L 7 AS 72/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 992/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 72/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 57/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegem das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 2. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Das Berufungsverfahren betrifft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Streitig ist, ob ein Leistungsanspruch für die Zeit August bis Dezember 2006 bestand. Das vorrangige Problem besteht darin, ob M, welcher der Lebensgefährte der Klägerin zu 1 ist, zur Bedarfsgemeinschaft gehörte und inwieweit er sein Einkommen "einzusetzen" hatte.

Die Klägerin zu 1 ist die leibliche Mutter der Kläger zu 2 bis 6. Die Kläger zu 2 bis 4 stammen aus der Ehe der Klägerin zu 1, die 1997 geschieden wurde. Leiblicher Vater der Kläger zu 5 und 6 ist M. Die Klägerin zu 1 und M sind nicht miteinander verheiratet, jedoch seit etwa 1996 befreundet bzw. ein Paar. M arbeitet als Lagerist in abhängiger Beschäftigung - auch schon im streitgegenständlichen Zeitraum -, die Klägerin zu 1 ist nicht berufstätig. Der Gesundheitszustand der Klägerinnen zu 1 und 2 lässt es zu, dass sie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sind.

Die von den Klägern bewohnte Wohnung, B.straße, N. (Bezugsfertigkeit 1980), ist ca. 130 qm groß und besteht aus sechs Räumen zzgl. Küche, Bad, Gästetoilette und Abstellkammer. Die monatliche Grundmiete betrug 568,- Euro, die monatlichen Heizkosten 100,33 Euro und die monatlichen "kalten" Nebenkosten 60,- Euro.

Während des streitigen Zeitraums hatte M zusammen mit seiner Schwester eine Wohnung im Dachgeschoss des Hauses seines Vaters, M.-Straße, N. (5 km von der Wohnung der Kläger entfernt). Von klägerischer Seite wird angegeben, M sei dort von seiner Stiefmutter versorgt worden. Für Wohnung und Versorgung habe er monatlich 250,- Euro in bar gezahlt. In dieser Wohnung war M nur unter der Nummer seines Vaters telefonisch zu erreichen.

Während des fraglichen Zeitraums sind für die Kläger zu 2 bis 5 jeweils 160,25 Euro monatlich Kindergeld angefallen, für den Kläger zu 6 179,- Euro. Die Klägerin zu 4 erhielt monatlich 257 Euro Einkommen aus Unterhaltsleistungen. Die Kläger zu 5 und 6 erhielten monatlich jeweils 199,- Euro an Unterhaltsvorschussleistungen vom Landratsamt N. , das wiederum Rückgriff bei M nahm. Das Netto-Erwerbseinkommen des M betrug im September 2006 1.536,48 Euro (brutto 2.525,28 Euro), im Oktober 2006 1.535,96 Euro (brutto 2.525,28 Euro), im November 2006 2.054,12 Euro (brutto 3.737,28 Euro) und im Dezember 2006 1.596,08 Euro (brutto 2.621,28 Euro). Die Beklagte setzte vom Nettoeinkommen des M unter anderem jeweils 398,- Euro für die Unterhaltsleisungen an die Kläger zu 5 und zu 6 ab. M war Halter eines Mercedes V-Klasse (Kleinbus, Erstzulassung Mai 1997, 2295 ccm, 105 kW) sowie eines Leichtkraftrads (Yamaha Enduro, Erstzulassung 15.10.1999, Kilometerstand im Juli 2007 28.000).

Mit Bescheid vom 13.12.2005 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen für den Zeitraum von August bis einschließlich Dezember 2006 in Höhe von 909,33 Euro.

Am 11.07.2006 führte die Beklagte bei den Klägern einen Hausbesuch durch. Laut Bericht der Beklagten hätten sowohl der Mercedes des M als auch dessen Leichtkraftrad vor dem Haus der Kläger gestanden. Die Klägerin zu 1 äußerte in dem Zusammenhang gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten, das Auto stehe ihr jederzeit zur freien Verfügung. Als Gegenleistung mache sie M die Wäsche und erledige die Einkäufe. Das Leichtkraftrad werde derzeit von der Klägerin zu 2 gefahren.

Mit Bescheid vom 24.08.2006 hob die Beklagte die Bewilligung vom 13.12.2005 für den Zeitraum August bis Dezember 2006 auf und bewilligte der Bedarfsgemeinschaft, die sie nun um M erweitert sah, monatliche Leistungen in Höhe von 23,14 Euro. Der reduzierte Betrag ergab sich daraus, dass die Beklagte jetzt das Einkommen des M anrechnete, und zwar auch auf den Bedarf der Kläger zu 2 bis 4. Zur Begründung führte die Beklagte aus, seit gut 10 Jahren seien die Klägerin zu 1 und M ein Paar. M halte sich des öfteren bei der Klägerin zu 1 auf und übernachte bei ihr. Bei den Klägern zu 5 und 6 handle es sich um gemeinsame Söhne. Es sei anzunehmen, dass M die Sorge für seine zwei Söhne übernehme, wenn er sich bei den Klägern aufhalte.

Klage erhoben zum Sozialgericht Augsburg haben die Kläger mit Schriftsatz vom 07.11.2006. Am 04.01.2007 fand vor dem Sozial-gericht eine erste mündliche Verhandlung statt. Dabei erklärte die Klägerin zu 1, am Wochenende komme M nur selten zu den Klägern; wenn, dann zwischen 14.00 und 15.00 Uhr, um nach seinen Kindern zu schauen. M übernachte maximal einmal im Monat bei ihr. Für die Kläger zu 5 und 6 erhalte sie jeweils 199,- Euro monatlich vom Landratsamt N. ; M überweise die Beträge an das Landratsamt. Zur Beziehung der Klägerin zu 1 zu M vernahm das Sozialgericht die Zeugin H. G. , eine Ex-Freundin des Bruders der Klägerin zu 1. Ende 2004, so die Zeugin sinngemäß, hätten die Klägerin zu 1 und M den Eindruck eines Ehepaares vermittelt. M habe sein Werkzeug in der Wohnung der Kläger gehabt. Nach ihrem Eindruck, so die Zeugin, hätten M und die Klägerin zu 1 die Wohnung gemeinsam bewohnt. Weiter vernahm das Sozialgericht M als Zeugen. Er und die Klägerin zu 1, so M, hätten nie zusammengewohnt. Haushaltsmäßig werde er komplett von seiner Stiefmutter versorgt. Er habe nicht vor, aus der Wohnung M.-Straße auszuziehen. Er arbeite in G. , in der Regel in der Tagesschicht von 7.00 bis 15.40 Uhr. Er werde morgens von einem Arbeitskollegen abgeholt und von diesem nach Arbeitsende in die B.straße gebracht. Sein Auto stehe der Klägerin zu 1 nur für die beiden Kinder zur Verfügung. Werde es für den Folgetag nicht benötigt, fahre er damit in die M.-Straße, andernfalls fahre ihn die Klägerin zu 1 nach Hause. In Urlaub fahre er allein. An den Wochenenden sehe er die Kinder nur unregelmäßig.

