L 9 AL 271/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 42 AL 1117/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 271/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23. Mai 2006 und unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 6. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom vom 26. Juli 2002 verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld über den 17. Mai 1999 hinaus, nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften, zu gewähren.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld über den 17.05.1999 hinaus.

Der 1957 geborene Kläger meldete sich am 22.06.1998 arbeitslos. Vom 01.10.1987 bis 31.03.1998 war er Vorstandsmitglied bei der R.bank U ... Mit Aufhebungsvertrag wurde das Arbeitsverhältnis zum 30.09.1998 beendet. Wegen einer Abfindung ruhte der Leistungsanspruch bis zum 30.09.1998. Des Weiteren wurde mit Bescheid vom 12.08.1998 eine Sperrzeit für die Zeit vom 01.04.1998 bis 23.06.1998 (zwölf Wochen) festgesetzt.

Der Kläger erklärte im Juli 1998 gegenüber der Beklagten, dass er seit 18.08.1998 als Geschäftsführer der V. GmbH eingetragen sei, bislang ohne Verdienst und Stundenumfang. Die Arbeit könne frühestens mit Eintragung im Handelsregister und Auftragserteilung beginnen. Geplant seien Dienstleistungen für Banken.

Die GmbH wurde am 18.08.1998 gegründet und am 13.10.1998 unter der HRB-Nr.1. ins Handelsregister eingetragen. Es handelt sich um eine neue Firma. Gesellschafter sind der Kläger mit einer Stammeinlage von 25.000,00 DM = 50 v.H. und B. S. , der Bruder des Klägers mit der gleichen Stammeinlage. Geschäftsführer sind der Kläger und sein Bruder, jeweils alleinvertretungsberechtigt.

In einer Erklärung zu selbständiger Tätigkeit, Land- und Forstwirtschaft gab der Kläger an, seit November wöchentlich ca. eine bis fünf Stunden tätig zu sein. Die Art der Tätigkeit beschrieb er mit der Aquisition von Aufträgen und Finanzberatung. Es handle sich um eine selbständige Arbeit. Der Gesamtbetrag der Einkünfte sei noch negativ.

Laut Auskunft der DAK Deutsche Angestelltenkrankenkasse vom 29.01.1999 liege bei der GmbH eine Arbeitgeberfunktion vor.

Bei einer persönlichen Vorsprache des Klägers bei der Beklagten am 18.02.1999 wurde diesem ein Schreiben zur Erneuerung der Arbeitslosmeldung ausgehändigt. Daraus geht hervor, dass die letzte persönliche Arbeitslosmeldung am selben Tag erfolgt sei, und dass er diese bis spätestens 18.05.1999 persönlich bei der Arbeitsvermittlung zu erneuern habe, wenn er zu diesem Zeitpunkt noch arbeitslos sei. Ohne Erneuerung der Arbeitslosmeldung bis zu diesem Zeitpunkt werde die Zahlung ab dem folgenden Tag eingestellt, eine Weiterzahlung könne frühestens erfolgen, wenn der Kläger sich erneut persönlich arbeitslos gemeldet habe. In dem Schreiben wird auch auf das Merkblatt 1 hingewiesen. Der Kläger ist jedoch bis 18.05.1999 und auch danach nicht mehr bei der Beklagten erschienen.

Mit Bescheid vom 09.02.1999 wurde die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 13.10.1998 aufgehoben, da der Kläger nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig sei. Es liege eine Arbeitgeberfunktion vor. Deshalb habe der Kläger keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Hiergegen legte der Kläger am 23.02.1999 Widerspruch ein. Wegen der Anfangssschwierigkeiten der GmbH arbeite er derzeit maximal fünf Stunden pro Woche und beziehe kein Gehalt. Die GmbH sei gegründet worden, um den Wiedereinstieg bei Banken zu schaffen, bei denen er sich bereits schon einmal beworben habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.1999 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 27.04.1999 Klage zum Sozialgericht München. Am 19.04.2002 fand die mündliche Verhandlung mit Beweisaufnahmetermin in dem Verfahren mit dem Az.: S 35 AL 593/99 statt. Der Kläger wurde zum Sachverhalt gehört. Sein Bruder B. S. wurde als Zeuge vernommen. Dieser gab an, dass die GmbH gegründet worden sei, weil von der S.sparkasse ein oder zwei Projekte in Aussicht gestellt wurden, die sich aber zerschlagen hätten. Der Kläger habe von zu Hause aus Bewerbungen geschrieben und mit potentiellen Kunden telefoniert. Er habe dafür maximal fünf Stunden wöchentlich aufgewendet. Er selbst sei in dieser Zeit ebenfalls berufstätig gewesen. Der Kläger erklärte, dass er ca. 8.000,00 DM Finanzdienstleistungen im Jahr 1999 erbracht habe mit einem Stundensatz von 130,00 DM. Der Rest sei Maklergebühr gewesen.

