Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 736/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 B 529/08 R
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 15. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht Augsburg anhängig gewesenen Verfahren war die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung auf den Antrag der Beschwerdeführerin (Bf) vom 17.03.2004 streitig. Zur Aufklärung des Sachverhalts hatte das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen und von Amts wegen ein Gutachten von Dr. H., Orthopäde und Rheumatologe, eingeholt. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 17.08.2005 auf der Grundlage einer Untersuchung der Bf fest, dass diese trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen ab Antragstellung noch mindestens 6 h täglich erwerbstätig sein könne. Einwände gegen dieses Gutachten wurden von der Bf nicht vorgetragen.
Auf deren Antrag gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestellte das Sozialgericht Prof. Dr. N., Leiter der forensischen Psychiatrie des Klinikums der Universität, zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser schätzte das Leistungsvermögen der Bf in seinem Gutachten vom 20.06.2006 mit 3 bis 6 h täglich für leichte körperliche Tätigkeiten ein.
Das Sozialgericht wies die Klage der Bf auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. H. mit Urteil vom 15.02.2007 ab.
Im anschließenden Berufungsverfahren wurde ein Gutachten von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Sozialmedizin Dr. P. eingeholt. Diese kam in ihrem Gutachten vom 26.07.2007 und ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 29.01.2008 zu dem Ergebnis, dass die Bf ab 01.04.2007 nur noch mindestens 3, aber weniger als 6 h und ab 01.06.2007 nur noch weniger als 3 h täglich erwerbstätig sein könne. Der Annahme einer vollen Erwerbsminderung, d.h. eines unter dreistündigen Leistungsvermögens ab 01.06.2007, liege eine von dem behandelnden Arzt Dr. B. am 11. Juni 2007 festgestellte mittelschwere Depression der Bf zu Grunde. Unter Berücksichtigung des üblichen Verlaufs einer derartigen Krankheit und der speziellen Lebenssituation der Bf sei davon auszugehen, dass diese Depression bereits ab 01.04.2007 in einem Ausmaß vorgelegen habe, die der Bf nur ein 3 bis unter 6-stündiges Arbeiten erlaubt habe. Auf der Grundlage dieses Beweisergebnisses schlossen die Beteiligten am 20.02.2008 einen Vergleich mit dem Inhalt, dass die Beschwerdegegnerin (Bg) der Bf auf Grund eines Leistungsfalls der teilweisen Erwerbsminderung am 01.04.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.10.2007 bis 30.06.2009 gewährt.
Die Bf beantragte mit Schriftsatz vom 20.02.2008 - ohne Begründung - , die Kosten für das Gutachten von Prof. Dr. N. vom 20.06.2006 der Staatskasse aufzuerlegen.
Das Sozialgericht Augsburg lehnte mit Beschluss vom 20. Februar 2008 die Erstattung dieser Kosten ab, weil das Gutachten von Professor Dr. N. für den Streitgegenstand keine wesentlichen und neuen Aussagen erbracht habe. Weder das Sozialgericht noch das Bayerische Landessozialgericht seien seiner Einschätzung gefolgt. Sein Gutachten sei auch für den Vergleichsabschluss im Berufungsverfahren ohne Bedeutung gewesen; maßgeblich hierfür seien allein die Ausführungen von Dr. P. über eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes der Bf gewesen.
Dagegen hat die Bf Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass das Gutachten von Prof. Dr. N. weitere Ermittlungen und Beweiserhebungen ausgelöst habe. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der beigezogenen Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG). Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Kosten für das Gutachten von Professor Dr. N. vom 20.06.2006 sind nicht der Staatskasse aufzuerlegen.
Auf Antrag des Versicherten muss ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann (und wird in der Regel auch) davon abhängig gemacht, dass der Versicherte die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (§ 109 Abs. 1 SGG). Die Entscheidung über die endgültige Kostentragung hat - auf Antrag des Versicherten - durch Beschluss zu ergehen. Voraussetzung für die Entscheidung, ob der Beteiligte so zu stellen ist, als sei der von ihm benannte Sachverständige von Amts wegen gemäß § 106 SGG mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden, bzw. ob ihm wenigstens ein Teil der Kosten erstattet werden muss, ist, dass das Gutachten wesentlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen hat bzw. diese objektiv gefördert hat (so die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur: s. statt vieler Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 8. Aufl., § 109 Rdnr. 16a m.w.N.). Die Entscheidung über die Kostentragung ergeht unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits. Es ist auch die Übernahme lediglich eines Teils der Kosten möglich. Letzteres wird zum Beispiel dann zu erwägen sein, wenn das gemäß § 109 SGG erstattete Gutachten neue Gesichtspunkte aufzeigt, indem es entweder neue, bisher noch nicht ermittelte krankhafte Befunde darstellt oder neue entscheidungserhebliche Erkenntnisse vermittelt.