In der Zeit vom 10.01. bis 31.01.2007 führte die Beklagte eine Observation der beiden Wohnungen B.straße und M.-Straße durch. In den frühen Morgenstunden legten sich Mitarbeiter der Beklagten jeweils für höchstens eine Stunde "auf die Lauer", um herauszufinden, ob und wie häufig M bei den Klägern übernachtete. Das Ergebnis ist in einem Vermerk zusammengefasst: M habe zumeist zwischen 05.30 und 06.30 Uhr das Haus der Kläger verlassen; an verschiedenen Tagen (bei Schneefall) wurde festgestellt, das Auto stehe verschneit da. Auf den Vorhalt des Observationsergebnisses reagierten die Kläger gegenüber dem Sozialgericht mit Schriftsatz vom 31.01.2007. Darin wurde moniert, die Observation sei unzulässig. M habe schon seit längerer Zeit nicht mehr bei den Klägern übernachtet. Bei Bedarf habe M das Auto um 05.30 Uhr gebracht und sei dann in der Wohnung geblieben, um mit der Klägerin zu 1 Angelegenheiten der Kinder zu besprechen. Die Observierungen hätten erst nach Ankunft des M begonnen. Selbst wenn eine Liebesbeziehung mit häufigen Besuchs- und Übernachtungskontakten bestünde, wäre dieses "zeitgemäße Wohnmodell" unschädlich. Weiter wird vorgetragen, ab 21.01.2007 sei der Mercedes funktionsunfähig gewesen.

In der mündlichen Verhandlung am 02.02.2007 trug die Beklagte vor, es sei jeweils geprüft worden, ob der vor der Wohnung stehende Mercedes kurz zuvor benutzt worden sei. Die optische Kontrolle habe keine Anzeichen für eine Benutzung kurz zuvor ergeben.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 02.02.2007 abgewiesen. Die Kläger und M, so das Sozialgericht zur Begründung, würden zusammenleben. Dieses sei durch eine mehrwöchige Observation der Wohnung der Kläger durch die Beklagte bewiesen. Diese Observation sei rechtlich zulässig gewesen. Im Termin vom 04.01.2007 seien die Aussagen der Klägerin zu 1 und des M abgesprochen gewesen. Es sei nicht glaubhaft, das Fahrzeug des M würde morgens zur Wohnung der Kläger gebracht.

Die Beklagte änderte sodann die Leistungsbewilligung für den streitgegenständlichen Zeitraum: Mit Bescheid vom 07.03.2007 bewilligte sie für die Monate September und Oktober 2007 jeweils Leistungen in Höhe von 96,18 bzw. 96,70 Euro (für die gesamte Bedarfsgemeinschaft). Mit weiterem Bescheid vom 07.03.2007 lehnte sie für den Monat November 2006 einen Leistungsanspruch wegen übersteigendem Einkommen ab. Mit Bescheid vom 19.03.2007 bewilligte sie für den Monat Dezember 2006 Leistungen (für die gesamte Bedarfsgemeinschaft) in Höhe von 36,58 Euro.

Mit Schriftsatz vom 08.03.2007 (Eingang beim Sozialgericht am 09.03.2007) haben die Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berufung eingelegt. Sie begründen das Rechtsmittel folgendermaßen: Die Klägerin zu 1 und M würden voneinander getrennt wirtschaften. Es bestehe keine Verfügungsbefugnis in Bezug auf den anderen, beide hätten eigene Haftpflichtversicherungen. Neben den Unterhaltsleistungen für die Kinder unterstütze er die Kläger nicht. Den Mercedes V-Klasse überlasse M der Klägerin vor allem wegen des Klägers zu 5 sowie für Einkäufe. Seit Februar 2007 stehe das Auto der Klägerin zu 1 nur noch bei besonders dringendem Bedarf zur Verfügung. Bis zum Jahresanfang habe der Mercedes regelmäßig auf dem Parkplatz der Kläger vor dem Haus gestanden; die Klägerin zu 1 habe M abends nach Hause gefahren oder er habe das Auto morgens gebracht. In der Regel erscheine M zwischen 15.30 und 16.30 Uhr bei den Klägern; er verbringe die Zeit allein mit seinen zwei Kindern. Er bleibe, bis die Kinder ins Bett gingen, manchmal auch etwas länger, falls bezüglich der Kinder etwas besprochen werden müsste. Die Klägerin zu 1 und M würden ihre Freizeit unabhängig voneinander gestalten; M fahre immer ohne die Kläger in Urlaub. Bei dem Pkw handle es sich um ein Großraumauto, wie es vor allem von Handwerkern benutzt werde. Das Auto habe M entsprechend seiner Bedürfnisse angeschafft; er fahre bevorzugt große Autos, chauffiere gerne seine Freunde ins Freizeitvergnügen. M habe das Auto kostengünstig erwerben können. Seit Monaten habe M nicht mehr bei den Klägern übernachtet. Bekleidungsstücke des M seien in der Wohnung nicht mehr vorhanden, Toilettenartikel, Rasierapparat und Zahnbürste für den Notfall. Die Wäsche des M werde nach wie vor von der Stiefmutter gewaschen. Am Briefkasten stehe der Name S ...

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 02.02.2007 sowie den Bescheid vom 24.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie auf die des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil.

Zum 10.03.2007 hat M eine 29 qm-Wohnung in der M.straße, N. angemietet. Diese Wohnung liegt von der der Kläger 3 km entfernt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Gerichts- und des Verwaltungsverfahrens wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts und des Bayer. Landessozialgerichts verwiesen. Sie lagen allesamt vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Streitig sind Geldleistungen von mehr als 500,- Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die Berufung ist unbegründet. Den Klägern stehen keine höheren Leistungen zu, als sie zuletzt mit Bescheiden vom 07.03. und 19.03.2007 bewilligt worden waren. Die Aufhebung der vorangegangenen höheren Leistungsbewilligung war rechtmäßig.

Streitgegenstand sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum September bis einschließlich Dezember 2006. Die beiden Bescheide vom 07.03.2007 sowie der Bescheid vom 19.03.2007, die insgesamt die Leistungsgewährung für den streitgegenständlichen Zeitraum neu geregelt haben, sind gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden.

Die Beklagte war berechtigt, auf der Grundlage von § 45 SGB X, teilweise auch § 48 SGB X, die ursprüngliche Leistungsbewilligung vom 13.12.2005 zurückzunehmen bzw. aufzuheben und die Leistungen in der Höhe festzusetzen, wie letztlich durch die Bescheide vom 07.03. und 19.03.2007 geschehen.

