L 8 AL 82/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 651/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 82/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14. Februar 2007 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 11. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2004 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Insolvenzgeldes (Insg) streitig.

Die 1954 geborene Klägerin war nach dem Arbeitsvertrag vom 12.11.1994 als kaufmännische Angestellte bei der Firma K. GmbH beschäftigt. Mit Beschluss vom 20.04.2004 wies das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma K. mangels Masse ab.

Am 15.12.2003 beantragte die Klägerin Insg für ausstehende Gehaltszahlungen seit 01.09.2003. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Klägerin zum 12.12.2003. Mit Schreiben vom 16.12.2003 teilte der Geschäftsführer der Firma K. der Beklagten u.a. mit, dass die Firma seit vielen Jahren das Weihnachtsgeld stets im November des jeweiligen Jahres abgerechnet und ausbezahlt habe. Insoweit werde auf die beigefügten Lohnabrechnungen der Jahre 2000, 2001 und 2002 verwiesen. Der Betrieb sei nicht tarifgebunden gewesen.

Nach der Insg-Bescheinigung vom 17.12.2003 hatte die Klägerin offene Brutto-Arbeitsentgeltansprüche für die Zeit vom 01.09. bis 12.12.2003 in Höhe von insgesamt 21.752,58 EUR. Für den Monat November 2003 wurde das Weihnachtsgeld mit 4.587,23 EUR beziffert.

Mit Bescheiden vom 10.02.2004 und 11.05.2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin Insg in Höhe von insgesamt 7.792,75 EUR, wobei sie ein anteiliges Weihnachtsgeld von drei Zwölfteln zugrunde legte.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die "Sonderzahlung" hätte nicht nur anteilig, sondern im November 2003 in voller Höhe erfolgen müssen.

Nach Vorlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.11.1994 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2004 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe jährlich im November von der zahlungsunfähigen Firma K. ein sogenanntes Weihnachtsgeld erhalten. Für diese Jahressondervergütung seien keine Voraussetzungen festgelegt worden. In diesem Fall sei die Sonderzahlung für die Leistungen des laufenden Jahres sozusagen erarbeitet. Damit lasse sich das Weihnachtsgeld dem Insolvenzgeldzeitraum anteilig zuordnen. Die Jahressonderzahlung sei somit für den Insg-Zeitraum von drei Monaten zu drei Zwölftel der vollen Jahresleistung geschützt. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus den Tarifverträgen des Baugewerbes in Bayern, auf welche der Arbeitsvertrag verweise.

Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin erneut darauf hingewiesen, dass ihr die Gratifikation jährlich im November gezahlt worden sei, wobei die Anspruchsvoraussetzung lediglich die gewesen sei, dass im November ein Beschäftigungsverhältnis noch bestanden habe. Weitere Regelungen seien nicht getroffen worden. Somit läge eine Stichtagsregelung vor, die die Auszahlung der vollen Gratifikation vom Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im November eines jeden Jahres abhängig gemacht habe.

