Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 R 609/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 369/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29. März 2007 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 15. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2006 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Verzinsung eines Rentennachzahlungsbetrages.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 07.07.2004 in Ausführung eines gerichtlichen Vergleichs vom 28.06.2004 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer rückwirkend ab 01.07.1997. Der sich für die Zeit bis 31.07.2004 ergebende Nachzahlungsbetrag in Höhe von 44.414,38 EUR wurde nach der im Einverständnis mit dem Kläger ohne vorherige förmliche Anhörung erfolgten Erfüllung eines Erstattungsersuchens der DAK L. sowie von Verrechnungsersuchen der DAK L. und der AOK L. in Höhe des verbliebenen Betrags von 27.027,65 EUR an den Kläger überwiesen.
Die Beklagte teilte dem Kläger dazu mit Schreiben vom 05.08.2004 mit: "Wir haben Ihnen einen Restnachzahlungsbetrag von 27.027,65 EUR überwiesen. Auf Grund von Verrechnungsersuchen haben wir der AOK L. 9.212,68 EUR und der DAK L. 147,61 EUR überwiesen. Bezüglich der Verzinsung erhalten Sie einen gesonderten Bescheid."
Mit Bescheid vom 16.08.2004 erfolgte die Verzinsung des an den Kläger ausgezahlten Betrages von 27.027,65 EUR in Höhe von 2.966,69 EUR.
Mit seinem Widerspruch gegen diesen Bescheid begehrte der Kläger die Verzinsung auch des an die AOK L. gezahlten Verrechnungsbetrages in Höhe von 9.292,38 EUR mit der Begründung, der Nachzahlungsbetrag müsse vor der mit seiner Einwilligung erfolgten Verrechnung verzinst werden, denn es handle sich bei diesem Betrag - anders als bei dem Erstattungsersuchen der DAK - nicht um erbrachte Sozialleistungen, sondern um seine eigenen früheren Beitragsschulden gegenüber der AOK nebst aufgelaufenen Säumniszuschlägen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2004 zurückgewiesen. Der zugunsten der AOK L. auf Grund eines Verrechnungsersuchens gemäß § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vom 12.09.2001 verrechnete Betrag sei nach Berücksichtigung der zu erstattenden Krankengeldzahlung und des zugunsten der DAK L. verrechneten Betrages von 147,61 EUR, welcher der Rentenzahlung für Februar 1998 entnommen worden sei, gleichmäßig verteilt auf die verbliebenen 67 Monate des Verzinsungszeitraumes von Dezember 1998 bis Juli 2004 den einzelnen monatlichen Rentenbeträgen entnommen worden. Eine Verzinsung von der Verrechnung unterworfenen Beträgen sei ausgeschlossen.
Die anschließende Klage vor dem Sozialgericht (S 4 R 839/04) nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2006 wegen Verfristung zurück. Gleichzeitig stellte er einen Überprüfungsantrag, mit dem er erneut die Verzinsung des aus der Rentennachzahlung an die AOK L. überwiesenen Betrages von 9.292,68 EUR zu seinen Gunsten begehrte.
Die Beklagten lehnte eine Rücknahme der vorangegangenen ablehnenden Entscheidung mit Bescheid vom 15.09.2006 ab. Zur Begründung hieß es, für die geforderte Verzinsung bestehe keine Rechtsgrundlage; in Fällen der Verrechnung nach § 52 SGB I sei nur der dem Berechtigten verbleibende Teil zu verzinsen, da der Rentenanspruch mit Entstehen der Aufrechnungslage erloschen sei (§ 389 BGB). Auf den vorangegangenen Widerspruchsbescheid wurde Bezug genommen.
Nach erfolglosem Widerspruch (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 09.10.2006) erhob der Kläger erneut Klage zum Sozialgericht (SG). Er sehe nicht ein, dass er seine Schulden gegenüber der AOK in Form von Säumniszuschlägen "verzinsen" müsse, die Rentenversicherung ihre Nachzahlung ihm gegenüber aber nicht.
Zu seinem Vorbringen legte er eine Kopie des Beitragsbescheids der AOK L. vom 19.11.1999 über die Gesamtsozialversicherungsbeiträge vom 01.01.1995 bis 30.09.1996 nebst entstandenen Kosten und Gebühren in Höhe von 11.790,61 DM vor, ferner ein vollstreckbares Ausstandsverzeichnis vom 19.06.2000 über diesen Betrag (Sozialversicherungsbeiträge 9.206,61 DM, Säumniszuschläge 2.584,00 DM) sowie eine handschriftliche Nachberechnung der Säumniszuschläge für die Zeit vom 01.08.1997 bis 31.07.2004 in Höhe von 3.264,24 EUR.
