L 16 R 191/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 R 664/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 191/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 15. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1951 geborene Klägerin leidet seit ihrer Kindheit an den Folgen einer Kinderlähmung (Paresen am rechten Arm und linken Bein, Beinverkürzung links 3,5 cm). Nach dem Schwerbehindertengesetz war bis April 2000 ein GdB (Grad der Behinderung) von 70 sowie das Merkzeichen "G" festgestellt; ab Mai 2000 wurde der GdB auf 100 erhöht sowie die weiteren Merkzeichen "B" und "aG" zuerkannt. Die Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert; sie hatte in der Zeit von 1967 bis 1988 - unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - die ungelernten und kurz angelernten Tätigkeiten einer Näherin, Metallverarbeiterin in der Elektronik, Maschinenarbeiterin und zuletzt Fadenkettenabtrennerin in der Materialkontrolle einer Textilfabrik versicherungspflichtig ausgeübt; in diesem Zeitraum waren ununterbrochen Pflichtbeiträge entrichtet worden. Danach wurden für sie fortlaufend bis März 1995 Pflichtbeiträge auf Grund des Bezugs von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit wegen Arbeitslosigkeit entrichtet. Anschließend bezog sie bis Dezember 2004 Sozialhilfe. Seit 01.01.2005 werden wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II wieder Pflichtbeiträge an die Beklagte abgeführt.

Das erste 1989 eingeleitete Rentenverfahren endete erfolglos mit einer Rücknahme der beim Sozialgericht Regensburg erhobenen Klage im Juni 1990 (Az. S 6 Ar 178/90).

Der 1991 gestellte Rentenantrag wurde nach Einholung eines orthopädischen und eines internistischen Gutachtens mit Bescheid vom 06.11.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.01.1992 abgelehnt. Die hiergegen erhobene Klage wurde auf der Grundlage eines im Klageverfahren eingeholten orthopädischen Gutachtens abgewiesen. Die Berufung wurde unter Berücksichtigung erneuter Begutachtungen durch die Sachverständigen Dr. F. und Dr. K. auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet, jeweils basierend auf Untersuchungen der Klägerin, mit Urteil vom 25.08.1994 zurückgewiesen (Az. L 16 Ar 289/93).

Den weiteren am 29.09.1994 gestellten Rentenantrag lehnte die Beklagte unter Bezugnahme auf die im vorausgehenden Berufungsverfahren eingeholten Gutachten mit Bescheid vom 08.02.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.1995 ab. Im anschließenden Klageverfahren weigerte sich die Klägerin, die Untersuchungstermine bei Prof. Dr. G.sowie Dr. R. wahrzunehmen. Eine Untersuchung auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet durch den Terminsarzt Professor Dr. S. am 22.07.1999 wurde auf Grund des Verhaltens der Klägerin abgebrochen mit der Folge, dass dieser sein Gutachten im Wesentlichen auf die Aktenlage - d.h. unter Berücksichtigung der beigezogenen Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte sowie Unterlagen des medizinischen Dienstes der Krankenkassen und des Gesundheitsamtes, der beigezogenen Schwerbehindertenakte, Akten des Arbeitsamtes Sch., der Sozialhilfeverwaltung des Landratsamtes A. sowie der vorausgegangen Klage- und Berufungsverfahren - stützte. Auf Grund seiner Einschätzung eines mindestens achtstündigen Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 22.07.1999 ab mit der Begründung, dass ohne neue Untersuchung keine wesentliche Änderung der Gesundheitsstörungen im Vergleich zum Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25.08.1994 festgestellt werden könne. Die Klägerin habe daher nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen der Unerweislichkeit des Vorliegens der Voraussetzungen für den geltend gemachten Rentenanspruch zu tragen. Da die Klägerin sich auch im Berufungsverfahren trotz zahlreicher Hinweise des Senats geweigert hatte, den angesetzten Untersuchungstermin wahrzunehmen, wurde die Berufung unter Hinweis auf die objektive Feststellungslast der Klägerin mit Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2001 zurückgewiesen (Az. L 14 RJ 442/99). Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision wurde mit Beschluss des BSG vom 12.07.2001 als unzulässig verworfen (Az. B 13 RJ 63/01 B).