Bezüglich der Monate September, Oktober und Dezember 2006 stellt sich der Verfahrensablauf "eingriffsbezogen" einstufig dar: Mit Bescheid vom 24.08.2006 reduzierte die Beklagte die Leistungen auf lediglich 23,14 Euro pro Monat. Dann aber wurden die Leistungen durch Bescheide vom 07.03. und vom 19.03.2007 wieder auf 96,18 Euro, 96,70 Euro bzw. 36,58 Euro angehoben. Es liegt daher nur ein einziger belastender Eingriff vor, nämlich die Reduktion der mit Bescheid vom 13.12.2005 auf die mit Bescheid vom 07.03. und 19.03.2007 bewilligten Beträge. Hinsichtlich des Monats November 2006 kann man dagegen eine "zweistufige" Belastung feststellen: Zunächst wurde die mit Bescheid vom 13.05.2005 festgesetzte Leistung durch Bescheid vom 24.08.2006 auf 23,14 Euro reduziert. Dann wurde mit Bescheid vom 07.03.2007 die Leistungsbewilligung gänzlich aufgehoben. Die Aufhebungen bezüglich der Monate September, Oktober und Dezember 2006 sowie die mit Bescheid vom 24.08.2006 für den Monat November 2006 vorgenommene erste Reduktion finden ihre Rechtsgrundlage in § 45 SGB X (vgl. unten 1.). Die zweite Reduktion für den Monat November 2006 lässt sich auf § 48 SGB X stützen (vgl. unten 2.).

1. Soweit die Aufhebung des Bescheids vom 13.12.2005 darauf zurückzuführen war, dass zunächst überhaupt kein Einkommen oder Vermögen des M in die Leistungsberechnung einbezogen war, ist § 45 SGB X einschlägig. Ein Fall des § 48 SGB X liegt insoweit nicht vor, weil man objektiv bereits bei Erlass des Ausgangsbescheides vom 13.12.2005 im Wege der Prognose zu dem Ergebnis kommen musste, Einkommen des M sei anzurechnen. Zwar war der Beklagten seinerzeit noch nicht bekannt, dass M seinen Lebensmittelpunkt bei den Klägern hatte und insbesondere im streitgegenständlichen Zeitraum dort haben würde. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Beziehung zwischen der Klägerin zu 1 und M bereits im Dezember 2005 ähnlich gestaltet war wie ein Jahr später. Nach dem Vortrag der Kläger muss im Gegenteil angenommen werden, dass damals das Miteinander noch inniger war. Denn immerhin sprechen die Kläger davon, es sei eine Erkaltung der Beziehung eingetreten. Somit war die Bewilligung vom 13.12.2005 objektiv rechtswidrig; schon damals wäre der Bescheid nur dann rechtens gewesen, wenn M mit allen Konsequenzen in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen worden wäre. Die Änderung, auf der die Aufhebung basiert, stellt sich daher nicht als nachträglich eingetretene dar.

Eine förmliche Anhörung ist augenscheinlich nicht erfolgt. Das Gespräch im Rahmen des Hausbesuchs am 11.07.2006 genügt hierfür nicht. Auch das Schreiben vom 27.07.2006 erweist sich als unzureichend. Damit wurden lediglich Unterlagen des M angefordert und mitgeteilt, es sei eine Neuberechnung ab 01.08.2006 beabsichtigt. Die Kläger konnten dadurch zwar ahnen, was auf sie zukommen sollte, eine hinreichende Anhörung liegt darin aber nicht. Dass die Anhörung fehlt, ist jedoch nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X unschädlich; die Kläger haben die Gelegenheit erhalten und wahrgenommen, sich in effizienter Weise zu artikulieren.

Die Leistungsbewilligung, wie sie mit Bescheid vom 13.12.2005 vorgenommen worden war, war rechtswidrig. Zwar sind die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 bzw. § 28 SGB II größten Teils unzweifelhaft erfüllt. Insbesondere sind die Klägerinnen zu 1 und 2 erwerbsfähig und die Kläger haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Problematisch ist lediglich, ob und inwieweit bei den Klägern Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Nr. 3, § 9 SGB II) vorliegt. Diese ist nur in dem Umfang gegeben, wie es die Beklagte in den Bescheiden vom 07.03. und 19.03.2007 angenommen hat. Denn Einkommen und Vermögen des M waren nach § 9 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II zu berücksichtigen, weil dieser zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c SGB II zur Bedarfsgemeinschaft gehörte. Das führt letzlich dazu, dass den Klägern keine höheren Leistungsansprüche zustehen.

M ist deswegen für die Kläger "einsatzpflichtig" im Sinn von § 9 Abs. 1 und 2 SGB II, weil er als Person nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c SGB II zu behandeln ist. Er lebte im streitgegenständlichen Zeitraum mit der Klägerin zu 1 so zusammen, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Zu der Bedarfsgemeinschaft gehören auch die Kläger zu 2 bis 6 (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Obwohl M nicht der leibliche Vater der Kläger zu 2 bis 4 ist, liegen nach der gesetzlichen Konzeption keine zwei "sich überlappenden" Bedarfsgemeinschaften vor, sondern nur eine einzige (vgl. dazu Brühl/ Schoch in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 7 RdNr. 61; zum Begriff der sich überlappenden Bedarfsgemeinschaften RdNr. 49). Weil § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ausdrücklich auch die Kinder des Partners nach Nr. 3 einbezieht, erscheint dieser Schluss zwingend.

Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur eheähnlichen Gemeinschaft gemäß dem Recht der Arbeitslosenhilfe (BVerfGE 87, 234 (265)) macht § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c SGB II die Einstandspflicht des nichtehelichen Partners vom wechselseitigen Willen abhängig, füreinander einstehen zu wollen. Das Gesetz knüpft die Rechtsfolge damit an das Vorliegen eines subjektiven Tatbestandes, der nur mit Hilfe von (mittelbaren) Hinweistatsachen ermittelt werden kann (vgl. BVerfG, a.a.O.). Der Gesetzgeber hat in verfassungskonformer Weise (vgl. Senatsurteil vom 15.11.2007 - L 7 AS 197/07) mit § 7 Abs. 3 a SGB II eine Regelung eingeführt, nach der unter bestimmten Voraussetzungen der genannte subjektive Tatbestand widerleglich vermutet wird. Bereits aus § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe b SGB II ergibt sich indes, dass ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, nur dann bejaht werden darf, wenn ein "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" vorliegt. Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" wird nicht von der Vermutung des § 7 Abs. 3 a SGB II umfasst, sondern verkörpert eine Voraussetzung, damit die Vermutungswirkung überhaupt eintreten kann (vgl. Spellbrink in: Eicher/ders., SGB II, 2. Auflage 2008, § 7 RdNr. 46).