Das SG hob mit Urteil vom 29.03.2007 den Bescheid vom 15.09.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2006 auf und verpflichtete die Beklagte, den Rentennachzahlungsbetrag in Höhe von 9.292,68 EUR nach den gesetzlichen Bestimmungen zu verzinsen und den Verzinsungsbetrag an den Kläger auszuzahlen. Zur Begründung führte es aus, bezüglich des streitigen Nachzahlungsbetrages liege nicht der übliche Fall eines Ausgleichs von Erstattungsansprüchen gemäß §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wegen erbrachter Sozialleistungen eines anderen Versicherungsträgers vor, bei dem nach § 107 Abs.1 SGB X keine Verzinsung erfolge. Vielmehr habe es bei der im Streit stehenden Forderung der AOK um frühere Beitragschulden gehandelt. Soweit der Kläger aus seiner Nachzahlung solche Beitragsschulden begleiche, sei der entsprechende Betrag nach § 44 SGB I zu verzinsen, denn der Nachzahlungsbetrag in dieser Höhe stehe ausschließlich dem Kläger zu. Ohne das Verrechnungsersuchen der AOK L. hätte die Beklagte vorliegend den Nachzahlungsbetrag an den Kläger auszahlen und verzinsen müssen. Das Ersuchen vom 12.09.2001 bewirke lediglich eine Vereinfachung der Vollstreckung der Beitragsschulden des Klägers. Der Fall sei der Abtretung oder Pfändung von Geldleistungen vergleichbar, welche unstreitig unter den Voraussetzungen des § 44 SGB I in voller Höhe verzinst würden.
Mit der Berufung bringt die Beklagte gegen dieses Urteil vor, die Entscheidung sei rechtswidrig, denn sie widerspreche dem klaren Willen des Gesetzgebers. Maßgeblich sei vorliegend allein § 52 SGB I, wonach mit der Ermächtigung eines Sozialleistungsträgers an einen anderen Leistungsträger zur Verrechnung eigener Ansprüche gegen einen Dritten ein Übergang des Leistungsanspruchs stattfinde. Dieser wandle sich in einen Erstattungsanspruch um, auf den die Verzinsungspflicht des § 44 SGB I nicht mehr anwendbar sei. Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich bei dem Anspruch des ermächtigenden Sozialleistungsträgers um Rückzahlungsansprüche wegen erbrachter unrechtmäßiger Leistung an den Dritten oder um überfällige Beitragsansprüche handele. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle mit dem Eintritt der Verrechnungslage dieselbe Wirkung erzielt werden, wie sie in dem Grundgedanken der §§ 387, 389 BGB niedergelegt seien.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29.03.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt sinngemäß, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, auf die Versichertenakten der Beklagten sowie auf die Akten L 16 RJ 61/03 des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig, sie erweist sich jedoch nicht als begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das auf Aufhebung des Überprüfungsbescheides vom 15.09.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2006 und auf teilweise Rücknahme des Verzinsungsbescheides vom 16.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2004 im Rahmen von § 44 SGB X sowie auf Verzinsung auch des mit der Forderung der AOK L. auf rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge verrechneten Nachzahlungsbetrages von 9.292,68 EUR gerichtete Begehren des Klägers.
Dieses Begehren kann entgegen der Auffassung des Erstgerichts keinen Erfolg haben. Bei Erlass des Bescheides vom 16.08.2004 ist weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen hat. Auf Grund der wirksam erfolgten Verrechnung des Rentennachzahlungsbetrages mit der Beitragsforderung der AOK bestand kein von der Beklagten noch zu erfüllender Nachzahlungsanspruch des Klägers, der gemäß § 44 SGB I zu verzinsen gewesen wäre.
Nach dieser Vorschrift sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 v.H. zu verzinsen. Zu den Ansprüchen auf Geldleistungen in diesem Sinne gehören alle Sozialleistungen, die in der Zahlung eines Geldbetrages bestehen, auch einmalige Leistungen wie Rentennachzahlungen fallen darunter. Dem Kläger stand jedoch in Höhe des Betrages von 9.292,68 EUR ein solcher zu verzinsender Anspruch aus der Rentennachzahlung gegen die Beklagte nicht mehr zu, weil seine Nachzahlungsforderung in dieser Höhe durch die vorgenommene Verrechnung rückwirkend als erloschen gilt. Dies folgt aus der auch im Sozialrecht heranzuziehenden Vorschrift des § 389 BGB, wonach die Aufrechnung (hier: die Verrechnung als sozialrechtsspezifischer Sonderfall der Aufrechnung) das Erlöschen der sich gegenüberstehenden aufrechenbaren/verrechenbaren Forderungen ex tunc bewirkt, soweit diese sich betragsmäßig decken.