Der erneute Rentenantrag der Klägerin vom 18.02.2002 wurde von der Beklagten mangels Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen mit Bescheid vom 22.07.2002 abgelehnt und der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2002 wegen Fristversäumnis des Widerspruchs als unzulässig zurückgewiesen. Das anschließende Klage- und Berufungsverfahren war erfolglos (Beschluss des Bayerischen LSG vom 8. März 2007, Az. L 16 R 792/05).

Den hier streitgegenständlichen Antrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vom 18.06.2007 wegen einer seit 1988 bestehenden Krankheit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.07.2007 ab mit der Begründung, dass in dem maßgeblichen Zeitraum vom 18.06.2002 bis 17.06.2007 lediglich 30 Kalendermonate Pflichtbeiträge entrichtet worden seien und daher die erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin mit der Begründung, dass sie dauerhaft erwerbsgemindert sei, wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2007 als unbegründet zurückgewiesen, weil die erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zuletzt bei einem Leistungsfall der Erwerbsminderung im April 1997 erfüllt gewesen seien. Nach dem rechtskräftigen Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29.01.2001 sei nicht nachgewiesen, dass die Klägerin im Jahr 1997 erwerbs- oder berufsunfähig gewesen sei. In dem Zeitraum von April 1995 bis Dezember 2000 lägen auch keine Anwartschaftserhaltungszeiten vor.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg verwies die Klägerin erneut darauf, dass sie seit 1989 erwerbsgemindert sei, und forderte einen Schadensersatz wegen Nichtgewährung der Rente infolge falscher Grundlagen. Sie erteile wegen der Zufügung eines Schadens durch das Sozialgericht "wegen falscher Grundlage und fehlender Krankheiten" diesem auch keine Vollmachten mehr. Im Terminsprotokoll vom 28.11.2007 war der Hinweis des Vorsitzenden aufgenommen, dass ohne Einwilligung der Klägerin zur Beiziehung von Unterlagen eine sinnvolle Bearbeitung des Rechtsstreits nicht möglich sei und die Klage bei bestehender Sachlage abgewiesen werden müsse. Mangels Reaktion der Klägerin wurde die Klage in einem weiteren Termin am 15.01.2008, bei dem die Klägerin nicht anwesend war (sie hatte einen Tag zuvor eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt), abgewiesen, weil der für die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmögliche Leistungsfall der Erwerbsminderung im April 1997 nach dem Beschluss des Bayerischen LSG vom 29.01.2001 nicht nachgewiesen sei.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, weil sie seit 1988 bzw. 1989 nicht mehr erwerbsfähig sei und die Akten der Beklagten unvollständig und nicht "in Ordnung" seien. Wegen einer Diskriminierung, Untätigkeit der Beklagten sowie der Gerichte und dem dadurch bedingten Rentenausfall beantrage sie die Zahlung eines Schadensersatzes. Sie wolle vom Gericht ein Gutachten mit allen Krankheiten ab 1989.