Mit Urteil vom 14.02.2007 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2004 verurteilt, der Klägerin Insg aus dem Gesamtbetrag des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2003 zu zahlen. Entsprechend dem Inhalt des Arbeitsvertrages vom 12.11.1994 habe der Klägerin jährlich ein 13. Monatsgehalt zugestanden, das im November zur Auszahlung gekommen sei. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könne der Arbeitgeber, der eine Gratifikation wie das Weihnachtsgeld zusage, die Voraussetzungen bestimmen, unter denen der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Gratifikation haben solle. In diesem Zusammenhang könne er insbesondere festlegen, dass die Gratifikation nur solchen Arbeitnehmern gezahlt werde, die zu einem bestimmten Stichtag noch in einem Arbeitsverhältnis zum Betrieb stehen. Eine derartige Stichtagsregelung enthalte der Arbeitsvertrag vom 12.11.1994 in § 8. Danach habe den Arbeitnehmern der Firma K. die Weihnachtsgratifikation nur zugestanden, wenn das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung für November noch bestanden habe. Von einer anteiligen Auszahlung des Weihnachtsgeldes bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis sei im Arbeitsvertrag nicht die Rede.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Eine vom SG angenommene Stichtagsregelung existiere nach dem Inhalt des angeführten Arbeitsvertrages gerade nicht. § 9 des Arbeitsvertrages führe nur aus, dass "im Übrigen" die Vorschriften des Tarifvertrages für technische und kaufmännische Angestellte des Baugewerbes in Bayern Anwendung fänden. Der Bundestarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens für die Angestellten im Baugewerbe sähe in § 2 zwar eine Stichtagsregelung vor. In Bayern existiere, die Angestellten im Baugewerbe betreffend, aber nur ein Gehaltstarifvertrag der Höhe nach. Nach dem Wortlaut des § 8 des Arbeitsvertrages habe die Sonderzahlung jedoch eher reinen Entgeltcharakter, so dass diese lediglich anteilig Berücksichtigung finden könne.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14.02.2007 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 11.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2004 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des SG Augsburg vom 14.02.2007 für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie die Akte des Amtsgerichts N. - JN 201703 - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, denn sie ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151).

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als begründet, denn der Klägerin steht höheres Insg nicht zu.

Die Klägerin hat gegen die streitgegenständlichen Bescheide, mit denen die Beklagte Insg in Höhe von insgesamt 7.792,75 EUR bewilligt hat und dabei (lediglich) ein anteiliges Weihnachtsgeld von drei Zwölfteln zugrunde gelegt hat, den statthaften Rechtsbehelf der Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben (§ 54 Abs.4 SGG).

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten entsprechen der Sach- und Rechtslage. Denn zu Recht hat die Beklagte bei der Bewilligung von Insg lediglich ein anteiliges Weihnachtsgeld von drei Zwölfteln der Bewilligung zugrunde gelegt.

Nach § 183 Abs.1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) haben Anspruch auf Insg Arbeitnehmer, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Berufstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.

Einen Insg-Anspruch begründen somit nur Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die dem Insg-Zeitraum zeitlich zuzuordnen sind. Alle Ansprüche, d.h. Zahlungen des Arbeitgebers, die im weitesten Sinne eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung oder das Zur-Verfügung-Stellen der Arbeitsleistung darstellt (BSG SozR 3-4100 § 141b Nr.2, Nr.2226; SozR 3-4100 § 141b Nr.24), ohne Rücksicht auf die Bezeichnung. Das Arbeitsverhältnis muss Grundlage der Bezüge sein, d.h. der Rechtsanspruch muss sich aus dem Inhalt insbesondere des Arbeitsvertrages oder Tarifvertrages ergeben. Insg soll im Insg-Zeitraum erarbeitetes, ausnahmsweise für den Lebensunterhalt in diesem Zeitraum bestimmtes Arbeitsentgelt sichern (SG SozR 4100 § 141b Nr.2, 8; SozR 3-4100 § 141b Nr.24). Für jede einzelne Form des Arbeitsentgelts ist zu prüfen, wie es zeitlich zuzuordnen ist. Wann der Entgeltanspruch fällig oder bezifferbar wird, ist allein in der Regel ohne Bedeutung (BSG SozR 3-4100§ 141b Nrn.11, 24; BSG SGb 2004, 358), da die Beteiligten sonst die Möglichkeit hätten, bei nahender Insolvenz Fälligkeitstermine zu Lasten der Insolvenz-Versicherung zu ändern. Die willkürliche Einbeziehung zu einer Sonderzahlung widerspricht Sinn und Zweck der Insg-Versicherung, die rückständige Arbeitsentgeltansprüche nur insoweit sichern soll, als sie dem Insg-Zeitraum zugeordnet werden können. Die Zuordnung von Arbeitsentgelt zum Insg-Zeitraum steht grundsätzlich auch nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien, sondern ergibt sich aus dem Gesetz. Die Tarifvertragsparteien können allenfalls die Befugnis haben, in einem Zweifelfall, in dem sich aufgrund der tarifvertraglichen Bestimmungen die Jahressonderzahlung weder eindeutig als monatsweise anteilig erdientes Arbeitsentgelt noch als "echte" Einmalzahlung qualifizieren lässt (Mischcharakter), wenn die Leistung ganz im Insg-Zeitraum erarbeitet wurde, ist sie insgesamt insg-fähig. Ist dies nicht der Fall und ist der Anspruch über einen längeren Zeitraum erworben, ist dann vorrangig zu fragen, ob die Arbeitsleistung dem Insg-Zeitraum anteilig zugeordnet werden kann. Laufendes Arbeitsentgelt sowie sonstige Bezüge, die sich der Arbeitsleistung bestimmter Kalendertage im Insg-Zeitraum klar zuordnen lassen, sind also dem Zeitraum zuzuordnen, in dem sie erarbeitet wurden. Ist der Entgeltanspruch nur teilweise im Insg-Zeitraum erarbeitet worden, ist er auch nur insoweit zu berücksichtigen. Ist die jeweilige Leistung nach der Zweckverfolgung einem bloßen Zeitpunkt zuzordnen und liegt dieser Zeitpunkt außerhalb des Insg-Zeitraums, wird die Entgeltleistung überhaupt nicht, auch nicht anteilig berücksichtigt. Liegt der Zeitpunkt innerhalb des Insg-Zeitraums, ist die Entgeltleistung in voller Höhe insg-fähig.