Die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung ist auch wirksam nach §§ 52, 51 Abs.2 SGB I erfolgt.
Gemäß § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gem. § 51 Abs.2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger u.a. mit Beitragsansprüchen nach dem SGB - wozu auch Nebenansprüche wie Säumniszuschläge gehören (vgl. Seewald in KassKomm § 51 Rnr.126) - gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, soweit der Leistungsberechtigte dadurch nicht hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird.
Vorliegend war die Beklagte von der AOK L. durch Verrechnungsersuchen vom 12./13.09.2001 schriftlich wirksam ermächtigt worden, die "einziehbaren und nicht verjährten Forderungen" aus Gesamtsozialversicherungsbeiträgen im Zeitraum vom 01.01.1995 bis 30.09.1996 im Gesamtbetrag von DM 11.910,61 (6.089,80 EUR) einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 2.584,00 DM - welche sich bis zur endgültigen Tilgung noch erhöhen würden - zu verrechnen; laut Aktenvermerk vom 04.08.2004 wurde die Ermächtigung auf den durch Erhöhung der Säumniszuschläge angewachsenen Betrag von 9.292,68 EUR erweitert. Dieser Betrag und auch seine bei der Verrechnung durch die Beklagte vorgenommene Aufteilung auf die einzelnen monatlichen Rentenbeträge ab Dezember 1998 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger, der selbst eine vollstreckbare Ausfertigung der festgestellten Forderung der AOK sowie eine Nachberechnung der Säumniszuschläge für die Zeit bis 31.07.2004 vorlegte, greift die Gesamtforderung der AOK ebenso wie die Verrechnung als solche auch nicht an. Für seine Rechtsauffassung, er habe über den Rentennachzahlungsbetrag nach Erfüllung von Erstattungsansprüchen allein verfügen können und die Beitragsschulden gegenüber der AOK seien dann daraus sozusagen in seinem Auftrag beglichen worden, ist nach der aufgezeigten Rechtslage im Sozialrecht bei Verrechnungen gemäß § 52 SGB I jedoch kein Raum.
Der Berufung der Beklagten war daher statt zugeben.
Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Klage mit der Kostenfolge aus § 193 SGG abzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Verzinsung eines Rentennachzahlungsbetrages.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 07.07.2004 in Ausführung eines gerichtlichen Vergleichs vom 28.06.2004 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer rückwirkend ab 01.07.1997. Der sich für die Zeit bis 31.07.2004 ergebende Nachzahlungsbetrag in Höhe von 44.414,38 EUR wurde nach der im Einverständnis mit dem Kläger ohne vorherige förmliche Anhörung erfolgten Erfüllung eines Erstattungsersuchens der DAK L. sowie von Verrechnungsersuchen der DAK L. und der AOK L. in Höhe des verbliebenen Betrags von 27.027,65 EUR an den Kläger überwiesen.
Die Beklagte teilte dem Kläger dazu mit Schreiben vom 05.08.2004 mit: "Wir haben Ihnen einen Restnachzahlungsbetrag von 27.027,65 EUR überwiesen. Auf Grund von Verrechnungsersuchen haben wir der AOK L. 9.212,68 EUR und der DAK L. 147,61 EUR überwiesen. Bezüglich der Verzinsung erhalten Sie einen gesonderten Bescheid."
Mit Bescheid vom 16.08.2004 erfolgte die Verzinsung des an den Kläger ausgezahlten Betrages von 27.027,65 EUR in Höhe von 2.966,69 EUR.
Mit seinem Widerspruch gegen diesen Bescheid begehrte der Kläger die Verzinsung auch des an die AOK L. gezahlten Verrechnungsbetrages in Höhe von 9.292,38 EUR mit der Begründung, der Nachzahlungsbetrag müsse vor der mit seiner Einwilligung erfolgten Verrechnung verzinst werden, denn es handle sich bei diesem Betrag - anders als bei dem Erstattungsersuchen der DAK - nicht um erbrachte Sozialleistungen, sondern um seine eigenen früheren Beitragsschulden gegenüber der AOK nebst aufgelaufenen Säumniszuschlägen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2004 zurückgewiesen. Der zugunsten der AOK L. auf Grund eines Verrechnungsersuchens gemäß § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vom 12.09.2001 verrechnete Betrag sei nach Berücksichtigung der zu erstattenden Krankengeldzahlung und des zugunsten der DAK L. verrechneten Betrages von 147,61 EUR, welcher der Rentenzahlung für Februar 1998 entnommen worden sei, gleichmäßig verteilt auf die verbliebenen 67 Monate des Verzinsungszeitraumes von Dezember 1998 bis Juli 2004 den einzelnen monatlichen Rentenbeträgen entnommen worden. Eine Verzinsung von der Verrechnung unterworfenen Beträgen sei ausgeschlossen.