Daraufhin gab die Beklagte folgendes Anerkenntnis ab: 1. Die Beklagte erkennt an unter Aufhebung des Bescheides vom 09.02.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.1999, dass dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 19.12.1998 dem Grunde nach zu gewähren ist. Sie übernimmt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach.

Der Kläger nahm das Anerkenntnis an.

Mit Abhilfebescheid vom 06.05.2002 wurden der Bescheid vom 09.02.1999 und der Bescheid vom 09.04.1999 aufgehoben. Mit Bewilligungsbescheid vom gleichen Tage wurde Arbeitslosengeld vom 19.12.1998 bis 17.05.1999 bewilligt. Ab dem 18.05.1999 wurde die Leistung aufgehoben, da die persönliche Arbeitslosmeldung erloschen sei.

Hiergegen wurde am 30.05.2002 Widerspruch eingelegt. Das Arbeitsamt habe sich nach dem Erlass des Aufhebungsbescheides vom 09.02.1999 für nicht mehr zuständig erklärt, weshalb der Kläger keine Möglichkeit mehr gehabt habe, seine persönliche Arbeitslosmeldung zu erneuern. Dies schon deshalb, da er vom Arbeitsamt München wegen selbständiger Tätigkeit nicht als arbeitslos angesehen wurde. Eine Erneuerung seiner Arbeitslosmeldung spätestens am 18.05.1999 wäre vom Arbeitsamt abgelehnt worden. Der Widerspruch vom 23.02.1999 gegen den Aufhebungsbescheid vom 09.02.1999 habe eine aufschiebende Wirkung ausgelöst. Deshalb sei dem Kläger für die volle Anspruchsdauer gemäß seiner Anwartschaft Arbeitslosengeld zu gewähren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2002 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Es wird auf die fehlende Arbeitslosmeldung zum 18.05.1999 abgestellt. Das Merkblatt habe einen entsprechenden Hinweis enthalten.

Gegen den Bewilligungsbescheid vom 06.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2002 wurde am 19.09.2002 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich die Beklagte mit der Begründung im Widerspruchsbescheid in Widerspruch zu ihrer eigenen Rechtsauffassung und ihrem eigenen Verhalten gegenüber dem Kläger gesetzt habe. Aus der Sicht der Beklagten ging es nicht um den Leistungsanspruch des Klägers, sondern um die Voraussetzung hierfür, nämlich das Bestehen von Arbeitslosigkeit. Arbeitslos könne jedoch nach § 118 Abs.1 SGB III nur ein Arbeitnehmer sein. Die Beklagte hätte den Arbeitnehmer besonders beraten und aufklären müssen, dass er sich trotz eines laufenden Widerspruchsverfahrens und nachfolgenden Klageverfahrens bei der Beklagten hätte melden müssen. Des Weiteren wird auf das in dem Verfahren S 35 AL 593/99 abgegebene Anerkenntnis der Beklagten Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2006 trug der Kläger vor, dass er am 18.02.1999 persönlich bei der Beklagten vorgesprochen habe, dort die Meldeaufforderung zum 18.05.1999 erhalten habe, ihm mündlich gesagt worden sei, dass er nicht mehr kommen brauche, sondern klagen solle. Mit Urteil vom gleichen Tage wurde die Klage vom Sozialgericht München abgewiesen. Zur Begründung wird insbesondere darauf abgestellt, dass das Anerkenntnis nichts zur Anspruchsdauer aussage, deshalb der Kläger seinen Anspruch hierauf nicht stützen könne. Dies gelte auch für den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, da die fehlende Verfügbarkeit des Klägers nicht im Nachhinein ersetzt werden könne. Die Meldepflicht nach § 122 Abs.2 Nr.3 SGB III sei nicht entfallen, weil die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mangels Arbeitnehmereigenschaft des Klägers aufgehoben habe.