Entgegen dem Vortrag der Kläger, M habe seine eigene Wohnung und halte sich bei ihnen nur besuchsweise auf, ist der Senat nach Abwägung aller Umstände davon überzeugt, dass M im fraglichen Zeitraum seinen Lebensmittelpunkt im Haushalt der Kläger hatte und mit der Klägerin zu 1 im rechtlichen Sinn in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebte. Das beruht auf folgenden Erwägungen:

a) Die Wohnsituation des M in der M.-Straße stellte sich für diesen ernüchternd dar. In dem Zwei-Familien-Haus wohnten Vater und Stiefmutter im Parterre, der erste Stock war vermie-tet. Ihm stand im Dachgeschoss lediglich ein äußerst beengter Raum von 16 qm zur Verfügung. Allein die bescheidene Größe in Verbindung mit dem Umstand, dass noch eine Dachschräge vorhan-den ist, lässt es unglaubhaft erscheinen, dass dies Lebensmit-telpunkt von M gewesen sein soll. Hinzu kommt, dass es sich nach dem Vortrag der Kläger bei M um einen damals 36-jährigen Mann handelte, der offenbar dem Leben zugewandt ist (Freundes-kreis, Kinder, großes Auto, Urlaub allein, hauswirtschaftliche Versorgung durch Stiefmutter). So haben die Kläger ausgeführt, M fahre bevorzugt große Autos und chauffiere gerne seine Freunde ins Freizeitvergnügen. Damit lässt sich kaum vereinbaren, dass M ein derart bescheidenes Domizil gewählt haben soll. Nach den Gesamtumständen mutet das Zimmer in der M.-Straße eher als behelfsmäßige Schlafstatt denn als Lebensmittelpunkt an. Das gilt umso mehr, als M dort nicht einmal ein eigenes Telefon hatte. Widersprüchlich erscheint insoweit, dass M noch in der mündlichen Verhandlung am 04.01.2007 zu erkennen gegeben hat, er sei mit seiner Wohnsituation in der M.-Straße vollauf zufrieden und er habe nicht vor auszuziehen. Bereits zum 10.03.2007 hat er aber eine eigene Wohnung angemietet. Dass diese Aussage des M vor dem Sozialgericht etwas "geschönt" war, indiziert auch die Angabe der Klägerin zu 1 am 11.07.2006 im Rahmen des Hausbesuchs; dabei hat sie angemerkt, M würde lieber gestern als heute bei ihr einziehen. Der Senat vermag sich des Eindrucks nicht zu erwehren, dass M mit der Wohnung in der M.-Straße weitaus weniger zufrieden war, als er es geschildert hat.

b) Es überrascht, dass die Klägerin zu 1 nicht mit Nachdruck versucht hat, von M Unterhaltsleistungen nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB zu erhalten. Dem Grunde nach steht dem rechtlich nichts entgegen. Ein Anspruch der Klägerin zu 1 gegen M wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese auch die drei Kinder zu betreuen hat, deren leiblicher Vater nicht M ist, und deshalb vor der Geburt der Kläger zu 5 und 6 gleichfalls nicht gearbeitet hat (vgl. BGH FamRZ 1998, S. 541 (543)). Zwar sind die Kläger zu 5 und zu 6 gemäß § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB gegenüber der Klägerin zu 1 vorrangig unterhaltsberechtigt. Weiterhin gilt es zu bedenken, dass der Selbstbehalt des M sich immerhin auf etwa 1.000 Euro beläuft (vgl. BGH FamRZ 2005, S. 304). Dennoch erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass M in der Lage sein könnte, Unterhalt zu leisten. Aus den Ausführungen der Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass sich die Klägerin zu 1 allenfalls "halbherzig" um Unterhaltsleistungen des M bemüht hat. So erweckt ihr Verhalten in gewisser Weise den Eindruck, als habe sie M nicht schaden wollen. Damit erscheint unvereinbar, dass laut Schriftsatz der Kläger vom 31.01.2007 an das Sozialgericht das Verhältnis zwischen den beiden erkaltet sein soll.

c) Dass in der fraglichen Zeit tatsächlich ein Zusammenleben der Klägerin zu 1 und des M in einem gemeinsamen Haushalt vor-lag, schließt der Senat hauptsächlich aus den Ergebnissen der von der Beklagten im Januar 2007 durchgeführten Observation.

(aa) Die Ergebnisse der Observation durften im Verwaltungsver-fahren und dürfen im gerichtlichen Verfahren verwertet werden. Die aus der Observation gewonnenen Ergebnisse unterliegen (mo-mentan noch) nicht einem Beweiserhebungsverbot.

Offen bleiben kann, inwieweit eine möglicherweise fehlerhafte Beweiserhebung auch ein Beweisverwertungsverbot impliziert. Denn nicht jede fehlerhafte Beweiserhebung löst ein Verwer-tungsverbot aus (Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 50. Aufla-ge 2007, Einleitung RdNr. 55; vgl. auch BVerfG NJW 2000, S. 3557; BVerfG NVwZ 2005, S. 1175). Das Prozessgrundrecht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren gebietet keinen Auto-matismus dahin, jede rechtsfehlerhafte Beweiserhebung müsse die Verwertung der gewonnenen Beweise unzulässig machen. Verfassungsrechtlich ist ein Verwertungsverbot erst dann geboten, wenn rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse nicht mehr gewahrt sind (vgl. BVerfG NVwZ 2005, S. 1175). Wie sich eine unzulässige Observation insoweit auswirken würde, bedarf kei-ner Entscheidung. Ebenso kann dahin stehen, inwieweit dem ein-fachen Recht, hier dem SGB X, eine Zwangsläufigkeit eines Ver-wertungsverbots inhärent ist. Schließlich bedarf keiner Würdi-gung, inwieweit von Belang ist, dass die Observation vorder-gründig in erster Linie die Persönlichkeitssphäre des M tan-gierte, es jedoch in dem Verwaltungsverfahren um Leistungen für die Kläger ging. Denn im vorliegenden Fall hat die Beklagte mit der Observation noch den rechtlich vorgegebenen Rahmen der Beweiserhebung gewahrt. Das bedarf allerdings der Begründung:

Der Senat ist davon überzeugt, dass die von der Beklagten durchgeführte Observation (zum Begriff vgl. BGH NJW 1998, S. 1237) in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Form des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des M, aber auch der Klägerin zu 1 eingegriffen hat. Dabei darf ein Eingriff nicht erst unter den Voraussetzungen des klassischen Eingriffsbegriffs angenommen werden (vgl. dazu BVerfGE 105, 279 (300)). Es kommt vielmehr darauf an, dass die Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in einer dem Staat als Hoheitsträger zurechenbaren Weise beeinträchtigt werden, so dass ein verfas-sungsrechtlicher Rechtfertigungsbedarf besteht. Gegenständlich umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und in-nerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offen-bart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen (vgl. BVerfGE 65, 1 (42 f.); 67, 100 (143)). Es gewährleistet nicht allein den Schutz der Privat- und Intimsphäre, sondern trägt in Ges-talt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch den informationellen Schutzinteressen des Einzelnen, der sich in die Öffentlichkeit begibt, Rechnung (vgl. BVerfGE 65, 1 (45)). Gemessen daran kann kein vernünftiger Zweifel bestehen, dass ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in das Grundrecht des M und auch der Klägerin zu 1 gegeben ist. Ein bloßer Bagatell-eingriff liegt nicht vor. Die hier vertretene Auffassung, dass ein nicht unwesentlicher Eingriff gegeben ist, wird nicht zu-letzt dadurch gestützt, dass der Gesetzgeber in der Strafprozessordnung zum 01.11.2000 mit § 163 f StPO eine besondere Befugnisnorm für Observationen installiert hat.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist der Ein-schränkung im überwiegenden Allgemeininteresse zugänglich. Diese bedarf jedoch einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht und verhältnismäßig ist (vgl.BVerfGE 65, 1 (43 f.)). Auf eine bloße Aufgabenzuweisungsnorm lassen sich Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung regelmäßig nicht stützen. An einer derartigen gesetzlichen Grundlage fehlte es im streitgegenständlichen Zeitraum:

(aaa) Zunächst bietet das SGB II keine hinreichende gesetzlichen Ermächtigung: In Zusammenschau mit § 67 d Abs. 1 SGB X liefert § 50 Abs. 1 SGB II - obwohl auf den ersten Blick nur Aufgabenzuweisungsnorm - eine gesetzliche Übermittlungsbefug-nis von Sozialdaten. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um Datenübermittlung (vgl. zum Begriff § 67 Abs. 6 Satz 2 Nr. 3 SGB X). § 51 b Abs. 1 SGB II dürfte eher als Aufgabenzuwei-sungsnorm denn als Befugnisnorm zur Datenerhebung anzusehen sein. Die Regelung ist erforderlich geworden, damit sich die gespaltene Zuständigkeit im Bereich der Grundsicherung für Ar-beitssuchende nicht negativ hinsichtlich des Datenbestands der zuständigen Leistungsträger auswirkt (vgl. Oppermann in Ei-cher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 51 b RdNr. 1). Es spricht Einiges dafür, dass als Befugnisnormen zu Rechtsein-griffen gegenüber den Bürgern ausschließlich die einschlägigen Vorschriften des SGB X heranziehbar sein sollen. Für den Charakter des § 51 b SGB II als Befugnisnorm spricht hingegen, dass nach der allgemeinen Regelung des § 67 a Abs. 1 SGB X die Datenerhebung (vgl. zum Begriff § 67 Abs. 5 SGB X) nur zuläs-sig ist, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle erforderlich ist, während § 51 b SGB II einen Fall regelt, in dem eine Stelle Daten auch für eine andere erhebt. Doch auch wenn § 51 b SGB II eine Befugnisnorm darstellen sollte, so böte sie doch keine Rechtsgrundlage für die hier in Streit stehende Observation. Denn diese wirkt beeinträchtigend insbesondere durch die besondere Art und Weise der Datengewinnung. Diese wird durch § 51 b SGB II nicht gedeckt. Hinzu kommt, dass § 51 b SGB II insoweit auch zu unbestimmt wäre (vgl. BVerfG, Beschluss der ersten Kammer des Ersten Senats vom 23.02.2007 - 1 BvR 2368/06, RdNr. 54 - 56 des Umdrucks; allgemein BVerfGE 113, 348 (375 ff.)).

(bbb) § 67 a Abs. 1, 2 SGB X scheidet ebenfalls als Befugnis-norm aus. Zwar führt die Observation zu einer Datenerhebung. Nach § 67 a Abs. 2 SGB X muss diese jedoch grundsätzlich beim Betroffenen, und darf nur ausnahmsweise bei den in Satz 2 ge-nannten Stellen erfolgen. Darüber hinaus deckt § 67 a Abs. 1, 2 SGB X nicht die spezielle, "verbrämte" Erhebungsform einer Observation ab.

(ccc) Auch die allgemeinen Verfahrensvorschriften des SGB X helfen nicht weiter. § 20 SGB X (Amtsermittlungsprinzip) ver-mittelt keine Eingriffsbefugnisse (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage 2008, § 24 RdNr. 2 b). Auch § 21 SGB X vermag keine Befungisnorm zu liefern. Einmal ist schon unklar, ob die Norm überhaupt zu Rechtseingriffen ermächtigen soll (vernei-nend Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 26 RdNr. 38) oder ob nur die Aufgabenerledigung beschrieben wird. Richtig dürfte sein, nach der Schwere der Eingriffe differenzieren; für leichte Beeinträchtigungen dürfte neben § 21 SGB X keine gesonderte Rechtsgrundlage notwendig sein. Bei eingriffsintensiveren Maßnahmen bedarf es dagegen einer besonderen gesetzlichen Grundlage. Für die Observation genügt § 21 SGB X nicht. § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X (Einnahme des Augenscheins) verkörpert kein Fundament, weil der Augenschein in diesem Sinn nicht geheim ist, was aber gerade Spezifikum der Observation ist. Die Observation geht also nach ihrer Eingriffsintensität weit über den so verstandenen Augenschein hinaus. Die Observation kann ebensowenig als milderer Eingriff gegenüber Zeugeneinvernahmen angesehen werden; von daher verbietet sich, a maiore ad minus § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X fruchtbar zu machen. Das Bild, das sich die Behörde durch eigene Beobachtungen macht, ist ein anderes als das aus zweiter Hand mittels Zeugenaussagen entwickelte. Zudem zeichnet sich die Observation durch bewusstes Ausnutzen der Arglosigkeit des Beobachteten aus, was bei der Zeugeneinvernahme nicht im Mittelpunkt steht.

(ddd) Auf die Befugnisnormen der allgemeinen Datenschutzgeset-ze kann nicht zurückgegriffen werden, weil die Spezialität der §§ 67 ff. SGB X im Hinblick auf Sozialdaten einen Rückgriff auf jene verbietet (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes, Art. 2 Abs. 7 des Bayerischen Datenschutzgesetzes; vgl. auch Bieresborn in: von Wulffen, SGB X, 6. Auflage 2008, Vor § 67 RdNr. 18).