Bei Sonderzahlungen, die nur einmal im Jahr zusätzlich zum laufenden Entgelt geleistet werden (§ 23b Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV -), steht der Entgeltcharakter im Vordergrund. Stand eine Sonderzahlung grundsätzlich allen Arbeitnehmern bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (bestimmte Dauer der Betreibszugehörigkeit) in individuell errechneter Höhe zu, handelt es sich um eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die geleistete Arbeit und eine Belohnung der Betriebstreue der Arbeitnehmer. Eine Jahressonderzahlung ist beim Insg zu berücksichtigen, wenn sie arbeitsrechtlich entstanden und dem Insg-Zeitraum zugeordnet werden kann. Die Jahressonderzahlung als Leistung, die nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt wird, begründet einen Insg-Anspruch in Höhe des auf den Insg-Zeitraum entfallenden Anteils,wenn arbeitsrechtliche Vereinbarungen oder (tarifvertragliche) Regelungen für den Arbeitnehmer auch bei vorherigem Ausscheiden einen zeitanteiligen Anspruch vorsehen (BSG vom 18.03.2004, B 11 AL 57/03 R SozR 4-7610 § 138 Nr.1) und die Sondervergütung damit insoweit dem Insg-Zeitraum zugerechnet werden kann. Dies gilt auch dann, wenn die Insolvenz schon eingetreten ist (BSG SozR 4100 § 141b Nr.8; SozR 4100 § 141b Nr.40). Lässt sich eine Sondervergütung dagegen nicht einzelnen Monaten zurechnen, so ist sie in voller Höhe beim Insg zu berücksichtigen, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzereignis hätte ausgezahlt werden müssen; andernfalls überhaupt nicht (BSG vom 18.03.2004, B 11 AL 57/03 R SozR 4-7610 § 138 Nr.1; BSG SozR 4100 § 141b Nr.42; SozR 3-4100 § 141b Nr.1; BSG 30.05.1990,10 RAr 15/89; BSG SozR 3-4100 § 141b Nr.21). Arbeitsrechtliche Grundlagen können u.a. Tarifvertrag und Arbeitsvertrag sein. Durch deren Auslegung ist zu ermitteln, unter welchen Voraussetzungen der Anspruch entsteht, gekürzt werden kann oder ausgeschlossen ist. Maßgeblich ist die Zweckbestimmung.