Die anschließende Klage vor dem Sozialgericht (S 4 R 839/04) nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2006 wegen Verfristung zurück. Gleichzeitig stellte er einen Überprüfungsantrag, mit dem er erneut die Verzinsung des aus der Rentennachzahlung an die AOK L. überwiesenen Betrages von 9.292,68 EUR zu seinen Gunsten begehrte.
Die Beklagten lehnte eine Rücknahme der vorangegangenen ablehnenden Entscheidung mit Bescheid vom 15.09.2006 ab. Zur Begründung hieß es, für die geforderte Verzinsung bestehe keine Rechtsgrundlage; in Fällen der Verrechnung nach § 52 SGB I sei nur der dem Berechtigten verbleibende Teil zu verzinsen, da der Rentenanspruch mit Entstehen der Aufrechnungslage erloschen sei (§ 389 BGB). Auf den vorangegangenen Widerspruchsbescheid wurde Bezug genommen.
Nach erfolglosem Widerspruch (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 09.10.2006) erhob der Kläger erneut Klage zum Sozialgericht (SG). Er sehe nicht ein, dass er seine Schulden gegenüber der AOK in Form von Säumniszuschlägen "verzinsen" müsse, die Rentenversicherung ihre Nachzahlung ihm gegenüber aber nicht.
Zu seinem Vorbringen legte er eine Kopie des Beitragsbescheids der AOK L. vom 19.11.1999 über die Gesamtsozialversicherungsbeiträge vom 01.01.1995 bis 30.09.1996 nebst entstandenen Kosten und Gebühren in Höhe von 11.790,61 DM vor, ferner ein vollstreckbares Ausstandsverzeichnis vom 19.06.2000 über diesen Betrag (Sozialversicherungsbeiträge 9.206,61 DM, Säumniszuschläge 2.584,00 DM) sowie eine handschriftliche Nachberechnung der Säumniszuschläge für die Zeit vom 01.08.1997 bis 31.07.2004 in Höhe von 3.264,24 EUR.
Das SG hob mit Urteil vom 29.03.2007 den Bescheid vom 15.09.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2006 auf und verpflichtete die Beklagte, den Rentennachzahlungsbetrag in Höhe von 9.292,68 EUR nach den gesetzlichen Bestimmungen zu verzinsen und den Verzinsungsbetrag an den Kläger auszuzahlen. Zur Begründung führte es aus, bezüglich des streitigen Nachzahlungsbetrages liege nicht der übliche Fall eines Ausgleichs von Erstattungsansprüchen gemäß §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wegen erbrachter Sozialleistungen eines anderen Versicherungsträgers vor, bei dem nach § 107 Abs.1 SGB X keine Verzinsung erfolge. Vielmehr habe es bei der im Streit stehenden Forderung der AOK um frühere Beitragschulden gehandelt. Soweit der Kläger aus seiner Nachzahlung solche Beitragsschulden begleiche, sei der entsprechende Betrag nach § 44 SGB I zu verzinsen, denn der Nachzahlungsbetrag in dieser Höhe stehe ausschließlich dem Kläger zu. Ohne das Verrechnungsersuchen der AOK L. hätte die Beklagte vorliegend den Nachzahlungsbetrag an den Kläger auszahlen und verzinsen müssen. Das Ersuchen vom 12.09.2001 bewirke lediglich eine Vereinfachung der Vollstreckung der Beitragsschulden des Klägers. Der Fall sei der Abtretung oder Pfändung von Geldleistungen vergleichbar, welche unstreitig unter den Voraussetzungen des § 44 SGB I in voller Höhe verzinst würden.