Der Umstand, dass für die Observation eine hinreichende Befug-nisnorm fehlte, führt aber dennoch nicht dazu, dass die Be-weiserhebung rechtswidrig wäre. Denn jedenfalls für eine Über-gangszeit erscheint es angemessen, solche Aktionen, wie von der Beklagten durchgeführt, auch ohne eine solche zu akzeptieren. Zu diesem Ergebnis kommt der Senat aufgrund einer Abwägung, in deren Rahmen folgende Gesichtspunkte Berücksichtigung finden:

Zunächst ist es zwar die Ausnahme, jedoch kein Novum, dass Eingriffe in Grundrechte ohne ausdrückliche, spezielle Befugnisnorm für eine Übergangszeit hingenommen werden. Hier sei auf die Regelung der so genannten besonderen Gewaltverhältnisse verwiesen; dort sind bis zum Erlass der verfassungsrechtlich gebotenen gesetzlichen Bestimmungen Eingriffe in Grundrechte der "Anstaltsbenutzer" (vor allem Schüler, Strafgefangene) auch auf der Grundlage von "Anstaltsordnungen" akzeptiert worden (vgl. BVerwGE 56, 155 (161 f.) m.w.N.). Des weiteren hat man sich im Bereich der Strafverfolgung über einen sehr langen Zeitraum hinweg damit begnügt, Observationen auf die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen zu stützen. Dazu hat der Bundesgerichtshof ausgeführt (BGH NJW 1998, S. 2561), teilweise sei in der Literatur die Zulässigkeit von Observationen aus den §§ 161, 163 Abs. 1 StPO hergeleitet worden; diese Vorschriften erlaubten seit jeher Maßnahmen ohne Zwang. Nach anderer Auffassung ließen sich den §§ 161, 163 Abs. 1 StPO dagegen Befugnisse für strafprozessuale Eingriffe nicht entnehmen; danach sei die Durchführung einer - zumal längerfristigen - Observation erst nach Einführung einer entsprechenden Erlaubnisnorm in die Strafprozessordnung zulässig. Zu seiner eigenen Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof Folgendes berichtet: In der Entscheidung NJW 1991, S. 2561, habe er für eine insgesamt fünfmonatige tägliche Videoüberwachung eines Verdächtigen im Hinblick auf das "Volkszählungsurteil" des Bundesverfassungsgerichts Zweifel daran geäußert, ob die §§ 160, 161, 163 StPO - oder auch die allgemeine polizeirechtliche Aufgabenklausel - eine derartige Maßnahme abdecken könnten. In dem aktuell der Entscheidung NJW 1998, S. 1237, zugrunde liegenden Fall hat der Bundesgerichtshof einerseits danach differenziert, ob die Observation den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG berührt oder nicht. Weiter hat er in einer Videoüberwachung ein erschwerendes Moment erblickt: Darin liege ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Denn angesichts der wochenlangen und ununterbrochenen Observation des seinerzeitigen Angeklagten beim Betreten und Verlassen seines Grundstücks hätte es sich um eine erhebliche Ermittlungsmaßnahme gehandelt. Dafür spreche zudem, dass eine Videokamera im Unterschied zum menschlichen Beobachter, der der üblicherweise in Bezug auf seine Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit Beeinträchtigungen unterliegen könne, ein von solchen Einschränkungen freies Bild der aufgenommenen Person erstelle und die gemachten Aufzeichnungen zeitlich nahezu unbegrenzt aufbewahrt werden könnten. Daher sei für die durchgeführte Ermittlungsmaßnahme eine spezielle strafprozessuale Rechtsgrundlage erforderlich.

Zieht man aus der Entscheidung BGH NJW 1998, S. 1237, Schlüsse für den vorliegenden Fall, müsste man zum Ergebnis kommen, ein besonders intensiver und sensibler Eingriff sei nicht gegeben. Denn weder ist der Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG betrof-fen noch sind Videoaufnahmen gemacht worden. In eine andere Richtung weist jedoch der schon erwähnte Umstand, dass mit Wirkung vom 01.11.2000 § 163 f in die Strafprozessordnung eingefügt worden ist. Auch die im vorliegenden Fall von der Beklagten durchgeführte Beobachtung wäre als längerfristige Observation im Sinn von § 163 f Abs. 1 Satz 1 StPO zu beurteilen (planmäßig angelegte Beobachtung, an mehr als zwei Tagen). Auch wenn das Pönalisierungselement im vorliegenden Fall fehlt, so macht doch nachdenklich, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit einer solchen Observation an relativ strenge Voraussetzungen geknüpft hat.

Von größter Bedeutung sind Reichweite und Intensität des mit der Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriffs. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt es insoweit maßgeblich auf die Art der Beeinträchtigung des Rechts auf infor-mationelle Selbstbestimmung an. Insofern kann auch von Belang sein, ob die betroffenen Personen für die Maßnahme einen An-lass geben und wie dieser beschaffen ist (vgl. BVerfGE 100, 313 (376); 107, 299 (318 ff.); 109, 279 (353) ; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 04.04.2006 - 1 BvR 518/02 -, NJW 2006, S. 1939 (1942)). Verdachtslose Eingriffe mit großer Streubreite, bei denen zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, weisen grundsätzlich eine hohe Eingriffsintensität auf (vgl. BVerfGE 100, 313 (376, 392); 107, 299 (320 f.); 109, 279 (353); 113, 348 (383); BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 04.04.2006 - 1 BvR 518/02 -, NJW 2006, S. 1939 (1944)). Die hier vorliegende Observation erfolgte zielgerichtet und punktgenau. Sie wies keine Streubreite auf. Die Privatsphären des M und der Klägerin zu 1 wurden zeitlich (täglich nur eine Stunde), räumlich (nur die Hauseingänge) und gegenständlich (wo hat M übernachtet?) nur äußerst begrenzt ausgeforscht. Spezielle Grundrechte (Art. 10, 13 GG) wurden nicht berührt, Bildaufnahmen nicht erstellt.

Zudem diente die Observation einem grundsätzlich sinnvollen und billigenswerten Zweck: Auch wenn im konkreten Fall den Klägern nicht Sozialleistungsmissbrauch vorgeworfen werden soll, so hält es der Senat generell für wichtig, diesen wirksam bekämpfen und ihm damit auch vorbeugen zu können. Das ist nicht nur Selbstzweck. Damit ein steuerfinanziertes Sozialleistungssystem geschaffen werden oder aufrechterhalten bleiben kann, ist es in nicht unerheblichem Maß auf die Akzeptanz in der Bevölkerung angewiesen. Nur unter dieser Voraussetzung wird es auf Dauer politisch vertreten werden können. Weit ausufernder Sozialleistungsmissbrauch könnte diese Akzeptanz merklich beeinträchtigen. Auf diese Weise ist dieser geeignet, das legitimatorische und politische Fundament eines Sozialleistungssystems zu untergraben. Zwar darf in einem Rechtsstaat "der Zweck nie die Mittel heiligen". Für eine überschaubare Übergangszeit erscheint es jedoch vertretbar, für entsprechende Observationen auf eine spezielle Befugnisnorm zu verzichten.