Eine Sondervergügung mit reinem Entgeltcharakter belohnt ausschließlich die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung im Bezugsjahr, wird also wie das laufende Arbeitsentgelt in den jeweiligen Abrechnungsmonaten erarbeitet, jedoch aufgespart und erst am vereinbarten Termin ausgezahlt. Mit der Sondervergütung kann aber auch ausschließlich erwiesene oder künftige Betriebstreue bzw. Betriebszugehörigkeit belohnt werden. Hier muss der Arbeitnehmer an einem bestimmten Stichtag noch im Arbeitsverhältnis stehen oder das Arbeitsverhältnis ungekündigt über einen bestimmten Stichtag hinaus fortsetzen, um die volle Jahressondervergütung zu erhalten. In der Praxis regeln vor allem Tarifverträge meistens Jahressonderzahlungen mit Mischcharakter, welche sowohl die im Bezugsjahr erbrachte Arbeitsleistung als auch die erwiesene oder künftige Betriebstreue belohnen sollen (BSG SozR 3-4100 § 141b Nr.21). Arbeitsrechtlich ist hier erforderlich, dass eine bestimmte Arbeitsleistung erbracht worden ist, gegebenenfalls mit anteiliger Kürzung bei Fehlzeiten und das Arbeitsverhältnis Sonderzahlungen, deren Erarbeitung bestimmten Zeiten zugeteilt werden kann, die im Insg-Zeitraum erarbeiteten Anteile der Sonderzahlung mit einem Zwölftel pro Monat versichert. Dies gilt auch dann, wenn die Fälligkeit der Sonderzahlung erst an einem Stichtag nach dem Insolvenzereignis eintritt. Bei Sonderzahlungen, die zu einem bestimmten Anlass oder Stichtag, z.B. des ungekündigten Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, ohne dass sie als Gegenleistung einem bestimmten Zeitraum zugeordnet werden können, ist die gesamte Zahlung versichert, wenn das Ereignis in den Insg-Zeitraum fällt. Der maßgebliche Zeitraum außerhalb des Insg-Zeitraums, erhält der Arbeitnehmer kein Insg für diese Sonderzahlung, auch nicht drei Zwölftel.

Nach der Insg-Bescheinigung vom 17.12.2003 hatte die Klägerin zwar offene Brutto-Arbeitsentgeltansprüche für die Zeit vom 01.09. bis 12.12.2003 in Höhe von insgesamt 21.752,58 EUR, wobei für den Monat November 2003 das Weihnachtsgeld mit 4.587,23 EUR beziffert war. Für eine Bemessung in Höhe des vollen Weihnachtsgeldes ist aber kein Raum. Es war nicht als arbeitsrechtlicher Anspruch im November 2003 fällig. Entgegen der vom SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vertretenen Auffassung lässt sich dem Arbeitsvertrag keine Stichtagsregelung entnehmen. Dort heißt es in § 8 - Gratifikationen -: "Soweit der Arbeitgeber eine Gratifikation (Weihnachts- oder Urlaubsgratifikation) gewährt, erfolgt diese freiwillig und ohne jeden zukünftigen Rechtsanspruch. Auch aus wiederholter Zahlung kann ein Rechtsanspruch nicht abgeleitet werden. Ist das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung gekündigt, besteht in keinem Falle ein Anspruch auf die Gratifikation. Rückzahlungsvereinbarungen gelten in der Form, die bei der Gewährung allgemein festgelegt wurden."