Die Klägerin hat den vom Senat übersandten Fragebogen zur Aufklärung des Sachverhalts nur teilweise ausgefüllt; Behandlungen oder Untersuchungen bei Ärzten etc. hat sie nicht angegeben. Auch hat sie einer Verwertung der Unterlagen im Verfahren nicht zugestimmt. Auf ein Schreiben des Senats vom 05.05.2008 hin, ihre Bereitschaft zu einer Untersuchung schriftlich zu erklären und die ab Januar 2007 behandelnden Ärzte und Krankenhäuser mitzuteilen unter Hinweis darauf, dass sie bei Eintritt eines Leistungsfalls der Erwerbsminderung ab Januar 2008 auf Grund der ab Januar 2005 entrichteten Pflichtbeiträge die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente erfüllen würde und bei fehlender Mitwirkung nach derzeitiger Aktenlage entschieden werden müsste, hat sie lediglich eine Auflistung ihrer Krankheiten ab 1958 (für das Jahr 2007 hat sie lediglich eine Gehhilfe angegeben) übersandt. Sie weist darauf hin, dass bei Vorliegen der Befunde nach Aktenlage entschieden werden soll. Nach Beiziehung der Schwerbehindertenakte sowie der von der AOK Bayern übersandten Unterlagen hat der Senat die Klägerin mit Schreiben vom 30.06.2008 erneut darauf hingewiesen, dass er eine Untersuchung der Klägerin für unverzichtbar halte. Falls die Klägerin sich hierzu nicht bereit erkläre, sei beabsichtigt, im Beschlussverfahren nach § 153 Abs.4 SGG zu entscheiden. In ihrer Stellungnahme hierzu verweist die Klägerin nur darauf, dass die Akte noch immer nicht in Ordnung sei und sie seit 19 Jahren benachteiligt werde. Vorgelegt wird eine Bescheinigung ihrer Mitgliedschaftszeiten bei der AOK Bayern vom 15.05.2008.

Mit Schreiben vom 30.06.2008 hat der Senat auch die Beklagte darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, ohne mündliche Verhandlung im Beschlussverfahren nach § 153 Abs.4 SGG zu entscheiden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 15. Januar 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 03.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung ab Antragstellung am 18.06.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der zahlreichen Archivakten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts sowie der Schwerbehinderten-Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte und statthafte Berufung ist gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg. Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hielt, konnte er sie durch Beschluss gemäß § 153 Abs.4 SGG zurückweisen. Mit seinem Urteil vom 15. Januar 2008 hat das Sozialgericht zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 03.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 abgewiesen, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung oder wegen Berufsunfähigkeit hat, weil das Vorliegen einer Erwerbsminderung seit 1988, wie von der Klägerin geltend gemacht, bzw. zumindest seit Januar 2008 nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen ist. Für einen Leistungsfall der Erwerbsminderung nach April 1997 und vor Januar 2008 wären die erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827), weil die Klägerin den Rentenantrag nach dem 31.03.2001 gestellt hat und Rente für Zeiten nach dem 01.01.2001 begehrt (§ 300 Abs. 2 SGB VI).

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1, § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor dem Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Sie erfüllt zwar die allgemeine Wartezeit der § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI, jedoch ist das Vorliegen einer Beeinträchtigung in einem rentenberechtigenden Ausmaß in dem Zeitraum von 1988 bis April 1997 und wiederum ab Januar 2008, in dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt wären, nicht nachgewiesen.

Als Zeitpunkt der Erfüllung der sogenannten 3/5-Belegung ergibt sich der Zeitraum bis April 1997 und ab dem Monat Januar 2008. Weder ist eine Erwerbsminderung auf Grund eines der in § 53 SGB VI genannten Tatbestände eingetreten (§ 43 Abs. 5 SGB VI) noch sind in dem Zeitraum von Mai 1997 bis Dezember 2007 mindestens drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt. Die Klägerin hat nur bis März 1995 und wieder ab Januar 2005 wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Verlängerungstatbeständen im Sinn des § 43 Abs.4 SGB VI sind nicht ersichtlich. Weder hat sie wegen der Versicherungslücke von April 1995 bis Dezember 2004 eine durchgehende Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten seit 1984 noch ist die Erwerbsminderung vor dem 1. Januar 1984 eingetreten (§ 240 Abs. 2, § 241 Abs. 2 SGB VI). Hinweise darauf, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Beitragslücke Hinweis- oder Auskunftspflichten verletzt hätte, bestehen nicht. Die Beklagte hatte nämlich nach dem Beschluss des BSG vom 12.07.2001 die Klägerin mit Schreiben vom 16.08.2001 über die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes und die Möglichkeit der freiwilligen Beitragsentrichtung bis 12.10.2001 aufgeklärt. Da der erneute Rentenantrag erst am 18.02.2002 gestellt worden ist, vermochte dieser nicht erneut zu einer Unterbrechung der Frist zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen zu führen (§ 198 Satz 1 SGB VI).