(bb) Die Ergebnisse der Observation nötigen zu dem Schluss, dass im streitigen Zeitraum M im Haushalt der Kläger wohnte. M kam fast an allen Tagen zwischen 5.30 und 6.30 Uhr aus der Wohnung der Kläger. An mehreren Tagen ließ sich der positive Nachweis erbringen, dass M gerade nicht kurz vorher mit dem Mercedes angekommen war. Die Erklärung der Kläger, M sei angeblich schon um 05.30 oder bereits vorher eingetroffen, um dann bis zu einer Stunde in der Wohnung der Kläger - trotz des "erkalteten" Verhältnisses zur Klägerin zu 1 - zu bleiben, überzeugt nicht. Dass zu dieser überaus frühen Stunde mit der Klägerin zu 1 über die Kinder gesprochen worden sein soll, mutet sehr konstruiert an. Hinzu kommt, dass nach Angaben der Kläger werktäglich von 16.00 Uhr bis in den Abend hinein ohnehin die Möglichkeit bestand, über die beiden gemeinsamen Kinder zu sprechen. So drängt sich schon die Frage auf, warum sich sich die Klägerin zu 1 schon so früh aus dem Bett begeben sollte, um über Angelegenheiten der Kinder zu sprechen. Eine plausible Antwort darauf lässt sich nicht finden. Die Notwendigkeit, über die gemeinsamen Kinder zu sprechen, soll in keiner Weise geleugnet werden. Zeit und Umfang dieser Gespräche, wie von den Klägern reklamiert (jeden Tag unter der Woche - eine Stunde vor der Arbeit sowie nach der Arbeit häufig bis in den späteren Abend hinein), muten jedoch realitätsfremd an. Das Gleiche gilt aus der Sicht des M: Es ist nicht nachvollziehbar, warum M auf Schlaf verzichtet und sich bereits erhebliche Zeit, bevor er von seinem Kollegen abgeholt wurde, in die Wohnung der Kläger begeben haben soll. M hätte sich genauso gut von der Wohnung M.-Straße abholen lassen können. Eingespielter Treffpunkt war aber ganz offenkundig die Tankstelle in der Nähe der Wohnung der Kläger.

Die Erklärungsversuche der Kläger vermögen nicht nur bei iso-lierter Betrachtung nicht zu überzeugen, sie werden auch dadurch erheblich entwertet, dass der klägerische Vortrag insgesamt widersprüchlich und inkonsistent erscheint. Die Klägerin zu 1 hat im Rahmen des Hausbesuchs seitens der Beklagten angegeben, M würde zwei- bis dreimal pro Woche bei den Klägern nächtigen. Dazu steht im Widerspruch, dass in der mündlichen Verhandlung sowohl von der Klägerin zu 1 als auch von M be-hauptet worden ist, M habe nur noch einmal pro Monat dort ge-schlafen. Weiter hat die Klägerin zu 1 im Rahmen des Hausbe-suchs angegeben, sie erledige Wäsche und Einkäufe für M. Der wiederum hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, er werde haushaltsmäßig komplett von der Stiefmutter versorgt.

Eine besonders eklatante Ungereimtheit offenbart sich im Schriftsatz vom 31.01.2007 an das Sozialgericht. Dort wird behauptet, M habe "länger" schon nicht mehr in der B.straße übernachtet. Gleichzeitig wird aber behauptet, das Auto soll mehrere Tage defekt - also nicht benutzbar - gewesen sein. Dann müssen sich die Kläger die Frage gefallen lassen, wie M früh am Morgen zu der Wohnung der Kläger gekommen sein soll; er wird wohl kaum gelaufen sein (vgl. dazu auch Vermerk der Beklagten vom 01.02.2007).

Obwohl die Observation im Januar 2007 stattgefunden hat, sind Rückschlüsse für den streitgegenständlichen Zeitraum zulässig. Das gilt umso mehr, weil angeblich (Schriftsatz der Kläger vom 31.01.2007 an das Sozialgericht) seit Anfang 2007 eine weitere Erkaltung des Verhältnisses der Klägerin zu 1 und des M eingetreten sei. Vorher war das Verhältnis also noch besser, als es sich im Rahmen der Observation geoffenbart hat.

Nachdem sich somit zur Überzeugung des Senats erwiesen hat, dass die Klägerin zu 1 und M im streitgegenständlichen Zeitraum in einem gemeinsamen Haushalt zusammengelebt haben, greift die Vermutungswirkung des § 7 Abs. 3 a Nr. 2 SGB II. Denn M hat nicht nur mit der Klägerin zu 1, sondern auch mit den Klägern zu 5 und 6 zusammengelebt. Es bestehen keine Anhaltspunkte, welche geeignet sein könnten, die gesetzliche Vermutung zu entkräften. In diesem Rahmen unterstellt der Senat zu Gunsten der Kläger, dass die Vermutungsregelung lediglich eine Umkehr der objektiven Beweislast hinsichtlich des Grundtatbestandes des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c SGB II bewirkt (vgl. Brühl/ Schoch, a.a.O., § 7 RdNr. 70), nicht aber eine "Aufweichung" des Amtsermittlungs- zu Gunsten des Beibringungsgrundsatzes. Gegen ein eheähnliches Verantwortungs- und Einstandsbewusstsein der Klägerin zu 1 und des M spricht nicht, dass M die Wochenenden wohl nur sporadisch, die Urlaube offenbar gar nicht mit den Klägern verbracht hat. Ohne den Klägern derartige Bestrebungen zu unterstellen, ist an dieser Stelle zu unterstreichen, dass solche Erscheinungsformen der partnerschaftlichen Beziehung, die offensichtlich primär gewählt worden sind, um optimal in den Genuss von Sozialleistungen kommen zu können, grundsätzlich keine Aussagekraft haben. Denn sie erweisen sich als fremdmotiviert und lassen keine Rückschlüsse auf das gegenseitige Verantwortungs- und Einstandsbewusstsein zu.

Die Beklagte hat unter Zugrundelegung des Einkommens des M die Leistungen der Kläger auch nicht zu deren Nachteil falsch be-rechnet. Insbesondere hat sie die Unterhaltsleistungen an die Kinder nach der Spezialregelung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II nicht auf die anderen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft "verteilt" und auch das Kindergeld zutreffend gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB II behandelt. Ob M zudem anrechenbare Vermögenswerte hatte (beispielsweise die Kraftfahrzeuge), bedarf keiner Erörterung. Denn sollte das der Fall sein, würde es sich nicht zu Gunsten, sondern zu Lasten der Kläger auswirken. Dass die Beklagte die Leistungen für November 2006 zunächst nur auf 23,14 Euro reduziert hatte, war seinerzeit - bei Erlass des Bescheids vom 24.08.2006 - rechtmäßig; sie hatte sich hinsichtlich der Einkommensprognose auf den damals aktuellsten Verdienstnachweis gestützt und daraus in zutreffender Weise im Wege der Prognose auf die Einkommensverhältnisse in der Folgezeit geschlossen. Dass im November 2006 tatsächlich ein erheblich höheres Einkommen zufließen würde, war seinerzeit noch nicht absehbar.