Gegen das am 12.07.2006 zugestellte Urteil wurde am 11.08.2006 Berufung eingelegt. In der Begründung weist der Bevollmächtigte darauf hin, dass das Verhalten der Beklagten selbst widersprüchlich sei. Die bereits durch Gesetz vom 21.07.1999 aufgehobene Vorschrift des § 122 Abs.2 Nr.3 SGB III betreffe nur den Arbeitslosen. Da die Beklagte der Meinung war, der Kläger sei kein Arbeitsloser, verstoße ihr Verhalten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Der Hinweis in einem automatischen Formalschreiben dagegen sei nachrangig, zumal im gleichen Zeitraum die Beklagte dem Kläger mehrfach mündlich mitteilte, sie sei für ihn nicht mehr zuständig. Die vom erstinstanzlichen Gericht zitierte Entscheidung des LSG NRW vom 09.04.2003 (Az.: L 12 AL 66/02) betreffe einen völlig anderen Sachverhalt. Des Weiteren widerspreche das Sozialgericht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 16.03.2005 - B 11a/11 AL 41/03 R. Aus den Entscheidungsgründen gehe hervor, dass die Auffassung des LSG NRW vom 09.04.2003, das der dortigen Klägerin ausgehändigte Merkblatt enthalte eine hinreichende Aufklärung, indes zur Klärung des Beratungsbedarfs nicht ausreichend gewesen sei, wie bereits der 7. Senat in seiner Entscheidung am 01.04.2004 ausgeführt habe. Vorliegend widerspreche deshalb das SG in seinen Entscheidungsgründen der dargestellten aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG, wenn es seine Entscheidung u.a. darauf stütze, der Kläger habe das Merkblatt 1998 bei seiner Arbeitslosmeldung unterschriftlich bestätigt und habe deshalb wissen müssen, dass die Meldepflicht auch während eines Widerspruchs oder sozialgerichtlichen Verfahrens fortgelte. Das Merkblatt der Beklagten beziehe sich jedoch nur auf Leistungsbezieher. An keiner Stelle werde darauf hingewiesen, wie sich Personen zu verhalten haben, deren Leistungen zu Unrecht abgelehnt worden sind und die erst durch die gesetzlichen Rechtsmittel ihren Leistungsanspruch durchsetzen müssen.

Des Weiteren beziehe sich das Anerkenntnis aus dem Vorprozess S 35 AL 593/99 auf den prozessualen Anspruch als solchen. Es beziehe sich nicht auf einzelne Tatsachen und habe deswegen mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nichts zu tun.

Die Beklagte verwies erneut auf die Meldepflicht, die im Merkblatt für Antragsteller und Bezieher von Arbeitslosengeld dargestellt sei.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23.05.2006 und unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 06.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2002 zu verurteilen, dem Berufungskläger das bewilligte Arbeitslosengeld über den 17.05.1999 hinaus für den Rest der Anspruchsdauer zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, denn sie ist insbesondere hinsichtlich des Beschwerdewertes statthaft (§ 143 SGG) und form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs.1 SGG).

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld über den 17. Mai 1999 hinaus zu.

Der Kläger hat gegen die streitgegenständlichen Bescheide, mit denen die Beklagte den Anspruch auf Arbeitslosengeld bis 17.05.1999 begrenzt hat, den richtigen Rechtsbehelf der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs.1 3. Altern., Abs.4 SGG) erhoben.

Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus dem Anerkenntnis der Beklagten in dem Rechtsstreit S 35 AL 593/99, das der Kläger angenommen hat. Ohne dieses Anerkenntnis der Beklagten vom 19.04.2002 wäre ein Anspruch fraglich. Da der Anspruch jedoch bereits durch das Anerkenntnis gegeben ist, braucht hierauf nicht näher eingegangen zu werden.

Laut dem Wortlaut im Gerichtsprotokoll in dem Verfahren S 35 AL 593/99 hat die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosengeld dem Grunde nach anerkannt. Offen gelassen wurden nur Höhe und Dauer des Anspruchs. Durch die Annahme dieses Anerkenntnisses wurde der Rechtsstreit in der Hauptsache gemäß § 101 SGG erledigt.

Unter dem Begriff Anerkenntnis im Sinne des § 101 SGG wird das im Wege einseitiger Erklärung gegebene uneingeschränkte Zugeständnis verstanden, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. Kommentar von Meyer-Ladewig zum SGG, 8. Auflage, § 101 Rdnr.20). Das Anerkenntnis bezieht sich also - ebenso wie der Verzicht - auf den prozessualen Anspruch insgesamt, nicht auf einzelne Tatsachen. Die Beklagte gibt "ohne Drehen und Wenden" zu, dass sich das Begehren des Klägers aus dem von ihm behaupteten Tatbestand ergibt. Anerkenntnis einzelner Anspruchsvoraussetzungen - z.B. der Wirksamkeit geleisteter Beiträge - ist kein Anerkenntnis im Sinne des § 101.