Das Gutachten von Prof. Dr. N., in dem ein 3- bis 6-stündiges Leistungsvermögen der Bf täglich festgestellt wurde und somit mangels eines Leistungsvermögens von unter 6 h keine Erwerbsminderung anzunehmen war, hat hinsichtlich der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Bf keine neuen entscheidungserheblichen Erkenntnisse erbracht und so auch nicht zur Förderung der Aufklärung des Sachverhalts beigetragen. Sein Gutachten ist nicht beweiserheblich geworden. Der verfahrensbeendende Vergleichsabschluss vom 20.02.2008 beruhte vielmehr ausschließlich auf den Feststellungen von Dr. P. in ihrem Gutachten vom 26.07.2007 sowie ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 29.01.2008. Die Annahme eines 3 bis unter 6-stündigen Leistungsvermögens der Bf ab 01.04.2007 basierte allein auf der Berücksichtigung des üblichen Verlaufs einer mittelschweren Depression und der speziellen Lebenssituationen der Bf. Die Tatsache, dass die Depression der Bf zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. N. noch nicht in einem rentenberechtigenden Ausmaß vorlag und daher der Zeitpunkt der Verschlechterung der Depression in dem Zeitraum zwischen der Untersuchung durch Prof. Dr. N. und der Feststellung des behandelnden Arztes Dr. B. im Juni 2007 anzunehmen war, ist für die hier wesentliche Frage der Vermittlung neuer entscheidungserheblicher Erkenntnisse durch das Gutachten von Prof. Dr. N. ohne Bedeutung.
Die Bf hat daher keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Gutachten von Prof. Dr. N ...
Aus oben genannten Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Diese Entscheidung, die ohne mündliche Verhandlung ergehen konnte (§ 176 i.V.m. § 124 Abs.3 SGG), ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht Augsburg anhängig gewesenen Verfahren war die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung auf den Antrag der Beschwerdeführerin (Bf) vom 17.03.2004 streitig. Zur Aufklärung des Sachverhalts hatte das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen und von Amts wegen ein Gutachten von Dr. H., Orthopäde und Rheumatologe, eingeholt. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 17.08.2005 auf der Grundlage einer Untersuchung der Bf fest, dass diese trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen ab Antragstellung noch mindestens 6 h täglich erwerbstätig sein könne. Einwände gegen dieses Gutachten wurden von der Bf nicht vorgetragen.
Auf deren Antrag gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestellte das Sozialgericht Prof. Dr. N., Leiter der forensischen Psychiatrie des Klinikums der Universität, zum gerichtlichen Sachverständigen. Dieser schätzte das Leistungsvermögen der Bf in seinem Gutachten vom 20.06.2006 mit 3 bis 6 h täglich für leichte körperliche Tätigkeiten ein.
Das Sozialgericht wies die Klage der Bf auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. H. mit Urteil vom 15.02.2007 ab.
Im anschließenden Berufungsverfahren wurde ein Gutachten von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Sozialmedizin Dr. P. eingeholt. Diese kam in ihrem Gutachten vom 26.07.2007 und ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 29.01.2008 zu dem Ergebnis, dass die Bf ab 01.04.2007 nur noch mindestens 3, aber weniger als 6 h und ab 01.06.2007 nur noch weniger als 3 h täglich erwerbstätig sein könne. Der Annahme einer vollen Erwerbsminderung, d.h. eines unter dreistündigen Leistungsvermögens ab 01.06.2007, liege eine von dem behandelnden Arzt Dr. B. am 11. Juni 2007 festgestellte mittelschwere Depression der Bf zu Grunde. Unter Berücksichtigung des üblichen Verlaufs einer derartigen Krankheit und der speziellen Lebenssituation der Bf sei davon auszugehen, dass diese Depression bereits ab 01.04.2007 in einem Ausmaß vorgelegen habe, die der Bf nur ein 3 bis unter 6-stündiges Arbeiten erlaubt habe. Auf der Grundlage dieses Beweisergebnisses schlossen die Beteiligten am 20.02.2008 einen Vergleich mit dem Inhalt, dass die Beschwerdegegnerin (Bg) der Bf auf Grund eines Leistungsfalls der teilweisen Erwerbsminderung am 01.04.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.10.2007 bis 30.06.2009 gewährt.