Bereits aus dem Wortlaut des § 8 des Arbeitsvertrages ergibt sich, dass es sich bei der Gratifikation um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers gehandelt hat, auf die kein Rechtsanspruch bestand. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin in den Jahren 2000, 2001 und 2002 jeweils im November die Gratifikation erhalten hat. Grundsätzlich hat zwar ein Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung der Sonderzuwendung, wenn die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung erfüllt sind. Von betrieblicher Übung spricht man, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern eine Leistung wiederholt und vorbehaltslos zukommen lässt und dadurch für den Arbeitnehmer ein Vertrauenstatbestand dahingehend begründet wird, der Arbeitgeber wolle sich auch für die Zukunft binden. Ein solcher Vertrauenstatbestand ist regelmäßig nach dreimaliger Zahlung einer Sonderzuwendung anzunehmen. Bringt der Arbeitgeber demgegenüber aber zum Ausdruck, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt, bei der die Arbeitnehmer auch durch wiederholte Zahlungen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft erwerben sollen, verhindert dies das Entstehen einer betrieblichen Übung. Der Arbeitgeber ist aufgrund eines solchen sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalts jederzeit frei, erneut zu bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen er eine Gratifikation gewähren will (BAG vom 05.06.1996, NJW 1997, S.213). Die Gratifikationsgewährung in § 8 des Arbeitsvertrages stand gerade unter einem sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt. So konnte hier der Arbeitgeber der Klägerin jederzeit neu bestimmen, ob er eine Gratifikation gewähren will, z.B. geknüpft an ein Leistenkönnen. Insgesamt ergibt sich somit aus dem Arbeitsvertrag der Klägerin - § 8 - gerade kein Anspruch auf die Gewährung des gesamten Weihnachtsgeldes.

Ein Anspruch auf die Zahlung des gesamten Weihnachtsgeldes folgt auch nicht aus den §§ 9 und 10 des Arbeitsvertrages.

Nach § 9 - ergänzende Vereinbarungen - finden auf das Arbeitsverhältnis die Vorschriften des Tarifvertrages für technische und kaufmännische Angestellte des Baugewerbes Anwendung. Hier ist schon fraglich, ob § 8 des Arbeitsvertrages nicht bereits eine abschließende Regelung enthält, die bezüglich der Sonderzuwendung nach §§ 9, 10 keine weiteren Regelungen zulässt. In § 10 - sonstige Vereinbarungen - ist u.a. geregelt, dass der Rahmen- und Gehaltstarifvertrag des Baugewerbes in Bayern in vollem Umfang Gültigkeit hat.

Bei dem Tarifvertrag vom 20.04.1994 für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes in Bayern mit Gültigkeit ab 01.04.1994 handelt es sich um einen reinen Gehaltstarifvertrag, in dem keine Regelungen über ein 13. Monatsgehalt enthalten sind. Danach bestimmte sich allein die Eingruppierung der Klägerin. Auch der Rahmentarifvertrag vom 12.06.1978 für technische und kaufmännische Angestellte des Baugewerbes in der Bundesrepublik Deutschland - kollektives Recht, das laut § 10 ( ... "in Bayern") des Arbeitsvertrages keine Anwendung findet - mit Gültigkeit ab 01.01./01.05.1978 enthält keine Regelungen über ein 13. Monatsgehalt. Dieser enthält vielmehr u.a. Regelungen über Urlaub, Unterbrechung des Urlaubs und Urlaubsentgelt. Selbst bei einer Allgemeinverbindlicherklärung enthielte er demnach keine hier anzuwendende sachliche Regelung.

Vollends findet die Regelung über die Gewährung (Tarifvertrag über die Gewährung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens für die Angestellten des Baugewerbes in der Bundesrepublik Deutschland und im Land Berlin - gültig ab 01.04.1990 -) in Bayern keine Anwendung. Die Firma K. war nicht tarifgebunden. Eine Anwendung über §§ 9, 10 des Arbeitsvertrages ist ausgeschlossen. Ist deren Anwendungsbereich auf die Sachzuwendung schon fraglich (s.o.), lassen die speziellen Regelung an der §§ 9, 10, die sich ausdrücklich auf bayerisches kollektives Arbeitsrecht beziehen keine Anwendung zu. Eine Allgemeinverbindlichkeit besteht - anders als beim Bundesrahmen TV (gewerbliche Arbeitnehmer) vom 04.07.2002 (vgl. Verzeichnis des Bundesministerum für Arbeit und Soziales) - für das genannte Tarifwerk über das 13. Monatsgehalt nicht.

Somit war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG Augsburg vom 14.02.2007 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 11.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2004 abzuweisen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Klägerin ist unterlegen (§ 193 SGG).

Gründe zur Zulassung der Revisioin sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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