Das Anerkenntnis hat deshalb mit dem Amtsermittlungsgrundsatz nichts zu tun. Die Befugnis, anzuerkennen oder zu verzichten, fließt vielmehr aus der Dispositionsmaxime bzw. aus der Befugnis, materiell zu verfügen. Es ist Sache der Beteiligten den Prozess in Gang zu setzen. Sie können ihn auch beenden. Insoweit und in anderen Punkten berührt sich das Anerkenntnis mit dem Vergleich.

Auch ein Teilanerkenntnis ist möglich, soweit der prozessuale Anspruch teilbar ist, ein Teilurteil ergehen könnte. Dies ist z.B. zulässig wegen der zu erstattenden Kosten, aber nicht wegen einzelner Streitpunkte (Meyer-Ladewig, a.a.O.).

Mit dem Anerkenntnis in dem früheren Verfahren hat die Beklagte gerichtlich anerkannt, dass sämtliche Voraussetzungen des § 117 SGB III in der damals geltenden Fassung beim Kläger vorgelegen haben, also auch die Voraussetzung unter Abs.1 Nr.2, dass er sich als Arbeitnehmer beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hat. Anders lässt sich das Anerkenntnis nicht auslegen. Insbesondere lässt sich aus dem Anerkenntnis nicht entnehmen, dass der Anspruch in irgendeiner Weise zeitlich begrenzt werden sollte. Lediglich die Berechnung der Anspruchsdauer und die Höhe des Arbeitslosengeldes sind offen geblieben. Die Anspruchsdauer darf aber nicht mit den Voraussetzungen des § 117 SGB III, vor allem des Abs.1 Nr.2 verwechselt werden.

Aus dem Wortlaut ergibt sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass nur einzelne Tatbestandsmerkmale unstreitig gestellt werden sollten. Dass die Zeugenaussage in dem erstinstanzlichen Verfahren schwerpunktmäßig zur Selbständigkeit des Klägers erfolgte, führt ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Zeuge wurde zu dem streitigen Sachverhalt vernommen. Die Arbeitslosmeldung war zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens streitig gestellt.

Die Voraussetzungen für ein wirksames Anerkenntnis lagen vor, der Rechtsstreit war erledigt, ohne dass es weiterer Prozesshandlungen bedurfte. Da die Beklagte das Anerkenntnis nicht in vollem Umfang ausführte, konnte der Kläger ein neues Verfahren über denselben Anspruch einleiten. Ein Widerruf des Anerkenntnisses war nicht möglich, da ein entsprechender Vorbehalt nicht vereinbart wurde.

Da das Anerkenntnis Doppelnatur hat, ist eine Anfechtung sowie eine Nichtigkeit nach dem Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) möglich. Verpflichtet sich die Beklagte im Anerkenntnis zu einer gesetzwidrigen Leistung, ist das Anerkenntnis deshalb nicht nichtig. Insoweit müssen die für den Vergleich geltenden Grundsätze herangezogen werden. Ein Vergleich kann aus materiell-rechtlichen Gründen und aus prozessrechtlichen Gründen unwirksam sein. Die einen oder die anderen Gründe beseitigen den Vergleich insgesamt und damit auch die Beendigung der Rechtshängigkeit. Für das Prozessrecht kann sich Unwirksamkeit ergeben, wenn ein Vergleich nicht ordnungsgemäß protokolliert ist, Vergleichschließende nicht prozessfähig sind, beteiligten- oder postulationsfähig usw. Hierfür liegen keinerlei Anhaltspunkte vor.

Das materielle Recht führt zur Unwirksamkeit, wenn ein Beteiligter nicht wirksam zugestimmt, z.B. nur verwirrt geschwiegen hat. Es sind die allgemeinen Vorschriften des BGB heranzuziehen. Hierfür wurde von der Beklagten weder etwas vorgetragen noch liegen Anhaltspunkte hierfür vor.

Der zugrunde gelegte Sachverhalt war den Beteiligten bekannt. Ob sich der Sitzungsvertreter der Beklagten womöglich in einem Rechtsirrtum befand, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Ein solcher macht das Anerkenntnis jedenfalls nicht nichtig (vgl. BayLSG in SozR § 101 Nr.9).

Das Anerkenntnis wurde von der Beklagten nicht angefochten. Es finden sich auch keine Anhaltspunkte für eine Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung.

Der Anspruch des Klägers über den 17.05.1999 hinaus ergibt sich somit aus dem Anerkenntnis. Die Berufung ist begründet.

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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