Die Bf beantragte mit Schriftsatz vom 20.02.2008 - ohne Begründung - , die Kosten für das Gutachten von Prof. Dr. N. vom 20.06.2006 der Staatskasse aufzuerlegen.
Das Sozialgericht Augsburg lehnte mit Beschluss vom 20. Februar 2008 die Erstattung dieser Kosten ab, weil das Gutachten von Professor Dr. N. für den Streitgegenstand keine wesentlichen und neuen Aussagen erbracht habe. Weder das Sozialgericht noch das Bayerische Landessozialgericht seien seiner Einschätzung gefolgt. Sein Gutachten sei auch für den Vergleichsabschluss im Berufungsverfahren ohne Bedeutung gewesen; maßgeblich hierfür seien allein die Ausführungen von Dr. P. über eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes der Bf gewesen.
Dagegen hat die Bf Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass das Gutachten von Prof. Dr. N. weitere Ermittlungen und Beweiserhebungen ausgelöst habe. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der beigezogenen Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG). Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Kosten für das Gutachten von Professor Dr. N. vom 20.06.2006 sind nicht der Staatskasse aufzuerlegen.
Auf Antrag des Versicherten muss ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann (und wird in der Regel auch) davon abhängig gemacht, dass der Versicherte die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (§ 109 Abs. 1 SGG). Die Entscheidung über die endgültige Kostentragung hat - auf Antrag des Versicherten - durch Beschluss zu ergehen. Voraussetzung für die Entscheidung, ob der Beteiligte so zu stellen ist, als sei der von ihm benannte Sachverständige von Amts wegen gemäß § 106 SGG mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden, bzw. ob ihm wenigstens ein Teil der Kosten erstattet werden muss, ist, dass das Gutachten wesentlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen hat bzw. diese objektiv gefördert hat (so die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur: s. statt vieler Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 8. Aufl., § 109 Rdnr. 16a m.w.N.). Die Entscheidung über die Kostentragung ergeht unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits. Es ist auch die Übernahme lediglich eines Teils der Kosten möglich. Letzteres wird zum Beispiel dann zu erwägen sein, wenn das gemäß § 109 SGG erstattete Gutachten neue Gesichtspunkte aufzeigt, indem es entweder neue, bisher noch nicht ermittelte krankhafte Befunde darstellt oder neue entscheidungserhebliche Erkenntnisse vermittelt.
Das Gutachten von Prof. Dr. N., in dem ein 3- bis 6-stündiges Leistungsvermögen der Bf täglich festgestellt wurde und somit mangels eines Leistungsvermögens von unter 6 h keine Erwerbsminderung anzunehmen war, hat hinsichtlich der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Bf keine neuen entscheidungserheblichen Erkenntnisse erbracht und so auch nicht zur Förderung der Aufklärung des Sachverhalts beigetragen. Sein Gutachten ist nicht beweiserheblich geworden. Der verfahrensbeendende Vergleichsabschluss vom 20.02.2008 beruhte vielmehr ausschließlich auf den Feststellungen von Dr. P. in ihrem Gutachten vom 26.07.2007 sowie ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 29.01.2008. Die Annahme eines 3 bis unter 6-stündigen Leistungsvermögens der Bf ab 01.04.2007 basierte allein auf der Berücksichtigung des üblichen Verlaufs einer mittelschweren Depression und der speziellen Lebenssituationen der Bf. Die Tatsache, dass die Depression der Bf zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. N. noch nicht in einem rentenberechtigenden Ausmaß vorlag und daher der Zeitpunkt der Verschlechterung der Depression in dem Zeitraum zwischen der Untersuchung durch Prof. Dr. N. und der Feststellung des behandelnden Arztes Dr. B. im Juni 2007 anzunehmen war, ist für die hier wesentliche Frage der Vermittlung neuer entscheidungserheblicher Erkenntnisse durch das Gutachten von Prof. Dr. N. ohne Bedeutung.
Die Bf hat daher keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Gutachten von Prof. Dr. N ...
Aus oben genannten Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Diese Entscheidung, die ohne mündliche Verhandlung ergehen konnte (§ 176 i.V.m. § 124 Abs.3 SGG), ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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