klägerin für diesen Monat gezahlt hatte.
Ihren Widerspruch begründete die Klägerin damit, sie habe die Leistungen zu Recht erhalten, die Beklagte möge sich bezüglich ihres Rückforderungsanspruches an die Beigeladene halten. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2006 hat die Beklagte den Wi-derspruch mit der Begründung zurückgewiesen, der Bewilligungs-bescheid sei wegen des Wechsels der Zuständigkeit zu Recht mit Wirkung zum O1.05.2OO6 aufgehoben worden.
Ihre am 25.08.2006 zum Sozialgericht München (SG) erhobene Klage hat die Klägerin nicht begründet. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.11.2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe durch ihren Umzug ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort ab dem 01.05.2006 in den Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen verlegt. Damit sei die Beklagte ab dem 01.05.2006 nicht mehr für Leistungen an die Klägerin zuständig. Nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei der Bewilligungsbescheid mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zu Recht aufgehoben worden, da die K1ägerin ihrer Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Die ausbezahlte Leistung für den Monat Mai sei daher gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Die KV- und PV-Beiträge seien ebenfalls gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III in Verbindung mit § 335 Abs. 1 und 5 SGB III zu erstatten.
Ihre am 12.01.2007 eingelegte Berufung gegen den am 12.12.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin nicht begrün-det. Mit Beschluss vom 03.09.2007 wurde die ARGE N. beigeladen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.11.2007 hat die Klägerin die Berufung zurückgenommen und bei der Beklagten be-antragt, die Erstattungsforderung zu stunden oder zu erlassen. Mit Schriftsatz vom 25.12.2007 stellte sie den Antrag, das Verfahren weiterzuführen. Sie erkenne die streitige Forderung nicht an.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 10.11.2006 und die Bescheide der Beklagten vom 19.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, festzustellen, dass das Berufungsverfahren durch Rücknahme erledigt ist, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, weil Geldleistungen von mehr als 500 EUR streitig sind (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet; denn die Klägerin hat die Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.11.2007 rechtswirksam zurückgenommen. Die Zurücknahme hat gemäß § 156 Abs. 2 Satz 1 SGG den Verlust des Rechtsmittels bewirkt, so dass der Senat nicht mehr in der Sache entscheiden kann.
Ob ein Berufungsverfahren (noch) rechtshängig ist, ist in je-der Lage des Verfahrens als Prozessvoraussetzung, die nicht der Disposition der Beteiligten unterliegt, von Amts wegen zu prüfen. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin ihre im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgegebe Erklärung inhaltlich verstanden hat. Zweifel an diesem Inhalt der abgegebenen Erklärung bestanden und bestehen nicht.
Die Rücknahmeerklärung ist auch nicht unwirksam bzw. durch An-fechtung oder Widerruf unwirksam geworden; Restitutionsgründe liegen nicht vor. Die Rücknahmeerklärung ist wirksam zustande gekommen, es liegen keine Gründe vor, die sie unwirksam machen würden. So ist die Erklärung auch nicht durch die sinngemäß erklärte Anfechtung unwirksam geworden; denn die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung kann als Prozesshandlung nicht entsprechend den bürgerlich rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) angefochten werden (vgl. Urteil des BSG vom 19.03.2002 - B 9 V 75/01 B; BSG in SozR 1500 Nr. 2 zu § 102). Denn die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Nichtigkeit und Anfechtung, insbesondere auch wegen Irrtums, sind auf Prozesshandlungen wie die Berufungsrücknahme nicht anwendbar. Im Übrigen liegen auch keinerlei Anhaltspunkte für einen Irrtum der Klägerin vor, zumal sie nicht geltend macht, sich geirrt zu haben.
Das durch die Berufungsrücknahme rechtskräftig beendete Ver-fahren kann auch nicht entsprechend den Bestimmungen des Vier-ten Buches der ZPO (§ 179 SGG, §§ 579, 580 ZPO) wieder aufgenommen werden (vgl. Urteil des BSG vom 24.04.1980 - 9 RV 16/79). Die dort näher beschriebenen Voraussetzungen, wie z.B. falsche eidliche Aussage des gegnerischen Prozessbeteiligten, Urkundenfälschung, falsches Zeugnis oder Gutachten von Zeugen oder Sachverständigen, Urteilserschleichung, strafbare Amts-pflichtverletzung eines Richters oder das Auffinden einer bis-her unbekannten Urkunde, sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt. Restitutionsgründe gemäß § 580 ZPO liegen nicht vor; Umstände, die auf das Vorliegen von Restitutionsgründen schließen lassen könnten, werden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Aus diesem Grunde kann auch ein Widerruf, der nur in Betracht käme, wenn Restitutionsgründe vorliegen würden, nicht erfolgen.
Die wirksame Rücknahme der Berufung bewirkt gemäß § 156 Abs. 2 Satz 1 SGG den Verlust des Rechtsmittels. Da die Klägerin sinngemäß zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Auffassung vertritt, der Rechtsstreit sei durch die Berufungsrücknahme nicht erledigt, war die im Entscheidungssatz ausgesprochene Feststellung zu treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Be-willigung des Arbeitslosengeldes II (Alg II) für die Zeit ab dem 01.05.2006 zu Recht aufgehoben hat und die Erstattung der für Mai 2006 gezahlten Leistungen fordert.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 10.04. 2006 für die Zeit vom 01.02. bis 31.07.2006 Alg II in Höhe von monatlich 593 EUR. Diese hatte zu diesem Zeitpunkt ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S ... Am 23.05.2006 teilte die Beigeladene der Beklagten mit, die Klägerin sei zum 01.05. 2006 nach N. verzogen. Die Beklagte hob daraufhin die Bewilligung des Alg II mit Bescheid vom 19.06.2006 mit Wirkung zum 30.04.2006 auf, weil ab dem 01.05.2006 nicht mehr sie, sondern die Beigeladene für die Leistungsgewährung zuständig sei. Der bereits zur Auszahlung angewiesene Betrag für den Monat Juni 2006 wurde von der Beklagten per Bankrückruf zurückgeholt. Mit weiterem Bescheid vom 19.06.2006 forderte die Beklagte für den Mai 2006 die Erstattung von 725,15 EUR, die sie der Klägerin für diesen Monat gezahlt hatte.
Ihren Widerspruch begründete die Klägerin damit, sie habe die Leistungen zu Recht erhalten, die Beklagte möge sich bezüglich ihres Rückforderungsanspruches an die Beigeladene halten. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2006 hat die Beklagte den Wi-derspruch mit der Begründung zurückgewiesen, der Bewilligungs-bescheid sei wegen des Wechsels der Zuständigkeit zu Recht mit Wirkung zum O1.05.2OO6 aufgehoben worden.
Ihre am 25.08.2006 zum Sozialgericht München (SG) erhobene Klage hat die Klägerin nicht begründet. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.11.2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe durch ihren Umzug ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort ab dem 01.05.2006 in den Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen verlegt. Damit sei die Beklagte ab dem 01.05.2006 nicht mehr für Leistungen an die Klägerin zuständig. Nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei der Bewilligungsbescheid mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zu Recht aufgehoben worden, da die K1ägerin ihrer Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Die ausbezahlte Leistung für den Monat Mai sei daher gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Die KV- und PV-Beiträge seien ebenfalls gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III in Verbindung mit § 335 Abs. 1 und 5 SGB III zu erstatten.
Ihre am 12.01.2007 eingelegte Berufung gegen den am 12.12.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin nicht begrün-det. Mit Beschluss vom 03.09.2007 wurde die ARGE N. beigeladen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.11.2007 hat die Klägerin die Berufung zurückgenommen und bei der Beklagten be-antragt, die Erstattungsforderung zu stunden oder zu erlassen. Mit Schriftsatz vom 25.12.2007 stellte sie den Antrag, das Verfahren weiterzuführen. Sie erkenne die streitige Forderung nicht an.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 10.11.2006 und die Bescheide der Beklagten vom 19.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, festzustellen, dass das Berufungsverfahren durch Rücknahme erledigt ist, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, weil Geldleistungen von mehr als 500 EUR streitig sind (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet; denn die Klägerin hat die Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.11.2007 rechtswirksam zurückgenommen. Die Zurücknahme hat gemäß § 156 Abs. 2 Satz 1 SGG den Verlust des Rechtsmittels bewirkt, so dass der Senat nicht mehr in der Sache entscheiden kann.
Ob ein Berufungsverfahren (noch) rechtshängig ist, ist in je-der Lage des Verfahrens als Prozessvoraussetzung, die nicht der Disposition der Beteiligten unterliegt, von Amts wegen zu prüfen. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin ihre im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat abgegebe Erklärung inhaltlich verstanden hat. Zweifel an diesem Inhalt der abgegebenen Erklärung bestanden und bestehen nicht.
Die Rücknahmeerklärung ist auch nicht unwirksam bzw. durch An-fechtung oder Widerruf unwirksam geworden; Restitutionsgründe liegen nicht vor. Die Rücknahmeerklärung ist wirksam zustande gekommen, es liegen keine Gründe vor, die sie unwirksam machen würden. So ist die Erklärung auch nicht durch die sinngemäß erklärte Anfechtung unwirksam geworden; denn die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung kann als Prozesshandlung nicht entsprechend den bürgerlich rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) angefochten werden (vgl. Urteil des BSG vom 19.03.2002 - B 9 V 75/01 B; BSG in SozR 1500 Nr. 2 zu § 102). Denn die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Nichtigkeit und Anfechtung, insbesondere auch wegen Irrtums, sind auf Prozesshandlungen wie die Berufungsrücknahme nicht anwendbar. Im Übrigen liegen auch keinerlei Anhaltspunkte für einen Irrtum der Klägerin vor, zumal sie nicht geltend macht, sich geirrt zu haben.
Das durch die Berufungsrücknahme rechtskräftig beendete Ver-fahren kann auch nicht entsprechend den Bestimmungen des Vier-ten Buches der ZPO (§ 179 SGG, §§ 579, 580 ZPO) wieder aufgenommen werden (vgl. Urteil des BSG vom 24.04.1980 - 9 RV 16/79). Die dort näher beschriebenen Voraussetzungen, wie z.B. falsche eidliche Aussage des gegnerischen Prozessbeteiligten, Urkundenfälschung, falsches Zeugnis oder Gutachten von Zeugen oder Sachverständigen, Urteilserschleichung, strafbare Amts-pflichtverletzung eines Richters oder das Auffinden einer bis-her unbekannten Urkunde, sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt. Restitutionsgründe gemäß § 580 ZPO liegen nicht vor; Umstände, die auf das Vorliegen von Restitutionsgründen schließen lassen könnten, werden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Aus diesem Grunde kann auch ein Widerruf, der nur in Betracht käme, wenn Restitutionsgründe vorliegen würden, nicht erfolgen.
Die wirksame Rücknahme der Berufung bewirkt gemäß § 156 Abs. 2 Satz 1 SGG den Verlust des Rechtsmittels. Da die Klägerin sinngemäß zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Auffassung vertritt, der Rechtsstreit sei durch die Berufungsrücknahme nicht erledigt, war die im Entscheidungssatz ausgesprochene Feststellung zu treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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