Ein nicht zu unterschätzendes Problem sieht der Senat darin, dass die Beklagte überhaupt das Einkommen des M auch für die Kläger zu 2 bis 4, die nicht dessen leibliche Kinder sind, he-rangezogen hat. Das entspricht indes der Gesetzeslage. In der ab 01.08.2006 geltenden Fassung legt § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II fest, dass auch der mit dem Elternteil in Bedarfsgemeinschaft lebende Partner sein Einkommen für die Kinder des anderen ein-zusetzen hat. Die entsprechende Gesetzesänderung ist durch Ar-tikel 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsiche-rung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I S. 1706) eingefügt worden. Nach der Begründung zum Fraktionsentwurf (BTDrucks 16/1410, S. 20) dient die Gesetzesänderung dazu, ei-ne Benachteiligung der Ehe gegenüber der eheähnlichen Gemein-schaft zu verhindern, die durch § 9 Abs. 5 SGB II entstanden war. Die überwiegende Auffassung geht von der Verfassungsmä-ßigkeit der Regelung aus. Sie wird im Wesentlichen damit be-gründet, der Gesetzgeber dürfe den tatsächlichen Umstand be-rücksichtigen, dass der Partner - aufgrund moralischer Ver-pflichtung - typischerweise auch für die Kinder des anderen einstehe (tatsächliche Einstandsgemeinschaft); eine Typisie-rung sei insoweit zulässig (LSG Niedersachsen-Bremen, Be-schlüsse vom 23.01.2007 - L 13 AS 27/06 ER und vom 18.04.2007 - L 9 AS 139/07 ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 11.05.2007 - L 12 B 207/06 AS ER - und vom 18.07.2007 - L 20 B 64/07 AS ER). Die Gegenauffassung vertritt Wenner, Verfas-sungsrechtlich problematische Regelungen für eheähnliche Ge-meinschaften und Stiefeltern, SozSich 2006, S. 146 (150 ff.). Wenner weist darauf hin, die Einstandspflicht für Stief- und Partnerkinder verkörpere einen Bruch mit der seit Jahrzehnten praktizierten Rechtslage. In Übereinstimmung mit Wenner hat auch der Senat erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Vor dem Hintergrund des Übermaßverbots wäre es wohl ausreichend gewesen, Partnerkinder in die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II einzubeziehen. Der Gesetzgeber hat sich dagegen dafür ent-schieden, die Anrechnung von Einkommen für Partnerkinder gene-rell - ohne die Widerlegungsoption des § 9 Abs. 5 SGB II - an-zuordnen. Zwar darf der Gesetzgeber im Prinzip typisieren. Hier aber scheint die Typisierungsbefugnis doch überschritten zu sein, zumal es sich um eine belastende Typisierung handelt. Zum Einen darf in Zweifel gezogen werden, ob in der Lebenswirklichkeit das Einstehen für Partnerkinder tatsächlich die Regel ist. Zum Anderen spricht gegen das Typisierungsargument, dass die Folgen für diejenigen Partnerkindern, die entgegen der Annahme des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II nicht vom Partner ihres Elternteils unterstützt werden, sehr gravierend sind. Trotz aller Bedenken ist der Senat aber noch nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelung überzeugt. Nur die Überzeugung aber würde dazu berechtigen, das Gesetz nicht anzuwenden und grundsätzlich dazu verpflichten, die Sache nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Nachdem also die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Leis-tungsbewilligung vom 13.12.2005 festgestellt ist, bleibt nach-zutragen, dass auch die übrigen Voraussetzungen für eine Rück-nahme der Bewilligung vorliegen. Die aufhebenden Regelungen lassen unter Einbeziehung der Leistungsberechnungen hinrei-chend erkennen, dass und inwieweit die Rücknahme gegenüber je-dem einzelnen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erfolgt ist.

Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 SGB X sind erfüllt. Der Bescheid vom 13.12.2005 beruht auf Angaben, die die Klägerin zu 1 grob fahrlässig unrichtig gemacht hat. Denn sie hatte in ihrem Folgeantrag vom 17.11.2005 angegeben, sie sei allein erziehende Mutter; Änderungen gegenüber Voranträgen hätten sich nicht ergeben. Im Erstantrag vom 17.08.2004 hatte sie angekreuzt, sie sei geschieden seit 1997, bei "eheähnliche Gemeinschaft" aber kein Kreuz angebracht. Bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre hätte die Klägerin zu 1 gegenüber der Beklagten zumindest die Anknüpfungstatsachen offenbaren und Erkundigungen zur eheähnlichen Gemeinschaft einholen müssen (vgl. Senatsurteil vom 27.07.2007 - L 7 AS 9/07). Das gilt umso mehr, als die Problematik der Klägerin zu 1 bereits aus dem Sozialhilferecht vertraut war. Sie hatte über viele Jahre hinweg bis Ende 2004 für sich und ihre Kinder Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG bezogen. Der Sozialhilfeträger hatte ihr mit Schreiben vom 10.04.2002 den Hinweis erteilt, im Fall eines Einzugs des M würde ein Leistungsanspruch nach dem BSHG entfallen. Die Kläger zu 2 bis 6 müssen sich dies entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Aufgrund der Einschlägigkeit des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X durfte die Rücknahme auch für die Vergangenheit - den größten Teils des Monats August - erfolgen (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Fristenprobleme nach § 45 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 2 SGB X bestehen nicht.

2. Die gänzliche Leistungsaufhebung für den Monat November 2006 durch Bescheid vom 07.03.2007 erweist sich gleichfalls als rechtmäßig. Denn es liegt eine nachträgliche wesentliche Änderung der relevanten Verhältnisse vor, die auch zu einer rückwirkenden Aufhebung berechtigt hat (§ 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 SGB X). Die Änderung besteht darin, dass M im November 2006 eine erhebliche Sonderzahlung von seinem Arbeitgeber erhalten hat. Die fehlende Anhörung ist nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X unschädlich; im Berufungsverfahren hatten die Kläger hinreichende Möglichkeit, sich zu äußern, und davon auch Gebrauch gemacht. Die Beklagte hat richtig errechnet, dass aufgrund des einzusetzenden Einkommens des M für November 2006 keine Leistungsansprüche bestehen. Fristenprobleme bezüglich der Aufhebung existieren nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wurde zugelassen, weil der Rechtsstreit insbeson-dere verfassungsrechtliche Probleme aufwirft, die einer höchstricherlichen Klärung bedürfen.
Rechtskraft
Aus
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