Bis April 1997 und ab Januar 2008 lässt sich trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten das Vorliegen weder einer vollen noch einer teilweisen Erwerbsminderung nachweisen. Es ist nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin bis April 1997 oder ab Januar 2008 wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als 6 h täglich gesunken ist. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast trägt die Folgen der Unerweislichkeit einer Erwerbsminderung bis April 1997 oder ab Januar 2008 die Klägerin.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs.1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Die rechtsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung müssen voll bewiesen seien, d.h. sie müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (Vollbeweis). Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalls begründeter Zweifel bestehen (s. statt vieler Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 118 Rdnr. 5 ff. m.w.N.). Kann das Gericht bestimmte Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen (non liquet), so gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (so etwa BSGE 27,40). Die Klägerin muss daher nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen tragen, wenn eine Ungewissheit wegen der für sie günstigen Tatsachen verblieben ist. Denn für das Vorliegen der rechtsbegründenden Tatbestandsvoraussetzung der Erwerbsminderung trägt der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (so BSG SozR 3-2600 § 43 Rdnr. 14).

Der Senat hat alle Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Es wurden die Beklagten-Akte, die Archivakten des Sozialgerichts Regensburg und des Bayerischen Landessozialgerichts, die Schwerbehinderten-Akte und die ärztlichen Unterlagen der AOK beigezogen. Weitere Ermittlungen, insbesondere die Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte und die Einholung eines Gutachtens auf Grund einer Untersuchung der Klägerin, waren ohne Mitwirkung der Klägerin nicht möglich. Der Klägerin wäre es möglich und zumutbar gewesen, sowohl die Anschriften der behandelten Ärzte anzugeben als auch sich durch einen Sachverständigen untersuchen zu lassen. Die vorgelegte Auflistung von Krankheiten durch die Klägerin genügt diesen Anforderungen keineswegs. Da die Klägerin ihrer Mitwirkungslast nach § 103 Satz 1, 2. Halbsatz SGG trotz mehrfacher Hinweise nicht nachgekommen ist und eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht möglich war, geht nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Unerweislichkeit einer Erwerbsminderung bis April 1997 bzw. ab Januar 2008 zu Ihren Lasten. Denn die beigezogenen Unterlagen konnten keinen Nachweis für das Vorliegen einer Erwerbsminderung in vorgenanntem Zeitraum erbringen.

Die Klägerin hat sich zuletzt im Jahr 1994 von Dr. F. und Dr. K. auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet untersuchen lassen (beide Gutachten vom 13.06.1994). Danach verweigerte sie durchgehend jede Aufforderung zur Untersuchung; die Untersuchung bei den Terminsarzt Professor Dr. S. am 22.07.1999 brach sie ab. Sie war auch in diesem Verfahren nicht bereit, sich einer Untersuchung zu unterziehen, obwohl diese zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich und der Klägerin auch zumutbar gewesen wäre. Die beigezogenen Unterlagen konnten keine Anhaltspunkte für eine wesentliche, rentenberechtigende Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin seit der Begutachtung im Juni 1994 erbringen. Schließlich hat die Klägerin auch keine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes geltend gemacht; sie hält sich vielmehr seit 1988 bzw. 1989 für erwerbsgemindert. Die Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage war daher nicht veranlasst.

Auch die Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sind nicht nachgewiesen. Denn die Klägerin, die keinen Beruf im Sinn der Ausbildungsordnung erlernt hat und Tätigkeiten von allenfalls kurzer Anlernzeit versicherungspflichtig ausgeübt hatte, ist zumutbar auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar und somit nicht berufsunfähig.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung der Klägerin keinen Erfolg hatte.

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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