Mit der Berufung bringt die Beklagte gegen dieses Urteil vor, die Entscheidung sei rechtswidrig, denn sie widerspreche dem klaren Willen des Gesetzgebers. Maßgeblich sei vorliegend allein § 52 SGB I, wonach mit der Ermächtigung eines Sozialleistungsträgers an einen anderen Leistungsträger zur Verrechnung eigener Ansprüche gegen einen Dritten ein Übergang des Leistungsanspruchs stattfinde. Dieser wandle sich in einen Erstattungsanspruch um, auf den die Verzinsungspflicht des § 44 SGB I nicht mehr anwendbar sei. Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich bei dem Anspruch des ermächtigenden Sozialleistungsträgers um Rückzahlungsansprüche wegen erbrachter unrechtmäßiger Leistung an den Dritten oder um überfällige Beitragsansprüche handele. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle mit dem Eintritt der Verrechnungslage dieselbe Wirkung erzielt werden, wie sie in dem Grundgedanken der §§ 387, 389 BGB niedergelegt seien.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29.03.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt sinngemäß, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, auf die Versichertenakten der Beklagten sowie auf die Akten L 16 RJ 61/03 des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig, sie erweist sich jedoch nicht als begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das auf Aufhebung des Überprüfungsbescheides vom 15.09.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2006 und auf teilweise Rücknahme des Verzinsungsbescheides vom 16.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2004 im Rahmen von § 44 SGB X sowie auf Verzinsung auch des mit der Forderung der AOK L. auf rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge verrechneten Nachzahlungsbetrages von 9.292,68 EUR gerichtete Begehren des Klägers.
Dieses Begehren kann entgegen der Auffassung des Erstgerichts keinen Erfolg haben. Bei Erlass des Bescheides vom 16.08.2004 ist weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen hat. Auf Grund der wirksam erfolgten Verrechnung des Rentennachzahlungsbetrages mit der Beitragsforderung der AOK bestand kein von der Beklagten noch zu erfüllender Nachzahlungsanspruch des Klägers, der gemäß § 44 SGB I zu verzinsen gewesen wäre.
Nach dieser Vorschrift sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 v.H. zu verzinsen. Zu den Ansprüchen auf Geldleistungen in diesem Sinne gehören alle Sozialleistungen, die in der Zahlung eines Geldbetrages bestehen, auch einmalige Leistungen wie Rentennachzahlungen fallen darunter. Dem Kläger stand jedoch in Höhe des Betrages von 9.292,68 EUR ein solcher zu verzinsender Anspruch aus der Rentennachzahlung gegen die Beklagte nicht mehr zu, weil seine Nachzahlungsforderung in dieser Höhe durch die vorgenommene Verrechnung rückwirkend als erloschen gilt. Dies folgt aus der auch im Sozialrecht heranzuziehenden Vorschrift des § 389 BGB, wonach die Aufrechnung (hier: die Verrechnung als sozialrechtsspezifischer Sonderfall der Aufrechnung) das Erlöschen der sich gegenüberstehenden aufrechenbaren/verrechenbaren Forderungen ex tunc bewirkt, soweit diese sich betragsmäßig decken.
Die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung ist auch wirksam nach §§ 52, 51 Abs.2 SGB I erfolgt.
Gemäß § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gem. § 51 Abs.2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger u.a. mit Beitragsansprüchen nach dem SGB - wozu auch Nebenansprüche wie Säumniszuschläge gehören (vgl. Seewald in KassKomm § 51 Rnr.126) - gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, soweit der Leistungsberechtigte dadurch nicht hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird.
Vorliegend war die Beklagte von der AOK L. durch Verrechnungsersuchen vom 12./13.09.2001 schriftlich wirksam ermächtigt worden, die "einziehbaren und nicht verjährten Forderungen" aus Gesamtsozialversicherungsbeiträgen im Zeitraum vom 01.01.1995 bis 30.09.1996 im Gesamtbetrag von DM 11.910,61 (6.089,80 EUR) einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 2.584,00 DM - welche sich bis zur endgültigen Tilgung noch erhöhen würden - zu verrechnen; laut Aktenvermerk vom 04.08.2004 wurde die Ermächtigung auf den durch Erhöhung der Säumniszuschläge angewachsenen Betrag von 9.292,68 EUR erweitert. Dieser Betrag und auch seine bei der Verrechnung durch die Beklagte vorgenommene Aufteilung auf die einzelnen monatlichen Rentenbeträge ab Dezember 1998 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger, der selbst eine vollstreckbare Ausfertigung der festgestellten Forderung der AOK sowie eine Nachberechnung der Säumniszuschläge für die Zeit bis 31.07.2004 vorlegte, greift die Gesamtforderung der AOK ebenso wie die Verrechnung als solche auch nicht an. Für seine Rechtsauffassung, er habe über den Rentennachzahlungsbetrag nach Erfüllung von Erstattungsansprüchen allein verfügen können und die Beitragsschulden gegenüber der AOK seien dann daraus sozusagen in seinem Auftrag beglichen worden, ist nach der aufgezeigten Rechtslage im Sozialrecht bei Verrechnungen gemäß § 52 SGB I jedoch kein Raum.
Der Berufung der Beklagten war daher statt zugeben.
Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Klage mit der Kostenfolge aus § 193 SGG abzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved