L 9 EG 77/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 EG 164/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 EG 77/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.07.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Landeserziehungsgeld (LErzG) für den Zeitraum 10.08.2000 bis 09.08.2001 für das Kind H. streitig.

I.

Die 1965 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. 1998 gebar sie in der Türkei ihren Sohn H ... Am 21.09.1999 reiste sie nach Bayern ein. Seit 10.11.1999 war sie bei ihrem späteren Ehemann K. C. , einem deutschen Staatsangehörigen, polizeilich gemeldet. Diesen heiratete sie am 23.12.1999. Der Sohn H. wurde im Dezember 1999 ebenfalls bei K. C. polizeilich gemeldet.

Die Klägerin lebte mit dem Kind und ihrem Ehemann, dem nicht leiblichen Vater, in einem gemeinsamen Haushalt in N ... Sie war bei der KKH N. familienversichert. Seit 03.02.2000 ist sie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis.

Am 02.03.2000 stellte sie Antrag auf Landeserziehungsgeld (LErzg). Mit Bescheid vom 27.03.2000 wurde der Anspruch auf LErzg verneint. Dies wurde damit begründet, dass die Antragstellerin und Klägerin weder die deutsche Staatsangehörigkeit habe, noch die sonstigen Staatsangehörigkeitsvoraussetzungen gemäß Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.5 Bayer. Landeserziehungsgeldgesetz (BayLErzGG) erfülle.

Am 19.02.2002 ging erneut der Antrag auf LErzg beim Beklagten ein. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass die Klägerin vom 16.08.2000 bis 19.01.2001, vom 05.02.2001 bis 30.04.2001 und 01.05.2001 bis 31.10.2001 bei einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden beschäftigt war. Daraufhin wurde mit Bescheid vom 03.12.2002 ein Anspruch auf LErzg abgelehnt, da eine Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 19 Stunden ausgeübt wurde. Ein Anspruch auf LErzg sei deshalb gemäß Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.4 BayLErzGG nicht gegeben.

Am 18.03.2003 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin Aufhebung des Bescheides vom 03.12.2002 und Neuverbescheidung. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin vom 07.03.2002 bis einschließlich 06.09.2002 lediglich Überbrückungsgeld erhalten habe. Vom 30.11.2002 bis einschließlich 09.02.2003 habe sie wiederum Arbeitslosenhilfe erhalten. Dieser Leistungsbezug endete erst durch neuerliche Arbeitsaufnahme am 10.02.2003.

Mit Bescheid vom 25.03.2003 wurde der Antrag vom 18.03.2003 auf Gewährung von LErzg abgelehnt. Anspruchszeitraum sei der 10.08.2000 bis 09.08.2001. In dieser Zeit sei eine Erwerbstätigkeit von über 19 Wochenstunden ausgeübt worden. Die vorgelegten Bestätigungen beträfen einen späteren Zeitraum, für den allerdings kein LErzg mehr für das Kind H. gezahlt werden könne. Der Antrag nach § 44 SGB X wurde daher abgelehnt.

Hiergegen legte der Bevollmächtigte am 25.04.2003 Widerspruch ein. Entscheidend sei, dass der Antrag der Klägerin auf Gewährung von LErzg mit der Begründung abgelehnt worden sei, dass sie als türkische Staatsangehörige keinen Anspruch auf LErzg habe. Wie die Rechtsprechung zwischenzeitlich entwickelt habe, sei dies nicht zutreffend, der Bescheid damit rechtswidrig. Die Klägerin habe arbeiten müssen, weil der Erziehungsgeldanspruch abgelehnt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2003 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

II.

Mit der am 09.07.2003 zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie berief sich im Wesentlichen auf die Widerspruchsbegründung.

Das SG wies die Klage durch Urteil vom 05.07.2004 im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Klägerin bei Zugang des Bescheides keinen Anspruch auf LErzg hatte, weil sie die Voraussetzungen des Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BayLErGG (Vor-Wohnsitz von 15 Monaten) nicht erfüllt habe. Die Klägerin habe frühestens für den Zeitraum ab 23.03.2001 Anspruch auf LErzg, da erst ab Eheschließung (23.12.1999) der gewöhnliche Aufenthalt in Bayern angenommen werden könne. Für diesen Zeitraum komme ein Anspruch jedoch ebenfalls nicht mehr in Betracht, da in diesem Zeitraum die Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden beschäftigt war (Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.4 BayLErzGG i.V.m. § 2 Abs.1 Nr.1 BErzGG). Auch auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches komme die Verwirklichung eines Anspruches auf LErzg nicht mehr in Frage. Zwar habe der Bescheid des Beklagten vom 27.03.2000 eine unzutreffende Begründung enthalten. Ein Anspruch stehe der Klägerin aber nicht zu, weil die von der Klägerin getroffene Disposition nicht mehr rückgängig gemacht werden könne und im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine nachträgliche Gewährung von Leistungen nur dann erfolgen könne, wenn sämtliche Anspruchsvoraussetzungen einer Leistungsvorschrift erfüllt waren, wobei die durch ein fehlerhaftes Handeln der Behörde unterbliebenen Erklärungen bzw. Verfügungen ersetzt werden können. Im Ergebnis könne die Klägerin für den streitigen Zeitraum nicht so behandelt werden, als hätte sie in diesem Zeitraum lediglich 19 Wochenstunden gearbeitet.

III.

Gegen das am 21.07.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.08.2004 Berufung eingelegt. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass sie bereits seit dem 21.09.1999 ihren gewöhnlichen Aufenthalt und den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse in Bayern hatte. Des Weiteren wird auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verwiesen.

Der Senat hat neben der Erziehungsgeldakte des Beklagten die Streitakten des Sozialgerichts beigezogen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.07.2004 und den Bescheid des Beklagten vom 25.03.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2003 sowie die Bescheide vom 27.03.2000 und 03.12.2002 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Landeserziehungsgeld für das Kind H. (geb. 98) für die Zeit vom 28.01.2001 bis 09.08.2001 dem Grunde nach zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.07.2004 zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt im Wege des § 44 SGB X LErzg für den Zeitraum 10.08.2000 bis 09.08.2001.

Die statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung der Klägerin (§§ 143, 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1, 151 i.V.m. § 64 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist nicht begründet. Der Klägerin steht der streitige Anspruch auf LErzg nicht zu.

Zu Recht hat das SG die zulässig erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage abgewiesen.

Rechtsgrundlage für die Gewährung des BayLErzg ist das Gesetz zur Gewährung von Landeserziehungsgeld (LErzg) und zur Ausführung des BErzGG vom 12.06.1989 (GVBl.1989 S.206). Anspruch auf LErzg hatte gemäß Art.1 Abs.1 BayLErzGG in der für Geburten vom 08.12.1994 bis 31.12.2000 geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 16.11.1995, GVBl. S.818), wer seine Hauptwohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit der Geburt des Kindes, mindestens jedoch 15 Monate in Bayern hatte (Nr.1), mit einem nach dem 30.06.1989 geborenen Kind, für das ihn die Personensorge zustand, in einem Haushalt lebte (Nr.2), dieses Kind selbst betreute und erzog (Nr.3), keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübte (Nr.4) und schließlich die deutsche Staatsangehörigkeit oder diejenige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des EWR besaß (Nr.5).

Nach Art.3 des Gesetzes wurde LErzg ab dem in § 4 Abs.1 BErzGG für das Ende des Bezuges von BErzg festgelegten Zeitpunkt bis zur Vollendung von weiteren zwölf Lebensmonaten des Kindes gewährt (Abs.1). Vor dem Ende des zwölften Bezugsmonats endete der Anspruch mit dem Ablauf des Lebensmonats, in dem eine der Anspruchsvoraussetzungen entfallen war. Im Falle der Aufnahme der vollen Erwerbstätigkeit endete der Anspruch mit deren Beginn (Abs.3). Nach Art.5 betrug das LErzg 500,- DM monatlich. Bei Überschreitung der nach §§ 5, 6 BErzGG zu berechnenden Einkommensgrenzen wurde es auf den Betrag von 5/6 des maßgeblichen BErzg gekürzt (Abs.1 Satz 1, 3).

In der vorliegenden Streitsache erfüllte die Klägerin im Bewilligungszeitraum die Anspruchsvoraussetzungen des Art.1 Abs.1 Satz 1 Nrn.1 mit 4 BayLErzGG nicht. Dem Anspruch auf LErzg steht zum einen entgegen, dass die Klägerin die Vorwohnzeit in Bayern gemäß Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BayLErzGG bis 22.03.2001 nicht erfüllte. Die Klägerin ist nämlich am 21.09.1999 mit einem Besuchervisum ins Bundesgebiet eingereist. Die Anmeldung beim Einwohneramt der Stadt N. ging dort am 10.11.1999 ein. Als Einzugsdatum beim späteren Ehemann war der 28.10.1999 genannt worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayer. Landessozialgerichts zum Kindergeld (vgl. Urteil vom 20.02.2003, L 14 KG 6/99 und Urteil vom 13.07.2006, L 14 KG 8/03) reicht die polizeiliche Meldung nicht, um einen Wohnsitz zu begründen. Maßgebend ist nicht die polizeiliche Meldung, die für einen Wohnsitz im Sinne von §§ 7 und 8 des Bürgerlichen Gesetzbuches ausschlaggebend ist. Besonders zugeschnitten auf sozialrechtliche Zwecke haben die Begriffe "Wohnsitz" und "gewöhnlicher Aufenthalt" in § 30 Abs.3 SGB I eine spezielle und von anderen allgemeinen Vorschriften abweichende Regelung erfahren. Bei dieser gesetzlichen Definition wird auf objektive Merkmale abgestellt. Danach hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er diese Wohnung beibehalten und benutzen wird; gefordert ist ein tatsächliches reales Verhalten in Bezug auf den "Lebensmittelpunkt". Der tatsächliche Besitz einer Wohnung reicht nicht aus; der Wohnsitz wird auch nicht allein durch rein tatsächliches, auch längerdauerndes, nicht zufälliges Verweilen an einem zum Wohnen geeigneten Ort begründet. Entscheidend sind allein die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Eine Bleibe genügt nicht, sondern es muss ein zum Wohnen bestimmter und dienender räumlicher Bereich gegeben sein, in dem jemand den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat.

Zwar hat sich die Klägerin seit ihrer Einreise in der Wohnung ihres späteren Ehemannes aufgehalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie aber nur ein Besuchervisum für die Bundesrepublik, das vom Landratsamt R. bis 20.12.1999 verlängert worden war. Einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stellte die Klägerin am 14.12.1999, also unmittelbar vor der Hochzeit am 23.12.1999. Erst zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Klägerin entschieden, ihren Wohnsitz künftig in der Bundesrepublik Deutschland zu nehmen. Der vorhergehende Aufenthalt mit Besuchervisum diente offensichtlich dazu, den späteren Ehemann vor der Eheschließung kennenzulernen.

Die Klägerin hat deshalb ihren Wohnsitz in Bayern erst mit ihrer Eheschließung am 23.12.1999 begründet. Zu diesem Zeitpunkt hat sie den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse nach Bayern verlagert. Zeitgleich verfestigt sich auch ihr Aufenthaltsstatus. Deshalb kommt ein Anspruch auf LErzg vor dem 23.03.2001 nicht in Betracht. Somit war der erste Bescheid vom 27.03.2000 rechtmäßig, lediglich die Begründung fehlerhaft. Eine unrichtige Begründung macht im Bereich der gebundenen Verwaltung (wie hier) den Verwaltungsakt nicht rechtswidrig (Bundessozialgericht , Urteil vom 29.06.2000, BSGE 87, 8, 11).

Für den Zeitraum nach dem 22.03.2001 kommt ein Anspruch auf LErzg ebenfalls nicht in Betracht. In diesem Zeitraum war die Klägerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden beschäftigt. Hier scheidet ein Anspruch gemäß Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr.4 BayLErzGG i.V.m. § 2 Abs.1 Nr.1 BErzGG in der Fassung vom 31.01.1994 aus. Der Bescheid vom 03.12.2002 war deshalb rechtmäßig. Eine Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X konnte deshalb nicht getroffen werden.

Auch über den sozialrechtliche Herstellungsanspruch lässt sich kein anderes Ergebnis begründen. Die Klägerin macht geltend, dass ihr als türkische Staatsangehörige das Erziehungsgeld zu Unrecht verweigert worden sei. Deshalb habe sie einen erneuten Antrag auf LErzg erst am 19.02.2002 stellen können, nachdem die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 29.01.2002 (Az.: B 10 EG 3/01 R) ergangen war und sie ihre Erwerbstätigkeit von 35 Wochenstunden bereits aufgenommen hatte.

Der Herstellungsanspruch setzt einen Schaden, ein rechtswidriges Verhalten des Leistungsträgers sowie die Kausalität zwischen Verhalten des Leistungsträgers und Schaden voraus. Er ist auf Naturalrestitution gerichtet und realisiert sich in der Vornahme einer gesetzlich zulässigen Amtshandlung. Er erlegt dem Leistungsträger nur solche Leistungen auf, die er "an sich" - das heißt bei pflichtgemäßem Verhalten - ohnehin zu tragen hätte; dies schließt die Erbringung einer im Rahmen der Beratung in Aussicht gestellten, jedoch im Gesetz nicht vorgesehenen Leistung aus. Diese Voraussetzung rechtfertigt sich aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art.20 Abs.3 Grundgesetz, § 31 SGB I). Die Amtshandlung muss ihrer wesentlichen Struktur oder ihrer Art nach im Gesetz vorgesehen sein. Im Zusammenhang mit der Wahrnehmung sozialrechtlicher Gestaltungsrechte bedeutet dies, dass es dem Bürger im Nachhinein gestattet wird, eine eigentlich nicht (mehr) zulässige Handlung nachzuholen, um damit alle gesetzlichen Tatbestandsmerkmale eines Leistungsanspruchs oder einer sonstigen Berechtigung zu erfüllen. Einzelne Anspruchsmerkmale innerhalb des Sozialrechtsverhältnisses werden damit im Wege des Herstellungsanspruchs gleichsam ersetzt. Zulässig ist danach etwa die Zahlung freiwilliger Beiträge nach Fristablauf, die Heilung des Versäumnisses von Ausschlussfristen und die Nachholung von Gestaltungsrechten, die Umbuchung oder Aufstockung rechtswirksam entrichteter Beiträge, nicht aber die Erstattung dieser Beiträge. Außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses liegende Merkmale, die sich in der Lebenswirklichkeit nie verwirklicht haben und nach materiellem Recht für die Entstehung eines Leistungsanspruchs erforderlich sind, können durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht ersetzt werden. Ebenso können tatsächliche Lebenslagen nicht hinweggedacht werden. Insoweit kommen nur Amtshaftungsansprüche in Betracht. Daher können im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs weder eine in eine Lohnsteuerkarte eingetragene Steuerklasse durch eine andere noch ein tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt durch ein niedrigeres Entgelt ersetzt werden. Das gleiche gilt etwa für eine fehlende Arbeitslosmeldung, Anwartschaftszeit, Bedürftigkeit, Verfügbarkeit, Arbeitslosigkeit als Anspruchsvoraussetzung für die Altersrente nach § 38 SGB VI oder das fehlende Ausscheiden aus einer Beschäftigung (vgl. hierzu Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB I, § 14 Rdnr.42 f. m.w.N.).

Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Zeitraum eine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt. Diese tatsächliche Lebenslage kann nicht durch das Instrument des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs hinweggedacht werden. Dieser Tatbestand ist vergleichbar mit dem oben genannten Sachverhalt der fehlenden Bedürftigkeit. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 22.03.1989 (BSGE 65, S.21) entschieden, dass "es sich bei der fehlenden Bedürftigkeit des Klägers um tatsächliche Gegebenheiten handelt, die nicht durch eine rechtmäßige Amtshandlung der Beklagten verändert werden können und die deshalb nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Die Beklagte darf nicht zu einer Handlung verpflichtet werden, die gesetzwidrig wäre."

Ebenso hat sich das Bayer. Landessozialgericht in seiner Entscheidung vom 24.02.2005 (Az.: L 10 AL 2/03) geäußert. Hierbei ging es um die persönliche Arbeitslosmeldung als Tatsachenerklärung, die nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden könne.

Die Tatsache der vollen Erwerbstätigkeit lässt sich deshalb nicht durch den Herstellungsanspruch in eine nicht volle Erwerbstätigkeit umwandeln. Die Klägerin hat, aus welchen Motiven auch immer, die Tatsache der vollen Erwerbstätigkeit geschaffen. Diese hat sie auch noch weitergeführt, als das BSG bereits über den Landeserziehungsgeldanspruch zugunsten türkischer Staatsangehöriger entschieden hatte.

Auch Art. 3 Grundgesetz (GG) ist hierdurch nicht verletzt, da der Schutzbereich des Art.3 Abs.1 GG nur betroffen ist, wenn wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird oder wesentliche Ungleiches gleich behandelt wird. Eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte bzw. die Gleichbehandlung völlig verschiedenartiger Sachverhalte verletzt darüber hinaus nur dann Abs.1 der Vorschrift, wenn diese willkürlich geschieht. Die Klägerin übte im streitgegenständlichen Zeitraum eine volle Erwerbstätigkeit im Sinne des Rechts des Erziehungsgelds aus. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu Antragstellern, die nur eine Teilzeittätigkeit bis zu 19 Stunden wöchentlich ausüben. Eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte und ein Verstoß gegen Art.3 Abs.1 GG liegen deshalb nicht vor.

Der Klägerin steht für den Zeitraum 10.08.2000 bis 09.08.2001 kein LErzg für ihr 1998 geborenes Kind H. zu. Das Rechtsmittel der Klägerin hat deshalb keinen Erfolg.

Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang hat die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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